Urteil des BVerwG vom 30.08.2013

Rechtliches Gehör, Klagebegehren, Verfahrensmangel, Prüfer

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 6 B 23.13, 6 PKH 5.13
OVG 3 Bf 11/10
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. August 2013
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge, Hahn und
Prof. Dr. Hecker
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Hamburgischen Oberver-
waltungsgerichts vom 12. Februar 2013 wird zurückge-
wiesen.
Der Antrag der Klägerin, ihr Prozesskostenhilfe zu bewilli-
gen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
1. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für eine Zulassung
der Revision liegen nicht vor.
a. Die Rechtssache hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung im Sinne von
§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
Die von der Klägerin als rechtsgrundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage, „ob
auch bei der Beurteilung von Fehlern wissenschaftliche Meinungen als vertret-
bar einzuordnen sind, sobald sie von einer wissenschaftlichen Meinung fachlich
vertreten werden“ (Beschwerdebegründung S. 2), ist durch die Rechtsprechung
bereits in der Weise beantwortet, dass es einem allgemeinem, aus Art. 12
Abs. 1 GG folgenden Bewertungsgrundsatz bei berufsbezogenen Prüfungen
entspricht, eine vertretbare und mit gewichtigen Gründen folgerichtig begründe-
te Lösung nicht als falsch zu bewerten (BVerfG, Beschluss vom 17. April 1991
- 1 BvR 419/81 u. 213/83 - BVerfGE 84, 34 <55>). Der Senat hat diese Maßga-
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be weiter präzisiert (Urteil vom 26. März 1997 - BVerwG 6 C 7.96 - BVerwGE
104, 203 <206 ff.> = Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 378 S. 172 ff.). Soweit
die Klägerin moniert (Beschwerdebegründung a.a.O.), das Oberverwaltungsge-
richt hätte im Lichte der Lehrmeinung von Prof. Dr. M. zu dem Schluss gelan-
gen müssen, dass die Beanstandung der festgestellten Risse an den Kronen-
rändern sowie des festgestellten Loches am Rande der Krone durch den Prüfer
bewertungsfehlerhaft gewesen sei, wendet sie sich lediglich gegen die Anwen-
dung dieser Maßgaben durch das Berufungsgericht in dem entschiedenen Fall.
Wären dem Berufungsgericht hierbei Rechtsfehler unterlaufen, würde dies der
Sache nicht die ihr von der Klägerin beigemessene rechtsgrundsätzliche Be-
deutung verleihen. Ein rechtsfehlerhaftes Vorgehen des Berufungsgerichts ist
für den Senat allerdings nicht erkennbar. Es hat sich in seinem Urteil auf das
Gutachten von Prof. Dr. K. gestützt, der im Hinblick auf die festgestellten Risse
und das Loch in den Kronenrändern zu dem Ergebnis gelangt ist, für diese
Mängel spiele die Anwendung der von Prof. Dr. M. vertretenen Methode (Abde-
ckung mit Hartwachs vor dem Einbetten) keine Rolle (UA S. 11).
Der Senat vermag ferner nicht zu erkennen, inwiefern im Zusammenhang mit
der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, den Antrag der Klägerin, „die
Befangenheitserklärungen der Herren Prof. Dr. H. und Dr. K. als unzulässig zu-
rückzunehmen“, mit Blick auf § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG als unzulässig zu verwer-
fen (UA S. 19 f.), die Rechtssache rechtsgrundsätzliche Bedeutung im Sinne
von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erlangen könnte. Die diesbezüglichen Ausfüh-
rungen der Klägerin (Beschwerdebegründung S. 3) genügen nicht den Darle-
gungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO und sind für den Senat in
der Sache nicht nachvollziehbar.
b. Dass, wie die Klägerin meint (Beschwerdebegründung S. 4), das angefoch-
tene Urteil im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf einer Abweichung von
dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. April 1999 (BVerwG 4 C
4.98 - BVerwGE 109, 74 = Buchholz 310 § 113 Abs. 1 VwGO Nr. 5) beruht, wird
von der Klägerin nicht in einer den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3
Satz 3 VwGO genügenden Weise vorgetragen und ist für den Senat in der Sa-
che auch nicht erkennbar.
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c. Die Verfahrensrügen der Klägerin (Beschwerdebegründung S. 4 ff.) greifen
nicht durch.
Die Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangen im
Hinblick auf Verfahrensrügen, dass der Beschwerdeführer Tatsachen angibt,
die den gerügten Verfahrensmangel schlüssig ergeben. Im Falle der Aufklä-
rungsrüge ist die substantiierte Darlegung von Tatsachen geboten, hinsichtlich
derer ein Aufklärungsbedarf bestanden haben soll; ferner ist anzugeben, wel-
che geeigneten und erforderlichen Aufklärungsmaßnahmen dafür in Betracht
gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung
der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden
wären; ferner ist anzugeben, dass entweder bereits im Verfahren vor dem Tat-
sachengericht auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterblei-
ben nunmehr gerügt wird, durch Stellung eines unbedingten Beweisantrags
hingewirkt worden ist, oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlun-
gen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen;
schließlich ist darzulegen, inwiefern die aufgeklärte Tatsache - vom materiell-
rechtlichen Standpunkt des Berufungsgerichts aus - zu einer für den Beschwer-
deführer günstigeren Entscheidung hätte führen können. Im Falle der Gehörs-
rüge ist substantiiert darzulegen, durch welche Maßnahme des Berufungsge-
richts das rechtliche Gehör verletzt worden ist; dass kein Rügeverlust (§ 173
VwGO i.V.m. § 295 ZPO) eingetreten ist bzw. der Beschwerdeführer seine pro-
zessualen Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um rechtliches Gehör zu erlangen;
was der Beschwerdeführer bei ausreichender Gehörsgewährung noch vorge-
tragen hätte und inwiefern der weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemach-
ten Anspruchs geeignet gewesen wäre (vgl. Eyermann/Kraft, VwGO, 13. Aufl.
2010, § 133 Rn. 35 ff. m.w.N.).
Diese Darlegungsanforderungen werden schon im Ansatz verfehlt, soweit die
Klägerin ihr Klagebegehren durch den Tatbestand des angefochtenen Urteils
unzutreffend zusammengefasst sieht und dies als Gehörsverletzung rügt (Be-
schwerdebegründung S. 4 f.), die Auslegung ihrer Anträge durch das Beru-
fungsgericht moniert und dies als Gehörsverletzung rügt (Beschwerdebegrün-
dung S. 5) sowie im Wege der Aufklärungsrüge bemängelt, das Berufungsge-
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richt habe nicht ermittelt, warum die Klausurinhalte von der Beklagten nicht he-
rausgegeben wurden (Beschwerdebegründung S. 7). Soweit sie den letztge-
nannten Umstand zusätzlich als Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz
rügt, ist ihr Vortrag für den Senat nicht nachvollziehbar.
Auch die übrigen erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch. Von einer
weiteren Begründung sieht der Senat ab, da sie nicht geeignet wäre, zur Klä-
rung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen
ist (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).
2. Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe sowie auf
Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Verfahren vor dem Bundesverwal-
tungsgericht ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den
vorstehend dargelegten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet
(§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung
des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.
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