Urteil des BVerwG vom 28.06.2010

Verfügung, Ausgleichsabgabe, Rechtsschutz, Rechtspflicht

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 5 B 66.09
OVG 3 L 574/08
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 28. Juni 2010
durch den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Hund,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Berlit und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts
des Landes Sachsen-Anhalt vom 20. Mai 2009 wird zu-
rückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
G r ü n d e :
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Beschwerdevorbringen führt auf keinen
Revisionszulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO.
1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache
(§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.
Die Beschwerde hält im Zusammenhang mit § 102 Abs. 4 SGB IX die Frage für
rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig,
„ob, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Rahmen
der sich aus § 102 Abs. 4 SGB IX ergebende Rechtsanspruch
auf Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz
bezüglich Höhe, Dauer und Ausführung der Leistungen in das
Ermessen der Verwaltungsbehörden gestellt ist“
(Beschwerdebegründung S. 3).
Insoweit formuliert sie die nachfolgenden Teilfragen:
„1. Führt der Nichtgebrauch von der Verordnungsermäch-
tigung nach § 108 SGB IX, wonach das Nähere über die
Voraussetzungen des Anspruchs nach § 102 Abs. 4
SGB IX sowie über die Höhe, Dauer und Ausführung der
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Leistungen durch Rechtsverordnung der Bundesregierung
mit Zustimmung des Bundesrates geregelt werden kann,
zu einem Auswahlermessen der Verwaltungsbehörde über
diesen Regelungsgegenstand?
2. Führt die in § 102 Abs. 4 SGB IX enthaltene Formulie-
rung ‚aus den ihm aus der Ausgleichsabgabe zur Verfü-
gung stehenden Mitteln …’ als Bewirtschaftungs- bzw.
Leistungsvorbehalt dazu, dass der zur Bewirtschaftung
des Sondervermögens berufenen Behörde mit Wirkung
nach außen über Höhe, Dauer und Ausführung der Leis-
tungen nach § 102 Abs. 4 SGB IX ein Auswahlermessen
eröffnet ist, und
a) setzt die Ausübung eines solchen Auswahlermes-
sens die tatsächliche Feststellung voraus, dass im Ein-
zelfall die aus der Ausgleichsabgabe zur Verfügung
stehenden Mittel erschöpft sind, und
b) tritt hinter einem solchen Auswahlermessen die sich
aus § 14 Abs. 2 SchwbAV ergebende Rangfolge der
aus den Mitteln der Ausgleichsabgabe zu erfüllenden
Aufgaben zurück, und
c) liegt auch im Ermessen der Verwaltungsbehörde,
über die Höhe der Kosten der Assistenzkraft ohne Be-
rücksichtigung einer erforderlichen Qualifikation zu ent-
scheiden, und
d) gebietet § 102 Abs. 4 SGB IX grundsätzlich die Kos-
ten eines in der betreffenden Branche und Wirtschafts-
region üblicherweise gezahlten Tariflohns zu überneh-
men, und
liegt es noch im Ermessensrahmen der Verwaltungsbe-
hörde, die Erstattung der Kosten einer notwendigen Assis-
tenzkraft so festzusetzen, dass bei vollständiger Verwen-
dung diese Mittel der Assistenzkraft nicht einmal ein Brut-
toarbeitsentgelt gezahlt werden kann, das zwei Drittel
eines in der betreffenden Branche und Wirtschaftsregion
üblicherweise gezahlten Tariflohns erreicht?“
(Beschwerdebegründung S. 4).
Bei diesen Fragen geht es im Kern darum, ob § 102 Abs. 4 SGB IX die Ent-
scheidung über die Höhe der zu übernehmenden Kosten überhaupt in das
pflichtgemäße Ermessen des Beklagten stellt sowie - bejahendenfalls - wie das
Ermessen inhaltlich ausgestaltet ist, insbesondere welche Belange und Fest-
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stellungen ermessensrelevant sind. Die Beschwerde zeigt schon nicht den Dar-
legungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend auf, dass
und inwieweit sich die aufgeworfenen Fragen nach der Begründung des ange-
fochtenen Urteils für das Berufungsgericht entscheidungstragend gestellt haben
und ihre Klärung in dem angestrebten Revisionsverfahren deshalb zu erwarten
ist. Dies ist auch im Übrigen nicht ersichtlich.
