Urteil des BVerwG vom 22.07.2003

Rechtliches Gehör, Anhörung, Aufklärungspflicht, Botschaft

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 5 B 53.03
2 A 3936/00
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. Juli 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S ä c k e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht S c h m i d t und Dr. R o t h k e g e l
beschlossen:
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Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in
dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-
Westfalen vom 17. März 2003 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren
auf 16 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf Zulassung der Revision gerichtete Beschwerde ist nicht begründet.
Die Revision kann nicht nach §§ 133, 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen werden. Denn die
von den Klägern geltend gemachten Verfahrensmängel liegen nicht vor. Sie rügen zwar die
Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör und der gerichtlichen Aufklärungspflicht,
belegen dies aber nicht. Soweit sie dazu die Beweiswürdigung des Gerichts in Bezug auf die
Beantragung des ersten Inlandspasses der Klägerin zu 1 angreifen, genügt das nicht. Denn
Fehler in der Beweiswürdigung selbst sind keine Verfahrensfehler (BVerwG, Beschlüsse
vom 12. Januar 1995 - BVerwG 4 B 197.94 - und vom 2. November
1995 - BVerwG 9 B 710.94 - ). Soweit sie dazu vortragen, das Ge-
richt hätte die Klägerin zu 1 persönlich anhören müssen, kann dahinstehen, ob die Klägerin
zu 1 krankheitsbedingt oder schon mangels Visums - dazu hat das Berufungsgericht unwi-
dersprochen festgestellt, es sei nicht ersichtlich, "dass sie (die Klägerin zu 1) sich um die
Erteilung des für eine Einreise nach Deutschland erforderlichen Visums bemüht" habe - nicht
an der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hat teilnehmen können. Denn
sowohl in Bezug auf den Anspruch auf rechtliches Gehör als auch in Bezug auf die Aufklä-
rungspflicht fehlt es in der Beschwerde an der Darlegung dazu, was die Klägerin zu 1 bei
einer persönlichen Anhörung vor dem Berufungsgericht zur Beantragung ihres ersten In-
landspasses anderes, als bereits aus dem Protokoll ihrer Anhörung vor der Botschaft der
Bundesrepublik Deutschland Bischkek vom 27. April 1998 ersichtlich, vorgetragen hätte.
Die Revision kann auch nicht nach §§ 133, 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zugelassen werden. Eine
Abweichung im Sinne dieser Vorschrift liegt nur vor, wenn das Berufungsgericht in An-
wendung derselben Vorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden (abstrakten)
Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung der dort genannten Gerichte aufgestellten
ebensolchen Rechtssatz abweicht (stRspr, BVerwG, Beschluss vom 5. Januar 2001
- BVerwG 4 B 57.00 - ). Die Kläger behaupten zwar, das Berufungs-
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urteil weiche von dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Dezember 1999
- BVerwG 5 B 15.99 - ab, sie bezeichnen dafür aber keine sich widersprechenden Rechts-
sätze. Auch in Bezug auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Januar
1997 - BVerwG 9 B 439.96 - behaupten die Kläger zwar eine Abweichung, bezeichnen dafür
aber wiederum keine sich widersprechenden Rechtssätze. Zudem hat das Berufungsgericht
im Berufungsurteil entgegen dem Vorwurf der Kläger in der Beschwerdebegründung nicht
nur nicht allein, sondern überhaupt nicht aus dem Umstand, dass aktueller Vortrag von ur-
sprünglichem abweicht, auf die Unglaubwürdigkeit des aktuellen Vortrags geschlossen.
Schließlich haben die Kläger mit dem Hinweis auf den Beschluss des Bundesverwaltungsge-
richts vom 10. Mai 2002 - BVerwG 1 B 392.02 - keine divergierenden Rechtssätze bezeich-
net. Da das Berufungsgericht entscheidungserheblich nicht auf die Sprachbeherrschung,
sondern auf das fehlende Bekenntnis zum deutschen Volkstum abgestellt hat, kann eine
Abweichung in Bezug auf einen tragenden Rechtssatz nicht damit begründet werden, im
genannten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts sei klargestellt, "dass es in diesen
Fällen, in denen die Sprachbeherrschung streitig ist, wie im vorliegenden Fall, der Kläger
anzuhören ist".
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 13
Abs. 1 Satz 2, § 14 GKG.
Dr. Säcker Schmidt Dr. Rothkegel