Urteil des BVerwG vom 03.04.2003

Gefahr im Verzug, Verfügung, Innere Sicherheit, Anhörung

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IM NAMEN DES VOLKES
GERICHTSBESCHEID
BVerwG 6 A 12.02
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 3. April 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. B a r d e n h e w e r und die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht Dr. H a h n , Dr. G e r h a r d t ,
Dr. G r a u l i c h und V o r m e i e r
ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
G r ü n d e :
I.
Das Bundesministerium des Innern stellte durch Verfügung vom
8. Dezember 2001 fest, dass sich der "Kalifatsstaat" (Hilafet
Devleti), der unter der Bezeichnung "Verband der islamischen
Vereine und Gemeinden" ("Islami Cemaatleri ve Cemiyetleri
Birligi" - ICCB) im Vereinsregister eingetragen sei, ein-
schließlich bestimmter Teilorganisationen, sowie die "Stich-
ting Dienaar aan Islam" gegen die verfassungsmäßige Ordnung
und den Gedanken der Völkerverständigung richteten und die in-
nere Sicherheit sowie sonstige erhebliche Belange der Bundes-
republik Deutschland gefährdeten. Die genannten Organisationen
wurden verboten und aufgelöst. Ferner wurden die Verwendung
von Kennzeichen des "Kalifatsstaats" und die Bildung von Er-
satzorganisationen verboten und das Vermögen der verbotenen
Organisationen beschlagnahmt und eingezogen.
Mit Bescheid vom 16. September 2002 erstreckte das Bundes-
ministerium des Innern die Verfügung vom 8. Dezember 2001 auf
den Kläger als Teilorganisation des "Kalifatsstaats". Zur Be-
gründung wurde ausgeführt, die in den Räumen des Klägers si-
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chergestellten Unterlagen belegten organisatorische, finan-
zielle und personelle Verflechtungen mit dem "Kalifatsstaat".
Der Kläger tritt mit seiner Klage der Erstreckung der Verbots-
verfügung entgegen und stellt in Abrede, eine Teilorganisation
des "Kalifatsstaats" zu sein.
Der Kläger beantragt,
die Verfügung der Beklagten vom 16. September 2002
aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie tritt dem Klagevortrag entgegen und trägt ergänzend vor.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens
der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungs-
vorgänge Bezug genommen.
II.
Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbe-
scheid entscheiden, weil die vorliegende erstinstanzliche
Streitsache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher
oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist.
Die Beteiligten sind hierzu gehört worden (§ 84 Abs. 1 Satz 1
und 2 VwGO).
Die Klage ist unbegründet. Die Erstreckung der gegen den
"Kalifatsstaat" ergangenen Verbotsverfügung auf den Kläger
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findet in § 3 Abs. 3, § 14 Abs. 1 Satz 1 VereinsG ihre recht-
liche Grundlage und verletzt ihn nicht in seinen Rechten
(§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Einer Anhörung des Klägers vor Erlass der Verfügung bedurf-
te es nicht. Nach § 28 Abs. 1 VwVfG ist vor Erlass eines Ver-
waltungsakts, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, dem
Betroffenen Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Ent-
scheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Nach § 28 Abs. 2
Nr. 1 VwVfG kann von einer Anhörung abgesehen werden, wenn
nach den Umständen des Einzelfalls eine sofortige Entscheidung
wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwen-
dig erscheint. Es genügt, dass die Behörde unter diesen Ge-
sichtspunkten eine sofortige Entscheidung für notwendig halten
durfte (vgl. Urteil vom 18. Oktober 1988 - BVerwG 1 A 89.83 -
BVerwGE 80, 299, 304 m.w.N.).
