Urteil des BVerwG vom 21.01.2015

Überprüfung, Formfehler, Mittellosigkeit, Bedürftigkeit

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 5 B 9.15 (5 B 52.14, 5 PKH 21.14)
OVG 4 OA 252/14
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. Januar 2015
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Vormeier
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer und Dr. Fleuß
beschlossen:
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Die Anhörungsrüge der Antragstellerin gegen den Be-
schluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Novem-
ber 2014 - 5 B 52.14, 5 PKH 21.14 - wird zurückgewiesen.
Der Antrag, den Beschluss des Bundesverwaltungsge-
richts vom 26. November 2014 - 5 B 52.14, 5 PKH 21.14 -
aufzuheben, wird verworfen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
G r ü n d e :
1. Die Anhörungsrüge der Antragstellerin, die diese mit ihrem beim Bundesver-
waltungsgericht am 7. Januar 2015 eingegangenen Schreiben vom 2. Januar
2015 erhoben hat, hat keinen Erfolg.
Dabei lässt der Senat offen, ob die Anforderungen an die Zulässigkeit der An-
hörungsrüge im Hinblick auf die Einhaltung der gesetzlichen Zwei-Wochen-Frist
(§ 152a Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 VwGO) und die Beachtung der Darlegungser-
fordernisse (§ 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO) gewahrt sind. Die Anhörungsrüge ist
jedenfalls unbegründet. Denn der Senat hat den Anspruch der Antragstellerin
auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht, wie in § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
VwGO vorausgesetzt, in entscheidungserheblicher Weise verletzt.
Die Anhörungsrüge stellt keinen Rechtsbehelf zur Überprüfung der inhaltlichen
Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung dar. Es handelt sich vielmehr um
einen Rechtsbehelf, der dann greift, wenn das Gericht entscheidungserhebli-
ches Vorbringen der Beteiligten nicht in ausreichendem Maße zur Kenntnis ge-
nommen und sich nicht mit ihm in der gebotenen Weise auseinandergesetzt
hat. Das Gebot des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verpflichtet das
Gericht allerdings nicht, dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines
Verfahrensbeteiligten inhaltlich zu folgen. Ebenso wenig ist das Gericht gehal-
ten, ein jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen seiner Entscheidung
ausdrücklich zu bescheiden. Es ist daher verfehlt, aus der Nichterwähnung ein-
zelner Begründungsteile des Vorbringens in den gerichtlichen Entscheidungs-
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gründen zu schließen, das Gericht habe sich nicht mit den darin enthaltenen
Argumenten befasst (stRspr; vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 5. Oktober 1976
- 2 BvR 558/75 - BVerfGE 42, 364 <368> und vom 15. April 1980 - 1 BvR
1365/78 - BVerfGE 54, 43 <46> m.w.N.; BVerwG, Beschlüsse vom 8. Juni 2010
- 5 B 53.09 - juris Rn. 2 und vom 3. Juli 2014 - 8 B 20.14 - juris Rn. 2 jeweils
m.w.N.). An diesen Maßstäben gemessen hat der Senat das Recht der Antrag-
stellerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht verletzt.
Der Senat hat mit dem angegriffenen Beschluss vom 26. November 2014 - 5 B
52.14, 5 PKH 21.14 - die Beschwerde der Antragstellerin verworfen, weil diese
unzulässig war. Dies hat der Senat in tragender Weise darauf gestützt, dass der
von der Antragstellerin mit Schreiben vom 31. Oktober 2014 angefochtene Be-
schluss des Oberverwaltungsgerichts vom 20. Oktober 2014 - 4 OA 252/14 -,
mit dem dieses eine Anhörungsrüge der Antragstellerin verworfen hatte, nicht
zu den Fällen des § 152 Abs. 1 VwGO gehörte und deshalb nicht vor dem Bun-
desverwaltungsgericht mit der Beschwerde angefochten werden konnte. Sämt-
liches Vorbringen der Antragstellerin, das sie in ihrem Schreiben vom
31. Oktober 2014 gegen die inhaltliche Richtigkeit des Beschlusses des Ober-
verwaltungsgerichts vorgetragen hat, war deshalb nicht entscheidungserheb-
lich. Dieses Vorbringen hat der Senat zwar zur Kenntnis genommen. Er hat je-
doch davon absehen, in den Gründen seines Beschlusses vom 26. November
2014 auf die für die Entscheidung nicht bedeutsamen Aspekte einzugehen.
Ebenso verhält es sich, soweit der Senat in dem angegriffenen Beschluss vom
26. November 2014 den Antrag der Antragstellerin auf Gewährung von Pro-
zesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwaltes abgelehnt hat. Auf die
von ihr geltend gemachte Mittellosigkeit kam es bei dieser Entscheidung nicht
an. Denn der Senat hat die Ablehnung nicht auf mangelnde Bedürftigkeit ge-
stützt, sondern darauf, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung (wegen der
Unzulässigkeit ihrer Beschwerde) keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bot
(§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1, § 121 Abs. 1 ZPO).
