Urteil des BVerwG vom 12.07.2012

Behinderung, Begründung der Kündigung, Öffentlich, Mensch

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 5 C 16.11
OVG 12 A 705/10
Verkündet
am 12. Juli 2012
Werner
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 12. Juli 2012
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Vormeier,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer, Dr. Häußler
und Dr. Fleuß
für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen den Beschluss des Ober-
verwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen
vom 27. Juni 2011 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens ein-
schließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigelade-
nen.
G r ü n d e :
I
Gegenstand des Verfahrens ist die Rechtmäßigkeit der Zustimmung des Be-
klagten zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses zwischen
der Beigeladenen und dem Kläger.
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Der im November 1954 geborene Kläger ist seit April 1985 bei der Beigelade-
nen beschäftigt. Zuletzt war er als Erdbaugeräteführer im Tagebau eingesetzt.
Auf seinen Antrag hin erkannte die Versorgungsverwaltung mit Bescheid vom
25. Mai 1994 wegen der „Krohn’schen Erkrankung“ und Verschleißerscheinun-
gen der Wirbelsäule und Hüftgelenke auf einen Grad der Behinderung von 60.
Am 4. Mai 2008 nahm der Kläger gelegentlich einer Fahrradtour einen neben
einem Feldweg abgestellten Bagger der Beklagten wahr, dessen Kraftstofftank
nicht mit einem Schloss gesichert war. In den späten Abendstunden des glei-
chen Tages fuhr er mit seinem PKW zu dem Bagger, deckte den Heckbereich
seines PKW mit einer Decke ab und leitete aus dem unverschlossenen Tank
des Baggers ca. 80 l Dieselkraftstoff in von ihm mitgeführte Kanister ab.
Wegen dieses Vergehens beantragte die Beigeladene am 8. Mai 2008 bei dem
Beklagten die Zustimmung zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses
mit dem Kläger. Mit Bescheid vom 23. Mai 2008 stellte der Beklagte fest, dass
die Zustimmung zu der außerordentlichen Kündigung als erteilt gelte. Daraufhin
kündigte die Beigeladene mit dem Kläger am 26. Mai 2008 zugegangenem
Schreiben vom Vortag das Arbeitsverhältnis fristlos. Mit Bescheid vom 3. März
2009 erkannte die Versorgungsverwaltung in Bezug auf dessen Person rück-
wirkend auf den Zeitpunkt der Antragstellung, dem 2. Oktober 2008, auf einen
Grad der Behinderung von 100. Als Beeinträchtigungen stellte sie eine Depres-
sion, eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung (Morbus Crohn) und Ver-
schleißerscheinungen der Wirbelsäule und Hüftgelenke fest.
Das Verwaltungsgericht hat der nach erfolglosem Widerspruchsverfahren ge-
gen den Bescheid vom 23. Mai 2008 erhobenen Anfechtungsklage stattgege-
ben. Der angefochtene Bescheid sei aufzuheben, da ein mittelbarer Zusam-
menhang zwischen dem Kündigungsgrund und der Behinderung nicht ausge-
schlossen werden könne; der Beklagte trage insoweit die Feststellungslast.
Auf die Kündigungsschutzklage des Klägers hat das Arbeitsgericht festgestellt,
das Arbeitsverhältnis der Parteien sei durch die Kündigung der Beigeladenen
nicht aufgelöst worden. Deren Berufung hat das Landesarbeitsgericht zurück-
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gewiesen. Beide Gerichte haben ihre Entscheidung allein auf die verwaltungs-
gerichtliche Aufhebung der Zustimmung des Beklagten gestützt.
