Urteil des BVerwG vom 20.03.2007

Kategorie, Unwürdigkeit, Richteramt, Hund

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 5 B 88.06 (5 C 10.07)
VG 14 K 2868/03
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 20. März 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Hund
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Schmidt und Prof. Dr. Berlit
beschlossen:
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Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in
dem Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 8. März
2006 wird zugelassen, soweit es das Begehren des Klä-
gers auf Gewährung einer Ausgleichsleistung nach Maß-
gabe des Ausgleichsgesetzes für den Verlust der im Jahre
1958 an den Rechtsvorgänger des Klägers übertragenen
Miteigentumsanteile der Frau G. von C. an dem ehemali-
gen landwirtschaftlichen Betrieb J. nebst Wohnhaus be-
trifft. Im Übrigen wird die Beschwerde gegen die Nichtzu-
lassung der Revision zurückgewiesen.
Soweit die Beschwerde zurückgewiesen worden ist, trägt
der Kläger die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Im Üb-
rigen bleibt die Kostenentscheidung der Schlussentschei-
dung vorbehalten.
G r ü n d e :
Die zulässige Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat in dem
aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg und ist im Übrigen zu-
rückzuweisen.
1. Die Revision ist nicht wegen der zu Fragen des „erheblichen Vorschubleis-
tens“ geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132
Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.
1.1 Soweit der Kläger u.a. unter Hinweis auf den Umgang mit dem Vermögen
der „im Nürnberger Prozess als hauptschuldige Nationalsozialisten Verurteilten“
geltend macht, der Ausschlussgrund nach § 1 Abs. 4 AusglLeistG sei rechts-
staatlich nicht unproblematisch, weil der Anspruch auf Ausgleichsleistung ein
vom Bundesverfassungsgericht verlangter Ausgleich für Enteignung auf besat-
zungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage anstelle einer Natural-
restitution sei, und damit die Frage der Verfassungsgemäßheit des § 1 Abs. 4
AusglLeistG geltend gemacht haben sollte, genügte dieses Vorbringen bereits
nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Die schlüssige Darle-
gung eines verfassungsrechtlichen Klärungsbedarfs erforderte eine substanti-
ierte Auseinandersetzung mit den Vorgaben des Grundgesetzes und der dazu
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ergangenen Rechtsprechung (s.a. BVerwG, Beschluss vom 9. März 1993
- BVerwG 3 B 105.92 - NJW 1993, 2825; BFH, Beschluss vom 18. Mai 2005
- VIII B 141/04 - BFH/NV 2005, 1783). In der Rechtsprechung des Bundesver-
waltungsgerichts (s. Urteile vom 17. März 2005 - BVerwG 3 C 20.04 - BVerwGE
123, 142, vom 19. Oktober 2006 - BVerwG 3 C 39.05 - und vom 14. Dezember
2006 - BVerwG 3 C 36.05 -) ist zudem geklärt, dass der Ausschlussgrund des
§ 1 Abs. 4 AusglLeistG - auch in der hier allein in Betracht kommenden Alterna-
tive des „erheblichen Vorschubleistens zugunsten des nationalsozialistischen
Systems“ - anzuwendendes, nicht verfassungswidriges Recht ist. Gegenteiliges
folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
(BVerfG, Urteil vom 22. November 2000 - 1 BvR 2307/94 u.a. - BVerfGE 102,
254 <297 ff.>) zur grundsätzlichen Pflicht des Gesetzgebers, bei Enteignungen
auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage Ausgleichs-
leistungen vorzusehen. Daraus ergibt sich nicht, dass es dem Gesetzgeber ver-
wehrt sein sollte, Ausschlussgründe, wie sie z.B. bereits das Wiedergutma-
chungsrecht kannte, vorzusehen.
1.2 Die Revision ist auch nicht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung von
Rechtsfragen zur Anwendung und Auslegung des § 1 Abs. 4 AusglLeistG in der
allein von dem Verwaltungsgericht herangezogenen Tatbestandsalternative des
„erheblichen Vorschubleistens zugunsten des nationalsozialistischen Systems“
zuzulassen.
