Urteil des BVerwG vom 03.03.2014

Waffen Und Munition, Aufbewahrung, Genehmigung, Waffenrecht

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 6 B 36.13
OVG 20 A 419/11
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 3. März 2014
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Neumann und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Graulich und Prof. Dr. Hecker
beschlossen:
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsge-
richts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. Mai 2013
wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 25 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf die Grundsatzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde
des Klägers bleibt ohne Erfolg.
In der Beschwerdebegründung wird nicht in der nach § 133 Abs. 3 Satz 3
VwGO erforderlichen Weise ein Zulassungsgrund im Sinne von § 132 Abs. 2
VwGO dargelegt bzw. bezeichnet. Eine solche Darlegung setzt im Hinblick auf
den Zulassungsgrund der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1
VwGO) die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlichen noch ungeklär-
ten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen
Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Ein-
zelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (Beschluss vom 19. August
1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14).
Über die vorgenannten Voraussetzungen hinaus sind in der Rechtsprechung
des Bundesverwaltungsgerichts weitere allgemeingültige Anforderungen an
eine zulässige Beschwerdebegründung entwickelt worden. Im Falle einer mehr-
fachen, die Entscheidung jeweils selbständig tragenden Begründung des ange-
fochtenen Urteils bedarf es danach zur Zulässigkeit der Beschwerde in Bezug
auf jede dieser Begründungen eines geltend gemachten und vorliegenden Zu-
lassungsgrundes (vgl. Beschluss vom 9. Dezember 1994 - BVerwG 11 PKH
28.94 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4 S. 4). Nach den Ausfüh-
rungen in der Berufungsentscheidung beruht der streitgegenständliche Widerruf
der Waffenbesitzkarten auf mehreren Gründen, welche die waffenrechtliche
Unzuverlässigkeit des Klägers jeweils auch selbständig tragen. Mit dem Be-
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schwerdevorbringen gelingt es nicht, sämtliche dieser Gründe - eine Begrün-
detheit des zugelassenen Rechtsmittels unterstellt - auszuräumen, so dass be-
reits im Beschwerdeverfahren feststeht, dass die Revision keine Erfolgsaussicht
hat.
1. Für grundsätzlich klärungsbedürftig in einem Revisionsverfahren hält der
Kläger die Frage, ob Schusswaffen geladen in einem Waffentresor oder -raum
aufbewahrt werden dürfen, wenn Waffen und Munition gemeinsam aufbewahrt
werden können. Das Waffengesetz regele die Voraussetzungen für die gemein-
same Aufbewahrung von Waffen und Munition. § 36 Abs. 1 Satz 2 WaffG erlau-
be in Waffenschränken der Norm DIN/EN 1143-1 Widerstandsgrad 0 die ge-
meinsame Aufbewahrung ohne weitere behördliche Genehmigung. Ebenso sei
eine gemeinsame Verwahrung aufgrund behördlicher Genehmigung möglich.
Sei jedoch die gemeinsame Verwahrung von Waffe und zugehöriger Munition in
einem Behältnis erlaubt, so mache es keinen Unterschied, ob die Munition sich
dann im Patronenlager befinde oder neben der Waffe liege.
Das Oberverwaltungsgericht hält den Kläger in seinem Beschluss für unzuver-
lässig nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG, weil Tatsachen vorlägen, welche
die Annahme rechtfertigten, dass er mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig
oder sachgemäß umgehen sowie diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren
werde. Die Berufungsentscheidung sieht einen unvorsichtigen Umgang mit ei-
ner Schusswaffe darin, dass der Kläger eine solche nach Gebrauch nicht entla-
den, sondern sie im durchgeladenen Zustand, d.h. mit einer Patrone im Patro-
nenlager, in seinen Waffenraum gestellt und dort belassen habe. Darin liege
zugleich ein unsachgemäßer Umgang mit der Waffe, weil ein sachgemäßer
Umgang die Beachtung grundlegender Vorsichtsmaßregeln erfordere. Die be-
hördliche Zulassung einer bestimmten Art der Aufbewahrung besage nichts
über die ansonsten für einen vorsichtigen und sachgemäßen Umgang erforder-
lichen Verhaltens- und Vorsichtsmaßregeln. Die Aufbewahrung einer durchge-
ladenen Waffe sei per se nicht ordnungsmäßig (sorgfältig). Es handele sich um
eine Selbstverständlichkeit, Schusswaffen nach dem Gebrauch zu entladen.
Dies ergebe sich aus der grundlegenden Umgangs- und Vorsichtsmaßregel.
Dementsprechend habe für den Gesetzgeber keine Veranlassung bestanden,
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ausdrücklich die Aufbewahrung geladener Waffen zu untersagen. Aus der aus-
nahmsweisen Zulassung von Waffen und Munition in einem Sicherheitsbehält-
nis nach § 36 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 WaffG folge nichts Gegenteiliges.
