Urteil des BVerwG vom 30.06.2015

Rechtliches Gehör, Rechtsstaatlichkeit, Körperliche Unversehrtheit, Unternehmen

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 5 B 43.14
VG 1 K 635/11
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. Juni 2015
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Vormeier,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer
beschlossen:
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz
vom 25. Juni 2014 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 43 664,33 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf die Zulassungsgründe eines Verfahrensmangels (1.) und der grundsätz-
lichen Bedeutung der Rechtssache (2.) gestützte Beschwerde hat keinen Er-
folg.
1. Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen.
Nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfah-
rensmangel geltend gemacht wird, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Damit sind Verstöße gegen Vorschriften gemeint, die den Verfahrensablauf
bzw. den Weg zu dem Urteil und die Art und Weise des Urteilserlasses regeln,
nicht jedoch Vorschriften, die den Urteilsinhalt betreffen und deren Verletzung
sich als Mangel der sachlichen Entscheidung darstellt (vgl. BVerwG, Beschluss
vom 4. Februar 2015 - 5 B 28.14 - juris Rn. 8 m.w.N.). Ein Verfahrensmangel ist
nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ausreichend bezeichnet,
wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in
seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (vgl. BVerwG, Be-
schluss vom 12. März 2014 - 5 B 48.13 - Buchholz 310 § 96 VwGO Nr. 62
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Rn. 12 m.w.N.). Daran gemessen kommt die Zulassung der Revision nicht in
Betracht.
a) Ein Verfahrensmangel wird nicht ausreichend bezeichnet im Sinne von § 133
Abs. 3 Satz 3 VwGO, soweit die Kläger ausführen, die Aussagen des Verwal-
tungsgerichts, zwar könne ein erhebliches Vorschubleisten durch ein nachge-
wiesenes regimeschädigendes Handeln in der Weise ausgeglichen werden,
dass dem Betroffenen das erhebliche Vorschubleisten im Ergebnis nicht entge-
gen gehalten werden dürfe, dies sei aber bei einem Verstoß gegen die Grund-
sätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit ausgeschlossen (vgl. Be-
schwerdebegründung S. 8 f.), stünden im logischen Widerspruch zueinander
(vgl. Beschwerdebegründung vom 23. September 2014, S. 8 f.).
Ein Verstoß gegen Denkgesetze bzw. die Gesetze der Logik führt grundsätzlich
nicht auf einen Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, son-
dern auf einen Fehler, der die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung betrifft
(vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Februar 2015 - 5 B 28.14 - juris Rn. 10
m.w.N.). Der in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ange-
nommene Ausnahmefall einer nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu beachtenden
Verletzung des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung, der als Verfahrens-
fehler geltend gemacht werden kann, setzt voraus, dass sich der Verstoß gegen
die Denkgesetze bzw. die Gesetze der Logik auf die tatsächliche Würdigung
beschränkt und die rechtliche Subsumtion nicht berührt (vgl. BVerwG, Be-
schlüsse vom 15. Mai 2008 - 5 B 15.08 - ZOV 2008, 210 Rn. 7 und vom
12. März 2014 - 5 B 48.13 - Buchholz 310 § 96 VwGO Nr. 62 Rn. 22 sowie Ur-
teil vom 4. April 2012 - 4 C 8.09 u.a. - BVerwGE 142, 234 Rn. 67 jeweils
m.w.N.). Daran fehlt es hier. Die Ausführungen der Kläger lassen einen Verstoß
gegen Denkgesetze bzw. Gesetze der Logik im Tatsachenbereich nicht erken-
nen. Die Kläger machen der Sache nach vielmehr geltend, das Verwaltungsge-
richt habe bei der Auslegung und Anwendung des § 1 Abs. 4 Alt. 1 AusglLeistG
gegen die Regeln der Logik verstoßen. Vermeintliche Fehler bei der Auslegung
und Anwendung des materiellen Rechts können aber einen Verfahrensfehler
nicht begründen.
