Urteil des BVerwG vom 24.03.2010

Herkunft, Anschluss, Auskunftserteilung, Begriff

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 6 A 2.09
Verkündet
am 24. März 2010
Bech
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 24. März 2010
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge,
Dr. Graulich, Vormeier und Dr. Bier
für Recht erkannt:
Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten es in
der Hauptsache für erledigt erklärt haben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens zu 3/4 und die
Beklagte zu 1/4.
G r ü n d e :
I
Die Beteiligten streiten über den Umfang der Pflicht des Bundesnachrichten-
dienstes, dem Kläger über die zu seiner Person in den Akten des Dienstes ge-
speicherten Daten Auskunft zu erteilen.
Nachdem ein im Auftrag des parlamentarischen Kontrollgremiums des Deut-
schen Bundestages in Auftrag gegebenes Gutachten (sog. Schäfer-Bericht) im
Mai 2006 zu dem Ergebnis gekommen war, der Bundesnachrichtendienst habe
zum Zweck der Aufdeckung unautorisierter Informationsabflüsse mehrere Jour-
nalisten, darunter den Kläger, rechtswidrig ausgespäht, verlangte dieser Aus-
kunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten. Die Beklagte vertrat zu-
nächst die Ansicht, der Auskunftsanspruch des Klägers erstrecke sich von
vornherein nur auf Dateien, aber nicht auf Akten des Bundesnachrichtendiens-
tes. Über diese Frage kam es zum Rechtsstreit. Die Beklagte wurde mit Urteil
des erkennenden Senats vom 28. November 2007 - BVerwG 6 A 2.07 - ver-
pflichtet, dem Kläger Auskunft über die zu seiner Person in den Akten des
Bundesnachrichtendienstes enthaltenen Daten zu erteilen.
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Mit Schreiben vom 12. Februar 2008 teilte der Bundesnachrichtendienst dem
Kläger mit, eine „explizite Personalakte“ zu ihm existiere nicht. Vielmehr fänden
sich Detailinformationen zur Person in mehreren Sachakten zu - vom Bundes-
nachrichtendienst - untersuchten oder vermuteten Informationsabflüssen an die
Presse. Auf mehreren Seiten wurden diese Informationen in chronologischer
Reihenfolge aufgelistet. Beigefügt war eine mehrseitige Liste mit Artikeln des
Klägers, die in verschiedenen Zeitungen veröffentlicht worden waren. Das
Schreiben war mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen.
Mit Schreiben vom 18. März 2008 an den Bundesnachrichtendienst erklärte der
Kläger, die erteilte Auskunft genüge nicht. Zur Konkretisierung stellte er eine
Reihe von Sachverhaltsfragen, die mit der erteilten Auskunft nicht beantwortet
würden.
Der Bundesnachrichtendienst erwiderte daraufhin mit Schreiben vom 4. Juni
2008, soweit sich die aufgeworfenen Fragen auf die Quelle der Informationen
bezögen, werde auf die Schrankenvorschrift des § 15 Abs. 3 BVerfSchG ver-
wiesen, welche über § 7 Satz 1 BNDG auf den Bundesnachrichtendienst an-
wendbar sei. Nach § 15 Abs. 3 BVerfSchG erstrecke sich die Auskunftsver-
pflichtung demnach nicht auf die Herkunft der Daten. Eine Interessenabwägung
finde insoweit nicht statt. Die Auskunft über interne Analysen z.B. von Veröf-
fentlichungen sei von dem Auskunftsanspruch ebenfalls nicht gedeckt, da es
sich insoweit nicht um zur Person des Petenten gespeicherte Daten handele,
sondern lediglich um auf Basis dieser Daten angestellte interne Schlussfolge-
rungen. Im Übrigen sei der Kläger niemals Ziel einer Telefonüberwachung
durch den Bundesnachrichtendienst gewesen. Soweit ein Auskunftsanspruch
auf Informationen des Bundesnachrichtendienstes bezüglich dritter Personen
geltend gemacht werde, überwögen Geheimhaltungsgründe, soweit die ver-
missten Daten dem Bundesnachrichtendienst überhaupt bekannt und nicht be-
reits in die erteilte Auskunft eingeflossen seien.
Daraufhin hat der Kläger mit Schriftsatz vom 12. September 2008 einen zu-
nächst als Vollstreckungsantrag - BVerwG 6 AV 2.08 - bezeichneten Rechtsbe-
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helf erhoben, den er nunmehr - nach gerichtlichem Hinweis - als erneute Ver-
pflichtungsklage verstanden wissen will.
Zur Begründung führt der Kläger aus, durch das Urteil vom 28. November 2007
sei festgestellt worden, dass ihm dem Grunde nach ein Auskunftsanspruch zu-
stehe. Ihm sei jedoch nicht gemäß § 7 Abs. 1 BNDG i.V.m. § 4 BNDG, §§ 10,
15 BVerfSchG umfassende Auskunft über die ihn betreffenden Daten erteilt
worden. Dies gelte insbesondere für die Herkunft von Daten.
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung den Rechtsstreit hinsichtlich
mehrerer zunächst in den Klageantrag aufgenommener Auskunftsbegehren mit
Zustimmung der Beklagten für in der Hauptsache erledigt erklärt.