Das Berufungsgericht hat das verwaltungsgerichtliche Urteil geändert und die
Klage abgewiesen. Die fingierte Zustimmung des Beklagten zur außerordentli-
chen Kündigung sei rechtmäßig. Das behördliche Ermessen sei gebunden ge-
wesen. In den Fällen einer verhaltensbedingten Kündigung sei ein Zusammen-
hang zwischen der Behinderung und dem Kündigungsgrund erst gegeben,
wenn die jeweilige Behinderung unmittelbar oder mittelbar zu Defiziten in der
Einsichtsfähigkeit und/oder Verhaltenssteuerung des schwerbehinderten Ar-
beitnehmers geführt habe, denen behinderungsbedingt nicht habe entgegen-
gewirkt werden können, und wenn das einer Kündigung aus wichtigem Grund
zugrunde liegende Verhalten des schwerbehinderten Arbeitnehmers gerade auf
diese behinderungsbedingte, mangelhafte Verhaltenssteuerung zurückzuführen
sei. Das Verhalten des schwerbehinderten Menschen müsse sich dafür zumin-
dest zwanglos aus der Behinderung ergeben und der Zusammenhang dürfe
nicht nur ein entfernter sein. Solcher Art zwanglos ergebe sich die von dem
Kläger begangene Diebstahlstat weder aus dem Morbus Crohn noch aus den
Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule und Hüftgelenke, die der Feststellung
eines Grades der Behinderung von 60 zugrunde gelegen hätten. Maßgeblich
seien grundsätzlich nur die Beeinträchtigungen, die der im Bescheid der Ver-
sorgungsverwaltung getroffenen Feststellung der Behinderung bzw. deren Gra-
des zugrunde liegen. Das ergebe sich aus Existenz und Funktion des versor-
gungsbehördlichen Feststellungsverfahrens. Es sei nicht Aufgabe des Integra-
tionsamtes, in diese Feststellungen einer Behinderung durch die Versorgungs-
verwaltung nicht eingeflossene Erkrankungen auf einen Zusammenhang mit
dem Kündigungsgrund zu untersuchen. Dahinstehen könne, ob sich aus der der
Festsetzung eines Grades der Behinderung von 100 zugrunde liegenden De-
pression das Verhalten des Klägers zwanglos ergebe, da diese Feststellung
zwar rückwirkend, jedoch erst mit Wirkung ab dem 2. Oktober 2008 und damit
für einen auf das Verhalten des Klägers folgenden Zeitraum ausgesprochen
worden sei.
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Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, das Berufungsgericht sei zu Un-
recht davon ausgegangen, die fingierte Zustimmung zur Kündigung sei recht-
mäßig. Die behördliche Ermessensentscheidung gründe auf einer unzureichend
ermittelten Tatsachengrundlage. Ein mittelbarer Zusammenhang zwischen der
ihm vorgeworfenen Pflichtverletzung und der Behinderung könne zumindest
nicht ausgeschlossen werden. Ein solcher sei wenn nicht in Bezug auf den
Morbus Crohn, dessen Folge oftmals psychische Erkrankungen seien, so doch
in Bezug auf eine zusätzliche, im maßgeblichen Zeitpunkt noch nicht förmlich
anerkannte seelische Behinderung anzunehmen. Es könne hierbei nicht darauf
ankommen, ob sämtliche Folgen der Schwerbehinderung bereits durch Be-
scheid festgestellt worden seien. Der Beklagte sei verpflichtet gewesen aufzu-
klären, ob zwischen der psychischen Beeinträchtigung und dem Kündigungs-
grund ein Zusammenhang bestanden habe.
Der Beklagte und die Beigeladene verteidigen das Urteil des Berufungsgerichts.
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Der angefochtene Beschluss verletzt
nicht Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Ohne Rechtsfehler ist das Beru-
fungsgericht von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen (1.). Mit Bundesrecht
im Einklang steht zudem die Annahme, die Zustimmung der Beklagten zur au-
ßerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit der Beige-
ladenen sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten (2.).
1. Die Klage ist als Anfechtungsklage statthaft (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) (a).
Der Kläger verfügt über das erforderliche Rechtsschutzinteresse (b).
a) Sein Rechtsschutz richtet sich nach den für die Anfechtung von Verwal-
tungsakten geltenden Vorschriften. Gemäß § 91 Abs. 3 Satz 1 des Neunten
Buchs Sozialgesetzbuch (Art. 1 des Gesetzes vom 19. Juni 2001, BGBl I
S. 1046), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Dezember 2007 (BGBl I
S. 2984), - SGB IX - trifft das Integrationsamt die Entscheidung über die Zu-
stimmung zu der außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses inner-
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halb von zwei Wochen vom Tage des Eingangs des Antrages an. Wird inner-
halb dieser Frist eine Entscheidung nicht getroffen, gilt die Zustimmung gemäß
§ 91 Abs. 3 Satz 2 SGB IX als erteilt. Der Surrogatscharakter der Zustimmungs-
fiktion führt zur Anwendung sämtlicher Vorschriften und Grundsätze, die maß-
gebend wären, wenn das Integrationsamt die Zustimmung ausdrücklich erteilt
hätte (Urteile vom 15. Dezember 1988 - BVerwG 5 C 67.85 - BVerwGE 81, 84
<90 f.> = Buchholz 436.61 § 18 SchwbG Nr. 2 S. 4 f. und vom 10. September
1992 - BVerwG 5 C 39.88 - BVerwGE 91, 7 <10> = Buchholz 436.61 § 18
SchwbG Nr. 5 S. 14 m.w.N.).