Das Berufungsgericht stützt die Zurückweisung der Berufung des Klägers ent-
scheidungstragend darauf, dass „der Anspruch auf Übernahme der Kosten
einer Arbeitsassistenz (…) grundsätzlich durch die Höhe der tatsächlich ent-
standenen Kosten begrenzt (ist)“ (UA S. 19). Ausgehend davon sind die ange-
sprochenen Fragen weder im Ergebnis für die Entscheidung des Berufungsge-
richts von Bedeutung gewesen noch bietet der vorliegende Fall Anlass, ihnen in
dem angestrebten Revisionsverfahren nachzugehen. Das Berufungsgericht hat
zwar ausdrücklich einen Ermessensspielraum des Beklagten bei der Entschei-
dung über die Höhe der gemäß § 102 Abs. 4 SGB IX zu übernehmenden Kos-
ten bejaht. Es ist aber aufgrund seiner entscheidungstragenden Rechtsansicht
und seiner nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und daher für das Bundes-
verwaltungsgericht bindenden (§ 137 Abs. 2 VwGO) Feststellungen und Sach-
verhaltswürdigung zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger unter Ermes-
sensgesichtspunkten keinen weitergehenden Anspruch auf Übernahme der
Kosten für eine notwendige Arbeitsassistenz geltend machen könne, als ihm
bereits durch das (Bescheidungs-)Urteil des Verwaltungsgerichts zuerkannt
worden sei. Denn er habe in dem streitbefangenen Zeitraum von Oktober 2006
bis März 2009 ausweislich des zur Gerichtsakte gereichten Arbeitsvertrages für
eine Arbeitsassistenz im Monat tatsächlich 1 300 € aufgewandt (UA S. 3 und
19, 20 und 22). Es sei nicht ersichtlich, dass der Kläger mit der von ihm einge-
stellten Assistentin eine weitergehende Vereinbarung getroffen hätte oder zu-
sätzliche Verbindlichkeiten des Klägers wegen einer über den genannten Ar-
beitsvertrag hinausgehenden Beschäftigung derselben oder der Beschäftigung
eines/r weiteren Assistenten/in bestünden (UA S. 20). Das Urteil des Verwal-
tungsgerichts verpflichte den Beklagten bereits, dem Kläger bei der Neube-
scheidung seiner Anträge einen Betrag zu bewilligen, der die in Rede stehen-
den Kosten in Höhe von 1 300 € decke. Vor diesem Hintergrund bestand für
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das Berufungsgericht keine Veranlassung, die Frage, ob § 102 Abs. 4 SGB IX
dem Beklagten hinsichtlich der Entscheidung über die Höhe der zu überneh-
menden Kosten einen Ermessensspielraum einräumt, abschließend zu klären.
Ebenso wenig musste sich das Berufungsgericht angesichts seiner entschei-
dungstragenden Grundannahme zu weiteren ermessensrelevanten Gesichts-
punkten verhalten.
