Urteil des BVerwG vom 05.03.2010

Fusion, Treuhandvertrag, Sparkasse, Einzahlung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 5 B 7.10
VGH 12 BV 08.1293
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 5. März 2010
durch den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Hund,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Brunn und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungs-
gerichtshofs vom 11. November 2009 wird zurückgewie-
sen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
G r ü n d e :
Die Beschwerde, die sich auf die Zulassungsgründe der Divergenz (1.) und des
Verfahrensfehlers (2.) stützt, hat keinen Erfolg.
1. Die Revision ist nicht gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen der geltend
gemachten Divergenz zuzulassen.
Eine Divergenz ist gegeben, wenn das vorinstanzliche Gericht in Anwendung
derselben Vorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden (abstrakten)
Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung des übergeordneten Gerichts
aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgewichen ist. Die Beschwerdebegrün-
dung muss darlegen, dass und inwiefern dies der Fall ist (stRspr, vgl. z.B. Be-
schlüsse vom 11. August 1999 - BVerwG 11 B 61.98 - Buchholz 310 § 132
Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 19 und vom 24. November 2009 - BVerwG 5 B 35.09 -
juris). Das Beschwerdevorbringen genügt nicht den Anforderungen des § 133
Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Geltendmachung einer Divergenz. Eine solche liegt
auch in der Sache nicht vor.
Die Beschwerde rügt eine Abweichung von dem Urteil des Bundesverwaltungs-
gerichts vom 4. September 2008 - BVerwG 5 C 12.08 - (BVerwGE 132, 21).
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Das Berufungsgericht habe festgestellt, dass eine wirksame Treuhandabrede
schon allein daran scheitere, dass die 10 000 DM auf dem Sparkassenbuch
Nr. 377…. mit deren Einzahlung am 18. August 2000 auch mit dem dortigen
Guthaben der Klägerin vermischt und damit nicht vom eigenen Vermögen der
Klägerin getrennt worden seien. Insoweit vertrete das Berufungsgericht (abs-
trakt) die Auffassung, „die Separierung des Treugutes ist aber ein gewichtiges
Indiz, bei dessen Nichtvorliegen im Regelfall davon auszugehen ist, dass eine
verbindliche Treuhandvereinbarung tatsächlich nicht getroffen wurde“ (vgl. UA
S. 12). Demgegenüber habe aber das Bundesverwaltungsgericht in dem vor-
genannten Urteil entschieden, dass im ausbildungsrechtlichen Zusammenhang
„die fehlende Trennung des Treuguts vom eigenen Vermögen nicht zwingend
aus[schließt], dass ein wirksamer Treuhandvertrag geschlossen wurde“ (a.a.O.,
S. 28). Damit wird ein Auffassungsunterschied in einer Rechtsfrage nicht darge-
tan. Die von der Beschwerde einander gegenübergestellten Aussagen wider-
sprechen sich inhaltlich nicht. Die gegenteilige Auffassung der Beschwerde be-
ruht auf einem Fehlverständnis des herangezogenen Urteils des Bundesverwal-
tungsgerichts.
Dass die fehlende Trennung des Treuguts vom eigenen Vermögen einen zivil-
rechtlich wirksamen Treuhandvertrag nicht zwingend ausschließt, bedeutet
nicht, dass die fehlende Separierung des Treuguts in der Regel nicht als Indiz
gegen einen wirksamen Vertragsschluss zu werten ist. Den weiteren Ausfüh-
rungen in dem für das Verständnis der zitierten Aussage des Bundesverwal-
tungsgerichts erforderlichen Kontext ist vielmehr zu entnehmen, dass das Bun-
desverwaltungsgericht eine derartige Indizwirkung annimmt. Es führt in der he-
rangezogenen Entscheidung ausdrücklich aus: „Ist allerdings die Separierung
des Treuguts schon nicht Bestandteil des behaupteten Vertrages und hat der
angebliche Treuhänder das Empfangene auch tatsächlich nicht von seinem
eigenen Vermögen getrennt, so ist in der Regel davon auszugehen, dass die
Beteiligten eine verbindliche Treuhandvereinbarung tatsächlich nicht getroffen
haben“ (a.a.O.). Darüber hinaus hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem
Urteil vom 4. September 2008 in dem Verfahren BVerwG 5 C 30.07, das einen
im entscheidungserheblichen Kern vergleichbaren Sachverhalt wie das Verfah-
ren BVerwG 5 C 12.08 betrifft, unter Bezugnahme auf das im letztgenannten
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Verfahren erlassene Urteil und Anwendung der dort für das Bestehen einer
ausbildungsrechtlich beachtlichen Treuhandabrede aufgestellten Rechtssätze
einen zivilrechtlich wirksam zustande gekommenen Treuhandvertrag bereits
(allein) deshalb vereint, weil das etwaige Treugut nach den vom Verwaltungs-
gericht getroffenen Feststellungen nicht auf einem Konto eingezahlt worden ist,
das ausschließlich zur Aufnahme von treuhänderisch gebundenen Fremdgel-
dern bestimmt war (BVerwGE 132, 10 <15>).