b) Der Kläger hat ein schutzwürdiges Interesse an einer Sachentscheidung des
Gerichts, weil im Fall der Erfolglosigkeit der Revision die Beigeladene Restitu-
tionsklage nach § 79 ArbGG i.V.m. § 580 Nr. 6 ZPO mit dem Ziel der Abwei-
sung der Kündigungsschutzklage des Klägers erheben könnte (vgl. BAG, Urtei-
le vom 25. November 1980 - 6 AZR 210/80 - BAGE 34, 275 <277> und vom
17. Juni 1998 - 2 AZR 519/97 - juris Rn. 15).
2. Gemäß § 85 SGB IX bedarf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines
schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber der vorherigen Zustim-
mung des Integrationsamtes. Nach § 91 Abs. 4 SGB IX soll das Integrationsamt
die Zustimmung erteilen, wenn die Kündigung aus einem Grunde erfolgt, der
nicht im Zusammenhang mit der Behinderung steht. Maßgeblich für die Beurtei-
lung der Rechtmäßigkeit der Zustimmungsentscheidung ist die Sach- und
Rechtslage im Zeitpunkt des Zugangs der arbeitgeberseitigen Kündigung des
Arbeitsverhältnisses bei dem schwerbehinderten Menschen, der hier am
26. Mai 2008 erfolgte (vgl. Beschlüsse vom 7. März 1991 - BVerwG 5 B
114.89 - Buchholz 436.61 § 12 SchwbG Nr. 3 S. 2 und vom 22. Januar 1993
- BVerwG 5 B 80.92 - Buchholz 436.61 § 15 SchwbG 1986 Nr. 7 S. 18).
Das Berufungsgericht ist bei seiner Entscheidung von einem mit Bundesrecht in
Einklang stehenden Prüfungsmaßstab ausgegangen (a). Seine auf der Grund-
lage dieses Maßstabs getroffene Sachverhaltswürdigung ist revisionsgerichtlich
nicht zu beanstanden (b).
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a) Ohne Verstoß gegen Bundesrecht nimmt das Berufungsgericht an, für die
Entscheidung, ob der Kündigungsgrund im Zusammenhang mit der Behinde-
rung stehe, sei von dem Kündigungsgrund, den der Arbeitgeber angegeben hat,
(aa) und von den der Behinderung zugrunde liegenden Beeinträchtigungen (bb)
auszugehen. Keinen Bedenken begegnet die weitere Annahme, ein solcher
Zusammenhang sei in den Fällen einer verhaltensbedingten Kündigung gege-
ben, wenn sich das Verhalten des schwerbehinderten Arbeitnehmers zwanglos
aus der Behinderung ergebe und der Zusammenhang nicht nur ein entfernter
sei (cc).
aa) Maßgeblich für die Entscheidung, ob der Kündigungsgrund im Zusammen-
hang mit der Behinderung steht, ist der von dem Arbeitgeber geltend gemachte
Kündigungsgrund.
Die Kündigung muss auf bestimmte, nachprüfbare und sozial zu würdigende
Gründe gestützt werden (§ 1 Abs. 2 des Kündigungsschutzgesetzes - KSchG -
in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. August 1969 ,
zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 26. März 2008
S. 444>). Arbeitsrechtlich ist der der Kündigung zugrunde liegende Sachverhalt
auf die von dem Arbeitgeber vorgegebenen Kündigungsgründe und den dahin-
terstehenden Lebenssachverhalt eingegrenzt. Die Zustimmung des Integra-
tionsamtes zu dieser Kündigung ist öffentlich-rechtliche Voraussetzung für de-
ren Wirksamkeit. Dies setzt zwingend voraus, dass der Gegenstand der öffent-
lich-rechtlichen Prüfung demjenigen der arbeitsrechtlichen Prüfung entspricht
(Urteil vom 2. Juli 1992 - BVerwG 5 C 39.90 - BVerwGE 90, 275 <281> = Buch-
holz 436.61 § 21 SchwbG 1986 Nr. 3 S. 8; Beschlüsse vom 7. März 1991 a.a.O.
S. 2 f. und vom 18. September 1996 - BVerwG 5 B 109.96 - Buchholz 436.61
§ 21 SchwbG Nr. 8 S. 3).
bb) Für die Beurteilung des Bestehens eines Zusammenhangs im Sinne des
§ 91 Abs. 4 SGB IX sind dem Kündigungsgrund die der Behinderung zugrunde
liegenden Beeinträchtigungen gegenüberzustellen. Dabei ist grundsätzlich von
der in dem Verfahren nach § 69 SGB IX nachgewiesenen Behinderung auszu-
gehen (1). Einzubeziehen ist darüber hinaus eine Behinderung, hinsichtlich de-
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rer eine versorgungsbehördliche Feststellung trotz Antragstellung ohne Vertre-
tenmüssen des Antragstellers noch nicht getroffen ist. Gleiches gilt für eine of-
fenkundige Behinderung (2).