In Bezug auf den maßgeblichen rechtlichen Ausgangspunkt des Berufungsge-
richts, „der Anspruch auf Übernahme der Kosten einer Arbeitsassistenz ist
grundsätzlich durch die Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten begrenzt“
(UA a.a.O.), hat die Beschwerde keine rechtsgrundsätzlich erhebliche Frage
aufgeworfen. Sie zeigt auch nicht auf, dass und weshalb diese Rechtsauffas-
sung gegen materielles Bundesrecht verstößt. Ebenso wenig behauptet sie,
dass der Kläger insbesondere bei Verneinung eines Ermessensspielraums
einen über seine tatsächlichen Aufwendungen hinausgehenden Betrag hätte
beanspruchen können. Dessen ungeachtet ist ein revisionsgerichtlicher Klä-
rungsbedarf im Zusammenhang mit der vom Berufungsgericht angenommenen
Obergrenze der Kostenübernahme auch nicht erkennbar. Nach dem Wortlaut
des § 102 Abs. 4 SGB IX haben schwerbehinderte Menschen im Rahmen der
Zuständigkeit des Integrationsamtes für die begleitende Hilfe im Arbeitsleben
aus den ihm aus der Ausgleichsabgabe zur Verfügung stehenden Mitteln An-
spruch auf Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz. Bereits
aus dem Begriff der Kostenübernahme folgt, dass der Kostenübernahmebe-
rechtigte - jedenfalls bei einer nicht pauschalierenden, betragsgenauen Ab-
rechnung („Spitzabrechnung“) - nur die Kosten erstattet verlangen kann, die ihm
tatsächlich entstanden sind oder aufgrund einer entsprechenden Rechtspflicht
tatsächlich (noch) entstehen können (s.a. Urteile vom 17. Juli 2009 - BVerwG 5
C 25.08 - BVerwGE 134, 206, vom 15. Mai 2008 - BVerwG 5 C 25.07 -
BVerwGE 131, 153 und vom 20. Oktober 1994 - BVerwG 5 C 28.91 - BVerwGE
97, 53 sowie Beschluss vom 20. März 2002 - BVerwG 10 B 2.02 - Buchholz 261
§ 6 BUKG Nr. 3). Denn nur bei tatsächlich entstandenen oder (noch)
entstehenden Kosten kann sich die Frage ihrer Notwendigkeit im Sinne des
§ 102 Abs. 4 SGB IX sinnvoll stellen. Die tatsächlichen Kosten des Klägers
überschreiten aber - wie dargelegt - nach den bindenden tatsächlichen Fest-
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stellungen des Berufungsgerichts nicht die ihm durch das Urteil des Verwal-
tungsgerichts zugesprochenen Kosten.
Soweit der Kläger demgegenüber geltend macht, selbst nach dem vom Beru-
fungsgericht festgestellten Sachverhalt bestünden für die Vergangenheit noch
weitergehende Zahlungsansprüche, weil die von ihm getroffene Entgeltverein-
barung nichtig sei und er daher das tarifliche Entgelt schulde sowie zu einer
nachträglichen Entgelterhöhung gegenüber der Assistenzkraft auch aufgrund
des mit ihr geschlossenen Arbeitsvertrages verpflichtet sei (Beschwerdebe-
gründung S. 17 ff.), rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Dieses Vorbrin-
gen gründet auf rechtlichen Erwägungen und tatsächlichen Annahmen, zu de-
nen das Berufungsgericht die erforderlichen Feststellungen nicht getroffen hat,
ohne dass insoweit eine den Anforderungen des § 133 Abs. 3 VwGO entspre-
chende Verfahrensrüge erhoben worden ist. Insbesondere beruhen die Erwä-
gungen des Klägers zur - vermeintlichen - Sittenwidrigkeit der von ihm getroffe-
nen Entgeltabrede wegen sog. Lohnwuchers auf Annahmen zu dem für die Tä-
tigkeit zu zahlenden (tariflichen) Referenzgehalt, die tatrichterlich nicht festge-
stellt sind und sich auch sonst nicht aufdrängen. Sie vernachlässigen zudem,
dass dem Kläger - wie bereits dargelegt - nach dem Urteil des Verwaltungsge-
richts, so wie es das Berufungsgericht bindend ausgelegt hat, ein Anspruch auf
Erlass eines Verwaltungsaktes zuerkannt worden ist, der eine Übernahme von
Kosten für eine Arbeitsassistenz von monatlich zumindest 1 650 € zum Ge-
genstand hat (UA S. 21). Dass er wegen der nunmehr geltend gemachten Nich-
tigkeit der Entgeltvereinbarung Ansprüchen seiner Assistenzkraft bereits aus-
gesetzt gewesen sei, ist ebenfalls nicht erkennbar. Soweit der Kläger aus dem
Arbeitsvertrag andere und weiterreichende Schlussfolgerungen zieht als das
Berufungsgericht, wirft dies keine grundsätzlicher Klärung zugängliche Rechts-
fragen auf und betrifft allein die einzelfallbezogene Feststellung und rechtliche
Würdigung des Sachverhaltes.