Abgesehen davon verkennt die Beschwerde, dass das Berufungsgericht den
Treuhandcharakter des Guthabens auf dem Sparkassenbuch Nr. 377…. nicht
allein wegen der fehlenden Separierung des angeblichen Treuguts in Höhe von
10 000 DM verneint hat (vgl. so aber Beschwerdebegründung S. 2). Es hat
vielmehr im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
bei der Prüfung, ob hinsichtlich der am 18. August 2000 auf das Sparbuch
Nr. 377…. eingezahlten 10 000 DM eine wirksame Treuhandvereinbarung ge-
schlossen worden ist, alle in Betracht zu ziehenden Umstände des Einzelfalles
gewürdigt und das Vorliegen einer solchen Vereinbarung schon deshalb ver-
neint, weil insoweit jegliche Darlegung einer Treuhandabrede fehlt. Nach den
mangels erhobener durchgreifender Verfahrensrügen mit bindender Wirkung für
das Bundesverwaltungsgericht (§ 137 Abs. 2 VwGO) getroffenen Feststel-
lungen des Berufungsgerichts ist von einer Treuhandabrede immer nur im Zu-
sammenhang mit dem Sparkonto Nr. 1197…. die Rede gewesen, auf das die
10 000 DM am 9. April 2001 überwiesen worden seien. Zum Inhalt einer etwai-
gen Abrede und zum Zeitpunkt eines etwaigen Vertragsschlusses hinsichtlich
der Einzahlung auf das Sparkassenbuch Nr. 377…. der Klägerin sei nichts dar-
gelegt (vgl. UA S. 11 f.). Der Aspekt der fehlenden Separierung des Treuguts
bei Einzahlung der 10 000 DM auf das Sparkassenbuch Nr. 377…. am
18. August 2000 war somit im konkreten Fall nicht allein entscheidungserheb-
lich, sodass das angefochtene Urteil auch nicht auf der behaupteten Divergenz
beruhen würde.
2. Auch der geltend gemachte Verfahrensfehler rechtfertigt nicht die Zulassung
der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
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Die Beschwerde führt insoweit zur Begründung aus, das Berufungsgericht habe
den tatsächlichen Fusionszeitpunkt der Sparkassen durch Befragung der Sach-
bearbeiterin der Sparkasse B., welche die Klägerin und deren Vater im April
2001 beraten habe, von Amts wegen näher aufklären müssen. Diese hätte bes-
tätigen können, dass die Eröffnung des Sparkassenzertifikats auf den Namen
der Klägerin im April 2001 zum Erwerb der günstigeren Zinsoption die alleinige
Alternative gewesen sei. Erst nach der tatsächlichen „technischen“ Fusion der
beiden Sparkassen im März 2002 sei umgehend eine Eröffnung eines Spar-
kassenzertifikats auf den Namen des Vaters möglich gewesen und tatsächlich
vollzogen worden. Damit wäre auch klargestellt, dass es sich bei dem streitge-
genständlichen Vermögen zumindest um eine Schuld im Sinne des § 28 Abs. 3
BAföG gehandelt habe. Diese Ermittlungen hätten sich dem Berufungsgericht
auch ohne Hinwirken von sich aus aufdrängen müssen, da die Frage des tat-
sächlichen Fusionszeitpunkts der beiden Sparkassen mitunter maßgeblich dafür
sei, ob die Kontoverschiebungen rechtsmissbräuchlich oder nicht und damit
auch das Vermögen dem Vater oder der Klägerin zuzuordnen sei (vgl. Be-
schwerdebegründung S. 4). Damit wird eine Verletzung der gerichtlichen Amts-
ermittlungs- bzw. Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO nicht den Darle-
gungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend bezeichnet.