Dem Beschwerdevorbringen lässt sich entnehmen, dass nach Auffassung der
Beschwerde das Verwaltungsgericht u.a. dadurch unter Verstoß gegen Bun-
desrecht zu der Bewertung gelangt sei, dass der Rechtsvorgänger des Klägers
dem nationalsozialistischen System objektiv wie subjektiv erheblich Vorschub
geleistet habe, dass es im Anschluss an die Kontrollratsdirektive Nr. 24 auf-
grund von dessen Mitarbeit in der Militär- und Zivilverwaltung an hervorgehobe-
ner Stelle ein solches Vorschubleisten angenommen habe, ohne dass insoweit
eine individuelle konkrete Handlung festgestellt worden sei, welche als erhebli-
ches Vorschubleisten hätte gewertet werden können, eine Verantwortlichkeit
also ausschließlich aufgrund eines nicht widerlegbaren „Generalverdachts“ aus
seiner zunächst zivilen und nach Kriegsbeginn militärischen Funktion hergeleitet
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und nicht - wie erforderlich - zwischen einem aktiven Bemühen, bestimmte
Funktionen zur Förderung des nationalsozialistischen Systems zu erreichen,
und dem passiven Eingesetztwerden differenziert habe, dass das Verwaltungs-
gericht weiterhin mit seiner Anknüpfung an die Einstufungen nach der Kontroll-
ratsdirektive Nr. 38 vom 26. Juni 1946 gegen die im Verfassungsrang stehende
Unschuldsvermutung verstoßen habe und zugunsten einer kollektiven Schuld-
vermutung zu Lasten weiter Bevölkerungsteile hinter die Schuldprüfung nach
der Kontrollratsdirektive zurückgefallen sei, so dass darüber zu befinden sei,
„ob alleine das Bekleiden einer höherrangigen Verwal-
tungsposition und eines SS-Ehrenranges ein erhebliches
Vorschubleisten für das nationalsozialistische System
impliziert“.
Es kann offenbleiben, ob dieses Vorbringen den an die Darlegung einer
Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) zu stel-
lenden Anforderungen genügt oder im Gewande der Grundsatzrüge die einzel-
fallbezogene Auslegung und Anwendung des § 1 Abs. 4 AusglLeistG angegrif-
fen wird. Die ausdrücklich bezeichnete Frage stellt sich nach den bindenden
(§ 137 Abs. 2 VwGO) tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts
und dessen differenzierter Würdigung der Tätigkeit des Rechtsvorgängers des
Klägers nicht, und die abstrakt-generellen Fragen zur Auslegung und Anwen-
dung des § 1 Abs. 4 AusglLeistG sind in der Rechtsprechung des Bundesver-
waltungsgerichts (Urteile vom 17. März 2005, 19. Oktober 2006 und 14. De-
zember 2006 a.a.O.) geklärt. Dem Beschwerdevorbringen, das sich nicht mit
den Erwägungen in dem bereits vom Verwaltungsgericht herangezogenen Urteil
vom 17. März 2005 auseinandersetzt, ist auch kein neuerlicher oder weiter-
gehender Klärungsbedarf zu entnehmen.
In den vorbezeichneten Entscheidungen ist u.a. geklärt, dass ein Anspruchs-
ausschluss nach § 1 Abs. 4 AusglLeistG in objektiver Hinsicht voraussetzt, dass
nicht nur gelegentlich oder beiläufig, sondern mit einer gewissen Stetigkeit
Handlungen vorgenommen wurden, die dazu geeignet waren, die Bedingungen
für die Errichtung, die Entwicklung oder die Ausbreitung des nationalsozialisti-
schen Systems zu verbessern oder Widerstand gegen dieses System zu unter-
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drücken, und dies auch zum Ergebnis hatten. Der Nutzen, den das Regime aus
dem Handeln gezogen hat, darf nicht nur ganz unbedeutend gewesen sein. Die
subjektiven Voraussetzungen des Ausschlusstatbestandes sind erfüllt, wenn die
betreffende Person dabei in dem Bewusstsein gehandelt hat, ihr Verhalten
könne diesen Erfolg haben. Weiterhin ist geklärt, dass eine einschränkende
Auslegung dieses Ausschlussgrundes dahin, dass gezielt die Gewalttätigkeit
der nationalsozialistischen Herrschaft unterstützt worden sein muss, nicht ge-
boten ist, weil eine Unterstützung des NS-Regimes, selbst wenn sie an einer
scheinbar weniger verfänglichen Stelle erfolgte, zugleich zumindest indirekt ein