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b) Die Kläger legen eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör
(Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) nicht den Anforderungen des § 133
Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dar.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen
der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Die
Gerichte brauchen sich jedoch nicht mit jedem Vorbringen der Beteiligten in den
Gründen der Entscheidung ausdrücklich auseinanderzusetzen. Denn es ist
grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegenge-
nommene Beteiligtenvorbringen auch zur Kenntnis genommen und in Erwä-
gung gezogen hat. Etwas anderes gilt, wenn im Einzelfall besondere Umstände
deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten überhaupt
nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen
worden ist (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 22. Mai 2008 - 5 B
174.07 - juris Rn. 8; BVerfG, Beschluss vom 23. Juli 2003 - 2 BvR 624/01 -
NVwZ-RR 2004, 3). Wird die Gehörsrüge darauf gestützt, dass das Tatsachen-
gericht relevantes Vorbringen übergangen habe, bedarf es der Darlegung, wel-
ches Vorbringen das Gericht nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwä-
gung gezogen hat und unter welchem denkbaren Gesichtspunkt das nicht zur
Kenntnis genommene oder nicht erwogene Vorbringen für die Entscheidung
hätte von Bedeutung sein können (BVerwG, Urteil vom 18. Dezember
2014 - 4 C 35.13 - NVwZ 2015, 656 Rn. 42 m.w.N.). Nach diesen Kriterien zei-
gen die Kläger keine Verletzung rechtlichen Gehörs auf. Das Verwaltungsge-
richt hat nach seiner insoweit maßgeblichen Rechtsauffassung die Vornahme
regimeschädlicher Handlungen für nicht entscheidungserheblich gehalten, da
bei einem Verstoß gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaat-
lichkeit eine Relativierung durch die Vornahme solcher Handlungen nicht in Be-
tracht komme (vgl. UA S. 23). Auf den von den Klägern unterbreiteten und ver-
meintlich übergangenen Sachvortrag zum regimeschädlichen Verhalten ihres
Rechtsvorgängers kam es für die Entscheidung nicht an.
Abgesehen davon übersehen die Kläger, dass das als vermeintlich übergangen
gerügte Vorbringen (vgl. Beschwerdebegründung vom 23. September 2014,
S. 10 bis 12) zum überwiegenden Teil wortgleich im Tatbestand des angefoch-
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tenen Urteils (vgl. UA S. 4, 6, 7, 11, 12 und 13) wiedergegeben wird. Mit Rück-
sicht darauf hätten die Kläger zur Nachvollziehbarkeit der Gehörsrüge nähere
Ausführungen dazu machen müssen, inwieweit das in Rede stehende Vorbrin-
gen tatsächlich nicht berücksichtigt wurde. Daran fehlt es hier.
c) Soweit sich die Kläger auf den Verfahrensfehler mangelnder Sachaufklärung
(§ 86 Abs. 1 VwGO) berufen (vgl. Beschwerdebegründung vom 23. September
2014, S. 12), tragen sie den Darlegungsanforderungen ebenfalls nicht ausrei-
chend Rechnung. Eine angebliche Verletzung der Sachaufklärungspflicht des
Gerichts ist u.a. nur dann ausreichend bezeichnet, wenn im Einzelnen dargetan
wird, welche Tatsachen auf der Grundlage der insoweit maßgeblichen materiell-
rechtlichen Auffassung der Vorinstanz aufklärungsbedürftig gewesen wären,
welche Beweismittel zu welchen Beweisthemen zur Verfügung gestanden hät-
ten, welches Ergebnis diese Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte, in-
wiefern das angefochtene Urteil auf der unterbliebenen Sachaufklärung beru-
hen kann und dass auf die Erhebung der Beweise vor dem Tatsachengericht
durch Stellung förmlicher Beweisanträge hingewirkt worden ist oder - sollte dies
nicht der Fall gewesen sein - aufgrund welcher Anhaltspunkte sich die unter-
bliebene Sachaufklärung dem Gericht hätte aufdrängen müssen (stRspr, vgl.
z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 13. Januar 2009 - 9 B 64.08 - Buchholz 310 § 86
Abs. 1 VwGO Nr. 372 S. 18 und vom 5. März 2010 - 5 B 7.10 -
Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 94 S. 11 m.w.N.). Diesen An-
forderungen genügt die Beschwerde nicht. Es fehlt bereits an der Benennung
der tatsächlichen Umstände, hinsichtlich derer (weiterer) Aufklärungsbedarf be-
standen haben soll. Sollten die Kläger dahin zu verstehen sein, dass das Ver-
waltungsgericht in Bezug auf das von ihnen behauptete regimeschädigende
Verhalten ihres Rechtsvorgängers weitere Ermittlungen hätte anstellen müssen,
zeigen sie schon nicht schlüssig auf, wieso sich dem Verwaltungsgericht auf
der Grundlage seiner Rechtsauffassung insoweit eine weitere Aufklärung hätte
aufdrängen müssen.
2. Die Beschwerde ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache
zuzulassen.