Die Erwägungen der Beklagten zur Begründung der Anordnung der
sofortigen Vollziehung rechtfertigen das Absehen von einer An-
hörung. Die Befürchtung, es könnten vor dem Zugriff der Voll-
zugsbehörden Vermögensgegenstände und Unterlagen, die Grundla-
ge der verfassungswidrigen Tätigkeit seien, beiseite geschafft
und später zu ihrer Fortsetzung verwendet werden, lässt sich
nach den Umständen nicht beanstanden. Für die vorliegende Ein-
beziehungsverfügung gilt derselbe Grundsatz wie für die Ver-
botsverfügung selbst, nämlich dass das Bestreben, ihr größt-
mögliche Wirksamkeit zu geben, das Absehen von der Anhörung in
der Regel rechtfertigt. Daran ändert der Umstand nichts, dass
- wie hier - die gegen den Gesamtverein zuvor erlassene Ver-
botsverfügung allgemein bekannt gewesen ist. Er hat – inso-
weit der einem Vereinsverbot nicht selten vorausgehenden öf-
fentlichen Erörterung vergleichbar - nicht denselben "Ankündi-
gungseffekt" wie die Anhörung im Rahmen eines (konkreten) Ver-
waltungsverfahrens.
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2. Gemäß § 3 Abs. 3 VereinsG, der auch für Ausländervereine
gilt, erstreckt sich das Verbot eines Vereins grundsätzlich
auf alle Organisationen, die dem Verein derart eingegliedert
sind, dass sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhält-
nisse als Gliederung dieses Vereins erscheinen (Teilorganisa-
tionen). Auf nichtgebietliche Teilorganisationen mit eigener
Rechtspersönlichkeit erstreckt sich das Verbot nur, wenn sie
in der Verbotsverfügung ausdrücklich benannt sind.
a) Voraussetzung für das Vorliegen einer Teilorganisation ist
eine Identität zwischen dem Verein als Ganzem und seiner Glie-
derung. Die Gliederung muss tatsächlich in die Gesamtorganisa-
tion eingebunden sein und im Wesentlichen von ihr beherrscht
werden, auch wenn eine totale organisatorische Eingliederung
nicht notwendig ist. Indizien dafür können sich etwa aus der
personellen Zusammensetzung, den Zielen, der Tätigkeit, der
Finanzierung, aus Verflechtungen bei der Willensbildung und
aus Weisungsgegebenheiten ergeben (vgl. zusammenfassend Urteil
vom 28. Januar 1997 - BVerwG 1 A 13.93 - Buchholz 402.45
VereinsG Nr. 26 S. 98 f. = NVwZ 1998, 174).
Auch Religionsgemeinschaften, die seit In-Kraft-Treten des
Ersten Gesetzes zur Änderung des Vereinsgesetzes vom 4. De-
zember 2001 (BGBl I S. 3319) am 8. Dezember 2001 dem Vereins-
gesetz unterfallen, können Teilorganisationen aufweisen. Der
Zweck eines Vereins und seine geistigen Grundlagen - die ge-
meinsamen Überzeugungen seiner Mitglieder - sind für die Beur-
teilung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs. 3 Satz 1
VereinsG nicht unmittelbar von Bedeutung. Allerdings können
sich Menschen gemeinsamen Glaubens oder religiösen Bekenntnis-
ses - eher als etwa Vereinigungen mit vergleichbar umfassender
Zielsetzung wie etwa politische Parteien - in Gemeinden zusam-
menfinden, die gegenüber einer gemeinsamen übergemeindlichen
Organisation ein gewisses Maß an Autonomie aufweisen. Daher
wird bei Religionsgemeinschaften der tatsächlichen Frage be-
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sonderes Augenmerk zu widmen sein, ob die Gesamtorganisation
als bloßer Dachverband anzusehen ist, dem die Mitgliedsorgani-
sationen mehr oder weniger locker angeschlossen sind (vgl. nä-
her dazu Beschluss vom 6. Juli 1994 - BVerwG 1 VR 20.93 -
Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 18, S. 17), oder ob ein Gesamt-
verband vorliegt, dem die Gemeinden als Teilorganisationen
eingegliedert sind. Letzteres setzt voraus, dass über die
geistige Führung durch eine übergemeindliche Institution hi-
naus eine hierarchische Verbandsstruktur mit einer Organisati-
on vorliegt, die der Umsetzung der Entscheidungen des Zentral-
verbandes auf der Ebene der Gemeinden dient.