Vorschubleisten zugunsten der mit dem nationalsozialistischen System un-
trennbar verbundenen Gewaltherrschaft zur Folge hatte. Die unterstützende
Tätigkeit muss sich allerdings auf spezifische Ziele des nationalsozialistischen
Systems bezogen haben. Eine Unterstützung nicht spezifisch von der national-
sozialistischen Ideologie geprägter Bestrebungen, wie etwa des Zieles, den
2. Weltkrieg zu gewinnen, genügt nicht. Ein erhebliches Vorschubleisten im Sin-
ne von § 1 Abs. 4 AusglLeistG ist bereits in der Phase der Errichtung und nicht
erst nach der Etablierung des nationalsozialistischen Systems möglich, und der
von § 1 Abs. 4 AusglLeistG geforderte qualifizierte Nutzen für das nationalsozi-
alistische System kann nicht allein aus der bloßen Mitgliedschaft in der NSDAP
oder einer ihrer Gliederungen, die zudem für ein Vorschubleisten nicht
erforderlich ist, hergeleitet werden. Der Wahrnehmung herausgehobener Funk-
tionen in der NSDAP oder einer ihrer Gliederungen, zumal wenn sie über einen
längeren Zeitraum und im Sinne der Partei beanstandungsfrei ausgeübt worden
sind, kommt regelmäßig eine Indizwirkung für ein erhebliches Vorschubleisten
zugunsten des nationalsozialistischen Systems im Sinne von § 1 Abs. 4
AusglLeistG zu, hierfür reichten aber ehrenamtliche oder nachgeordnete Partei-
funktionen auf Kreisebene nicht aus. Daraus ergibt sich, dass eine hochrangige
Funktion insbesondere in der Zivil- oder Militärverwaltung besetzter Gebiete
über die - für den Ausschlussgrund „unschädliche“ - Funktion, den 2. Weltkrieg
zu gewinnen, hinaus dann eine dem Ausschlussgrund unterfallende Tätigkeit
sein kann, wenn sie die Aufgabe hatte, die Ziele und insbesondere die Ideologie
des nationalsozialistischen deutschen Staates innerhalb der Zivilbevölkerung
und der zivilen Strukturen in diesem Gebiet umzusetzen. Dass die Tätigkeiten
und Funktionen des Rechtsvorgängers des Klägers auch dann dieser
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Zielsetzung dienten, wenn der Betreffende dabei versucht haben sollte, Huma-
nität im Umgang mit der Bevölkerung in den besetzten Gebieten walten zu las-
sen, ist nach den nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und damit bindenden
(§ 137 Abs. 2 VwGO) tatrichterlichen Feststellungen der Fall.
1.3 Die Revision ist insoweit auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer nach-
träglichen Abweichung von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom
19. Oktober 2006 (a.a.O.) zuzulassen. Das Verwaltungsgericht ist nicht in seine
Entscheidung tragender Weise unter Aufstellung eines divergierenden abstrak-
ten Rechtssatzes von den in diesem Urteil aufgestellten Rechtssätzen abgewi-
chen.
Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht in diesem Urteil dahin erkannt:
„Aus der Zuordnung von Inhabern dieser Funktionen [in
dem Urteil vom 19. Oktober 2006: ehrenamtliche Tätigkeit
als NSDAP-Kreisrichter sowie Leiter nachgeordneter Äm-
ter in einer NSDAP-Kreisleitung] in die Kategorie der
Hauptschuldigen nach der Kontrollratsdirektive Nr. 38
kann keine Vermutung dafür entnommen werden, dass
der Betroffene auch gemäß § 1 Abs. 4 AusglLeistG dem
nationalsozialistischen System erheblichen Vorschub ge-
leistet hat.“
Hierzu hat es ausgeführt:
㤠1 Abs. 4 AusglLeistG weist nicht die erforderlichen An-
haltspunkte für die Vermutungswirkung auf, die das Ver-
waltungsgericht der Einordnung der Funktionen nach der
Kontrollratsdirektive Nr. 38 beigelegt hat und die nach sei-
ner Auffassung erst dann entfallen soll, wenn sich eine
oppositionelle Haltung des Betreffenden in überprüfbarer
Art und Weise manifestiert hat. Der Wortlaut von § 1
Abs. 4 AusglLeistG enthält keine Grundlage für eine sol-
che Vermutung. Ebenso wenig wird für den Tatbestand
des erheblichen Vorschubleistens in der Gesetzesbegrün-
dung zum Ausgleichsleistungsgesetz ein Bezug zu den für
die Entnazifizierung geltenden Regelungen hergestellt.