Wer, wie die Klägerin, die Rüge der Verletzung der Aufklärungspflicht erhebt,
obwohl sie - durch eine nach § 67 Abs. 1 VwGO postulationsfähige Person ver-
treten - in der Vorinstanz keinen förmlichen Beweisantrag gestellt hat (vgl. § 86
Abs. 2 VwGO), muss, um den gerügten Verfahrensmangel prozessordnungs-
gemäß zu bezeichnen, insbesondere substantiiert darlegen, warum sich dem
Tatsachengericht aus seiner für den Umfang der verfahrensrechtlichen Sach-
aufklärung maßgeblichen materiellrechtlichen Sicht die Notwendigkeit einer
weiteren Sachaufklärung in der aufgezeichneten Richtung hätte aufdrängen
müssen (vgl. nur Beschlüsse vom 13. März 2003 - BVerwG 5 B 267.02 - juris,
20. August 2007 - BVerwG 5 B 173.07 - juris und 21. Februar 2008 - BVerwG
5 B 122.07 - juris). Die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse
eines Prozessbeteiligten in der Tatsacheninstanz, vor allem das Unterlassen
von förmlichen Beweisanträgen, zu kompensieren (vgl. Beschlüsse vom
6. März 1995 - BVerwG 6 B 81.94 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 265
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und vom 10. Oktober 2001 - BVerwG 9 BN 2.01 - NVwZ-RR 2002, 140). Die
aufgezeigten Darlegungsanforderungen erfüllt die Beschwerde nicht.
Das Berufungsgericht hat sich ausdrücklich die Feststellung des Verwaltungs-
gerichts zu Eigen gemacht, dass nach Auskunft der Sparkasse B. vom 11. Ja-
nuar 2008 die Fusion der Stadtsparkasse B. und der Kreissparkasse B.-P. zur
Sparkasse B. bereits zum 1. Januar 2001 vollzogen wurde (vgl. UA S. 14). Dem
Vorbringen der Beschwerde lässt sich nicht entnehmen, dass sich dem Beru-
fungsgericht vor diesem Hintergrund eine weitere Sachaufklärung durch Ver-
nehmung der Sachbearbeiterin hätte aufdrängen müssen. Insbesondere be-
nennt sie keine bestimmten, vom Gericht festgestellten Tatsachen, die auch nur
ansatzweise dafür sprächen, dass die Fusion zum 1. Januar 2001 nur „ju-
ristisch“ und die tatsächliche „technische“ Fusion erst nach der Eröffnung des
Sparkontos Nr. 1197…. (Sparkassenzertifikat) vollzogen worden sei. Das Beru-
fungsgericht hat die entsprechende Behauptung der Klägerin vielmehr als un-
substantiiert angesehen (vgl. a.a.O.).
Ebenso wenig legt die Beschwerde dar, inwiefern das angefochtene Urteil auf
der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung beruhen kann, obwohl das Beru-
fungsgericht den Treuhandcharakter des Sparkontos Nr. 1197…. (Sparkassen-
zertifikat) nicht nur wegen der mangelnden Glaubwürdigkeit des von der Kläge-
rin behaupteten Grundes (konkret: nur Klägerin habe am 9. April 2001 das
Sparkassenzertifikat erwerben können, da ihr Vater kein Konto bei der
Kreissparkasse gehabt habe, welche das Sparkassenzertifikat ausgestellt habe;
von der Fusion der Kreissparkasse und der Stadtsparkasse zum 1. Januar 2001
hätten die Klägerin und ihre Eltern nichts gewusst) für die erst am 25. März
2002 erfolgte Umschreibung dieses Sparkontos auf den Vater der Klägerin ver-
neint hat.
In Wirklichkeit wendet sich die Beschwerde mit ihrem Vorbringen gegen das
Ergebnis der Sachverhaltswürdigung und damit gegen die ihrer Ansicht nach
fehlerhafte Rechtsanwendung des Berufungsgerichts im Einzelfall und setzt der
rechtlichen Bewertung des Berufungsgerichts eine eigene Würdigung entgegen.
Damit lässt sich aber der behauptete Verfahrensmangel nicht darlegen.
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3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2
Halbs. 2 VwGO).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Gerichtskosten-
freiheit folgt aus § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO.
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Dr. Brunn
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