Er beantragt nunmehr, die Beklagte zu verurteilen, gemäß dem Urteil des Bun-
desverwaltungsgerichts vom 28. November 2007 Auskunft zu erteilen zu fol-
genden Fragen:
a) Um was für angebliche BND-Meldungen aus einem Strafverfahren handelt es
sich, auf die Bezug genommen wird? (Seite 2 des Schreibens des BND vom
12. Februar 2008)
b) Woher hat der BND angebliche „eigene Angaben“ des Klägers über dessen
Besuch bei einem Rechtsanwalt? (Seite 2 des Schreibens des BND vom
12. Februar 2008)
d) (1) Um welchen „Gesprächspartner“ handelt es sich, von dem es heißt, der
Kläger habe ihm „bekräftigend“ gesagt, er - der Kläger - habe gute Kontakte,
insbesondere im BND? (Seite 3 des Schreibens des BND vom 12. Februar
2008)
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e) Woher stammt die angebliche Information, der Kläger habe einen Kontakt im
BND nach „seinem regelmäßigen Gesprächspartner gefragt“? (Seite 3 des
Schreibens des BND vom 12. Februar 2008)
f) Woher stammt die angebliche Information, der Kläger habe im Jahr 2004 zu-
sammen mit einem anderen Publizisten ein Buch über die Zusammenarbeit des
MfS mit dem Mossad geplant? (Seite 3 des Schreibens des BND vom
12. Februar 2008)
h) (1) Was ist die Quelle zu der Behauptung, der Kläger habe bestimmte Erklä-
rungen des Präsidenten des BND bereits vor deren angeblicher Verlesung er-
halten? (Seite 3 des Schreibens des BND vom 12. Februar 2008)
i) Wie wird „aktenkundig“, was der Kläger angeblich in der „Berliner Zeitung“
über Observationen des BND schreiben will? Welche Quellen sind hierzu an-
gegeben? Um welche „Seite“ handelt es sich im Übrigen, zu der es heißt „Diese
Information wird auch von anderer Seite bestätigt“? (Seite 3 des Schreibens
des BND vom 12. Februar 2008)
j) Woher stammt die Information, dass sich der Kläger 2004 in Thailand auf-
gehalten habe? (Seite 4 des Schreibens des BND vom 12. Februar 2008)
k) Zu welchen „verschiedenen Journalisten“ hat der Kläger angeblich Kontakt?
Wer sind die Personen, die angeblich in einem „Diagramm“ erfasst wurden?
Was ist der Inhalt der durch die Beklagte ausdrücklich bestätigten „Ausarbei-
tungen“ zu verschiedenen Artikeln des Klägers aus den letzten Jahren? (Seite 5
des Schreibens des BND vom 12. Februar 2008)
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Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt sie aus, der Anspruch des Klägers auf Auskunftserteilung
sei erfüllt. Die vom Kläger gestellten Fragen seien entweder bereits durch die
erteilte Auskunft des Bundesnachrichtendienstes vom 12. Februar 2008 i.V.m.
dem Schreiben vom 4. Juni 2008 erledigt oder aber von vornherein nicht Ge-
genstand des Auskunftsanspruchs. Soweit der Kläger begehre, dass ihm die
Herkunft der Daten benannt werde oder ihm jedenfalls mitzuteilen sei, was
„dem Grunde nach“ die Quelle der im BND gespeicherten Informationen sei, sei
ergänzend und zusammenfassend festzustellen, dass sich die Auskunftspflicht
gemäß § 15 Abs. 3 BVerfSchG nicht auf die Herkunft der Daten erstrecke. Im
Gegensatz zu den eine Auskunft einschränkenden oder ausschließenden Krite-
rien in § 15 Abs. 2 BVerfSchG, die eine Interessenabwägung erforderten, sei
die Herkunft der Daten gemäß § 15 Abs. 3 BVerfSchG von vornherein und um-
fassend vom Auskunftsanspruch ausgenommen. Insofern bedürfe es im Ge-
gensatz zu den Fällen des § 15 Abs. 2 BVerfSchG auch keiner Abwägung und
keiner Darlegung, weshalb im Einzelfall über die Herkunft einer Information kei-
ne Auskunft erteilt werde.
Im Übrigen habe der Bundesnachrichtendienst - im Wege der Auskunftsertei-
lung nach Ermessen und ohne Rechtspflicht - dem Kläger bereits mit Schreiben
vom 4. Juni 2008 mitgeteilt, dass die ihm vorliegenden Erkenntnisse aus-
schließlich auf frei zugänglichen Veröffentlichungen sowie auf Gesprächen mit
Informanten basierten. Dem Kläger sei also schon bekannt, wie die Informatio-
nen „dem Grunde nach“ gewonnen worden seien. Eine darüber hinausgehende
Auskunft zur Benennung der konkreten Quellen, d.h. zur namentlichen Nen-
nung der einzelnen Informanten bestehe nicht. Hiergegen ließen sich auch er-
gänzend die Ausschlussgründe des § 15 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 4 BVerfSchG an-
führen.
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Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens
und die beigezogenen Akten der Verfahren BVerwG 6 A 2.07 und BVerwG
6 AV 2.08 Bezug genommen.
II
1. Das Verfahren ist in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1
VwGO einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache
für erledigt erklärt haben.
2. Die Klage ist mit den noch zur Entscheidung stehenden Auskunftsbegehren
zwar zulässig (a), aber unbegründet (b).
a) Das Begehren des Klägers ist in der Form der Verpflichtungsklage statthaft,
weil es auf den Erlass eines Verwaltungsakts gerichtet ist (§ 42 Abs. 1 VwGO).
Der Kläger stützt - wie bereits in dem vorangegangenen, durch das Urteil vom
28. November 2007 - BVerwG 6 A 2.07 - (BVerwGE 130, 29 = Buchholz 402.71
BNDG Nr. 1) abgeschlossenen Verfahren - seinen Auskunftsanspruch haupt-
sächlich auf § 7 BNDG i.V.m. § 15 BVerfSchG. Danach geht der Erteilung der
Auskunft durch den Bundesnachrichtendienst eine „Entscheidung“ voraus, die
in der Form eines Verwaltungsakts ergeht. Einen Bescheid dieses Inhalts hat
die Beklagte auf das Urteil des Senats vom 28. November 2007 (a.a.O.) hin mit
dem Schreiben an den Kläger vom 12. Februar 2008 erlassen. Die vorliegende
Klage ist auf einen größeren inhaltlichen Umfang der Auskunft und damit auf
den Erlass eines weitergehenden Bescheides gerichtet, der mit der Verpflich-
tungsklage zu erstreiten ist.
Die Rechtskraft des Urteils vom 28. November 2007 steht der Zulässigkeit der
vorliegenden Verpflichtungsklage nicht entgegen. Es hat die Beklagte lediglich
dazu verpflichtet, den geltend gemachten Auskunftsanspruch dem Grunde nach
positiv zu bescheiden. Dabei handelte es sich nicht um ein Zwischenurteil über
den Leistungsgrund. § 111 Satz 1 VwGO gestattet den Erlass eines
Grundurteils nämlich nur bei allgemeinen Leistungsklagen. Es handelte sich
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vielmehr um ein Vollendurteil, das - lediglich - auf die Verpflichtung der Behörde
gerichtet war, ihrerseits über den Grund des Anspruchs durch feststellenden
Verwaltungsakt zu entscheiden (Urteil vom 8. Juli 1994 - BVerwG 8 C 4.93 -
Buchholz 310 § 111 VwGO Nr. 1 S. 3 f., 8). Nachdem die Beklagte diese Ver-
pflichtung durch ihren Bescheid vom 12. Februar 2008 erfüllt hat, liegt dem vor-
liegenden Verfahren, in dem über den konkreten Umfang des Auskunftsan-
spruchs gestritten wird, ein anderer Streitgegenstand zugrunde.