(1) Die §§ 85 ff. SGB IX knüpfen den öffentlich-rechtlichen Sonderkündigungs-
schutz schwerbehinderter Menschen allein an das Bestehen der Schwerbehin-
derteneigenschaft. Diese gründet auf der Erfüllung der gesetzlichen Vorausset-
zungen des § 2 Abs. 1 und 2 SGB IX. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sind
Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder
seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate
von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teil-
habe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Nach § 2 Abs. 2 SGB IX
sind sie schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von we-
nigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder
ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 73 SGB IX rechtmä-
ßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben. Für die Frage, ob ein
Mensch diese Voraussetzungen erfüllt, bedarf es keiner behördlichen Anerken-
nung (Urteile vom 17. September 1981 - BVerwG 2 C 4.79 - Buchholz 232 § 32
BBG Nr. 29 S. 5 und vom 11. Juli 1985 - BVerwG 7 C 44.83 - BVerwGE 72, 8
<9 f.> = Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 11 S. 14; BAG, Urteil vom 25. Mai
1972 - 2 AZR 302/71 - BAGE 24, 264 <266>). Der Status als schwerbehinderter
Mensch beginnt grundsätzlich im Zeitpunkt der Erfüllung der gesetzlichen Vo-
raussetzungen (stRspr, vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2001 - B 9 SB 3/01 R
- BSGE 89, 79 <81> m.w.N.).
Der Schutz des Schwerbehindertenrechts greift nicht von Amts wegen, sondern
erst dann ein, wenn der schwerbehinderte Mensch ihn in Anspruch nimmt.
Grundsätzlich obliegt es ihm, den Nachweis seiner Schwerbehinderteneigen-
schaft durch eine behördliche Feststellung zu führen. Die Befugnis, die Status-
feststellung zu beantragen, ist allein dem schwerbehinderten Menschen vorbe-
halten. Mit der Beschreitung des in § 69 SGB IX vorgesehen Feststellungsver-
fahrens gibt der schwerbehinderte Mensch zu erkennen, dass er sich auf die
gesetzlichen Schutzrechte berufen will (Urteile vom 17. September 1981 a.a.O.
und vom 15. Dezember 1988 - BVerwG 5 C 67.85 - BVerwGE 81, 84 <86 f.> =
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Buchholz 436.61 § 18 SchwbG Nr. 2 S. 3; BSG, Urteile vom 6. Dezember 1989
- 9 RVs 4/89 - BSGE 66, 120 <123 f.> und vom 7. April 2011 - B 9 SB 3/10 R -
SozR 4-3250 § 69 Nr. 13 = juris Rn. 20). Die in diesem Verfahren von den zu-
ständigen Behörden getroffenen Statusentscheidungen nach § 69 Abs. 1 Satz 1
SGB IX über das Vorliegen und den Grad einer Behinderung sowie über weite-
re gesundheitliche Merkmale im Sinne des § 69 Abs. 4 SGB IX sind für andere
Behörden bei der Prüfung inhaltsgleicher Tatbestandsvoraussetzungen für die
Gewährung von Vergünstigungen und Nachteilsausgleichen bindend (vgl. Ur-
teile vom 17. Dezember 1982 - BVerwG 7 C 11.81 - BVerwGE 66, 315 <319 ff.>
= Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 8 S. 7 ff., vom 11. Juli 1985 a.a.O. S. 13 f.
und vom 27. Februar 1992 - BVerwG 5 C 48.88 - BVerwGE 90, 65 <69 f.>
m.w.N. aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und des Bundesfi-
nanzhofs). Von dieser Bindungswirkung nicht erfasst sind hingegen die den
Feststellungen zugrunde liegenden Beeinträchtigungen, die in der Begründung
des entsprechenden Bescheids darzulegen sind (BSG, Urteile vom 6. Dezem-
ber 1989 - 9 RVs 3/89 - juris Rn. 13, vom 5. Mai 1993 - 9/9a RVs 2/92 - SozR
3-3870 § 4 Nr. 5 S. 26 f.
und vom 28. April 1999 - B 9 SB 5/98 R - SozR 3-1300
§ 24 Nr. 15 S. 44). Diese Beeinträchtigungen sind aber maßgeblich für die Be-
antwortung der Frage, ob im Sinne des § 91 Abs. 4 SGB IX ein Zusammenhang
zwischen dem Kündigungsgrund und der Behinderung auszuschließen ist. Dies
folgt insbesondere aus dem systematischen Verhältnis zwischen dem Verfah-
ren der Statusfeststellung nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX und dem besonde-
ren Kündigungsschutz für Schwerbehinderte.
