Urteil des BVerwG vom 06.09.2012

Berufsausbildung, Beschwerdeschrift, Erstausbildung, Besuch

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 5 B 27.12
OVG 1 A 715/10
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 6. September 2012
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Vormeier
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler und Dr. Fleuß
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Sächsischen Oberverwal-
tungsgerichts vom 12. Januar 2012 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
G r ü n d e :
Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132
Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revi-
sion hat keinen Erfolg. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu,
wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fall-
übergreifende und bislang höchstrichterlich ungeklärte Rechtsfrage des revisi-
blen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu er-
warten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Wei-
terentwicklung des Rechts geboten ist (stRspr, vgl. Beschluss vom 2. Februar
2011 - BVerwG 6 B 37.10 - Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 173).
1. Diese Voraussetzungen liegen bei der von der Klägerin fristgerecht erhobe-
nen Grundsatzrüge nicht vor. Die Klägerin hat in der Beschwerdeschrift vom
23. April 2012 folgende Rechtsfrage als grundsätzlich klärungsbedürftig ange-
sehen:
„Ist bei der Anwendung des § 7 Abs. 2 S. 1 Ziff. 5 BAföG in
den Fällen, in denen der Ausbildungsanspruch für eine
mindestens 3jährige Ausbildung nach § 7 Abs. 1 BAföG
durch zwei aufeinander aufbauende Ausbildungen mit be-
rufsqualifizierenden Abschlüssen von 2 Jahren und
1 Jahr / nicht mehr als 3 Jahren ausgeschöpft wurde, für
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die Frage, ob für den Besuch der Berufsfachschule oder
Fachschulklasse (k)eine abgeschlossene Berufsausbil-
dung vorausgesetzt , hierfür auf den Beginn bzw.
die Eignungsvoraussetzungen der ersten oder der zweiten
der beiden Ausbildungen abzustellen?“
Diese Frage wäre jedoch - wie der Klägerin mit Berichterstatterschreiben vom
17. Juli 2012 mitgeteilt worden ist - nach der Rechtsprechung des Bundesver-
waltungsgerichts nicht entscheidungserheblich.
Nach der zu der Vorläufervorschrift des § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BAföG a.F. er-
gangenen Rechtsprechung können nicht mehr als zwei berufsqualifizierende
Ausbildungen als förderfähig angesehen werden (vgl. Urteil vom 2. Februar
1989 - BVerwG 5 C 2.86 - BVerwGE 81, 242 <243>). Eine Förderung für eine
weitere Berufsausbildung kommt deshalb nicht in Betracht, wenn der Auszubil-
dende seinen Grundanspruch auf Förderung einer berufsbildenden Erstausbil-
dung nach § 7 Abs. 1 BAföG durch den berufsqualifizierenden Abschluss zwei-
er Berufsfachschulausbildungen ausgeschöpft hat (Urteil vom 18. Juli 1989
- BVerwG 5 C 28.85 - BVerwGE 82, 235 <237>). Diese zu einer früheren Fas-
sung der Vorschrift entwickelte Rechtsprechung entspricht auch dem eindeuti-
gen Wortlaut des nunmehr geltenden § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 BAföG. Danach
wird bei Berufsfachschülern und Fachschulklassenbesuchern nur für „eine ein-
zige weitere Ausbildung“ nochmals Ausbildungsförderung geleistet.
Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat die
Klägerin aber bereits zwei Ausbildungen durchlaufen und zwei berufsqualifizie-
rende Abschlüsse erhalten, so dass kein Anspruch auf eine weitere Ausbil-
dungsförderung besteht. Da die Revision schon aus diesem in § 7 Abs. 2 Satz 1
Nr. 5 Halbs. 1 BAföG niedergelegten Grunde keinen Erfolg haben kann, käme
es auf die in der Beschwerdeschrift fristgerecht aufgeworfene Frage zu § 7
Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Halbs. 2 BAföG nicht mehr an.
2. Soweit die Klägerin mit Schreiben vom 22. August 2012 die zusätzliche
Grundsatzfrage aufgeworfen hat, ob bei einem zu zwei berufsqualifizierenden
Abschlüssen führenden Ausbildungsverlauf von nicht mehr als 3 Jahren Dauer
noch eine weitere Ausbildung nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 BAföG möglich sei,
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ist diese weitere Grundsatzrüge bereits wegen Fristablaufs nach § 133 Abs. 3
Satz 1 VwGO unzulässig. Im Übrigen ist diese Frage - wie gezeigt - in der bis-
herigen Rechtsprechung bereits geklärt und auch nicht deswegen erneut klä-
rungsbedürftig, weil bei Durchsicht der Ziffer 7.1.6 und 7.2.18 der Allgemeinen
Verwaltungsvorschrift zum Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföGVwV
1991) vom 15. Oktober 1991 (GMBl S. 770), zuletzt geändert durch Verwal-
tungsvorschrift vom 20. Dezember 2001 (GMBl S. 1143), der Eindruck entste-
hen kann, dass bei kurzen Ausbildungszeiten jedenfalls in Ausnahmefällen
auch im Rahmen des § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 BAföG eine dritte Ausbildung för-
derfähig sei. Denn norminterpretierende Verwaltungsvorschriften haben jeden-
falls keine Rechtsnormqualität und binden die Gerichte bei der Auslegung und
Anwendung einer Rechtsvorschrift nicht (vgl. Beschluss vom 20. Juni 2011
- BVerwG 1 B 1.11 - Buchholz 402.242 § 3 AufenthG Nr. 1 Rn. 6).
3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2
Halbs. 2 VwGO).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Gerichtskosten-
freiheit folgt aus § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO.
Vormeier
Dr. Häußler
Dr. Fleuß
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