Das nach § 68 VwGO erforderliche Vorverfahren hat stattgefunden. Denn der
Kläger hat nach der (teilweisen) Ablehnung seines Auskunftsantrags durch das
als Bescheid zu wertende Schreiben des Bundesnachrichtendienstes vom
12. Februar 2008, beim Kläger eingegangen am 18. Februar 2008, mit Schrei-
ben vom 18. März 2008 sinngemäß Widerspruch erhoben, der von der Beklag-
ten unter dem Datum vom 4. Juni 2008 zurückgewiesen wurde. Da das zuletzt
genannte Schreiben nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, ist
die Klage rechtzeitig erhoben worden (§ 58 VwGO).
b) Die Verpflichtungsklage ist unbegründet, denn die Ablehnung der Auskunfts-
begehren durch die Beklagte in den noch anhängig gebliebenen Punkten ist
nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5
VwGO). Die Beklagte geht zwar nicht in jeder Hinsicht von einem zutreffenden
Verständnis der maßgeblichen rechtlichen Vorschriften über die Auskunftsertei-
lung durch den Bundesnachrichtendienst aus (aa), hat die noch offenen Aus-
kunftsbegehren im Ergebnis aber zu Recht abgelehnt (bb).
aa) Nach § 7 BNDG i.V.m. § 15 Abs. 1 BVerfSchG erteilt der Bundesnachrich-
tendienst dem Betroffenen über zu seiner Person gespeicherte Daten auf An-
trag unentgeltlich Auskunft, soweit der Betroffene hierzu auf einen konkreten
Sachverhalt hinweist und ein besonderes Interesse an einer Auskunft darlegt.
Die Auskunftserteilung unterbleibt, wenn Geheimhaltungsgründe nach § 15
Abs. 2 BVerfSchG vorliegen und eine im Einzelfall erfolgende Abwägung sol-
cher konkret bestehenden Belange mit den geschützten Interessen der betrof-
fenen Person ergibt, dass diese Interessen zurückstehen müssen (vgl. BVerfG,
Kammerbeschluss vom 10. Oktober 2000 - 1 BvR 586/90 - NVwZ 2001, 185
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<187>). Zudem erstreckt sich die Auskunftsverpflichtung nicht auf die Herkunft
der Daten und die Empfänger von Übermittlungen (§ 15 Abs. 3 BVerfSchG).
Soweit die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 BVerfSchG nicht vorliegen, entfällt
lediglich die gesetzliche Auskunftspflicht. Das verbleibende Ermessen, Auskunft
zu erteilen, ist in einem solchen Fall nach Maßgabe des Zwecks der Regelung
auszuüben (BVerfG, a.a.O. S. 186).
aaa) Die Beklagte meint unter Hinweis auf den Beschluss des Oberverwal-
tungsgerichts Münster vom 13. Februar 2009 - 16 A 844/08 - (NVwZ-RR 2009,
505), sie sei zu einer (weiteren) Auskunft schon deshalb nicht verpflichtet, weil
sich § 15 Abs. 1 BVerfSchG nur auf - hier nicht vorhandene - „zur Person“ des
Petenten in einer Personenakte gespeicherte Daten beziehe, nicht aber auf
Daten „über die Person“ des Petenten, die in Personenakten Dritter oder in
Sachakten gespeichert seien. Dem ist nicht zu folgen. Der von der Beklagten
befürworteten Differenzierung steht unter den hier gegebenen Umständen die
Bestandskraft des Bescheides des Bundesnachrichtendienstes vom
12. Februar 2008 ebenso entgegen wie die Rechtskraft des Urteils des Senats
vom 28. November 2007. Denn danach steht fest, dass der Kläger über seine
personenbezogenen Daten, soweit sie sich „in Akten befinden“, im Grundsatz
Auskunft verlangen kann (s. Urteil vom 28. November 2007 a.a.O. Rn. 16). Da-
von abgesehen, kann die genannte Rechtsauffassung aber auch in der Sache
nicht überzeugen.
Schon dem Wortsinn nach drückt die in § 15 Abs. 1 BVerfSchG verwendete
Präposition „zu“, nicht anders als die Präposition „über“ lediglich die Beziehung
der gespeicherten Daten zu der betroffenen Person aus. Überlegungen zur
Entstehungsgeschichte des § 15 BVerfSchG bestätigen dies. So sollte mit dem
zugrundeliegenden Gesetz zur Fortentwicklung der Datenverarbeitung und des
Datenschutzes vom 20. Dezember 1990 (BGBl I S. 2954) dem Volkszählungs-
gesetzurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Dezember 1983 Rech-
nung getragen werden (s. bereits Senatsurteil vom 28. November 2007 a.a.O.
Rn. 24). Der Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung
ist aber nach dem Volkszählungsurteil - unabhängig von der Finalität und dem
Speicherort der betreffenden Datenerhebung - schon dann berührt, wenn die
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„Bürger nicht mehr wissen können, wer was wann und bei welcher Gelegenheit
über sie weiß“ (BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1983 - 1 BvR 209/83 u.a. -
BVerfGE 65, 1 <43>; s. auch Kammerbeschluss vom 9. Januar 2006 - 2 BvR
443/02 - NJW 2006, 1116 <1117>: „fehlender Zugang zum Wissen Dritter über
die eigene Person“).
In systematischer Hinsicht ist bei der Auslegung von § 15 Abs. 1 BVerfSchG
das Zusammenspiel mit dem Bundesdatenschutzgesetz zu berücksichtigen.