Ob der in Rede stehende Zusammenhang nicht besteht, erschließt sich nicht
aus dem Verhältnis des (konkreten) Kündigungsgrundes zu der Statusfeststel-
lung über das Vorliegen einer unbenannten Behinderung nach § 69 Abs. 1
Satz 1 SGB IX. Abzustellen ist vielmehr auf eine konkrete Beeinträchtigung. Da
der besondere Kündigungsschutz in der Regel die Feststellung des Vorliegens
einer Behinderung voraussetzt, ist aus systematischen Gründen die Beeinträch-
tigung maßgeblich, die dieser auch für das Integrationsamt mit Blick auf den
Sonderkündigungsschutz bindenden Feststellung zugrunde liegt. Die hiermit
einhergehende Eingrenzung des Kreises der für die Zusammenhangsbeurtei-
lung zu berücksichtigenden Beeinträchtigungen gewährleistet für den Regelfall
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die Symmetrie der Prüfungsgegenstände des Feststellungsverfahrens einer-
seits und des Zustimmungsverfahren andererseits und vermeidet, dass im
Rahmen des öffentlich-rechtlichen Sonderkündigungsschutzes Beeinträchti-
gungen zu berücksichtigen sind, deren Nachweis nicht zuvor in dem hierfür
vorgesehenen Verfahren nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX geführt wurde.
Die grundsätzliche Beschränkung der Zusammenhangsprüfung auf die der fest-
gestellten Behinderung zugrunde liegenden Beeinträchtigungen korreliert mit
der gesetzgeberischen Konzeption, dem Interesse insbesondere des Arbeitge-
bers an einer schnellen Klärung der Rechtslage Rechnung zu tragen
(BTDrucks 7/656 S. 30). Ausdruck des Beschleunigungsgebotes ist sowohl die
zweiwöchige Entscheidungsfrist des § 91 Abs. 3 Satz 1 SGB IX als auch die
Zustimmungsfiktion des § 91 Abs. 3 Satz 2 SGB IX. Diesem gesetzgeberischen
Ziel liefe es zuwider, wenn das Integrationsamt gemäß § 91 Abs. 4 SGB IX im
Regelfall verpflichtet wäre, die zeitlich eng begrenzte Prüfung des Zusammen-
hangs grundsätzlich auch auf solche Beeinträchtigungen zu erstrecken, die bis-
lang nicht Grundlage einer Feststellung im Verfahren des § 69 SGB IX waren.
Dagegen spricht auch, dass der Gesetzgeber die Statusfeststellungen nach
§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX aus Gründen der besonderen Sachkunde bei der
dafür zuständigen Behörde konzentriert hat (vgl. Urteile vom 17. Dezember
1982 a.a.O. <319> und vom 15. Dezember 1988 a.a.O. <89>).
Sinn und Zweck des § 91 Abs. 4 SGB IX und des Sonderkündigungsschutzes
insgesamt laufen der Beschränkung auf die der festgestellten Behinderung
zugrunde liegenden Beeinträchtigung nicht zuwider. Die gesetzliche Regel,
dass die Zustimmung zu erteilen ist, wenn die Kündigung aus einem Grunde
erfolgt, der nicht im Zusammenhang mit der Behinderung steht, ist Ausdruck
des Umstands, dass der öffentlich-rechtliche Sonderkündigungsschutz nicht
darauf zielt, den schwerbehinderten Menschen gegenüber nichtbehinderten
Menschen besserzustellen, sondern allein bezweckt, diesen vor spezifisch be-
hinderungsbedingten Gefahren zu bewahren und sicherzustellen, dass er ge-
genüber gesunden Arbeitnehmern nicht ins Hintertreffen gerät. Diese fürsorge-
rische Prägung hat grundsätzlich Leitlinie bei der Ermessensentscheidung des
Integrationsamtes zu sein, ob der Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines
