Urteil des BVerwG vom 13.11.2006

Beginn der Frist, Gleichstellung, Behinderung, Ersetzung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 5 B 94.06
VGH 9 S 604/06
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. November 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Säcker
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Franke und Dr. Brunn
beschlossen:
Die Beschwerde des Beigeladenen gegen die Nichtzulas-
sung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts-
hofs Baden-Württemberg vom 20. Juni 2006 wird zurück-
gewiesen.
Der Beigeladene trägt die außergerichtlichen Kosten des
Beschwerdeverfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
G r ü n d e :
Die Revision des Beigeladenen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs
Baden-Württemberg vom 20. Juni 2006 kann nicht wegen der allein geltend
gemachten grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) der Rechts-
sache zugelassen werden. Die von der Beschwerde aufgeworfene Rechtsfrage
„Ist es für die maßgebliche Tatsachenkenntnis und somit
für den Beginn der Frist des § 91 Abs. 2 Satz 2 SGB IX
erforderlich, dass ein Ersetzungsbeschluss des Arbeitsge-
richts gemäß § 103 Abs. 2 BetrVG vorliegt oder beginnt
die Frist im Fall einer Kündigung eines gleichgestellten
Arbeitnehmers, der zugleich Mitglied des Betriebsrates ist,
zu dem Zeitpunkt, an dem der Arbeitgeber Kenntnis von
der Gleichstellung nach § 68 Abs. 2, 2 Abs. 3 SGB IX er-
langt hat?“
rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision.
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Entgegen der Formulierung der als rechtsgrundsätzlich bedeutsam aufgewor-
fenen Frage hat der Verwaltungsgerichtshof - anders als das Verwaltungsge-
richt - für den Beginn der Frist des § 91 Abs. 2 Satz 2 SGB IX nicht auf die Ent-
scheidung des Arbeitsgerichts vom 14. Februar 2005 im Rahmen des Verfah-
rens auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen
Kündigung abgestellt, sondern auf den Zeitpunkt der Kenntnis vom Gleichstel-
lungsbescheid der Bundesanstalt für Arbeit zugunsten des Beigeladenen, wel-
che die Klägerin erst am 23. Februar 2005 erlangt habe (vgl. Seite 12 des Ur-
teils). Soweit die Beschwerde als entscheidungserhebliche Frage weiter die
Frage nach dem „Zeitpunkt der Kenntnis des Arbeitgebers von der Gleichstel-
lung nach § 68 Abs. 2, 2 Abs. 3 SGB IX“ als maßgeblich nennt, dürfte es wohl
nicht um die Kenntnis des Arbeitgebers von der Gleichstellung, sondern um die
Kenntnis von dem Gleichstellungsantrag gehen. Die nachfolgende Beschwer-
debegründung legt die als rechtsgrundsätzlich bedeutsam zu klärenden Fragen,
insbesondere auch die weiter aufgeworfene Frage des Verhältnisses des
Sonderkündigungsschutzes nach dem Schwerbehindertenrecht und dem Be-
triebsverfassungsgesetz, und ihre Entscheidungserheblichkeit jedoch nicht mit
hinreichender Deutlichkeit dar.
Soweit die rechtsgrundsätzliche Bedeutung mit einer Abweichung von dem Be-
schluss des Bundesarbeitsgerichts vom 22. Januar 1987 - AP Nr. 24 zu § 103
BetrVG - sowie damit begründet wird, dass die Rechtsprechung des Bundesar-
beitsgerichts zur außerordentlichen Kündigung eines schwerbehinderten Be-
triebsmitgliedes dem angefochtenen Urteil entgegen stehe, hat die Beschwerde
nicht - wie es zur Darlegung einer Divergenz erforderlich ist (vgl. Beschluss vom
20. Dezember 1995 - BVerwG 6 B 35.95 - ) - aufgezeigt,
dass das Berufungsgericht mit einem tragenden abstrakten Rechtssatz von
einem in der angeführten Entscheidung in Anwendung derselben Rechtsvor-
schrift aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abweicht. Die Gegenüberstellung
voneinander abweichender Rechtssätze ist im Rahmen der Divergenzrüge un-
verzichtbar; dies muss auch dann gelten, wenn eine Grundsatzrüge mit einer
Divergenz von einer Entscheidung eines anderen obersten Bundesgerichts be-
gründet wird.
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Im Übrigen betrifft das vorbezeichnete Urteil vom 22. Januar 1987 (gerade kei-
nen Schwerbehinderten kraft Gleichstellungsbescheids, sondern) einen
Schwerbehinderten mit einer 70%igen Behinderung und befasst sich mit der
- im Streitfall unerheblichen - Frage, wann ein Zustimmungsverfahren nach fin-
gierter Zustimmungserklärung der Hauptfürsorgestelle einzuleiten ist.
Von einer weiteren Begründung sieht der beschließende Senat ab (§ 133
Abs. 5 Satz 2 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Gerichtskosten-
freiheit folgt aus § 188 Satz 2 VwGO.
Dr. Säcker Dr. Franke Dr. Brunn
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