2. Die Beschwerde muss auch erfolglos bleiben, soweit der Kläger dahingehend
verstanden werden möchte, dass er im Rahmen seiner Ausführungen zur
Grundsatzrüge im Hinblick auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom
22. April 2009 - 5 AZR 436/08 - (juris) eine Divergenzrüge erhebt (Beschwerde-
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begründung S. 15). Denn mit einer (vermeintlichen) Abweichung von einem
Urteil des Bundesarbeitsgerichts kann eine Divergenz im Sinne des § 132
Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht dargelegt werden, da dieses nicht zu den dort aufge-
zählten Gerichten gehört.
3. Die Revision ist schließlich nicht wegen des behaupteten Verfahrensfehlers
(§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.
Die Beschwerde sieht einen Verfahrensmangel darin, dass das Oberverwal-
tungsgericht über sein Klagebegehren hinausgegangen sei und damit § 88,
§ 86 Abs. 3 VwGO sowie Art. 19 GG verletzt habe. Die Klage sei allein auf die
Klärung der Frage gerichtet, in welcher Höhe der Kläger einen Anspruch auf
Übernahme der Kosten einer notwendigen Arbeitsassistenz habe, d.h. welches
Entgelt dieser seiner Assistenzkraft gegebenenfalls auch nachträglich zahlen
könne und müsse. Die vom Oberverwaltungsgericht in diesem Zusammenhang
„herangezogene rechtliche Erwägung, die Budgetierung sei von vornherein auf
dasjenige beschränkt, was verbraucht wurde“, liege außerhalb des prozessua-
len Streitgegenstandes. Denn sie betreffe die (nachrangige) Frage, wie mit zu
viel oder zu wenig Mitteln verfahren werde und damit die - auch in den ange-
fochtenen Bescheiden vorgesehene - spätere Prüfung der zweckentsprechen-
den und ordnungsgemäßen Mittelverwendung. Selbst wenn man mit dem Ober-
verwaltungsgericht davon ausgehe, dass für zurückgelegte Zeiträume keine
Bewilligung eines unter Abrechnungsvorbehalt stehenden Budgets mehr mög-
lich sei, hätte das Oberverwaltungsgericht sein Rechtsschutzbegehren bei-
spielsweise als Fortsetzungsfeststellungsklage auszulegen und im Rahmen
einer solchen Klage festzustellen gehabt, in welcher Höhe dem Kläger Mittel zur
Verfügung zu stellen gewesen seien, auch wenn er sie noch nicht erhalten ha-
be.
Aus diesem Vorbringen ergibt sich der behauptete Verfahrensfehler nicht. Das
Verwaltungsgericht hat den Beklagten u.a. unter entsprechender Teilaufhebung
der entgegenstehenden Bescheide verpflichtet, über die Anträge des Klägers
auf Übernahme der Kosten einer Arbeitsassistenz in der Zeit von Oktober 2006
bis März 2009 über den bewilligten Umfang (hier: eines monatlichen Budgets
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von 1 100 € zuzüglich 20 € Regiekosten) hinaus unter Beachtung der
Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. In den insoweit ergän-
zend heranzuziehenden Entscheidungsgründen des Verwaltungsgerichts ist als
für die Kostenübernahme bindende Rechtsauffassung vorgegeben, dass das
bewilligte „monatliche Budget von 1 100 € linear entsprechend des arbeitstägli-
chen Unterstützungsbedarfs anzuheben“ ist, „sodass hier die Gewährung eines
Budgets von mindestens monatlich 1 650 € (6 x 275 €) nahe liegt“; der Kläger
aber „insbesondere für vergangene Zeiträume (…) nicht mehr beanspruchen
(kann), als er an die Arbeitsassistenz zu zahlen verpflichtet ist“ (UA S. 14 f.). Im
Übrigen, d.h. soweit der Kläger beantragt hatte, den Beklagten zu verpflichten,
ihm einen konkret bezifferten (höheren) Betrag zu bewilligen, hat es die Klage
abgewiesen. Diesen Verpflichtungsantrag hat der Kläger im Berufungsverfahren
der Sache nach wiederaufgegriffen und beantragt, das Urteil des Verwal-
tungsgerichts teilweise aufzuheben und dahingehend zu ändern, dass der Be-
klagte verpflichtet wird, ihm für eine notwendige Assistenzkraft für den Zeitraum
Oktober 2006 bis Mai 2007 monatlich 2 975,75 € sowie für den Zeitraum Ju-
ni 2007 bis März 2009 monatlich 3 105,75 € zu bewilligen (vgl. Protokoll der öf-
fentlichen Sitzung vom 20. Mai 2009 i.V.m. Schriftsatz vom 7. November 2008).
