Urteil des BVerwG vom 10.07.2006

Rechtliches Gehör, Beschwerdeschrift, Nationalität, Offenlegung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 5 B 69.06
OVG 2 A 4276/03
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 10. Juli 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Säcker
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Brunn und Prof. Dr. Berlit
beschlossen:
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts
für das Land Nordrhein-Westfalen vom 28. März 2006 wird
zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens;
außergerichtliche Kosten des Beigeladenen sind nicht er-
stattungsfähig.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 11 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde ist unbegründet. Das Beschwerdevorbringen führt nicht auf
einen Revisionszulassungsgrund. Weder zeigt es dem angefochtenen Be-
schluss anhaftende Verfahrensmängel noch eine vom Revisionsgericht grund-
sätzlich zu behandelnde Rechtsfrage des Bundesrechts auf (§ 132 Abs. 2 Nr. 3
und Nr. 1 VwGO).
1. Das umfängliche Beschwerdevorbringen enthält zur Begründung des erho-
benen Vorwurfs, dem Beschluss hafteten beachtliche Verfahrensmängel an, im
Kern die Behauptung, das Oberverwaltungsgericht habe insbesondere gegen
seine Verpflichtung verstoßen, rechtliches Gehör zu gewähren, indem es ohne
weitere Hinweise entscheidungstragend darauf abgehoben habe, dass es bei
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der Klägerin zu 1 an einem Bekenntnis nur zum deutschen Volkstum (§ 6
Abs. 2 Satz 1 BVFG) fehle; es habe damit entscheidungstragend auf einen Ge-
sichtspunkt abgestellt, auf den weder der ablehnende Bescheid noch das ver-
waltungsgerichtliche Urteil gestützt gewesen seien, weswegen das Oberverwal-
tungsgericht besondere Hinweis- bzw. Aufklärungspflichten verletzt habe.
Mit diesem Vorbringen kann die Beschwerde bereits deswegen nicht durchdrin-
gen, weil - unbeschadet des Umstands, dass auch das beigeladene Land im
Schriftsatz vom 13. Februar 2006 auf die hier in Rede stehenden Umstände
hingewiesen hatte - das Oberverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom
17. Februar 2006, mit dem den Klägern Prozesskostenhilfe versagt worden ist,
mit nahezu wortgleichen Darlegungen wie später im angefochtenen Beschluss
darauf hingewiesen und abgestellt hat, es dürfte sich nach dem Sach- und
Streitstand nicht feststellen lassen, dass sich die Klägerin zu 1 - gemessen an
den Maßstäben der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - zum
deutschen Volkstum im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 BVFG bekannt hat. Wie
später im angefochtenen Beschluss hat es bereits im Beschluss vom 17. Fe-
bruar 2006 zwar zugunsten der Klägerin zu 1 unterstellt, dass sie im Zusam-
menhang mit der Eintragung der ukrainischen Nationalität in ihren ersten In-
landspass kein Bekenntnis das deutsche Volkstum abgegeben hat, aber
zum Ausdruck gebracht, dass für die Zeit danach (bis zur Änderung des Natio-
nalitäteneintrags im Inlandspass im Jahre 1994) mangels substantiierter Anga-
ben der Klägerin zu 1 sich ein Bekenntnis der Klägerin zu 1 zum deut-
schen Volkstum nicht feststellen lasse, obgleich hierfür Möglichkeiten bestan-
den hätten.
Vor diesem Hintergrund, der durch eine weitgehende oberverwaltungsgerichtli-
che Offenlegung des maßgeblichen Streitstandes und der für die abschließende
Sachentscheidung voraussichtlich maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen
Gesichtspunkte gekennzeichnet ist, wäre es Sache der anwaltlich vertretenen
Kläger gewesen, spätestens das oberverwaltungsgerichtliche Hinweisschreiben
vom 1. März 2006 zum Anlass zu nehmen, den vorhersehbaren rechtlichen
Standpunkt des Oberverwaltungsgerichts in Frage zu stellen oder auf dieser
Grundlage weiter vorzutragen bzw. Anträge zu stellen.
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2. Soweit die Beschwerde sich auf den Zulassungsgrund in § 132 Abs. 2 Nr. 1
VwGO (Grundsatzbedeutung) beruft, kann dies der Beschwerde schon deswe-
gen nicht zum Erfolg verhelfen, weil die teils ausdrücklich, teils der Sache nach
aufgeworfenen Fragestellungen von tatsächlichen Voraussetzungen ausgehen,
die so im Streitverfahren von den Tatsachengerichten gerade nicht festgestellt
worden sind, was zur Folge hätte, dass im angestrebten Revisionsverfahren
eine revisionsgerichtliche Beantwortung ausgeschlossen wäre. Die auf die Be-
deutung der „Passeintragung“ als Bekenntniserklärung abstellende Frage ver-
kennt, dass das Berufungsgericht seine Bewertung, es lasse sich nicht feststel-
len, dass die Klägerin zu 1 ein den rechtlichen Anforderungen erfüllendes Be-
kenntnis zum deutschen Volkstum abgegeben habe, neben den Vorgängen um
die Änderung des Nationalitäteneintrags (Beschlussabdruck S. 6 f.) selbständig
tragend („Abgesehen davon …“) auch darauf gestützt hat, es fehle für die Zeit
ab Bekenntnis- bzw. Erklärungsfähigkeit an einer Benennung von konkret
nachprüfbaren Umständen, die auch nicht ersichtlich seien, die den Willen der
Klägerin zu 1, nur der deutschen Volksgruppe und keiner anderen anzugehö-
ren, nach außen hin unzweifelhaft zu Tage treten ließen. Die an das Vertrei-
bungsschicksal deutscher Staatsangehöriger anknüpfende Frage (Beschwer-
deschrift S. 7 f.) verkennt, dass für die Klägerin zu 1 nicht festgestellt ist, dass
sie deutsche Staatsangehörige sei.
3. Von einer weiteren Begründung sieht der beschließende Senat gemäß § 133
Abs. 5 Satz 2 VwGO ab.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m.
§ 100 Abs. 1 ZPO sowie § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt
aus §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.
Dr. Säcker Dr. Brunn Prof. Dr. Berlit
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