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schwerbehinderten Menschen zuzustimmen ist (vgl. Urteile vom 28. Februar
1968 - BVerwG 5 C 33.66 - BVerwGE 29, 140 <141> = Buchholz 436.6 § 14
SchwbG Nr. 5 S. 19, vom 15. Dezember 1988 - BVerwG 5 C 67.85 - BVerwGE
81, 84 <89> = Buchholz 436.61 § 18 SchwbG Nr. 2 S. 6, vom 2. Juli 1992
- BVerwG 5 C 39.90 - BVerwGE 90, 275 <282> = Buchholz 436.61 § 21
SchwbG 1986 Nr. 3 S. 9 f. und vom 10. September 1992 - BVerwG 5 C 39.88 -
BVerwGE 91, 7 <9 f.> = Buchholz 436.61 § 18 SchwbG Nr. 5 S. 14 und
- BVerwG 5 C 80.88 - Buchholz 436.61 § 18 SchwbG Nr. 6 S. 23, Beschlüsse
vom 12. Juni 1978 - BVerwG 5 B 79.77 - Buchholz 436.6 § 33 SchwbG Nr. 9
S. 8, vom 11. Mai 2006 - BVerwG 5 B 24.06 - BR 2007, 107 und vom 31. Juli
2007 - BVerwG 5 B 81.06 - juris Rn. 5). Des besonderen Kündigungsschutzes
bedarf es typischerweise nicht, wenn ein Zusammenhang zwischen dem Kün-
digungsgrund und der Behinderung ausgeschlossen ist. Daran gemessen wahrt
die hier in Rede stehende Beschränkung auf die der festgestellten Behinderung
zugrunde liegende Beeinträchtigung die von Sinn und Zweck des § 91 Abs. 4
SGB IX und des Sonderkündigungsschutzes gezogene Grenze.
(2) Der festgestellten Behinderung steht diejenige Behinderung gleich, hinsicht-
lich derer eine Feststellung trotz Antragstellung ohne Vertretenmüssen des An-
tragstellers noch nicht getroffen wurde. Der Erbringung des Nachweises der
Behinderung im Wege behördlicher Feststellung bedarf es zudem ausnahms-
weise nicht, wenn diese entbehrlich ist, weil sie sich gleichsam aufdrängt. Dies
ist der Fall, wenn die Schwerbehinderung im Zeitpunkt des Zugangs der Kündi-
gungserklärung offensichtlich ist (BTDrucks 15/2357 S. 24; vgl. Urteil vom
15. Dezember 1988 - BVerwG 5 C 67.85 a.a.O.; BAG, Urteile vom 27. Februar
1987- 7 AZR 632/85 - NZA 1988, 429 <430>, vom 28. Juni 1995 - 7 AZR
555/94 - NZA 1996, 374 <376>, vom 7. März 2002 - 2 AZR 612/00 - BAGE 100,
355 <361>, vom 24. November 2005 - 2 AZR 514/04 - NZA 2006, 665 <667>
und vom 13. Februar 2008 - 2 AZR 864/06 - BAGE 125, 345 Rn. 17; ferner
VGH München, Beschluss vom 8. Juni 2011 - 12 ZB 10.1727 - juris Rn. 6).
cc) Das Berufungsgericht geht im Einklang mit Bundesrecht davon aus, dass im
Rahmen des § 91 Abs. 4 SGB IX nicht jedweder Einfluss der Behinderung auf
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das Verhalten des schwerbehinderten Menschen genügt, insbesondere ein Zu-
sammenhang im Sinne einer nicht ausreicht.
Gemessen an der § 91 Abs. 4 SGB IX zugrunde liegenden gesetzgeberischen
Wertung, den schwerbehinderten Menschen vor einer nichtbehinderungsbe-
dingten außerordentlichen Kündigung nicht stärker zu schützen als nichtbehin-
derte Menschen (vgl. bb) (1)), ist der Begriff des Zusammenhangs zwischen der
Behinderung und dem Kündigungsgrund im Sinne des § 91 Abs. 4 SGB IX im
Lichte der Zielsetzungen des Fürsorgeprinzips auszulegen. Die Auslegung hat
zum einen dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der öffentlich-rechtliche
Sonderkündigungsschutz gerade im Bereich der außerordentlichen Kündigung
nicht dazu zu dienen bestimmt ist, den schwerbehinderten Menschen zu bevor-
zugen, sondern allein auf den Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile ge-