b) Teilorganisationen werden aufgrund ihrer Identität mit dem
Gesamtverein ohne weiteres von dessen Verbot erfasst. Sie müs-
sen nicht selbst einen Verbotsgrund erfüllen und können die
Verbotsverfügung auch nur mit der Begründung anfechten, keine
Teilorganisation zu sein (stRspr; vgl. etwa Beschluss vom
6. Juli 1994, a.a.O., S. 14, 17 sowie Urteil vom 28. Januar
1997, a.a.O.). Dies ist auch in dem Fall verfassungsrechtlich
unbedenklich, in dem es sich bei der Teilorganisation um eine
Religionsgemeinschaft handelt, die die religiöse Vereinigungs-
freiheit gemäß Art. 4 Abs. 1 und 2 sowie Art. 140 GG i.V.m.
Art. 137 Abs. 2 WRV für sich beanspruchen kann (vgl. BVerfG,
Beschluss vom 5. Februar 1991 - 2 BvR 263/86 - BVerfGE 83,
341, 354 f.). Erweist sich das Verbot des Gesamtvereins, bei
dem es sich um eine Religionsgemeinschaft handelt, wie hier
auch mit Blick auf die religiöse Vereinigungsfreiheit als ge-
rechtfertigt, gilt für die entsprechende Teilorganisation
nichts anderes. Aus diesem Grunde kommt es nicht darauf an, ob
bei dem Kläger, wie er vorträgt, ein Vereinsverbot rechtferti-
gende Tatbestände nicht vorliegen oder ob dies doch der Fall
ist.
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3. Der Kläger ist eine Teilorganisation des mit Verfügung vom
8. Dezember 2001 verbotenen "Kalifatsstaats". Darauf weisen
zur Überzeugung des Senats die vorliegenden Tatsachen hin. Die
schriftsätzlichen Äußerungen des Klägers haben sie nicht ent-
kräftet.
a) Der "Kalifatsstaat" versteht sich als Staat mit eigenem
Rechtssystem (Scharia) und eigener Staatsgewalt unter der Lei-
tung des Kalifen. Die Organisationsstrukturen sind denen eines
Staates vergleichbar. Neben einer Stabsorganisation, die der
Zentrale zugeordnet ist, besteht eine Gliederung nach Gebieten
("Bölge"), denen die Gemeinden angehören und die von "Gebiets-
emiren" geleitet werden. Die Gesamtorganisation ist hierar-
chisch aufgebaut und darauf ausgerichtet, den - allein maßgeb-
lichen - Willen des Kalifen durchzusetzen. Auf die unbestrit-
tene Darstellung der Verbandsstrukturen in der Verfügung vom
8. Dezember 2001 (S. 8 ff.) wird Bezug genommen § 117 Abs. 5
VwGO). Das Selbstverständnis des "Kalifatsstaats" als eines
real existierenden Staatswesens und der Absolutheitsanspruch
der von ihm propagierten Lehren schließen es konsequenterweise
praktisch aus, dass eine Muslimgemeinde, die in den Verband
des "Kalifatsstaats" aufgenommen ist, eine andere Stellung als
die einer Teilorganisation innehat.
b) Der "Kalifatsstaat" betrachtet den Kläger als ihm zugehö-
rig. Er ist in einer Adressenliste von Vereinen und mit seiner
Telefonnummer in einem elektronischen Verzeichnis aufgeführt,
die in der Zentrale gefunden wurden. Ein Organigramm des Le-
bensmittelhandels KAR-BIR ordnet ihn der "Bölge" K. zu. Der
Kläger führt dies darauf zurück, dass er als Bezieher von Lie-
ferungen in die Vertriebsunterlagen des Lebensmittelhandels
aufgenommen worden sei. Damit wird die Aussagekraft der Asser-
vate, insbesondere der erstgenannten Adressenliste, die augen-
scheinlich nicht im Zusammenhang mit dem Lebensmittelhandel
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steht und, wie dem Senat aus anderen Verfahren bekannt ist,
Teilorganisationen des "Kalifatsstaats" enthält, im Kern nicht
in Frage gestellt.