Während das Auskunftsrecht des Bürgers über beim Bundesamt für Verfas-
sungsschutz über ihn gespeicherte Daten früher im Bundesdatenschutzgesetz
geregelt war, ist dieser Anspruch durch das erwähnte Gesetz vom
20. Dezember 1990 in Form von § 15 in das Bundesverfassungsschutzgesetz
aufgenommen worden (vgl. zur Normgeschichte BTDrucks 12/553 S. 73). Diese
Novellierung hat allerdings die Verbindung mit dem Bundesdatenschutzgesetz
nicht beseitigt, sondern durch die Regelungen in § 11 BNDG und in § 27
BVerfSchG über die Nichtanwendbarkeit einiger näher aufgeführter Normen
des Bundesdatenschutzgesetzes in einer besonderen Weise neu gestaltet.
Anwendbar bleibt - im Umkehrschluss - insbesondere die in § 11 BNDG und
§ 27 BVerfSchG nicht aufgeführte Regelung über den Begriff der personenbe-
zogenen Daten in § 3 Abs. 1 BDSchG.
Personenbezogene Daten sind in § 3 Abs. 1 BDSG definiert als Einzelangaben
über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimm-
baren natürlichen Person. Für den Begriff der personenbezogenen Daten
kommt es demnach nur auf den in § 3 Abs. 1 BDSG hervorgehobenen Bezug
zu den persönlichen oder sachlichen Verhältnissen einer Person an, nicht aber
darauf, zu welchem Zweck die Daten erfasst worden sind (Dammann, in:
Simitis, BDSG, 6. Aufl. 2006, § 3 Rn. 4). Wie sich aus einem Vergleich mit § 19
Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 BDSG ergibt, verwendet der Gesetzgeber die Be-
griffe „zu seiner (des Betroffenen) Person gespeicherte Daten“ und „personen-
bezogene Daten“ synonym (s. auch Dammann, a.a.O. Rn. 47; Mallmann, in:
Simitis, a.a.O. § 19 Rn. 19). Daher handelt es sich - auch im Sinne von § 15
Abs. 1 BVerfSchG - bei den zur Person des Betroffenen gespeicherten Daten
um alle personenbezogenen Daten im Sinne des § 3 Abs. 1 BDSG, die sich auf
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seine eigene Person beziehen (Scheffczyk/Wolff, NVwZ 2008, 1316 <1318>).
Soweit dagegen das Oberverwaltungsgericht Münster (a.a.O. S. 506) für die
von ihm befürwortete Unterscheidung zwischen Daten zu einer Person und Da-
ten über eine Person auf die Vorschrift des § 11 BVerfSchG betreffend die
Speicherung der Daten über Minderjährige verweist, geht das deshalb fehl, weil
diese Sondervorschrift nicht die Speicherung von Daten zur Person von Minder-
jährigen, sondern nur die Speicherung „in zu ihrer Person geführten Akten“ be-
sonders beschränkt. Gegen die vom Oberverwaltungsgericht Münster einge-
führte Differenzierung spricht letztlich, dass es die auf Auskunft in Anspruch
genommene Behörde nicht in der Hand haben darf, den Auskunftsanspruch
mittels des von ihr gewählten Ordnungssystems von Personen- und Sachakten
einzuschränken.
bbb) Zu den personenbezogenen Daten im Sinne von § 3 Abs. 1 BDSG gehö-
ren grundsätzlich alle Informationen, die über die Bezugsperson etwas aussa-
gen, unabhängig davon, welcher Lebensbereich angesprochen ist (Dammann,
a.a.O. § 3 Rn. 7), einschließlich der sozialen, wirtschaftlichen und sonstigen
Beziehungen der Person zu ihrer Umwelt (a.a.O. Rn. 10 f.). Die Schwierigkeit
besteht in der Abgrenzung zu Daten, die ausschließlich anderen Betroffenen
zuzuordnen oder sachbezogen sind. Grundsätzlich gilt, dass Angaben über die
Art einer Beziehung zu einer anderen Person und die Bezeichnung der Bezie-
hungsperson einen doppelten Personenbezug haben (Dammann, a.a.O.
Rn. 43). Weitergehende Angaben zu den persönlichen und sachlichen - nicht
beziehungsrelevanten - Verhältnissen der Beziehungsperson betreffen dagegen
nur diese und nicht die Primärperson.
Sachbezogene Daten sind im Hinblick auf das datenschutzrechtliche Begriffs-
verständnis in § 3 Abs. 1 BDSG dann personenbezogen, wenn sie die Sache
identifizieren und in dem nach dem jeweiligen Lebenszusammenhang zur Be-
schreibung der Person-Sach-Beziehung notwendigen Umfang charakterisieren
(vgl. Dammann, a.a.O. Rn. 58; Gola/Schomerus, BDSG, 9. Aufl. 2007 § 3
Rn. 5). Demnach ist der Hinweis, eine bestimmte Sache sei unter bestimmten
örtlichen und zeitlichen Umständen an eine Person übermittelt worden, (auch)
ein personenbezogenes Datum (Gola/Schomerus, a.a.O. Rn. 7).
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Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG bezieht sich der Anspruch auf Auskunft
über personenbezogene Daten auch auf die Herkunft der Daten. Dies gilt für
den Auskunftsanspruch nach dem Bundesverfassungsschutzgesetz und für
denjenigen nach dem Bundesnachrichtendienstgesetz nicht; vielmehr ist nach
§ 15 Abs. 3 BVerfSchG bzw. nach § 7 BNDG i.V.m. § 15 Abs. 3 BVerfSchG die
Herkunft der Daten nicht Gegenstand der Auskunftsverpflichtung. Dementspre-
chend ist in § 27 BVerfSchG und in § 11 BNDG bestimmt, dass (u.a.) die Rege-
lung in § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BDSG über die Herkunft der Daten bei der Er-
füllung der Aufgaben durch das Bundesamt für Verfassungsschutz und durch
den Bundesnachrichtendienst keine Anwendung findet.
ccc) Was die Voraussetzungen des hier geltend gemachten Auskunftsan-
spruchs im Einzelnen anlangt, steht durch das rechtskräftige Urteil des Senats
vom 28. November 2007 zwischen den Beteiligten dem Grunde nach fest, dass
der Kläger im Sinne von § 15 Abs. 1 BVerfSchG ein Interesse daran hat zu er-
fahren, welche Bereiche seiner Arbeit im Zuge der „Operation M“ des Bundes-
nachrichtendienstes ausgeforscht worden sind (a.a.O. Rn. 32), und dass Ge-
heimhaltungsgründe der begehrten Auskunft nicht generell entgegenstehen
(a.a.O. Rn. 33).
