Urteil des BVerwG vom 23.08.2004

Erwerb, Härte, Begriff

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 5 B 6.04
OVG 2 A 3785/99
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. August 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S ä c k e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. R o t h k e g e l und
Prof. Dr. B e r l i t
beschlossen:
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Re-
vision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land
Nordrhein-Westfalen vom 24. November 2003 wird zurückge-
wiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 8 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberver-
waltungsgerichts kann keinen Erfolg haben. Die der Rechtssache von der Be-
schwerde als alleiniger Zulassungsgrund beigemessene grundsätzliche Bedeutung
(§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist nicht dargetan (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
Die Beschwerde erwartet von der Durchführung eines Revisionsverfahrens "grund-
sätzliche Ausführungen erstens zum Begriff des Härtefalles im Sinne von § 27 Abs. 2
BVFG in Bezug auf schwere Erkrankungen, sowie zweitens zum Verhältnis von § 27
Abs. 2 BVFG zu Art. 2 Abs. 1 GG" und eine Klärung der Frage, "ob ein besonderer
Härtefall im vertriebenenrechtlichen Sinne immer schon dann ausgeschlossen ist,
wenn ausländerrechtlich eine Reisefähigkeit mit ärztlicher Begleitung bejaht wird".
Die Beschwerde berücksichtigt indessen nicht, dass das angegriffene Urteil doppelt
begründet ist: zum einen mit dem Fehlen einer die Anwendung des § 27 Abs. 2
BVFG rechtfertigenden Härte, zum anderen ("zudem") aber auch mit dem Fehlen der
sonstigen Voraussetzungen im Sinne dieser Vorschrift; hierzu enthält das Beru-
fungsurteil (S. 14 ff.) die Klageabweisung selbständig tragende Ausführungen zur
Anwendbarkeit des § 5 BVFG im vorliegenden Fall. Damit setzt sich die Beschwerde
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in keiner Weise auseinander. Ist aber ein Urteil auf mehrere je selbständig tragende
Begründungen gestützt, kann die Revision nur dann zugelassen werden, wenn im
Hinblick auf jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund geltend gemacht wird
und vorliegt (stRspr; vgl. Beschlüsse vom 10. Mai 1990 - BVerwG 5 B 31.90 - und
vom 20. August 1993 - BVerwG 9 B 512.93 -
und 320>). Dass die auf § 5 BVFG gestützten Erwägungen des Berufungsgerichts
sich "jedenfalls (auf) die Zeit ab 1. Januar 2000, d.h. seit In-Kraft-Treten der Neufas-
sung des § 5 BVFG", beziehen, ändert nichts an ihrem - insgesamt - entscheidungs-
tragenden Charakter; denn für die Beurteilung, ob die zu den "sonstigen Vorausset-
zungen im Sinne von § 27 Abs. 2 BVFG" gehörenden Merkmale deutscher Volkszu-
gehörigkeit vorliegen oder ob ein Erwerb der Rechtsstellung als Spätaussiedler aus-
geschlossen ist, kommt es vor Abschluss des Aufnahmeverfahrens, also auch eines
Verfahrens auf Bescheiderteilung nach § 27 Abs. 2 BVFG, auf das neue Recht an
(hier: § 5 BVFG n.F.; vgl. BVerwGE 114, 116 <118>). Dieses steht der Erteilung ei-
nes Aufnahmebescheides nach § 27 Abs. 2 BVFG folglich auch dann entgegen,
wenn die den Härtegrund im Sinne dieser Vorschrift begründenden Tatsachen zeit-
lich vor dem In-Kraft-Treten des neuen Rechts gelegen haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwert-
festsetzung auf § 13 Abs. 1 Satz 2, § 14 GKG a.F.
Dr. Säcker Dr. Rothkegel Prof. Dr. Berlit