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Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer
Rechtssache zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebli-
che Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und
der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darle-
gungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulie-
rung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisi-
onsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem
die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende
Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern
die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht
beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen
kann (BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310
§ 133 VwGO Nr. 26 S. 14). Gemessen daran kommt die Zulassung der
Revision nicht in Betracht.
a) Soweit die von den Klägern für grundsätzlich klärungsbedürftig gehaltenen
Fragen,
"Ist im Rahmen des § 1 Abs. 4 1. Alt AusglLeistG eine Ge-
samtbewertung des Handelnden vorzunehmen, die selbst
bei einem Verstoß des Handelnden gegen das Recht je-
des Menschen auf Leben und körperliche Unversehrtheit,
auf eine menschenwürdige Behandlung und das Recht,
vor staatlicher Willkür und unrechtmäßigen Kriegshand-
lungen geschützt zu werden, regimeschädliche Handlun-
gen in die Betrachtung mit einbezieht?
und
Ändert sich die Beantwortung der vorstehenden Frage
[…], wenn nachteilige Folgen für den Betroffenen nicht
bestanden bzw. nicht feststellbar sind, d.h. dass bei einer
Denunziation, aber für den Dritten folgenlosem Verhalten,
ansonsten regimeschädliche Handlungen in die Betrach-
tung einzubeziehen sind?" (vgl. Beschwerdebegründung
vom 23. September 2014, S. 5 und 6),
überhaupt den Darlegungsanforderungen genügen, führen sie jedenfalls man-
gels Entscheidungserheblichkeit nicht zur Zulassung der Revision. Sie würden
sich auf der Grundlage des vom Verwaltungsgericht festgestellten Sachverhalts
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in einem künftigen Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich stellen. Die
Fragen gehen in tatsächlicher Hinsicht davon aus, dass der "Handelnde" re-
gimeschädliche Handlungen vorgenommen hat. Eine derartige Feststellung ist
dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen. Das Verwaltungsgericht hat
festgestellt, dass das Unternehmen den Flugzeugkontrolleur angezeigt habe.
Es hat dieses Verhalten des Unternehmens dahin gewertet, dass das Unter-
nehmen dadurch den Ausschlusstatbestand des § 1 Abs. 4 Alt. 1 AusglLeistG
erfüllt habe (vgl. UA S. 17 und 19). Mithin ist aus Sicht der Vorinstanz das Un-
ternehmen als "Handelnder" anzusehen. Dass dem Unternehmen als solches
Handlungen zuzuordnen sind, die dem nationalsozialistischen System gescha-
det hätten oder auf seine Schädigung ausgerichtet gewesen wären, hat das
Verwaltungsgericht nicht festgestellt. Die Frage ist aber auch dann nicht ent-
scheidungserheblich, wenn - zugunsten der Kläger - deren Rechtsvorgänger als
"Handelnder" anzusehen wäre. Denn das Verwaltungsgericht hat ausdrücklich
festgehalten, besonders gewichtige systemschädliche Handlungen des Rechts-
vorgängers seien nicht nachgewiesen (vgl. UA S. 23). Diese Feststellung ist
mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen für den Senat bindend
(§ 137 Abs. 2 VwGO).
b) Hinsichtlich der von den Klägern für grundsätzlich klärungsbedürftig bezeich-
neten Fragen,
"Kann ein schuldhaftes erhebliches Zuwiderhandeln ge-
gen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaat-
lichkeit und sein bewusster Einsatz, um seine Zwecke zu
erreichen, angenommen werden, wenn die Folgen einer
Denunziation gar nicht bekannt sind? Kann dann von einer
willentlichen und wissentlichen Mitwirkung an Verstößen
gegen die genannten Grundsätze gesprochen werden,
wenn keine Folgen für den betroffenen Dritten festgestellt
sind bzw. nicht bestehen?
und
Kann also bereits ohne Feststellung der Folgen einer De-
nunziation in den Fällen, in denen der Handelnde den wei-
teren Verlauf des Geschehens aus der Hand gibt, wie das
VG meint, indem er eine für ihn unberechenbar und von
ihm nicht zu lenkende Institution einschaltet und allgemein
bekannt ist, dass diese schwere Verstöße gegen die
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Menschlichkeit begeht, von einer geringfügigen Vorwerf-
barkeit nicht ausgegangen werden (vgl. VG Dresden, Urt.
v. 07.05.2008-14 K 1312/04)?" (vgl. Beschwerdebegrün-
dung vom 23. September 2014, S. 6),
fehlt es an der Darlegung der Klärungsbedürftigkeit. Das Bundesverwaltungsge-
richt hat bereits entschieden, dass bei der Auslegung des Ausschlusstatbestan-
des des Verstoßes gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaat-
lichkeit in § 1 Abs. 4 Alt. 1 AusglLeistG auf die Rechtsprechung zu den entspre-
chenden Ausschlussklauseln in anderen Rechtsvorschriften zurückgegriffen
werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2007 - 5 C 5.06 - Buchholz 428.4
§ 1 AusglLeistG Nr. 12 Rn. 10). Bezüglich der entsprechenden Ausschlussklau-
seln in § 4 Alt. 1 BerRehaG, § 16 Abs. 2 Alt. 1 StrRehaG und § 2 Abs. 1 Nr. 2
HHG ist - soweit deren Voraussetzungen einer generalisierenden Antwort zu-
gänglich sind - geklärt, dass für den Verstoß gegen die Grundsätze der
Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit in objektiver Hinsicht der Nachweis
ausreichend ist, dass die gelieferten Informationen geeignet gewesen sind, den
Denunzierten ernsthaft in Gefahr zu bringen. Es ist nicht erforderlich nachzu-
weisen, dass die Informationen konkrete Repressionen und Sanktionen gegen-
über Dritten etwa durch Schäden an Leib oder Leben zur Folge gehabt hätten.