Diese Ausführungen in den Urteilsgründen beziehen sich aber nur auf den
Auskunftsgegenstand in der Fassung des seinerzeitigen pauschal gefassten
Klageantrags - „die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft über die bei der Be-
klagten über ihn gespeicherten und sonst wie bereitgehaltenen Daten zu ge-
währen“ - nicht hingegen auf daraus abgeleitete Auskunftsdetails, wie sie Ge-
genstand des vorliegenden Verfahrens sind. Die Frage, ob die mit der vorlie-
genden Klage verlangten Einzelauskünfte jeweils einen hinreichenden Bezug
zur Person des Klägers aufweisen, ist durch das vorgenannte Urteil ebenso
wenig präjudiziert wie das Bestehen und gegebenenfalls das Überwiegen spe-
zieller Hinderungsgründe nach § 15 Abs. 2, 3 BVerfSchG in Bezug auf einzelne
vom Kläger begehrte Informationen.
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bb) Hinsichtlich der noch zur Entscheidung stehenden Auskunftsbegehren des
Klägers ist im Einzelnen zu bemerken:
aaa) Im Auskunftsschreiben der Beklagten vom 12. Februar 2008 (Seite 2) fin-
den sich die Sätze: „Im Dezember 2002 habe F. an einen Gesprächspartner
BND-Meldungen übergeben, die Gegenstand eines einschlägigen Strafverfah-
rens gegen zwei ehemalige Mitarbeiter des BND gewesen sind. Nach seinen
angeblichen Angaben habe F. diese von einem Justizangestellten erhalten.“ Mit
dem Klageantrag zu a) begehrt der Kläger im Anschluss daran Auskunft zu der
Frage: „Um was für angebliche BND-Meldungen aus einem Strafverfahren han-
delt es sich, auf die Bezug genommen wird?“
Der Antrag ist unbegründet. Vieles spricht bereits dafür, dass der Kläger damit
keine Auskunft über personenbezogene Daten im Sinne von § 15 Abs. 1
BVerfSchG i.V.m. § 3 Abs. 1 BDSG begehrt. Bei den zur Person des Betroffenen
gespeicherten Daten im Sinne von § 15 Abs. 1 BVerfSchG handelt es sich - wie
oben bereits ausgeführt - um alle personenbezogenen Daten im Sinne von § 3
Abs. 1 BDSG, also um Daten, die sich auf seine eigene Person beziehen. Für
den Begriff der personenbezogenen Daten kommt es auf den in § 3 Abs. 1
BDSG hervorgehobenen Bezug zu den persönlichen oder sachlichen Verhält-
nissen einer Person an.
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, bei einer „BND-
Meldung“ handele es sich um eine Information, die in den Akten des Bundes-
nachrichtendienstes in bestimmter Weise festgehalten sei; die im Klageantrag
insoweit erwähnten Meldungen hätten mit dem Kläger inhaltlich nichts zu tun.
Was einen etwaigen durch die Art der Beziehung zu anderen Personen vermit-
telten Bezug zur Person des Klägers anlangt, wurde ihm durch die Beklagte
immerhin bereits mitgeteilt, dass er die betreffenden Meldungen von einer nä-
her bezeichneten Person (einem Justizangestellten) erhalten und in einem nä-
her beschriebenen Zeitpunkt (Dezember 2002) an einen Gesprächspartner
übergeben haben soll, ferner, dass diese Meldungen Gegenstand eines Straf-
verfahrens gegen zwei ehemalige Mitarbeiter des BND gewesen seien. Es liegt
zumindest nahe, dass damit die Beziehung des Klägers zu dem Objekt, den
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besagten BND-Meldungen, hinreichend charakterisiert ist und es sich bei dem
näheren Inhalt der bezeichneten Meldungen und erst recht des darin erwähnten
Strafverfahrens um rein sachverhaltsbezogene Daten bzw. um personenbezo-
gene Daten Dritter ohne einen relevanten Personenbezug zum Kläger handelt.
Davon abgesehen hat der Senat die Überzeugung gewonnen, dass der begehr-
ten Auskunft jedenfalls überwiegende Geheimhaltungsbelange entgegenstehen,
weil Quellen gefährdet und berechtigte Interessen eines Dritten verletzt würden
(§ 15 Abs. 2 Nr. 2, 4 BVerfSchG). Denn die Beklagte hat in der mündlichen
Verhandlung erklärt, bei dem im Auskunftsschreiben angesprochenen
„Gesprächspartner“ handele es sich um den Informanten des Bundesnachrich-
tendienstes, der die betreffende Information gegeben habe, und bei näheren
Angaben über Art und Inhalt der „Meldungen“ drohe die Enttarnung des Infor-
manten durch den Kläger. Soweit bei der hier in Rede stehenden Information
ein hinreichender Bezug zur Person des Klägers trotz der vorstehend aufge-
führten Bedenken überhaupt zu bejahen sein sollte, mindern diese das Aus-
kunftsinteresse des Klägers jedenfalls in einem solchen Maße, dass der dro-
henden Enttarnung des Informanten der Beklagten ein größeres Gewicht zu-
kommt.
bbb) Im Auskunftsschreiben der Beklagten vom 12. Februar 2008 (Seite 2)
finden sich die Sätze: „F. soll nach angeblich eigenen Angaben den Rechts-
anwalt eines früheren Mitarbeiters des BND aufgesucht haben, um über diesen
faktisch Zugang zu der Operativakte der früheren nachrichtendienstlichen
Verbindung RÜBEZAHL zu erhalten. Der Rechtsanwalt habe sein Ersuchen je-
doch abgelehnt.“ Mit dem Klageantrag zu b) begehrt der Kläger im Anschluss
daran Auskunft zu der Frage: „Woher hat der BND angebliche ‚eigene Anga-
ben’ des Klägers über dessen Besuch bei einem Rechtsanwalt?“ Selbst unter
Beachtung von Quellenschutz müsse die Beklagte zumindest mitteilen, woher
die Informationen dem Grunde nach stammten, ob es sich um überlassene
Schriftstücke, Informationen von Informanten oder eine funktechnische oder
ähnliche Überwachung des Klägers gehandelt habe.
Der Antrag ist unbegründet. Seinem Erfolg steht die - über § 7 BNDG auch auf
den Bundesnachrichtendienst anwendbare - Vorschrift des § 15 Abs. 3
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BVerfSchG entgegen, wonach die dem Betroffenen zu erteilende Auskunft
über die zu seiner Person gespeicherten Daten sich nicht auf deren Herkunft
erstreckt.