Dass der Kläger damit die ihm bereits durch das Verwaltungsgericht zu-
gesprochene Verpflichtung zur Kostenübernahme in Höhe (zumindest) der tat-
sächlich verauslagten Kosten von 1 300 € erneut zur Entscheidung im Beru-
fungsverfahren stellen wollte, war nicht erkennbar und wäre bei verständiger
Würdigung seines Interesses auch nicht nachvollziehbar, da er insoweit durch
das erstinstanzliche Urteil nicht beschwert war. Unter diesen Umständen hat
das Berufungsgericht die Berufung vielmehr zu Recht und in Übereinstimmung
mit § 129 VwGO als auf die Verpflichtung des Beklagten, mehr als die tatsäch-
lich entstandenen oder aufgrund einer entsprechenden Rechtspflicht tatsächlich
(noch) entstehenden Kosten zu übernehmen, behandelt. An diesem Antrag
muss sich der anwaltlich vertretene Kläger grundsätzlich festhalten lassen (vgl.
Beschluss vom 4. Februar 2002 - BVerwG 4 B 51.01 - Buchholz 310 § 153
VwGO Nr. 33 und Urteil vom 27. August 2008 - BVerwG 6 C 32.07 - Buch-
holz 310 § 124a VwGO Nr. 38; s.a. BVerfG, Kammerbeschluss vom 8. Mai
1991 - 2 BvR 170/85 - NVwZ 1992, 259). Von ihm ist das Berufungsgericht
nicht abgewichen.
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Es ist entgegen der Auffassung des Klägers insbesondere nicht von einem
zweistufigen, d.h. aus einer Budgetbewilligung und einer (späteren) Abrech-
nungs- bzw. Verwendungsprüfung bestehenden, Verfahren ausgegangen und
hat sich namentlich nicht mit Abrechnungsfragen befasst. Nach der für die Be-
urteilung der Darlegung oder des Vorliegens eines Verfahrensfehlers allein
maßgeblichen materiellrechtlichen Rechtsauffassung des Berufungsgerichts
wirkt vielmehr die Möglichkeit zweckkonformer Verwendung der Leistung bei
einem Begehren auf Bewilligung zusätzlicher Leistungen für die Vergangenheit
bereits auf die Bewilligung selbst zurück, wenn und soweit die Übernahme von
Aufwendungen auf die tatsächlichen Kosten begrenzt ist.
Im Übrigen hat der Kläger - wie sein im Berufungsverfahren gestellter Verpflich-
tungsantrag belegt - selbst nicht angenommen, dass sich sein Verpflichtungs-
begehren für die zurückliegenden Zeiträume in der Hauptsache erledigt (§ 113
Abs. 1 Satz 4 VwGO) hätte und von einem Fortsetzungsfeststellungsbegehren
auszugehen gewesen wäre. Auch wird ihm ein effektiver gerichtlicher Rechts-
schutz (Art. 19 Abs. 4 GG) nicht dadurch verwehrt, dass das Berufungsgericht
diesen Verpflichtungsantrag nicht auch als Fortsetzungsfeststellungsantrag ge-
wertet hat. Dem grundrechtlichen Anspruch auf Gewährung effektiven Rechts-
schutzes wird dadurch genügt, dass es dem Kläger - neben der von ihm wahr-
genommenen Möglichkeit, vorläufigen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen -
unbenommen war und ist, im Rahmen des dienst- bzw. arbeitsrechtlich Statt-
haften die Zahlung eines weitergehenden Entgelts davon abhängig zu machen,
dass zusätzliche Leistungen nach § 102 Abs. 4 SGB IX gewährt werden. Dass
er dies nach den bindenden tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsge-
richts (§ 137 Abs. 2 VwGO) in der Vergangenheit unterlassen hat, kann keine
Beeinträchtigung des grundrechtlichen Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz
durch das Berufungsgericht begründen.
4. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2
Halbs. 2 VwGO).
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5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Gerichtskosten-
freiheit ergibt sich aus § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO.
Hund Prof. Dr. Berlit Stengelhofen
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