Urteil des BVerwG vom 21.01.2004

Subsumtion, Udssr, Rüge, Kennzeichnung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 5 B 42.03
OVG 2 A 5622/00
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. Januar 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S ä c k e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. R o t h k e g e l und
Prof. Dr. B e r l i t
beschlossen:
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revisi-
on in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nord-
rhein-Westfalen vom 7. März 2003 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfah-
ren auf 8 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des
Oberverwaltungsgerichts ist nicht begründet.
1. Die Rechtssache hat nicht die ihr von der Beschwerde beigemessene grundsätzli-
che Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Die Frage, "ob der Inhaber einer Funktion mit Leitungs- und Entscheidungskompe-
tenz im Bereich der Planwirtschaft unter den Ausschlusstatbestand (des § 5 Nr. 2 b
BVFG) fällt", lässt sich nicht unabhängig von der konkreten Funktion des Inhabers
der Position beurteilen und ist deshalb insoweit eine Frage des jeweiligen Einzelfal-
les. Was das Grundsätzliche angeht, ist in der auch von der Beschwerde angeführten
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass solche Funktionen
unter den Ausschlusstatbestand fallen k ö n n e n ; denn der Senat hat insbeson-
dere in seinem Urteil vom 29. März 2001 - BVerwG 5 C 15.00 - (Buchholz 412.3 § 5
BVFG Nr. 3 = DVBl 2001, 1526) klargestellt, dass Funktionen mit Entscheidungs-
und Leitungskompetenz, "insbesondere soweit sie gelenkt von der KPdSU ausgeübt
wurden, für die Aufrechterhaltung des kommunistischen Herrschaftssystems als be-
deutsam geltend in Betracht kommen können".
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Soweit die Beschwerde geltend macht, es lasse sich "nicht … sagen, wie das Bun-
desverwaltungsgericht entscheiden würde bei leitenden Mitarbeitern der staatlichen
Planwirtschaft", erwartet sie von einem Revisionsverfahren die Herausarbeitung einer
Kasuistik zu Sachverhalten, deren Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale des
§ 5 Nr. 2 b BVFG eine Würdigung der Umstände des Einzelfalls voraussetzt und
deshalb nicht Aufgabe des Revisionsgerichts ist.
Soweit die Beschwerde die Rechtsprechung des Berufungsgerichts zu § 5 Nr. 2 b
BVFG als "wenig überzeugend und in sich nicht stimmig" beanstandet, behauptet sie
allenfalls eine unrichtige Anwendung der vom Bundesverwaltungsgericht zu jener
Vorschrift herausgearbeiteten Grundsätze im jeweiligen Einzelfall. Ein revisionsge-
richtlicher Klärungsbedarf ist auch damit nicht aufgezeigt.
2. Die behauptete Abweichung (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) des Berufungsurteils von
dem in dem genannten Urteil des ernennenden Senats vom 29. März 2001 (a.a.O.)
aufgestellten Rechtssatz, dass § 5 Nr. 2 b BVFG "in Bezug auf die Aufrechterhaltung
des kommunistischen Herrschaftssystems maßgeblich auf eine konkret ausgeübte
Funktion abstellt und nicht auf die gesamte Einrichtung, in der die Funktion ausgeübt
wird", liegt ebenfalls nicht vor.
Die Beschwerde greift keine Aussage aus dem Berufungsurteil heraus, die jenem
Rechtssatz widerspräche, sondern behauptet auch in diesem Zusammenhang der
Sache nach nur eine unrichtige Subsumtion des vom Oberverwaltungsgericht beur-
teilten Sachverhalts unter diesen Rechtssatz. Vor allem aber geht sie darüber hin-
weg, dass das Berufungsgericht die Zugehörigkeit des Klägers zur Nomenklatura le-
diglich als "Hinweis auf die Bedeutung einer bestimmten Funktion" betrachtet (S. 9
des Berufungsurteils), letztlich entscheidungserheblich aber darauf abgestellt hat,
dass "zu den wesentlichen Aufgaben des Klägers in (seiner) Funktion (als Sowchos-
direktor) auch (gehört habe), jederzeit auf die Umsetzung der politischen Vorgaben,
der Ziele und des Willens der Partei in der Sowchose hinzuwirken" (S. 11 unten des
Berufungsurteils). Damit war im konkreten Fall die nach der Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts entscheidende Voraussetzung für die Annahme einer für
die Aufrechterhaltung des kommunistischen Herrschaftssystems gewöhnlich als be-
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deutsam geltenden oder aufgrund der Umstände des Einzelfalls bedeutsamen Funk-
tion erfüllt, nämlich die Kennzeichnung der Funktion des Klägers durch die "Aufgabe,
den Willen der Partei in staatlichen, wirtschaftlichen und anderen gesellschaftlichen
Einrichtungen durchzusetzen" (Urteil vom 29. März 2001, a.a.O.). Wenn die Be-
schwerde dieser tragenden Erwägung des Oberverwaltungsgerichts entgegenhält,
das Berufungsurteil sei nur auf Tatsachen gestützt, "die nicht in der konkreten Funk-
tion des Klägers begründet sind, sondern mit generellen Elementen der Herrschaft
der KPdSU, die jeder beruflichen Funktion und jeder Einrichtung in der UdSSR im-
manent sind", so liegt auch darin allenfalls die Behauptung einer unrichtigen Würdi-
gung des Sachverhalts bzw. die Rüge seiner fehlerhaften Subsumtion unter die nach
der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts maßgeblichen und auch vom
Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Kriterien.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100
Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus § 13 Abs. 1, § 14
Abs. 1 GKG.
Dr. Säcker
Dr. Rothkegel
Prof. Dr. Berlit