Während der Begriff „Quelle“ in § 15 Abs. 2 Nr. 2 BVerfSchG den konkreten
Ursprung der Information meint, bezeichnet der Begriff „Herkunft“ in § 15
Abs. 3 BVerfSchG demgegenüber allgemeiner die Kategorie der Quelle, aus
welcher die Information gewonnen wurde, also beispielsweise Schriftstücke,
Informationen von Informanten, funktechnische oder andere Formen von
Überwachung des Auskunft Begehrenden. Im Unterschied zu § 15 Abs. 2 Nr. 2
BVerfSchG kommt es beim Ausschluss der Auskunftsverpflichtung in § 15
Abs. 3 BVerfSchG nicht darauf an, dass durch die Auskunftserteilung eine Ge-
fahr für die Quelle besteht; vielmehr ist die Herkunft der Daten von vornherein
dem Auskunftsanspruch entzogen. Zwar entfällt nach dem Wortlaut dieser
Vorschrift, soweit es um die Herkunft der Daten geht, nur die gesetzliche Aus-
kunftsverpflichtung. Wird zugunsten des Klägers unterstellt, dass sich der sub-
sidiäre, auf dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1
Abs. 1 GG) beruhende Anspruch des Betroffenen auf eine Ermessensent-
scheidung über die Erteilung der begehrten Auskunft (s. BVerfG, Beschluss
vom 10. Oktober 2000 a.a.O. S. 186) unbeschadet des § 15 Abs. 3 BVerfSchG
auch auf die Herkunft der Daten erstreckt, ist aber zu berücksichtigen, dass
dem Auskunftsbegehren des Klägers zu einem Teil bereits entsprochen wurde,
indem die Beklagte - negativ - klargestellt hat, dass seine Telekommunikation
nicht überwacht worden sei, und - positiv -, dass die Informationen auf frei zu-
gänglichen Veröffentlichungen sowie Gesprächen mit Informanten beruhten.
Was eine darüber hinausgehende Offenlegung der Datenherkunft anlangt, ist
im Rahmen einer etwa erforderlichen Ermessensausübung die Abwägung des
Informationsinteresses mit gegenläufigen öffentlichen Belangen durch die
Wertung des § 15 Abs. 3 BVerfSchG jedenfalls in dem Sinne vorstrukturiert,
dass diese sich regelmäßig durchsetzen, weil die Preisgabe der Herkunft von
Daten die künftige Erkenntnisgewinnung und damit die Aufgabenerfüllung des
Bundesnachrichtendienstes schwerwiegend beeinträchtigen würde. Für das
Vorliegen eines Ausnahmefalles, der etwa bei hinreichenden Anhaltspunkten
für ein leichtfertiges oder gar bewusst wahrheitswidriges Verhalten eines In-
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formanten in Betracht zu ziehen sein könnte (s. auch Urteil vom 3. September
1991 - BVerwG 1 C 48.88 - BVerwGE 89, 14 <19 f.> = Buchholz 403.11 § 19
BDSG Nr. 1 S. 5 f.), ist hier nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich, so dass
ein Ermessensfehler im Ergebnis nicht vorliegt.
ccc) Im Auskunftsschreiben der Beklagten vom 12. Februar 2008 (Seite 3) fin-
den sich die Sätze: „Ende 2003 soll F. einem Gesprächspartner bekräftigend
gesagt haben, er (F.) habe gute Kontakte, insbesondere im BND.“ Mit dem Kla-
geantrag zu d) Unterfrage (1) begehrt der Kläger im Anschluss daran Auskunft
zu der Frage: „Um welchen ‚Gesprächspartner’ handelt es sich, von dem es
heißt, der Kläger habe ihm ‚bekräftigend’ gesagt, er - der Kläger - habe gute
Kontakte, insbesondere im BND?“ Auch insoweit beruft sich die Beklagte zu
Recht auf § 15 Abs. 3 BVerfSchG, der die Herkunft der Daten dem Auskunfts-
anspruch entzieht. Denn sie hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen,
bei dem „Gesprächspartner“ handele es sich um die Person, die ihrerseits den
Bundesnachrichtendienst informiert habe. Sie würde somit den von ihr für
schützenswert gehaltenen Informanten enttarnen müssen, um dem Klageantrag
nachzukommen. Dazu ist sie gemäß § 15 Abs. 3 BVerfSchG nicht verpflichtet;
für das etwaige Auskunftsermessen gilt auch insoweit das oben Gesagte.
ddd) Im Auskunftsschreiben der Beklagten vom 12. Februar 2008 (Seite 3) fin-
det sich der Satz: „Ebenfalls Ende 2003 soll F. einen Kontakt im BND nach ei-
nem seiner (Fs.) regelmäßigen Gesprächspartner gefragt haben.“ Mit dem Kla-
geantrag zu e) begehrt der Kläger im Anschluss daran Auskunft zu der Frage:
„Woher stammt die angebliche Information, der Kläger habe einen Kontakt im
BND nach ‚seinem regelmäßigen Gesprächspartner gefragt’?" Auch hier müsse
die Beklagte jedenfalls mitteilen, was dem Grunde nach die Quelle ihrer Infor-
mation sei. Wie sich bereits aus den vorangegangenen Ausführungen ergibt,
besteht nach § 7 BNDG i.V.m. § 15 Abs. 3 BVerfSchG eine derartige Verpflich-
tung der Beklagten nicht. Dem Vortrag des Klägers sind auch keine gewichtigen
Gründe zu entnehmen, welche ausnahmsweise eine Ermessensbetätigung der
Beklagten zu seinen Gunsten rechtfertigen würde.