Nach den Gesetzesmaterialien (BTDrucks 12/4887 S. 38)
soll die Vorschrift verhindern, dass diejenigen, die die
Verantwortung für die jetzt zu revidierenden Unrechts-
maßnahmen tragen, das Ausgleichsleistungsgesetz zu ih-
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ren Gunsten in Anspruch nehmen. Entsprechende Aus-
schlüsse fänden sich in allen vergleichbaren gesetzlichen
Regelungswerken, wie z.B. im Bundesentschädigungsge-
setz oder im Lastenausgleichsgesetz. Verwiesen wird also
allenfalls auf die sonstige Wiedergutmachungsgesetzge-
bung.
Hinzu kommt, dass sich die Ziele, die der Ausschlussrege-
lung in § 1 Abs. 4 AusglLeistG einerseits und den Maß-
nahmen im Zuge der Entnazifizierung andererseits
zugrunde lagen, nicht decken. Mit dem Anspruchsaus-
schluss nach § 1 Abs. 4 AusglLeistG soll - wie bereits aus-
geführt - verhindert werden, dass die Hauptverantwortli-
chen das Ausgleichsleistungsgesetz zu ihren Gunsten in
Anspruch nehmen. Dagegen lag der Entnazifizierung als
wesentliches Ziel die Abwehr von Gefahren zugrunde, die
sich von den durch ihre Verstrickung in den Nationalsozia-
lismus Belasteten für den Neuaufbau ergeben konnten (so
bereits BVerwGE 123, 142 <148>).
Schließlich spricht gegen eine Vermutungswirkung, dass
auch nach der Kontrollratsdirektive eine Einstufung als
Hauptschuldiger lediglich den Einstieg in das Entnazifizie-
rungsverfahren bedeutete, dagegen die endgültige Einstu-
fung und Sanktionierung des Betreffenden noch nicht vor-
gab. Nach der Einleitung zu Abschnitt I des Anhangs, der
die Funktionen aufzählt, die zur Kategorie der Haupt-
schuldigen gerechnet werden, war bei den dort genannten
Personengruppen deren Verstrickung sorgfältig zu prüfen.
Erst wenn die Ergebnisse der Untersuchung eine Anklage
notwendig machten, musste gegen diese Personen als
Hauptschuldige verhandelt werden und sie mussten, falls
sie schuldig befunden wurden, bestraft werden. Ein ent-
sprechendes Prüfungserfordernis galt nach der Einleitung
zu Abschnitt II des Anhangs für die Kategorie der Belaste-
ten. Auch die praktische Umsetzung der Kontrollratsdirek-
tive Nr. 38 belegt, dass sich trotz Innehabung der gleichen
Funktionen nach dem Durchlaufen des vorgesehenen
Überprüfungsverfahrens eine höchst unterschiedliche Zu-
ordnung zu einer der Kategorien ergab. Zeitgeschichtliche
Studien zur Entnazifizierung von NSDAP-Kreisleitern, von
Personen also, die - wie ausgeführt - in der NS-Hierarchie
eine deutlich herausgehobenere Position als der Vater des
Klägers innehatten, ergeben, dass diese, je nach ihrem
Verhalten und der Art und Weise ihrer Amtsführung,
ebenso aber in Abhängigkeit vom Zeitpunkt der Entnazifi-
zierungsentscheidung zwar teils durchaus in die Katego-
rien der Hauptschuldigen oder der Belasteten eingestuft
wurden, in weiteren Fällen aber auch nur als Mitläufer und
in Einzelfällen sogar als Entlastete angesehen wurden
(vgl. u.a. Fait, a.a.O., S. 228 ff.; Klefisch, Die Kreisleiter
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der NSDAP in den Gauen Köln-Aachen, Düsseldorf und
Essen, S. 25 ff.; Stelbrink, Die Kreisleiter der NSDAP in
Westfalen und Lippe, S. 107).“
Das Verwaltungsgericht hat demgegenüber unter Bezugnahme auf seine vo-
rangehende Rechtsprechung und auf Schrifttum ausgeführt:
„Auch die Wertungen der Kontrollratsdirektive Nr. 38
(KRD 38) vom 26.06.1946 sprechen für eine Unwürdigkeit
des … Eine Unwürdigkeit nach § 1 Abs. 4 AusglLeistG ist
nach Ansicht des Gerichts zumindest zu vermuten, wenn
der Betroffene zu den Hauptschuldigen und Belasteten im
Sinne des Abschnitts II Artikel II und III der Kontrollratsdi-
rektive Nr. 38 gehört“,
und näher dargelegt, aus welchen Gründen der Rechtsvorgänger des Klägers
dieser Kategorie zuzuordnen ist. Das Verwaltungsgericht, das bei der Ausle-
gung des § 1 Abs. 4 AusglLeistG ausdrücklich der Rechtsprechung des Bun-
desverwaltungsgerichts im Urteil vom 17. März 2005 (a.a.O.) gefolgt ist (UA
S. 13), hat seine tatrichterliche Würdigung, der Rechtsvorgänger des Klägers
habe durch seine Funktionen und Tätigkeiten zwischen 1933 und 1945 i.S.d.
