Urteil des BVerwG vom 07.09.2005

Nationalität, Leib, Gefahr, Familie

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 5 B 46.05 (5 PKH 22.05)
OVG 2 A 4146/03
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 7. September 2005
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht S c h m i d t , Dr. R o t k e g e l
und Prof. Dr. B e r l i t
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für
das Land Nordrhein-Westfalen vom 18. März 2005 wird zu-
rückgewiesen.
Der Antrag des Klägers, ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen
und Rechtsanwalt … beizuordnen, wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 €
festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Be-
schluss des Oberverwaltungsgerichts ist nicht begründet.
1. Der Rechtssache kommt die ihr von der Beschwerde beigemessene
grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht zu.
Die von der Beschwerde für rechtsgrundsätzlich bedeutend gehaltene
Frage, "ob für das alleinige Bekenntnis zum deutschen Volkstum nur auf die Fähig-
keit des Betroffenen zum Führen eines einfachen Gesprächs in deutscher Sprache
bei der Einreise abzustellen ist oder ob durch weitere Umstände, insbesondere durch
entsprechende Nationalitätenerklärung, das Bekenntnis zum deutschen Volkstum
manifestiert werden kann", bedarf keiner revisionsgerichtlichen Klärung, weil die
Antwort auf diese Frage sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Nach § 6 Abs. 2
Satz 2 BVFG muss das Bekenntnis zum deutschen Volkstum oder die rechtliche Zu-
ordnung zur deutschen Nationalität durch die familiäre Vermittlung der deutschen
Sprache bestätigt werden. Daraus folgt ohne weiteres, dass die "Manifestation" eines
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Bekenntnisses zum deutschen Volkstum "durch entsprechende Nationalitäten-
erklärung" die Feststellung der deutschen Volkszugehörigkeit im Sinne des § 6 BVFG
nicht rechtfertigt, wenn nicht auch das Spracherfordernis des Absatzes 2 Satz 2 und
3 erfüllt ist. Schon zu früheren Fassungen des § 6 BVFG hat das Bun-
desverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass die tat-
bestandlichen Voraussetzungen der deutschen Volkszugehörigkeit kumulativ erfüllt
sein müssen (vgl. z.B. BVerwGE 102, 214 <216 f.>; Beschluss vom 10. April 2000
- BVerwG 5 B 202.99 -).
Soweit die Beschwerde vorträgt, der Kläger habe "eingehend dargelegt,
dass es für ihn und seine Familie mit Gefahr für Leib und Leben verbunden (gewesen
wäre), deutsch zu sprechen", und damit wohl geltend machen will, dass die Vor-
aussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 4 BVFG vorgelegen hätten (eine familiäre Vermitt-
lung der deutschen Sprache also wegen der Verhältnisse im Aussiedlungsgebiet
nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen sei), verleiht auch dieser Vortrag der
aufgeworfenen Frage keine grundsätzliche Bedeutung. Einen Sachverhalt, der unter
§ 6 Abs. 2 Satz 4 BVFG fallen könnte, haben die Vorinstanzen im Übrigen nicht fest-
gestellt. Die mit Schriftsatz vom 16. Juni 2005 vorgelegten Schreiben, die allerdings
für die Beurteilung, ob ein Zulassungsgrund vorliegt, unerheblich sind, sprechen eher
gegen einen § 6 Abs. 2 Satz 4 BVFG unterfallenden Sachverhalt.
2. Die Revision kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Verfah-
rensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zugelassen werden.
Die Beschwerde rügt es als verfahrensfehlerhaft, dass die Vorinstanz
keine "Nachforschungen im Hinblick auf die Eintragung der Nationalität im ersten
Inlandspass" angestellt hat. Auf diesen Gesichtspunkt kam es, ausgehend von der
- wie dargelegt, überdies zutreffenden - Rechtsauffassung des Oberverwaltungsge-
richts aber nicht an, weil beim Kläger nach den Feststellungen des Gerichts schon
das Bestätigungsmerkmal einer familiären Vermittlung der deutschen Sprache nicht
vorliegt. Ein Gericht handelt aber nicht verfahrensfehlerhaft, wenn es Ermittlungen zu
Tatsachen unterlässt, die für die zu treffende Entscheidung aus seiner rechtlichen
Sicht unerheblich sind (ständige Rechtsprechung).
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Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Bei-
ordnung eines Rechtsanwalts für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht
ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den oben genannten
Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. §§ 114,
121 Abs. 1 ZPO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwert-
festsetzung beruht auf § 47 Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 2, § 72 Nr. 1 Halbsatz 2 GKG.
Schmidt Dr. Rothkegel Prof. Dr. Berlit