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eee) Im Auskunftsschreiben der Beklagten vom 12. Februar 2008 (Seite 3) fin-
det sich der Satz: „F. soll im Jahr 2004 zusammen mit einem anderen Publizis-
ten ein Buch über die Zusammenarbeit des MfS mit dem MOSSAD geplant ha-
ben.“ Mit dem Klageantrag zu f) begehrt der Kläger im Anschluss daran Aus-
kunft zu der Frage: „Woher stammt die angebliche Information, der Kläger habe
im Jahr 2004 zusammen mit einem anderen Publizisten ein Buch über die Zu-
sammenarbeit des MfS mit dem Mossad geplant?“ Auch diesem Auskunftsbe-
gehren hält die Beklagte zu Recht den Ausschluss der Auskunftsverpflichtung
gemäß § 15 Abs. 3 BVerfSchG entgegen, und der Kläger führt keine Umstände
an, welche die insofern - unterstellt - ermessensabhängige Entscheidung der
Beklagten ausnahmsweise zu seinen Gunsten beeinflussen könnten.
fff) Im Auskunftsschreiben der Beklagten vom 12. Februar 2008 (Seite 3) findet
sich der Satz: „F. soll ausweislich der Aktenlage die Erklärung, welche der Prä-
sident des BND vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages in Sachen
Liechtenstein-Analyse abgegeben habe, bereits vor der dortigen Verlesung er-
halten haben.“ Mit dem Klageantrag zu h) Unterfrage (1) begehrt der Kläger im
Anschluss daran Auskunft zu der Frage: „Was ist die Quelle der Behauptung,
der Kläger habe bestimmte Erklärungen des Präsidenten des BND bereits vor
deren angeblicher Verlesung erhalten?“
Die Beklagte lehnt den Auskunftsanspruch im Ergebnis zu Recht ab. Dem Aus-
kunftsanliegen hat sie zu einem Teil entsprochen, indem sie bereits schriftsätz-
lich, aber auch erneut in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, es habe kei-
nerlei funktechnische Überwachung des Klägers gegeben. Im Übrigen beruft sie
sich zu Recht auf § 15 Abs. 3 BVerfSchG, wonach die Auskunftsverpflichtung
sich nicht auf die Herkunft der Daten erstreckt, und der Kläger hat auch hier
keine Anhaltspunkte dafür vorgebracht, dass sein Auskunftsinteresse das sich
aus § 15 Abs. 3 BVerfSchG ergebende generelle Geheimhaltungsinteresse
ausnahmsweise überwiegen könnte.
ggg) Im Auskunftsschreiben der Beklagten vom 12. Februar 2008 (Seite 3) fin-
den sich die Sätze: „Im Oktober 2005 wird aktenkundig, dass F. in der BZ über
Observationen des BND berichten will, deren Zielpersonen zwei Journalisten
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gewesen seien. Diese Information wird auch von anderer Seite bestätigt. F. soll
diese Informationen über einen anderen Journalisten erhalten haben, dessen
Name aus Gründen des Datenschutzes hier nicht genannt wird. Ein Ge-
sprächskontakt übersendet eine Erklärung zur DPA-Meldung v. 28.11.07 mit
Bezug zu F." Mit dem Klageantrag zu i) begehrt der Kläger im Anschluss daran
Auskunft zu den Fragen: „Wie wird ‚aktenkundig’, was der Kläger angeblich in
der ‚Berliner Zeitung’ über Observationen des BND schreiben will? Welche
Quellen sind hierzu angegeben? Um welche ‚Seite’ handelt es sich im Übrigen,
zu der es heißt: ‚Diese Information wird auch von anderer Seite bestätigt’?“
Dieser Antrag ist unbegründet. Zur Mitteilung von Herkunftsbezügen ist die Be-
klagte auch insoweit gemäß § 15 Abs. 3 BVerfSchG weder verpflichtet noch
sonst veranlasst.
hhh) Im Auskunftsschreiben der Beklagten vom 12. Februar 2008 (Seite 4) fin-
det sich der Satz: „F. habe sich 2004 im Rahmen einer ‚Promotion für die BZ’ in
Thailand aufgehalten.“ Mit dem Klageantrag zu j) begehrt der Kläger im An-
schluss daran Auskunft zu der Frage: „Woher stammt die Information, dass sich
der Kläger 2004 in Thailand aufgehalten habe?“
Auch dieser Antrag ist aus den schon mehrfach genannten Gründen im Hinblick
auf § 15 Abs. 3 BVerfSchG unbegründet.
iii) Im Auskunftsschreiben der Beklagten vom 12. Februar 2008 (Seite 4 ff.) fin-
den sich die Sätze: „F. soll Kontakte zu namentlich bekannten, aus Gründen
des Datenschutzes jedoch hier ungenannt bleibenden Personen haben:
- einem ehemaligen BND-Mitarbeiter und Buchautor
- einem Angehörigen des Gesprächskreises Nachrichtendienste
- zu verschiedenen anderen Journalisten
- zu einem Mitglied der SPÖ, welches als Informant fungiere
- zu einem ehemaligen Mitarbeiter eines russischen Nachrichtendienstes.
Als weitere mitgeteilte Kontaktpersonen des F. wurden sechs ehemalige nach-
richtendienstliche Verbindungen, vier ehemalige Mitarbeiter des BND und ein
ehemaliger Mitarbeiter eines russischen Nachrichtendienstes in diesem Kontext
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in einem Diagramm festgehalten. Die namentliche Benennung erfolgt auch hier
aus Gründen des Datenschutzes im Hinblick auf die betroffenen Personen
nicht.“
Mit dem Klageantrag zu k) in seiner ursprünglichen Fassung hat der Kläger im
Anschluss daran Auskunft zu den Fragen begehrt: „Zu welchen ‚verschiedenen
Journalisten’ und zu welchem ‚SPÖ-Mitglied’ hat der Kläger angeblich Kontakt?
Wer sind die Personen, die angeblich in einem ‚Diagramm’ erfasst wurden?
Was ist der Inhalt der durch die Beklagte ausdrücklich bestätigten ‚Ausarbei-
tungen’ zu verschiedenen Artikeln des Klägers aus den letzten Jahren?“ Nach
Erörterung haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung den Rechts-
streit hinsichtlich der Auskunft über das „SPÖ-Mitglied“ in der Hauptsache für
erledigt erklärt, so dass der Antrag nur noch einen entsprechend verkürzten In-
halt hat. Insoweit ist er unbegründet.
Mit der Frage, zu welchen „verschiedenen Journalisten“ der Kläger angeblich
Kontakt gehabt habe und welche weiteren Kontaktpersonen in dem besagten
Diagramm erfasst worden seien, wird zwar Auskunft über personenbezogene
Daten (auch) des Klägers im Sinne von § 15 Abs. 1 BVerfSchG i.V.m. § 3
Abs. 1 BDSG begehrt. Der Auskunftsanspruch ist allerdings, soweit es sich um
die Identität des Journalisten Uwe Müller handelt, von der Beklagten durch das
Schreiben des Bundesnachrichtendienstes vom 4. Juni 2008 erfüllt worden.
