Urteil des BVerwG vom 19.02.2003

Verfahrensmangel, Ausgleichszahlung, Ungültigkeit, Einheit

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BESCHLUSS
BVerwG 6 B 18.03
OVG 8 L 3781/99
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 19. Februar 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. B a r d e n h e w e r und die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht Dr. H a h n und Dr. G r a u l i c h
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzu-
lassung der Revision in dem Urteil des Nieder-
sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom
6. November 2002 wird zurückgewiesen.
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Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerde-
verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das
Beschwerdeverfahren auf 7 380 € festgesetzt.
G r ü n d e :
I.
Der Kläger war Mitglied der Beklagten. Nach seiner Eheschei-
dung entschied das Amtsgericht Hannover – Familiengericht - am
27. Juni 1985 über den Versorgungsausgleich dahin, dass der
früheren Ehefrau des Klägers die Hälfte der von dem Kläger er-
worbenen Rentenanwartschaften zustehe. Deshalb wurde zu Lasten
der für den Kläger bei der Beklagten bestehenden Versorgungs-
anwartschaften zu Gunsten der Ehefrau Rentenanwartschaften bei
der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte begründet. Die
Entscheidung ist rechtskräftig. Dementsprechend kürzte die Be-
klagte die Versorgungsanwartschaft des Klägers.
Nachdem der Kläger unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf
Lebenszeit zum Universitätsprofessor ernannt worden war, bean-
tragte er die Erstattung seiner geleisteten Beiträge. Die Be-
klagte setzte den Erstattungsbetrag auf 62 781,36 DM fest. Mit
seiner Klage hat der Kläger u.a. geltend gemacht, beim Aus-
gleich einer berufsständischen Versorgungsanwartschaft sei ge-
mäß § 1 Abs. 3 des Gesetzes zur Regelung von Härten im Versor-
gungsausgleich vom 21. Februar 1983 (BGBl I S. 105), geändert
durch das Gesetz vom 8. Dezember 1986 (BGBl I S. 2317)
- VAHRG - § 57 Abs. 2 BeamtVG entsprechend anzuwenden. Dies
führe zu einer Erstattung von 77 216,33 DM. Das Niedersächsi-
sche Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Klägers gegen
das klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover
zurückgewiesen und ausgeführt, der Erstattungsanspruch bestim-
me sich nach § 24 Abs. 1 Satz 1 der Alterssicherungsordnung
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der Beklagten - ASO -. Der danach zu erstattende Betrag sei
wegen der für die frühere Ehefrau begründeten Rentenanwart-
schaft in entsprechender Anwendung des § 24 a ASO zu kürzen.
Das Berufungsgericht hat der Alterssicherungsordnung eine Re-
gelungslücke für Erstattungsfälle entnommen, in denen zu Las-
ten des aus der Ärzteversorgung ausgeschiedenen Mitglieds ein
Versorgungsausgleich im Wege des Quasi-Splittings nach § 1
Abs. 3 VARHG durchgeführt wurde. Diese Regelungslücke sei
durch analoge Anwendung des § 24 a Abs. 2 ASO zu schließen, so
dass der Erstattungsbetrag wie geschehen nach versicherungsma-
thematischen Grundsätzen zu kürzen sei. Der Kläger wendet sich
gegen die Nichtzulassung der Revision.
II.
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem
Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts ist unbe-
gründet.
Nach § 132 Abs. 2 VwGO kann die Revision nur zugelassen wer-
den, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
die Berufungsentscheidung von einer Entscheidung des Bundes-
verwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Ge-
richtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab-
weicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein Verfahrens-
mangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Beru-
fungsentscheidung beruhen kann. Wird wie hier die Nichtzulas-
sung der Revision mit der Beschwerde angefochten, muss in der
Beschwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung dargelegt
oder die Entscheidung, von der das Berufungsurteil abweicht,
oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 133 Abs. 3
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Satz 3 VwGO). Die Prüfung des beschließenden Senats ist demge-
mäß auf fristgerecht geltend gemachte Beschwerdegründe im Sin-
ne des § 132 Abs. 2 VwGO beschränkt.
Die Beschwerde wird allein auf den Revisionszulassungsgrund
der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2
Nr. 1 VwGO) gestützt. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer
Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die Revisionsentschei-
dung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im
Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revi-
sionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis
des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer
konkreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung er-
heblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre
Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll.
Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die
Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsge-
richtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage
des revisiblen Rechts führen kann. Die von der Beschwerde auf-
geworfene Frage verleiht der Sache keine rechtsgrundsätzliche
Bedeutung.
Der Kläger sieht die Frage als grundsätzlich klärungsbedürftig
an, ob "für die Fälle, in denen ein Mitglied des Versorgungs-
werks, der nach rechtskräftiger Scheidung zur Ausgleichszah-
lung verpflichtet ist und später aus dem Versorgungswerk aus-
scheidet, hinsichtlich der Berechnung der Erstattungsbeträge
§ 24 a ASO oder aber § 57 BeamtVG anzuwenden (ist)". Diese
Frage führt nicht auf eine ungeklärte Rechtsfrage des revi-
siblen Rechts, sondern betrifft allein das Landesrecht. Die
Frage, wie eine Lücke von Landesrecht zu schließen ist, ist
eine solche des irrevisiblen Rechts. Das gilt auch dann, wenn
zur Lückenschließung eine Vorschrift des Bundesrechts herange-
zogen werden soll. Denn deren Anwendung im Wege der Lücken-
schließung von Landesrecht würde dazu führen, dass sie ihrer-
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seits insoweit als Landesrecht gilt. Insoweit gilt nichts an-
deres als für die ausdrückliche Bezugnahme von Bundesrecht in
landesrechtlichen Vorschriften (dazu Beschluss vom 24. März
1986 - BVerwG 7 B 35.86 - Buchholz 310 § 137 VwGO Nr. 132 =
NVwZ 1986, 739; Urteil vom 30. Oktober 1992 – BVerwG 7 C
24.92 - Buchholz 310 § 137 VwGO Nr. 175 = NJW 1993, 1610; vgl.
auch Beschluss vom 10. Februar 2000 - BVerwG 4 B 6.00 -). Die
Auslegung der Alterssicherungsordnung durch das Oberverwal-
tungsgericht führt übrigens nicht zur Ungültigkeit der landes-
rechtlichen Regelung nach Art. 31 GG. Denn § 1 Abs. 3 VAHRG
regelt nicht die Erstattung von Beiträgen zu einem berufsstän-
dischen Versorgungswerk, sondern ist anzuwenden für die Rege-
lung des Versorgungsausgleichs durch das Familiengericht und
ergänzt insoweit das Bürgerliche Recht.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO,
die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes auf § 13
Abs. 2 GKG.
Bardenhewer Hahn Graulich