richtet ist. Zum anderen muss der unmittelbare Zusammenhang bei natürlicher
Betrachtung gegeben sein. Im Falle von durch die Behinderung begründeten
Defiziten in der Einsichtsfähigkeit oder Verhaltenssteuerung muss das einer
Kündigung aus wichtigem Grund zugrunde liegende Verhalten des schwerbe-
hinderten Arbeitnehmers nachvollziehbar gerade auf diese behinderungsbe-
dingten Defizite zurückzuführen sein, ohne dass für seine Herleitung etwa auf
Mutmaßungen zurückgegriffen werden muss. Maßgeblich ist, ob sich das Ver-
halten des schwerbehinderten Menschen zwanglos aus der Behinderung ergibt
und der Zusammenhang nicht nur ein entfernter ist (vgl. BAG, Urteil vom
25. Februar 1963 - 2 AZR 313/62 -, AP Nr. 4 zu § 19 SchwbG Bl. 532).
b) Nach diesen Maßstäben ist die Würdigung des Berufungsgerichts, die Dieb-
stahlstat ergebe sich solchermaßen zwanglos weder aus dem Morbus Crohn
(aa) noch aus den Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule und den Hüftge-
lenken (bb) und es sei nicht Aufgabe des Integrationsamtes, nicht in die Status-
entscheidung der Versorgungsverwaltung eingeflossene Erkrankungen auf ei-
nen Zusammenhang mit dem Kündigungsgrund zu untersuchen (cc), revisions-
gerichtlich nicht zu beanstanden.
aa) Dies gilt insbesondere für die Würdigung, die der außerordentlichen Kündi-
gung zugrunde liegende Diebstahlstat sei nicht gerade auf eine etwaige in dem
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Morbus Crohn wurzelnde mangelhafte Verhaltenssteuerung zurückzuführen, da
sich das entsprechende Verhalten des Klägers nicht zwanglos aus der chro-
nisch-entzündlichen Darmerkrankung ergebe, solches nehme auch nicht das im
arbeitsgerichtlichen Verfahren eingeholte fachärztliche Gutachten an.
Die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Tatgerichts ist gemäß § 137
Abs. 2 VwGO der Überprüfung im Revisionsverfahren grundsätzlich entzogen.
Sie ist vom Revisionsgericht nur auf die Verletzung allgemeinverbindlicher Be-
weiswürdigungsgrundsätze zu überprüfen, zu denen die allgemeinen Ausle-
gungsgrundsätze (§§ 133, 157 BGB), die gesetzlichen Beweisregeln, die Denk-
gesetze und die allgemeinen Erfahrungssätze zählen (vgl. Urteile vom 6. Fe-
bruar 1975 - BVerwG 2 C 68.73 - BVerwGE 47, 330 <361> = Buchholz 232 § 7
BBG Nr. 3 S. 29 f., vom 27. November 1980 - BVerwG 2 C 38.79 = BVerwGE
61, 176 <188> = Buchholz 237.1 Art. 9 BayBG Nr. 2 S. 39, vom 13. Dezember
1988 - BVerwG 1 C 44.86 - BVerwGE 81, 74 <76> und vom 17. Mai 1995
- BVerwG 5 C 20.93 - BVerwGE 98, 203 <209>). Derartige Verstöße sind hier
nicht erkennbar. Die Revision zieht aus vorliegenden medizinischen Erkennt-
nissen anders als das Oberverwaltungsgericht den Schluss, der Morbus Crohn
habe zu psychischen Auffälligkeiten geführt, die wiederum bewirkt hätten, dass
der Kläger zeitweise, so auch im Zeitpunkt der Tatbegehung, seine Einsichts-
und Steuerungsfähigkeit eingebüßt habe, weshalb ein mittelbarer Zusammen-
hang zwischen der der anerkannten Behinderung zugrunde liegenden Beein-
trächtigung „Morbus Crohn“ und dem den Kündigungsgrund ausmachenden
Tatverhalten bestehe. Damit beschränkt sie sich auf Angriffe gegen die Richtig-
keit der vorinstanzlichen Sachverhaltswürdigung, ohne revisionsrechtlich be-
achtliche Fehler dieser Sachverhaltswürdigung aufzuzeigen.
Der Kläger hat die Sachverhaltswürdigung auch nicht mit zulässigen und be-
gründeten Revisionsrügen angegriffen. Soweit sich die Revision auf ein Ermitt-
lungsdefizit im Verwaltungsverfahren beruft, weil der Beklagte trotz der ver-
schiedenen in das Verfahren eingeführten medizinischen Erkenntnisse die Ein-
holung eines medizinischen Gutachtens zu der Frage unterlassen habe, ob die
Diebstahlstat gerade auf eine durch Morbus Crohn verursachte psychische Er-
krankung des Klägers zurückzuführen sei, bezeichnet sie keinen revisionsrecht-
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lich beachtlichen Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht nach § 86
Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 VwGO. Hierfür müsste dargelegt werden, dass das
Oberverwaltungsgericht in dem anschließenden Gerichtsverfahren nicht der ihm
obliegenden Verpflichtung nachgekommen ist zu prüfen, ob die behördliche
Ermessensentscheidung im Ergebnis auf einer zutreffenden, insbesondere aus-
reichend ermittelten Tatsachengrundlage beruht (Urteil vom 1. Dezember 1987
- BVerwG 1 C 29.85 - BVerwGE 78, 285 <295 f.> = Buchholz 402.24 § 10
AuslG Nr. 114 S. 13). Daran fehlt es hier.