Was die Namen der übrigen Personen angeht, ist das Auskunftsinteresse des
Klägers gegenüber den gegenläufigen Belangen als geringer anzusehen. Wie
der Kläger in der Klageschrift eingeräumt hat, sind ihm die Namen seiner Kon-
taktpersonen ohnehin bereits bekannt. Das verbleibende Auskunftsinteresse
übersteigt nicht die von der Beklagten vorgebrachte Gefahr der Quellengefähr-
dung nach § 15 Abs. 2 Nr. 2 BVerfSchG, denn die Beklagte hat in der mündli-
chen Verhandlung ausdrücklich erklärt, dass alle genannten Journalisten sowie
sämtliche in dem besagten Diagramm aufgeführten Personen Quellen des
Bundesnachrichtendienstes gewesen sind; insoweit liegt es im Hinblick auf die
Möglichkeiten künftiger nachrichtendienstlicher Erkenntnisgewinnung auf der
Hand, dass auch bei schon „versiegten Quellen“ ein erhebliches Interesse fort-
besteht, die einmal zugesagte Diskretion zu wahren. Der Kläger hat jedenfalls
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keine weiteren Gesichtspunkte vorgebracht, die sein Auskunftsinteresse als
überwiegend gewichtig erscheinen ließen. Das Auskunftsbegehren trifft im Üb-
rigen zumindest teilweise, soweit die fraglichen Informationen unmittelbar von
den betreffenden Personen stammen, auch auf die Auskunftsgrenze in § 15
Abs. 3 BVerfSchG, wonach die Auskunftsverpflichtung sich nicht auf die Her-
kunft der Daten erstreckt. Der Kläger hat keine Gründe vorgebracht, welche die
Beklagte zu einer abweichenden Ermessensbetätigung veranlassen könnten.
Mit der Frage, was der Inhalt der „Ausarbeitungen“ zu verschiedenen Artikeln
des Klägers aus den letzten Jahren sei, wird zwar ebenfalls - zumindest teilwei-
se - Auskunft über personenbezogene Daten des Klägers im Sinne von § 15
Abs. 1 BVerfSchG i.V.m. § 3 Abs. 1 BDSG begehrt. Denn darunter fallen auch
Schlussfolgerungen, die die Behörde nach Auswertung der Quellenlage auf-
grund zusammenfassender Beurteilung aus den erhobenen personenbezoge-
nen Daten zieht (vgl. Scheffczyk/Wolff, NVwZ 2008, 1316 <1318>). Allerdings
hat die Beklagte den Auskunftsanspruch des Klägers auch insoweit zu einem
nicht unerheblichen Teil bereits erfüllt, indem ihm die einzelnen Zeitungsartikel
mit Datum mitgeteilt worden sind, auf die sich die fraglichen Ausarbeitungen
des Bundesnachrichtendienstes gründen. Das Interesse des Klägers daran,
weitere Einzelheiten aus den Ausarbeitungen zu erfahren, tritt hinter das Inte-
resse der Beklagten zurück, derartige Einzelheiten nicht zu offenbaren. Im Falle
einer weiteren Auskunftserteilung wäre zu befürchten, dass die Arbeitsweise
und der Erkenntnisstand des Bundesnachrichtendienstes im Sinne des § 15
Abs. 2 Nr. 2 BVerfSchG ausgeforscht würden. Insoweit weist die Beklagte
überzeugend darauf hin, dass die Eigensicherung auch über den vorliegenden
Einzelfall hinaus zu den ständigen Aufgaben des Bundesnachrichtendienstes
gehört (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 BNDG). Eine vertiefte Kenntnis der in Rede stehenden
internen Ausarbeitungen des Dienstes könnte dem Kläger insoweit Rück-
schlüsse auf Arbeitsweisen und Methoden der Erkenntnisgewinnung vermitteln,
die die künftige Aufgabenerfüllung der Beklagten gegebenenfalls schwerwie-
gend beeinträchtigen würden.
3. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht hinsichtlich des in
der Hauptsache erledigten Teils, bei dem sich der Kläger mit seinem Aus-
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kunftsbegehren in beachtlichem Umfang durchgesetzt hat, auf § 161 Abs. 2
Satz 1 VwGO und im Übrigen auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Dr. Bardenhewer
Büge
Dr. Graulich
Vormeier
Dr. Bier
B e s c h l u s s
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5 000 € festgesetzt.
Dr. Bardenhewer
Dr. Graulich
Dr. Bier
Sachgebiet:
BVerwGE:
nein
Recht der Nachrichtendienste
Fachpresse: ja
Rechtsquellen:
BVerfSchG
§§ 15, 27
BNDG
§§ 7, 11
BDSG
§§ 3, 19
Stichworte:
Bundesnachrichtendienst; Auskunftsanspruch; Geheimhaltungsbedürfnis; Da-
ten; personenbezogene Daten; Herkunft; Quellen.
Leitsätze:
1. Die an die Darlegung eines besonderen Auskunftsinteresses gebundene
Verpflichtung des Bundesnachrichtendienstes, dem Betroffenen auf Antrag
Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten zu erteilen (§ 7 BNDG
i.V.m. § 15 Abs. 1 BVerfSchG), entfällt im Hinblick auf einen der in § 15 Abs. 2
BVerfSchG geregelten Geheimhaltungsgründe nur, wenn eine Abwägung im
Einzelfall ergibt, dass das Auskunftsinteresse zurückstehen muss. Dagegen ist
die Herkunft der Daten nach § 15 Abs. 3 BVerfSchG dem Auskunftsanspruch
des Betroffenen von vornherein entzogen. Ob der Betroffene insoweit aus be-
sonderen Gründen die fehlerfreie Ausübung eines Auskunftsermessens bean-
spruchen kann, bleibt offen.
2. Die Auskunftsverpflichtung hängt nicht davon ab, ob die Daten in einer zur
Person des Betroffenen geführten Akte gespeichert worden sind.
3. Zum Begriff der personenbezogenen Daten im Sinne von § 3 Abs. 1 BDSG
Urteil des 6. Senats vom 24. März 2010 - BVerwG 6 A 2.09