Die Einladung zu einer Jugendveranstaltung der "Bölge" K. in
der Moschee des Klägers aus dem Jahr 1996 deutet in dieselbe
Richtung. Der Vortrag des Klägers, er verstehe sich als unab-
hängige Einrichtung und habe seine Räumlichkeiten auch Dritten
für Veranstaltungen zur Verfügung gestellt, ist für sich ge-
nommen schlüssig. Angesichts der - in der Verfügung vom
8. Dezember 2001 angesprochenen und zumindest wohl in gewissem
Umfang bereits 1996 bestehenden - Isolierung des "Kalifats-
staats" gegenüber anderen islamischen Gruppierungen erscheint
es indes wenig wahrscheinlich, dass eine Veranstaltung wie die
erwähnte in einer nicht ihm angehörenden Moschee stattfinden
sollte.
c) Darauf, dass sich der Kläger auch selbst als Teil des
"Kalifatsstaats" verstanden hat, deuten die Anmeldungen zu
Schulveranstaltungen des "Kalifatsstaats" aus den Jahren 1999
und 2001 hin, in denen der Kläger als Moschee des Vaters des
Angemeldeten genannt wird. Der Kläger hat sich dazu nicht ge-
äußert. Allerdings ist dem Kläger darin beizupflichten, dass
aus der in der angefochtenen Verfügung erwähnten Einladung zu
einer Hochzeitsfeier keine Rückschlüsse gezogen werden können.
Hingegen weist der Umstand auf ein Bekenntnis zum "Kalifats-
staat" hin, dass in seiner Moschee das Plakat des "Kalifats-
staats" "Die Verfügung über die Ordnung der Armeen" gerahmt
aufgehängt war. Der Kläger hat insoweit lediglich bestritten,
dass dies auf eine Weisung der Zentrale zurückzuführen ist;
dem kommt jedoch keine wesentliche Bedeutung zu. Zwei Fahnen
mit dem Zusatz "Hilavet Devleti", Ramadan-Kalender mit ent-
sprechendem Aufdruck sowie eine Vielzahl von Broschüren, Flug-
blättern u.ä. sowie von Exemplaren der Verbandszeitung
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"ÜMMET-I MUHAMMED" indizieren ebenfalls eine Identifikation
mit dem "Kalifatsstaat". Der Vortrag des Klägers, er habe für
interessierte Mitglieder ein überregionales Angebot von Veröf-
fentlichungen aller islamischer Gelehrter, Koranschriften u.a.
bereit gehalten, nicht aber eine ausschließlich auf den "Kali-
fatsstaat" ausgerichtete Bücherei, wird den Asservaten nur zum
Teil gerecht. Dies gilt insbesondere für die Fahnen und Rama-
dan-Kalender mit der Aufschrift "Hilavet Devleti".
d) Das bei dem Kläger und Mitgliedern (Funktionären) gefundene
umfangreiche Material des "Kalifatsstaats" hat die Beklagte zu
Recht als "Propagandamaterial" eingestuft. Seine gegenteilige
Ansicht hat der Kläger nicht begründet. Aus der erheblichen
Sammlung von Broschüren, Flugblättern, Video-Kassetten und
Ausgaben der Verbandszeitung folgt zumindest, dass sich der
Kläger vom "Kalifatsstaat" leiten ließ. Die Asservate deuten
aber darüber hinaus sogar darauf hin, dass der Kläger Propa-
gandaaufgaben für den "Kalifatsstaat" wahrgenommen hat.
