Urteil des BVerwG vom 21.07.2009

Unternehmen, Hund, Kriegsgefangener, Behandlung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 5 B 42.09
VG 7 K 1196/06
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. Juli 2009
durch den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Hund
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Brunn und Dr. Störmer
beschlossen:
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden
vom 24. Februar 2009 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde ist unbegründet. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund
der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegt nicht vor. Das Verwal-
tungsgericht hat keinen entscheidungserheblichen abstrakten Rechtssatz auf-
gestellt, der von einem entscheidungserheblichen abstrakten Rechtssatz im Ur-
teil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Februar 2007 - BVerwG 3 C
38.05 - (BVerwGE 128, 155 = Buchholz 428.4 § 1 AusglLeistG Nr. 9) abweicht.
Es trifft zwar zu, dass im Urteil vom 28. Februar 2007 (a.a.O. Rn. 33; vgl. auch
Rn. 48 am Ende) der entscheidungstragende abstrakte Maßstab entwickelt
worden ist, dass in der Beschäftigung von Zwangsarbeitern Kriegs- und Straf-
gefangenen als solcher noch kein Verstoß gegen die Grundsätze der Mensch-
lichkeit oder Rechtsstaatlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 4 Alt. 1 AusglLeistG er-
blickt werden kann, sondern ein solcher Verstoß erst dann vorliegt, wenn sie im
Unternehmen menschenunwürdigen Arbeits- und Lebensbedingungen unter-
worfen waren. Dies bedeutet aber entgegen der Ansicht der Beschwerde schon
nicht, dass das Bundesverwaltungsgericht „gerade die positive Feststellung
besonderer negativer Bedingungen“ als Voraussetzung für einen solchen Ver-
stoß angesehen hat.
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Auch deshalb wirft die Beschwerde dem Tatsachengericht zu Unrecht vor, dass
es statt dessen einen abstrakten Maßstab des Inhalts entwickelt habe, allein die
Beschäftigung von Zwangsarbeitern reiche zum Nachweis eines derartigen
Verstoßes aus (und dass hiervon eine Ausnahme nur zuzulassen sei, wenn im
Unternehmen „vorhandene Spielräume“ bewusst genutzt worden seien, um das
Schicksal des betroffenen Personenkreises in besonderer Weise zu erleich-
tern).
Das Verwaltungsgericht hat nach seinen Urteilsgründen (auf Seite 8) eine aus
dem Urteil vom 28. Februar 2007 abzuleitende Verpflichtung zu einer differen-
zierenden Betrachtungsweise anerkannt und deshalb anschließend der Sache
nach begründet, worin es die menschenunwürdige Behandlung der in dem hier
in Rede stehenden Unternehmen beschäftigten größeren Anzahl sowjetischer
Kriegsgefangener und Ostarbeiter sieht. Es hat hierzu Bezug genommen auf
einen im Reichsgesetzblatt veröffentlichten Ostarbeitererlass sowie veröffent-
lichte zeitgeschichtliche Untersuchungen zum Schicksal dieser Gruppe von
Zwangsarbeitern. Ausgehend von einem Gesamtbefund einer „menschenver-
achtenden Lage“ dieser speziellen Zwangsarbeitergruppe hat das Verwal-
tungsgericht Anhaltspunkte ausfindig zu machen gesucht, die auf eine bessere
(nicht menschenverachtende) Lage der in dem Unternehmen beschäftigten
Zwangsarbeiter hindeuten könnten, hat indessen solche nicht ausfindig machen
können.
Damit hat sich das Verwaltungsgericht nicht in einen rechtsgrundsätzlichen Wi-
derspruch zu dem ausgeführten Urteil des Bundesverwaltungsgerichtsgerichts
gesetzt. Ob die Tatsachenwürdigung im Einzelfall zutreffend ist, ist vom Revisi-
onsgericht mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen nicht nachzu-
prüfen (§ 137 Abs. 2 i.V.m. § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestset-
zung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.
Hund Dr. Brunn Dr. Störmer
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