bb) Nicht in erheblicher Weise entgegengetreten ist die Revision der Würdigung
des Berufungsgerichts, die Diebstahlshandlung ergebe sich nicht zwanglos aus
den Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule und Hüftgelenke.
cc) Im Einklang mit Bundesrecht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen,
dass von den im Verfahren nach § 69 SGB IX getroffenen Feststellungen der
Versorgungsverwaltung nicht erfasste (Folge-)Erkrankungen im Rahmen der
Prüfung des Bestehens eines Zusammenhangs im Sinne des § 91 Abs. 4
SGB IX grundsätzlich nicht zu berücksichtigen sind. Dementsprechend war die
mit Wirkung vom 2. Oktober 2008 seitens der Versorgungsverwaltung festge-
stellte Depression nicht in die Zusammenhangsbeurteilung einzubeziehen, da
sie im maßgeblichen Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung, hier am
26. Mai 2008, weder im Verfahren nach § 69 SGB IX festgestellt noch offen-
kundig war noch deren Feststellung beantragt war.
3. Der Kläger trägt gemäß § 154 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1, § 162 Abs. 3 VwGO
die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kos-
ten der Beigeladenen.
Vormeier
Stengelhofen
Dr. Störmer
Dr. Häußler
Dr. Fleuß
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Sachgebiet:
BVerwGE:
ja
Schwerbehindertenrecht
Fachpresse:
ja
Rechtsquellen:
ArbGG
§ 79
KSchG
§ 1 Abs. 2
SGB IX
§ 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 69 Abs. 1 Satz 1,
§§ 85, 91 Abs. 3 Satz 1 und 2, Abs. 4
VwGO
§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1, § 137 Abs. 2, § 139 Abs. 3 Satz 4
ZPO
§ 580 Nr. 6
Stichworte:
Anfechtungsklage; Rechtsschutzinteresse; Fiktion; Fiktion eines Verwaltungs-
akts; Zustimmungsfiktion; Surrogatscharakter; Integrationsamt; Zustimmung;
Kündigung; außerordentliche Kündigung; Arbeitsverhältnis; Restitutionsklage;
Zusammenhang; Beurteilung; Beurteilungszeitpunkt; Zugang; Kündigungserklä-
rung; Kündigungsgrund; zwanglos; Beeinträchtigung; Behinderung; Antragstel-
lung; offenkundig; öffentlich-rechtlicher Sonderkündigungsschutz; Schwerbe-
hinderteneigenschaft; Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch; Vorliegen
einer Behinderung; Grad der Behinderung; Status; allgemeines Persönlichkeits-
recht; rechtliche Wirkungen; Nachweis; Feststellung; Statusfeststellung; Ver-
sorgungsverwaltung; Nachweisfunktion; Entlastungsfunktion; Bindungswirkung;
Sachkunde; Monopolisierung; Symmetrie; Prüfungsgegenstände; Gestaltungs-
freiheit; Fürsorgeprinzip; Prinzip des „guten Willens“; fürsorgerische Inschutz-
nahme; behinderungsbedingt; Wettbewerbsfähigkeit; nichtbehinderungsbeding-
te Lasten; schnelle Klärung; Beschleunigungsgebot; Entscheidungsfrist; Vertre-
tenmüssen; offensichtlich; Aufklärungspflicht.
Leitsätze:
1. Bei der Prüfung nach § 91 Abs. 4 SGB IX, ob der Kündigungsgrund nicht im
Zusammenhang mit der Behinderung steht, ist grundsätzlich die Beeinträchti-
gung maßgeblich, die der Feststellung über das Vorliegen einer Behinderung
nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX zugrunde liegt.
2. Ein Zusammenhang im Sinne des § 91 Abs. 4 SGB IX ist nur dann gegeben,
wenn sich das zur Begründung der Kündigung herangezogene Verhalten
zwanglos aus der der Behinderung zugrunde liegenden Beeinträchtigung ergibt
und der Zusammenhang nicht nur ein entfernter ist.
Urteil des 5. Senats vom 12. Juli 2012 - BVerwG 5 C 16.11
I. VG Köln
vom 25.02.2010 - Az.: VG 26 K 2767/09 -
II. OVG Münster
vom 27.06.2011 - Az.: OVG 12 A 705/10 -