Soweit sich die Antragstellerin gegen die inhaltliche Richtigkeit des angegriffe-
nen Beschlusses des Senats vom 26. November 2014 wendet und unter ande-
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rem Formmängel geltend macht, kann dies - wie oben erläutert - nicht zum Er-
folg der Anhörungsrüge führen. Im Übrigen greifen ihre Einwendungen auch in
der Sache nicht durch. Die von ihr behaupteten Formfehler liegen nicht vor. So
ist etwa die von ihr zitierte Vorschrift (§ 49 BeurkG) hier schon nicht einschlägig.
2. Der von der Antragstellerin mit der Anhörungsrüge verbundene Antrag, den
Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. November 2014 - 5 B
52.14, 5 PKH 21.14 - aufzuheben, ist unzulässig und bleibt daher ebenfalls er-
folglos. Einen Rechtsbehelf, den unanfechtbaren Beschluss des Senats vom
26. November 2014 bei dem Bundesverwaltungsgericht in der von der Antrag-
stellerin bezeichneten Weise zur Überprüfung zu stellen, sieht das Gesetz nicht
vor.
Der Senat geht nicht davon aus, dass die Antragstellerin eine Gegenvorstellung
erheben wollte, weil die Antragstellerin - im Gegensatz zu anderen von ihr bei
dem Senat angestrengten Verfahren - diese Bezeichnung nicht gewählt hat.
Selbst wenn ihr Antrag dahin zu verstehen wäre, dass sie damit - neben der
Anhörungsrüge - auch eine Überprüfung des Beschlusses des Senats vom
26. November 2014 im Wege der Gegenvorstellung erreichen möchte, scheiter-
te dies bereits an deren mangelnder Zulässigkeit. Dabei kann hier dahingestellt
bleiben, ob der Gesetzgeber mit der Schaffung der Anhörungsrüge nach § 152a
VwGO zum Ausdruck gebracht hat, dass daneben die gesetzlich nicht geregelte
Gegenvorstellung nicht mehr zuzulassen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom
25. August 2014 - 5 B 24.14 - juris Rn. 2 m.w.N.). Der ungeschriebene Rechts-
behelf der Gegenvorstellung wäre jedenfalls insoweit nicht statthaft und unzu-
lässig, soweit er - wie hier - die gleiche Zielrichtung wie die Anhörungsrüge ver-
folgte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. September 2012 - 5 AV 2.12 u.a. - juris
Rn. 4 m.w.N.). Eine Gegenvorstellung könnte ferner keinen Erfolg haben, weil
der Vortrag der Antragstellerin dem Senat keinen Anlass zur Korrektur des an-
gegriffenen Beschlusses vom 26. November 2014 und der diesem zugrunde
liegenden rechtlichen Bewertung gäbe.
Soweit die Antragstellerin ihr Begehren, den Beschluss des Senats vom
26. November 2014 aufzuheben, mit der Beschwerde erreichen möchte - dafür
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spricht die von ihr gewählte Bezeichnung „Beschwerde (Nichtzulassungsbe-
schwerde) gegen die Nichtzulassung der Beschwerde“ - muss dem ebenfalls
von Vornherein der Erfolg versagt bleiben, weil ein Beschluss des Bundesver-
waltungsgerichts nicht seinerseits mit einer erneuten Beschwerde an das Bun-
desverwaltungsgericht angefochten werden kann. Dies schließt das Gesetz aus
(vgl. § 152 Abs. 1 VwGO). Die Antragstellerin unterliegt auch insoweit wohl der
Fehlvorstellung, dass jede gerichtliche Entscheidung - auch des Bundesverwal-
tungsgerichts - erneut mit ordentlichen Rechtsbehelfen (vor dem Bundesverwal-
tungsgericht) anfechtbar sein muss. Das ist jedoch gerade nicht der Fall. Die
Möglichkeit einer endlosen Spirale von Rechtsschutzmöglichkeiten eröffnet der
Gesetzgeber nicht.
Vor dem Hintergrund, dass die Antragstellerin bislang gegen die unanfechtba-
ren Beschlüsse des Senats regelmäßig erneut mit unzulässigen und kosten-
pflichtigen Rechtsbehelfen (unter anderem „Beschwerden“) reagiert hat, wird
die Antragstellerin darauf hingewiesen, dass auch der vorliegende Beschluss
nicht anfechtbar ist und von dem Bundesverwaltungsgericht mit den von der
Antragstellerin vorgebrachten Einwendungen nicht erneut in der Sache über-
prüft werden kann. Auch eine erneute Anhörungsrüge gegen einen Beschluss
des Bundesverwaltungsgerichts, mit dem - wie mit dem vorliegenden Be-
schluss - eine Anhörungsrüge zurückgewiesen oder verworfen wird, ist nicht
zulässig (§ 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO). Der Senat behält sich daher im Interes-
se der Antragstellerin vor, an den vorliegenden Beschluss anknüpfende weitere
mit offensichtlich unzulässigen Rechtsbehelfen verfolgte Begehren nicht mehr
förmlich zu bescheiden, um der Antragstellerin unnötige Kosten, die - ohne ihr
in der Sache weiterhelfen zu können - damit verbunden wären, zu ersparen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Vormeier
Dr. Störmer
Dr. Fleuß
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