e) Die in der angefochtenen Verfügung erwähnten Belege für die
Zuleitung von Spenden und "Steuern" an die Zentrale und den
Bezug von Lebensmitteln von KAR-BIR/HAKK-BIR beweisen jeweils
für sich genommen, wie der Kläger überzeugend ausführt, nicht
seine Eingliederung in den "Kalifatsstaat". Gleichwohl können
sie zur Abrundung und Bestätigung des Gesamteindrucks beitra-
gen. Insbesondere nach dem sichergestellten Schriftgut musste
den Mitgliedern des Klägers klar sein, dass sie über die Spen-
den und mit der Inanspruchnahme von Leistungen des "Kalifats-
staats" dessen ideologischen Anspruch unterstützten und ihn
auch materiell förderten.
f) Soweit die Beklagte in der Einbeziehung der Vorsitzenden
des Klägers in die Veräußerung des Grundbesitzes in K., des
Sitzes der Zentrale des "Kalifatsstaats", seitens der "Stich-
ting Dienaar aan Islam" einen Hinweis auf personelle Verflech-
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tungen mit dem Gesamtverein sieht, hat der Kläger den wesent-
lichen Aspekt dieser Erwägung, nämlich das Bestehen eines Ver-
trauensverhältnisses zwischen den führenden Funktionären der
Zentrale und denen des Klägers, nicht in Frage gestellt. Der
Senat folgt in Würdigung dieses Vorbringens und der - zum Teil
auch in den Parallelverfahren erörterten - Gesamtumstände der
Einschätzung der Beklagten, dass als Käufer des K. Grundbesit-
zes nur vertraute Mitglieder der Führung des "Kalifatsstaats"
in Betracht kamen und deshalb die Beteiligung der zwei Vorsit-
zenden des Klägers an diesem Geschäft enge persönliche Bezie-
hungen nahe legt.
g) Die genannten Hinweistatsachen belegen bei Gesamtwürdigung
aller Umstände, dass es sich beim Kläger um eine Teilorganisa-
tion des "Kalifatsstaats" handelt. Zwar sind organisatorische,
wirtschaftliche und finanzielle Verflechtungen mit der Zentra-
le nicht in Kernbereichen nachgewiesen. Auch liegt keine Hin-
weistatsache vor, aus der sich die Unterwerfung des Klägers
unter die Weisungsgewalt der Zentrale zwingend ableiten ließe.
Dagegen sprechen für das Vorliegen einer Teilorganisation die
organisatorische Eingliederung seitens des "Kalifatsstaats"
sowie das Selbstverständnis des Klägers und die persönlichen
Beziehungen seiner Vorsitzenden zur Führung des "Kalifats-
staats". Wie bereits angedeutet, kann neben der Aufhängung des
Bildtextes "Die Verfügung über die Ordnung der Armeen Gottes"
vor allem das aufgefundene Propagandamaterial nur damit er-
klärt werden, dass sich der Kläger mit dem "Kalifatsstaat"
identifiziert. Diese Identifizierung ist auch nicht nur ideo-
logischer Art, sondern geht mit einer organisatorischen Ein-
gliederung einher. Dies folgt aus der Zusammenschau der zwar
wenigen, gleichwohl aber in ihrer Aussagekraft nicht widerleg-
ten Indizien und wird durch die sonstigen Umstände bestätigt.
Die Selbstdarstellung des Klägers als "unabhängige Einrich-
tung" überzeugt dagegen auch im Hinblick auf den dargelegten
Absolutheitsanspruch des "Kalifatsstaats" nicht.
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4. Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 154
Abs. 1 VwGO.
Rechtsbehelfsbelehrung
Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung
des Gerichtsbescheides mündliche Verhandlung beantragen. Der
Antrag ist beim Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107
Leipzig, einzureichen.
Hierfür besteht Vertretungszwang. Jeder Beteiligte muss sich,
soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder
Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hoch-
schulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt vertreten
lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Be-
hörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Be-
fähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren
Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Ange-
stellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Auf-
sichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes
des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.
Bardenhewer Hahn Gerhardt
Graulich Vormeier
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Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 25 000 € festgesetzt.
Bardenhewer Gerhardt Vormeier