Urteil des BVerwG vom 29.09.2005

Umdeutung, Anhörung, Unrichtigkeit, Verfahrensmangel

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 5 B 85.05
OVG 4 A 323/05
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 29. September 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S ä c k e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. R o t h k e g e l und
Prof. Dr. B e r l i t
beschlossen:
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Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für
das Land Nordrhein-Westfalen vom 18. März 2005 wird zu-
rückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Ge-
richtskosten werden nicht erhoben.
G r ü n d e :
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Be-
schluss des Oberverwaltungsgerichts, der das Berufungsgericht durch einen von drei
Richtern am Oberverwaltungsgericht unterschriebenen Beschluss vom 6. September
2005 nicht abgeholfen hat, hat keinen Erfolg. Sie verdeutlicht nicht in einer dem Be-
gründungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise, aus wel-
chem der in § 132 Abs. 2 VwGO abschließend aufgeführten Gründe die Revision
zugelassen werden soll.
Nach § 132 Abs. 2 VwGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn die
Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entschei-
dung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Ge-
richtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgericht abweicht und auf dieser
Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und
vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3). Keiner dieser Gründe wird
in der Beschwerdebegründung angegeben. Die Beschwerde beschränkt sich viel-
mehr darauf, die Richtigkeit der Berufungsentscheidung zu bestreiten, indem sie vor-
trägt, "eine Umdeutung der Berufung in einen Antrag auf Zulassung der Berufung
(sei) stets zulässig", jedenfalls seien "elementare Rechte der Beschwerdeführerin
verletzt". Eine Unrichtigkeit der angegriffenen gerichtlichen Entscheidung, mag darin
auch - wie von der Beschwerde geltend gemacht - "eine Grundrechtsverletzung … in
der Person der Klägerin" liegen, erfüllt die Voraussetzungen eines Zulassungsgrun-
des im Sinne von § 132 Abs. 2 VwGO nicht. Soweit die Beschwerde andeutet, eine
"Verletzung … des rechtlichen Gehörs" rügen zu wollen, betrifft dies nicht das ge-
richtliche Verfahren. Die Beschwerdebegründung vernachlässigt insbesondere, dass
die tragende Begründung des Beschlusses des Berufungsgerichts, die von einem
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Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigten gegen die Sachentscheidung des Verwal-
tungsgerichts ohne Zulassung eingelegte Berufung könne nach Ablauf der Antrags-
frist des § 124 a Abs. 4 VwGO nicht in einen Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels
umgedeutet werden, im Einklang mit der gefestigten Rechtsprechung auch des Bun-
desverwaltungsgerichts steht (s. über die von dem Berufungsgericht nachgewiesene
Rechtsprechung hinaus aus jüngerer Zeit etwa Beschluss vom 9. Februar 2005
- BVerwG 6 B 75.04 - ), mithin auch der Sache nach nicht ersichtlich ist, dass
einer der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe für die Zulassung der Revision
vorliegen könnte. Weiterhin ist darauf hinzuweisen, dass der Prozessbevollmächtigte
der Klägerin innerhalb der Frist des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO Gründe, aus denen
die Berufung zuzulassen sei, nicht dargelegt hat und nach Ablauf dieser Frist - weder
binnen der in § 60 Abs. 2 VwGO bezeichneten Frist noch sonst - einen Antrag auf
Wiedereinsetzung gestellt hat, so dass selbst bei einer als möglich unterstellten Um-
deutung der Berufung in einen Berufungszulassungsantrag dieser nicht zur Beru-
fungszulassung hätte führen können, und der Prozessbevollmächtigte sich in dem
Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht - auch auf die Anhörung nach § 125
Abs. 2 Satz 3 VwGO hin - nicht geäußert hat. Umstände, nach denen der Klägerin
eine schuldhafte Versäumung von Fristen oder Rechtsmitteln durch ihren Prozess-
bevollmächtigten von Verfassungs wegen nicht zuzurechnen sein könnten, sind nicht
vorgetragen oder ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Gerichtkos-
tenfreiheit auf § 188 Satz 2 VwGO.
Dr. Säcker
Dr. Rothkegel
Prof. Dr. Berlit