Urteil des BVerwG vom 10.03.2010

Rechtliches Gehör, Hund, Hochschule, Überprüfung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 5 B 4.10 (5 B 64.09, 5 B 65.09)
OVG 12 A 2169/09, 12 A 2374/09
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 10. März 2010
durch den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Hund,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Brunn und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen
beschlossen:
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Der Antrag auf Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten
bzw. auf Beiordnung eines Notanwalts wird abgelehnt.
Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss
vom 18. Dezember 2009 wird verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rügeverfahrens. Ge-
richtskosten werden nicht erhoben.
G r ü n d e :
1. Soweit im Schreiben vom 16. Januar 2010 ein Antrag des Klägers auf Bei-
ordnung eines Prozessbevollmächtigten im Zusammenhang mit der Bewilligung
von Prozesskostenhilfe bzw. auf Beiordnung eines sog. Notanwalts zu erblicken
sein sollte, ist dieser Antrag in jedem Fall deshalb abzulehnen, weil das Begeh-
ren des Klägers aus den nachfolgend dargelegten Gründen keine Aussicht auf
Erfolg hat (§ 166 VwGO, § 114 Satz 1, § 121 Abs. 1 ZPO bzw. § 173 VwGO,
§ 78b ZPO).
2. Der mit Schreiben vom 16. Januar 2010 ausdrücklich eingelegte „Einspruch“
des Klägers ist bei verständiger Würdigung seines Begehrens als Anhörungs-
rüge nach § 152a VwGO gegen den unter den Aktenzeichen BVerwG 5 B 64.09
und 5 B 65.09 erlassenen Beschluss des Senats vom 18. Dezember 2009 zu
werten. Denn allein dieser Rechtsbehelf könnte statthaft sein und zu der vom
Kläger offensichtlich erstrebten Überprüfung des angefochtenen Beschlusses
führen.
Die Anhörungsrüge ist unzulässig und damit zu verwerfen (§ 152a Abs. 4
Satz 1 VwGO).
Der Kläger hat entgegen § 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO nicht dargelegt, dass der
Senat seinen Anspruch auf rechtliches Gehör in dem angegriffenen Beschluss
vom 18. Dezember 2009 in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Er hat
- was erforderlich gewesen wäre - nicht aufgezeigt, dass und welchen konkre-
ten entscheidungserheblichen Vortrag von ihm der Senat bei der Entscheidung
über seine „Beschwerden“ gegen die Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts
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für das Land Nordrhein-Westfalen vom 5. Oktober 2009 - 12 A 2169/09 - und
vom 28. Oktober 2009 - 12 A 2374/09 - nicht zur Kenntnis genommen oder
nicht in seine Erwägungen einbezogen hat. Hierfür gibt es auch sonst keine
Anhaltspunkte. Aus den Ausführungen des Klägers im Schreiben vom
16. Januar 2010 ergibt sich nur, dass er den Beschluss des Senats in der Sa-
che für unrichtig hält. Damit lässt sich indessen eine Verletzung des Anspruchs
auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht begründen. Der Anspruch auf Gewäh-
rung rechtlichen Gehörs gebietet nur, dass das Gericht das Vorbringen der Be-
teiligten zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht
(stRspr, vgl. z.B. BVerfGE 75, 369 <381 f.>). Das Gericht muss jedoch dem zur
Kenntnis genommenen und in Erwägung gezogenen Vorbringen nicht auch in
der Sache folgen, sondern kann aus Gründen des materiellen Rechts oder des
Prozessrechts zu einem anderen Ergebnis gelangen, als die Beteiligten es für
richtig halten (vgl. Beschluss vom 8. Juni 2009 - BVerwG 5 PKH 6.09 - juris un-
ter Bezugnahme auf BVerfG, NVwZ 2005, 204). Insbesondere lässt die Nicht-
erwähnung einzelner Argumente des Beteiligtenvortrages für sich nicht auf eine
Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör schließen, da grundsätzlich
davon auszugehen ist, dass ein Gericht - wie auch bei dem in Rede stehenden
Beschluss vom 18. Dezember 2009 geschehen - das von ihm entgegenge-
nommene Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Er-
wägung gezogen hat. Es ist nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen der
Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich auseinanderzuset-
zen. Dies ist vor allem dann nicht erforderlich, wenn das Vorbringen nach sei-
nem Rechtsstandpunkt unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war
(vgl. BVerfG, NVwZ-RR 2004, 3). Im Übrigen ist es nicht Sinn des Rechtsbe-
helfs nach § 152a VwGO, den Senat zu einer Ergänzung oder Erläuterung sei-
nes Beschlusses zu veranlassen (vgl. BTDrucks 15/3706 S. 16).
Darüber hinaus wäre die Anhörungsrüge auch deshalb unzulässig, weil sie nicht
innerhalb der Zweiwochenfrist des § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO durch einen
Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule erhoben
worden ist. Die gesetzlichen Regelungen über den anwaltlichen Vertretungs-
zwang vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten uneingeschränkt auch für die
Anhörungsrüge (§ 152a Abs. 2 Satz 5, § 67 Abs. 4 VwGO; s. Beschluss vom
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10. Februar 2006 - BVerwG 5 B 7.06 - juris). Der Schriftsatz des Prozessbe-
vollmächtigten des Klägers vom 1. Februar 2010 ist aber erst am 5. Februar
2010 und damit nach Ablauf der Zweiwochenfrist (vgl. § 152a Abs. 2 Satz 3,
§ 57 Abs. 2 VwGO, § 222 ZPO, § 188 Abs. 2 BGB) beim Bundesverwaltungs-
gericht eingegangen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Das Absehen von
der Erhebung von Gerichtskosten für das Rügeverfahren beruht auf § 21 Abs. 1
Satz 3 GKG.
4. Die Entscheidung über die Anhörungsrüge ist nach § 152a Abs. 4 Satz 3
VwGO unanfechtbar. Die Unanfechtbarkeit schließt eine erneute Anhörungsrü-
ge aus (vgl. Beschlüsse vom 19. Juli 2007 - BVerwG 5 B 160.07 und 5 B
161.07 - und vom 16. April 2007 - BVerwG 7 B 3.07 - jeweils juris).
Hund
Dr. Brunn
Stengelhofen
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