Urteil des BVerwG vom 30.06.2005

Jugendhilfe, Beweisantrag, Unentgeltlich, Akte

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 5 B 93.04
VGH 12 B 00.9
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. Juni 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S ä c k e r und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht S c h m i d t und Dr. R o t h k e g e l
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts-
hofs vom 26. Juli 2004 wird zurückgewiesen.
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Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Ge-
richtskosten werden nicht erhoben.
G r ü n d e :
Die auf Zulassung der Revision gerichtete Beschwerde des Klägers ist nicht begrün-
det. Das Beschwerdevorbringen des Klägers in seinen Schriftsätzen vom 8. Septem-
ber und 7. Oktober 2004 (vor Prozesskostenhilfebewilligung und Anwaltsbeiordnung)
sowie vom 16. November 2004 (nach Prozesskostenhilfebewilligung und Anwalts-
beiordnung) rechtfertigen die Zulassung der Revision nach §§ 133, 132 Abs. 2
VwGO nicht.
Der Kläger behauptet zwar unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsge-
richts vom 12. September 1996 - BVerwG 5 C 31.95 -, dass die Berufungsentschei-
dung "gegen die vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Grundsätze bezüglich
der Gewährung von Pflegegeld" verstoße. Damit macht er aber nur eine fehlerhafte
Rechtsanwendung im Einzelfall geltend, ohne eine Divergenz als Revisionszulas-
sungsgrund (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zu bezeichnen (BVerwG, Beschluss vom
20. Juni 2001 - BVerwG 4 BN 21.01 - NVwZ 2002, 83 <86>). Denn dafür müsste er
aufzeigen, dass und inwiefern ein die Berufungsentscheidung tragender (abstrakter)
Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in
Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellten ebensolchen Rechtssatz ab-
weicht. An dieser unverzichtbaren Gegenüberstellung voneinander abweichender
Rechtssätze (BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 1995 - BVerwG 6 B 35.95 -
NVwZ-RR 1996, 712) fehlt es. Auch mit der Rüge, es liege "ein eindeutiger Verstoß
gegen den Gleichheitsgrundsatz vor", wird nur ein Fehler in der Rechtsanwendung
im Einzelfall, nicht aber eine Divergenz oder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher
Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) dargelegt.
Entgegen der Auffassung des Klägers kann die Revision nicht wegen grundsätzlicher
Bedeutung deshalb zugelassen werden, weil die Entscheidung des Verwaltungsge-
richtshofs aus der Sicht des Klägers "in letzter Konsequenz (bedeute), dass Nicht-
verwandte quasi unterhaltspflichtig" würden. Das Berufungsgericht hat festgestellt,
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dass weder der Kläger noch seine Ehefrau, die Großmutter des Kindes, für dieses
unterhaltspflichtig waren. Der Kläger verkennt, dass allein ein Bedarf an Unterhalt
nicht als Grund für Leistungen nach § 39 SGB VIII ausreicht. Ob die Begründung, mit
der der Verwaltungsgerichtshof dem Kläger die Ernsthaftigkeit, weitere Pflege ohne
Pflegegeldleistungen abzulehnen, abspricht, in ihrer Grundsätzlichkeit trägt, bedarf
schon deshalb keiner Klärung, weil die Ehefrau des Klägers und Großmutter des
Kindes im Klageverfahren um die hier streitgegenständlichen Pflegegeldleistungen
für die Zeit vom 2. April 1997 bis 28. Januar 1998 vor dem Verwaltungsgericht (Nie-
derschrift über die Sitzung am 11. Oktober 1999 ) erklärt hat:
"Würde man mich vor die Alternative stellen, das Kind entweder weiter unentgeltlich
zu erziehen oder das Kind unter Leistung öffentlicher Jugendhilfe bei einer anderen
Pflegefamilie unterzubringen, würde ich mich für die Erziehung des Kindes entschei-
den; ich will es nicht hergeben."
Schließlich kann die Revision nicht wegen eines Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2
Nr. 3 VwGO) zugelassen werden. Zu Unrecht rügt die Beschwerde, "ein Beweisan-
trag des Klägers, die Vernehmung des Zeugen (W.), (sei) übergangen" worden, und
macht geltend, "der Zeuge (W.) hätte … angehört werden müssen". Ein Verfahrens-
fehler liegt in der Nichtvernehmung des Herrn W. als Zeugen nicht. Zwar hatte der
Verwaltungsgerichtshof die Vernehmung des Herrn W. zunächst beschlossen, dies
aber später aufgehoben, nachdem dieser mit Schreiben vom 1. Juni 2004 mitgeteilt
hatte, er habe an das Beweisthema keine Erinnerung mehr. In Kenntnis dieses
Schreibens des Herrn W. sowie des diesbezüglichen Beweisaufhebungsbeschlusses
hatte der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht keinen
Antrag auf Zeugenvernehmung des Herrn W. gestellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit
auf § 188 Satz 2 VwGO.
Dr. Säcker Schmidt Dr. Rothkegel