In subjektiver Hinsicht setzt ein Verstoß gegen die genannten Grundsätze ein
schuldhaftes Verhalten voraus (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2006 - 3 C
11.05 - Buchholz 428.7 § 16 StrRehaG Nr. 2 Rn. 22 und 25 sowie Beschluss
vom 16. Juni 2009 - 3 B 136.08 - ZOV 2009, 257 Rn. 4). Des Weiteren hat das
Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich in Bezug auf § 1 Abs. 4 Alt. 1
AusglLeistG festgehalten, dass ein zurechenbares - schuldhaftes - erhebliches
Zuwiderhandeln gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaat-
lichkeit regelmäßig dann angenommen werden kann, wenn der Täter sich be-
wusst zum Vollstrecker nationalsozialistischer Unrechtsmaßnahmen gemacht
hat, und dass auch Denunziationen, die das Opfer der Willkür eines staatlichen
Verfolgungsapparates ausgeliefert haben, als relevanter Verstoß gegen die
Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit zu bewerten sein kön-
nen, auch wenn der Denunziant selbst sein Opfer nicht unmittelbar rechts-
staatswidrig oder unmenschlich behandelt, sondern sich als Zuträger für ein
politisches System beteiligt hat, in welchem unter dem Deckmantel der Straf-
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rechtspflege oder der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit die Grund-
sätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit missachtet wurden (vgl.
BVerwG, Urteil vom 3. Mai 2007 - 5 C 5.06 - Buchholz 428.4 § 1 AusglLeistG
Nr. 12 Rn. 11). Mit dieser Rechtsprechung setzen sich die Kläger nicht substan-
tiiert und in einer über den Einzelfall hinausgehenden Weise auseinander.
Ebenso wenig zeigen sie einen erneuten oder darüber hinausgehenden Klä-
rungsbedarf auf.
Soweit die Kläger ihr Vorbringen dahin verstanden wissen wollen, das Verwal-
tungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Anzeige des Flug-
zeugkontrolleurs durch das Unternehmen als Verstoß gegen die Grundsätze
der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit zu werten sei, beanstanden sie das
Ergebnis der Sachverhaltswürdigung und damit die ihrer Ansicht nach fehlerhaf-
te Rechtsanwendung des Verwaltungsgerichts im Einzelfall. Eine solche Kritik
der vorinstanzlichen Entscheidung kann in der Regel und so auch hier die
grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht be-
gründen.
c) Die von den Klägern mit Blick auf die subjektiven Voraussetzungen des Aus-
schlusstatbestandes des § 1 Abs. 4 Alt. 1 AusglLeistG für grundsätzlich klä-
rungsbedürftig formulierte Frage,
"Ändert sich die Beantwortung der Teilfragen zu vorste-
hend a) und b) unter Berücksichtigung des auch für den
'Meldenden' geltenden verfassungsrechtlichen Verantwor-
tungs- und Schuldprinzips (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2
Abs. 1 GG), wenn ein Mitarbeiter die Meldung abgegeben
hat, etwa dann, wenn man bereits eine abstrakte Gefahr -
also ohne Nachweis der konkreten Gefahr oder der tat-
sächlich eingetretenen negativen Folgen für den Dritten
als ausreichend erachtet?" (vgl. Beschwerdebegründung
vom 23. September 2014, S. 7),
wird den an die Darlegung einer Grundsatzrüge zu stellenden Anforderungen
nicht gerecht. Die Beschwerde zeigt damit und ihren weiteren diesbezüglichen
Ausführungen keine grundsätzlich klärungsbedürftige und für die Revisionsent-
scheidung erhebliche Rechtsfrage auf. Die vorstehenden Begründungen, wes-
halb die unter 2 a) und b) behandelten Grundsatzrügen keinen Erfolg haben,
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stellen nicht auf die Art der Gefahr ab. Ob in den Fällen der Denunziation durch
den Mitarbeiter eines Unternehmens eine abstrakte oder konkrete Gefahr oder
der Eintritt eines Schadens zur Annahme eines Verstoßes gegen die Grundsät-
ze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit erforderlich ist, ist für die vorste-
henden Begründungen des Senats ohne Belang.
3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2
VwGO abgesehen.
4.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m.
§ 100 Abs. 1 ZPO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3,
§ 52 Abs. 1 GKG.
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