Urteil des BVerwG vom 21.05.2003

Diabetes Mellitus, Verfahrensmangel, Krankheit, Kritik

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 5 B 42.02
OVG 2 L 14/01
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. Mai 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. S ä c k e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
S c h m i d t und Dr. F r a n k e
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nicht-
zulassung der Revision in dem Urteil des
Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungs-
gerichts vom 24. Oktober 2001 wird zurückgewie-
sen.
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Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdever-
fahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
G r ü n d e :
Die auf Zulassung der Revision gerichtete Beschwerde des Klä-
gers ist nicht begründet.
Zu Unrecht meint der Kläger, es sei eine Frage von
grundsätzlicher Bedeutung, welche Anforderungen bei
krankheitsbedingt gegebener, aber unverschuldet nicht er-
kannter Studierunfähigkeit an den Auszubildenden zu stellen
seien, um den Anspruch auf Ausbildungsförderung nicht zu
verlieren. Zum einen stellte sich eine solche Frage nicht,
weil der Kläger nach Auffassung des Berufungsgerichts zwar
nicht die Ursache, wohl aber das Bestehen seiner
Leistungsschwäche erkennen konnte. Zum anderen bedarf es
keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, dass ein Studium
bei (allgemeiner, nicht als vorübergehend erkannter)
Studierunfähigkeit abgebrochen werden muss und eine
Fortsetzung des Studiums nicht etwa deshalb förde-
rungsunschädlich ist, weil bei fortbestehender (allgemeiner)
Studierunfähigkeit auch ein Studium in einer anderen
Fachrichtung nicht zum Erfolg führen würde.
Die Revision kann nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelas-
sen werden, weil ein Verfahrensmangel, auf dem die
Entscheidung beruhen kann, nicht vorliegt.
Ein Verfahrensmangel liegt nicht darin, dass das Berufungsge-
richt seine Feststellung, der Kläger habe zwar nicht die Ursa-
che, aber das Bestehen seiner Leistungsschwäche erkennen
können und an dieser Erkenntnismöglichkeit habe ihn auch seine
Krankheit nicht entscheidend gehindert, darauf gestützt hat,
der Kläger habe geschildert, dass er durchaus bemerkt habe,
dass er sein Studium nicht in gleicher Weise habe meistern
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können wie seine Kommilitonen. Wenn der Kläger dem in seiner
Beschwerdebegründung entgegenhält, ein solcher Vortrag finde
sich im gesamten klägerischen Vorbringen erster und zweiter
Instanz nicht, so ist ihm einzuräumen, dass sich eine solche
Schilderung nicht in den Schriftsätzen und Verwaltungsvor-
gängen findet, auf die im Berufungsurteil verwiesen ist.
Möglich ist aber, dass das Berufungsgericht eine Äußerung des
Klägers (gegebenenfalls in der mündlichen Verhandlung) anders
als dieser im Sinne der vom Berufungsgericht wiedergegebenen
Schilderung verstanden hat. Ein Fehler bei der Sachverhalts-
oder Beweiswürdigung ist aber kein Verfahrensmangel.
Das Berufungsgericht hat seine Aufklärungspflicht nach § 86
Abs. 1 VwGO nicht dadurch verletzt, dass es ohne Einholung ei-
nes vom Kläger angebotenen Sachverständigengutachtens davon
ausgegangen ist, dass der Kläger durch seine Krankheit nicht
entscheidend gehindert gewesen sei zu erkennen, mit seinem
Studium überfordert zu sein. Denn zum einen sind die vom Klä-
ger aufgeführten typischen Krankheitssymptome bei Diabetes
mellitus Typ I a - wie vom Kläger angegeben - anhaltender
Durst, starker Harndrang, Gewichtsverlust trotz gesteigerten
Appetits sowie andauernde Mattigkeit und Kraftlosigkeit. Das
spricht für eine durch den Diabetes mellitus bedingte
Konzentrationsschwäche in der Zeit vor dessen Behandlung,
nicht aber für eine vom Kläger behauptete langfristige
Einschränkung seiner Kritik- und Entscheidungsfähigkeit in
dieser Zeit. Zum anderen verletzt ein Gericht seine Pflicht zu
erschöpfender Aufklärung des Sachverhalts nach der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in der Regel dann
nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die eine von
einem Rechtsanwalt vertretene Partei nicht förmlich beantragt
hat (BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1993 - BVerwG 2 C 14.91 -
und Beschluss vom 20. Mai 1998 - BVerwG 6 B
50.97 - ); dass sich der Vorinstanz eine
solche Beweisaufnahme hätte aufdrängen müssen, legt die
Beschwerde nicht dar.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Ge-
richtskostenfreiheit auf § 188 Satz 2 VwGO.
Dr. Säcker Schmidt Dr. Franke