Die Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision, weil sich - was nicht
eigens der Klärung im Rahmen eines Revisionsverfahrens bedarf - die genann-
te Annahme des Oberverwaltungsgerichts als offensichtlich zutreffend erweist.
Es besteht keinerlei Zweifel, dass die Aufbewahrung von Waffen in durchgela-
denem Zustand grundlegenden Vorsichts- bzw. Sorgfaltsmaßgaben im Umgang
bzw. bei der Aufbewahrung von Waffen und Munition im Sinne von § 5 Abs. 1
Nr. 2 Buchst. b WaffG widerspricht. Nur bei Beachtung dieser Maßgaben ist
sichergestellt, dass Dritten die einfache Wegnahme von Waffen zum schnellen,
sofortigen Gebrauch erschwert wird. Die Maßgaben dienen im Übrigen auch
dem Schutz des Berechtigten.
2. Für grundsätzlich klärungsbedürftig hält der Kläger außerdem, ob Munition
ohne weitere behördliche Genehmigung stets nur in einem Stahlblechbehältnis
mit Schwenkriegelschloss, einem gleichwertigen Behältnis oder auch in einem
gleichwertigen Raum aufbewahrt werden darf. Klärungsbedürftig sei, ob der
einzelne Bürger die Aufbewahrung von Munition in einem eigens dafür vorge-
sehenen Waffenraum vornehmen könne, oder ob er hierfür zunächst die Ge-
nehmigung der zuständigen Waffenbehörde einholen müsse.
Die Frage ist nicht entscheidungserheblich, weil der angegriffene Beschluss
nicht auf ihr beruht. Eine Revision kann aber nicht mit Erfolg gegen eine der
angegriffenen Entscheidung nicht zugrunde liegenden Rechtsfrage gestützt
werden (Beschlüsse vom 18. Mai 2006 - BVerwG 6 B 14.06 - juris Rn. 11 und
vom 14. November 2008 - BVerwG 6 B 61.08 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht
Nr. 47 Rn. 3). Das Oberverwaltungsgericht hat die nicht sorgfältige und nicht
ordnungsgemäße Aufbewahrung von Munition durch den Kläger nämlich aus
der Feststellung abgeleitet, dass diese sich in den persönlichen Räumen im
Erdgeschoss seines Hauses befunden habe. Räume eines Hauses seien be-
reits dem Wortsinn nach kein Behältnis i.S.v. § 36 Abs. 5 WaffG i.V.m. § 13
Abs. 3 AWaffV. Nach § 13 Abs. 3 AWaffV darf nämlich Munition, deren Erwerb
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nicht von der Erlaubnispflicht freigestellt ist, nur in einem Stahlblechbehältnis
ohne Klassifizierung mit Schwenkriegelschloss oder einer gleichwertigen Ver-
schlussvorrichtung oder in einem gleichwertigen Behältnis aufbewahrt werden.
Die darüber hinausgehende Frage, ob mit Genehmigung Munition „auch in ei-
nem gleichwertigen Raum aufbewahrt werden darf“, hat sich dem Berufungsge-
richt entscheidungserheblich nicht gestellt. Es hat nämlich festgestellt, dass die
gewählte Form der Aufbewahrung jedenfalls von der Behörde nicht genehmigt
worden sei. Die mit dem Beschwerdevorbringen gestellte Frage wäre somit für
die Überprüfung der Berufungsentscheidung in einem Revisionsverfahren nicht
entscheidungserheblich, sondern ist rein hypothetisch.
3. Im Übrigen wird von einer Begründung abgesehen, weil sie nicht geeignet
wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision
zuzulassen ist (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestset-
zung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Neumann
Dr. Graulich
Prof. Dr. Hecker
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Sachgebiet:
BVerwGE:
nein
Waffenrecht
Fachpresse: ja
Rechtsquellen:
WaffG
§§ 5, 6
AWaffV
§ 13
Stichworte:
Zuverlässigkeit; Waffen; Munition; umgehen; vorsichtig; sachgemäß; sorgfältig
verwahren; geladene Waffe; Sicherheitsbehältnis.
Leitsätze:
1. Die Verwendung für die Kaninchenjagd im eigenen Garten erfordert es nicht,
dafür eine geladene Waffe bereit zu halten.
2. Sorgfältig und sicher werden die dem Waffenrecht unterliegenden Gegen-
stände - d.h. außer Waffen auch vom Waffenrecht umfasste Munition - nach
§ 13 AWaffV jedenfalls nur dann aufbewahrt, wenn sie vor dem unberechtigten
Zugriff geschützt sind. Dem widerspricht die Aufbewahrung in einem Raum, der
ohne weiteres von Familienmitgliedern oder Hauspersonal betreten werden
kann.
Beschluss des 6. Senats vom 3. März 2014 - BVerwG 6 B 36.13
I. VG Düsseldorf
vom 19.10.2010 - Az.: VG 22 K 3797/09 -
II. OVG Münster
vom 15.05.2013 - Az.: OVG 20 A 419/11 -