Urteil des BVerwG vom 25.02.2004

Verfahrensmangel, Zahl, Kontingentierung, Ausschluss

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BESCHLUSS
BVerwG 6 B 10.04
OVG 3 R 7/02
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 25. Februar 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. B a r d e n h e w e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. H a h n und Dr. G r a u l i c h
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des
Saarlandes vom 21. November 2003 wird zurückgewiesen.
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Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 20 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
1. Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Nach § 132 Abs. 2 VwGO kann die Revision nur zugelassen werden, wenn die
Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Berufungsentscheidung von
einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der
obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht
und auf dieser Abweichung beruht oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird
und vorliegt, auf dem die Berufungsentscheidung beruhen kann. Wird wie hier die
Nichtzulassung der Revision mit der Beschwerde angefochten, muss in der Be-
schwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung dargelegt oder die Entschei-
dung, von der das Berufungsurteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet
werden (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die Prüfung des beschließenden Senats ist
demgemäß auf fristgerecht geltend gemachte Beschwerdegründe im Sinne des
§ 132 Abs. 2 VwGO beschränkt.
Die Rechtssache hat nicht die allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im
Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer
Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage
des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des
Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133
Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, die für
die Revisionsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund,
der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Die Beschwer-
de muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung
einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage
führen kann. Die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen verleihen der Sache
keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung.
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Die Klägerin möchte geklärt wissen, ob und unter welchen Voraussetzungen der
Landesgesetzgeber private Unternehmen vom Spielbankenbetrieb ausschließen
könne. Sie meint, diese Frage sei durch die Rechtsprechung des Bundesverfas-
sungsgerichts nicht abschließend geklärt. Der durch das Saarländische Spielbank-
gesetz vom 9. Juli 2003 erfolgte Eingriff in die Freiheit der Berufswahl sei vor dem
Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht gerechtfer-
tigt. Einem privaten Spielbankenbetreiber dürfe die Chance einer erstmaligen Be-
werbung um Zulassung zu diesem Beruf nicht genommen werden.
Mit diesem Vorbringen kann die grundsätzliche Bedeutung der Sache nicht dargelegt
werden.
Das Oberverwaltungsgericht hat die auf Erteilung einer Spielbankkonzession (für das
sog. Kleine Spiel in Automatenspielsälen) gerichtete Klage abgewiesen, weil mehre-
re Vorschriften des mit dem Grundgesetz in Einklang stehenden Saarländischen
Spielbankgesetzes vom 9. Juli 2003 (ABl S. 2136) dem Begehren der Klägerin ent-
gegenstünden. Es hat ausgeführt, dass das Spielbankgesetz bestimme, dass im
Saarland bis zu zwei öffentliche Spielbanken sowie für das Kleine Spiel dieser Spiel-
banken Zweigspielbetriebe zugelassen werden dürften. Da es im Saarland bereits
zwei zugelassene Spielbanken gebe, sei das gesetzliche Kontingent erschöpft.
Schon von daher komme eine Konzessionierung der Klägerin nicht in Betracht. Au-
ßerdem dürften nur Gesellschaften in der Rechtsform des privaten Rechts Träger
eines Spielbankunternehmens sein, deren Anteile zu mehr als der Hälfte unmittelbar
oder mittelbar dem Saarland gehörten. Das sei bei der Klägerin nicht der Fall.
Auf die Problematik der Erschöpfung des gesetzlichen Kontingents geht die Be-
schwerde nicht ein. Schon deshalb kann sie nicht zur Zulassung der Grundsatzrevi-
sion führen. Wird eine Entscheidung auf mehrere selbständig tragende Gründe ge-
stützt, kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jedes Grundes
ein Revisionszulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt (stRspr, z.B. Be-
schlüsse vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
VwGO Nr. 26 und vom 14. Mai 2002 - BVerwG 6 B 22.02 -). Die Klägerin legt nicht
dar, dass eine Kontingentierung der hier vorliegenden Art verfassungsrechtliche
Zweifelsfragen aufwirft. Das wäre geboten gewesen, zumal das Bundesverfas-
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sungsgericht in dem von der Klägerin angeführten Beschluss vom 19. Juli 2000
- BVerfG 1 BvR 539/96 - (BVerfGE 102, 197 <215>) darauf hingewiesen hat, dass
die Zahl der Spielbanken herkömmlich und verfassungsrechtlich unbedenklich in er-
heblichem Umfang beschränkt sei.
Aber auch hinsichtlich der auf den Ausschluss von Gesellschaften in rein privater
Trägerschaft bezogenen Ausführungen des Berufungsgerichts wird ein Revisionszu-
lassungsgrund nicht in der gebotenen Weise dargelegt.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vermag die Rüge
der Nichtbeachtung von Bundesrecht bei der Anwendung und Auslegung von Lan-
desrecht eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision allenfalls dann zu
begründen, wenn die Auslegung der - gegenüber dem Landesrecht als korrigieren-
der Maßstab angeführten - bundesrechtlichen Norm ihrerseits ungeklärte Fragen von
grundsätzlicher Bedeutung aufwirft (s. Beschluss vom 9. März 1984 - BVerwG 7 B
238.81 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 49; Beschluss vom 9. Septem-
ber 1988 - BVerwG 4 B 37.88 - DVBl 1988, 1176 <1178>; Beschluss vom 15. De-
zember 1989 - BVerwG 7 B 177.89 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 277; Beschluss
vom 1. September 1992 - BVerwG 11 B 24.92 - Buchholz 310 § 137 VwGO Nr. 171,
Beschluss vom 11. Dezember 2003 - BVerwG 6 B 69.03 -). Die angeblichen bundes-
rechtlichen Maßgaben, deren Tragweite und Klärungsbedürftigkeit im Hinblick auf
die einschlägigen landesrechtlichen Regelungen sowie die Entscheidungserheb-
lichkeit ihrer Klärung in dem anhängigen Verfahren wären in der Beschwerdebe-
gründung darzulegen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Juli 1995 - BVerwG 6 NB
1.95 - NVwZ 1997, 61). Einer Darlegung dieser Voraussetzungen wird nicht schon
dadurch genügt, dass die maßgebliche Norm als verfassungsrechtlich bedenklich
angesehen wird. Vielmehr ist im Einzelnen darzulegen, gegen welche verfassungs-
rechtlichen Normen verstoßen wird und ob sich bei der Auslegung dieser Normen
alsdann Fragen grundsätzlicher Bedeutung stellen, die sich noch nicht auf Grund
bisheriger oberstgerichtlicher Rechtsprechung - insbesondere des Bundesverwal-
tungsgerichts - beantworten lassen. Daran fehlt es.
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind die wesentlichen Fra-
gen zur Zulassung zum Betrieb einer Spielbank nämlich geklärt (Urteil vom 23. Au-
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gust 1994 - BVerwG 1 C 19.91 - BVerwGE 96, 302 = Buchholz 11 Art. 12 GG
Nr. 231 = GewArch 1995, 24). Danach kann, wenn eine Spielbankerlaubnis nach
Ermessen erteilt werden kann, eine ausschließliche oder vorzugsweise Konzessio-
nierung staatlicher Spielbankbetriebe durchaus in Betracht kommen (a.a.O. S. 313
bzw. S. 31 bzw. S. 27). Damit setzt sich die Beschwerde nicht auseinander.
2. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung
des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf §§ 14, 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Bardenhewer
Hahn
Graulich