§ 1 Abs. 4 AusglLeistG dem nationalsozialistischen System erheblichen Vor-
schub geleistet, nicht - gar selbstständig - tragend auf die Wertungen der Kon-
trollratsdirektive Nr. 38 und eine im Widerspruch zu der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts stehende strikte Vermutungsregelung gestützt.
Vielmehr hat es diese Tätigkeiten selbst gewürdigt, die Wertungen lediglich er-
gänzend herangezogen, sich zudem auf den Status des Rechtsvorgängers des
Klägers in der Waffen-SS und die ihm dort zuteil gewordenen Ehrungen bezo-
gen (ohne verkannt zu haben, dass der Rechtsvorgänger des Klägers dort nicht
hauptamtlich tätig geworden ist). Schließlich hat es sich auch mit dem Umstand
auseinandergesetzt, dass der Rechtsvorgänger des Klägers im Entnazifizie-
rungsverfahren lediglich als Mitläufer eingestuft wurde. Diese Einzelbetrachtun-
gen und -bewertungen tragen nach dem Gesamtzusammenhang das Urteil des
Verwaltungsgerichts auch ohne den Rückgriff auf eine aus den Wertungen der
Kontrollratsdirektive Nr. 38 folgende Vermutung, die das Verwaltungsgericht
zudem auf bestimmte Kategorien beschränkt hat. Durch seine Heranziehung
der Kontrollratsdirektive Nr. 38 ist das Verwaltungsgericht daher hier nicht ent-
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scheidungstragend von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
abgewichen, nach der die Einstufung entsprechender Funktionen nach dem
Anhang zur Kontrollratsdirektive Nr. 38 zwar Anhaltspunkte für die Unwürdigkeit
i.S.v. § 1 Abs. 4 AusglLeistG geben und aber eine Einzelbetrachtung und
-bewertung nicht ersetzen kann.
1.4 Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2
Halbs. 2 VwGO), soweit die Beschwerde zurückgewiesen wird.
2. Hinsichtlich des Miteigentumsanteils an dem auf besatzungshoheitlicher
Grundlage im Zuge der Bodenreform enteigneten Rittergut, den der Rechtsvor-
gänger des Klägers im Jahre 1958 von der Erbin seiner Schwester, der Erbin
nach Frau G. von C. erworben hatte, ist die Revision wegen nachträglicher Ab-
weichung von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. März 2007
- BVerwG 3 C 37.06 - (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen.
Von der Zulassung nicht erfasst sind die im Urteil des Verwaltungsgerichts (UA
S. 23 Abs. 2) bezeichneten Ansprüche, hinsichtlich derer eine Ausgleichsleis-
tung unabhängig von der Unwürdigkeit nicht in Betracht kommt; insoweit sind
durchgreifende Zulassungsrügen nicht erhoben und besteht auch keine nach-
trägliche Divergenz.
3. Soweit die Beschwerde zurückgewiesen worden ist, beruht die Kostenent-
scheidung auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Rechtsmittelbelehrung
Der Beschluss ist unanfechtbar, soweit er die Beschwerde des Klägers zurück-
weist.
Soweit der Beschluss die Revision zulässt, wird das Beschwerdeverfahren als
Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen BVerwG 5 C 10.07 fortgesetzt; der
Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu
begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simson-
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platz 1, 04107 Leipzig, schriftlich oder in elektronischer Form (Verordnung vom
26. November 2004, BGBl I S. 3091) einzureichen.
Für den Revisionskläger besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Be-
gründung der Revision. Der Revisionskläger muss sich durch einen Rechtsan-
walt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des
Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtig-
ten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behör-
den können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum
Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften
ferner durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zu-
ständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes
des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen. In derselben
Weise muss sich jeder Beteiligte vertreten lassen, soweit er einen Antrag stellt.
Hund Schmidt Prof. Dr. Berlit