Urteil des BVerwG vom 23.07.2009

Treuhandverhältnis, Zeugenaussage, Unrichtigkeit, Anerkennung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 5 B 25.09
VGH 12 B 08.824
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. Juli 2009
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Brunn, Prof. Dr. Berlit
und Dr. Störmer
beschlossen:
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Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungs-
gerichtshofs vom 28. Januar 2009 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
G r ü n d e :
Die auf die Zulassungsgründe der Grundsatzbedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1
VwGO) und der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte Beschwerde
ist, soweit die Rügen überhaupt den Darlegungsanforderungen genügen, je-
denfalls unbegründet.
1. Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeu-
tung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen. Die von der Be-
schwerde für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig gehaltene Frage (Be-
schwerdebegründung S. 2),
„wem Vermögenswerte, die von Angehörigen auf ein
Sparbuch, welches auf den Namen eines (minderjährigen)
Kindes umgeschrieben wird, angelegt sind, ohne dass das
Kind, auch nach seiner Volljährigkeit, Zugriff auf das
Sparbuch erhält, und deren Anlage als verdecktes Treu-
handverhältnis einzuordnen sind, zuzurechnen sind“,
rechtfertigt nicht die Zulassung der Grundsatzrevision.
Damit wird eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht in einer den
Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise dargelegt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (s. etwa
Beschluss vom 11. Mai 2006 - BVerwG 5 B 23.06 - juris) genügt für die Darle-
gung nicht die bloße Benennung einer Rechtsfrage in Verbindung mit der Be-
hauptung, diese Rechtsfrage sei von grundsätzlicher Bedeutung. Vielmehr er-
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fordert die Darlegung der Grundsatzbedeutung, dass die Beschwerde konkret
auf die Rechtsfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit sowie ihre
über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht (vgl. etwa Beschluss
vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO
Nr. 26).
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerde nicht. Die Klärungsbedürftigkeit
ist bereits deshalb nicht im Ansatz dargetan, weil nicht erkennbar ist, dass sich
die aufgeworfene Frage in einem Revisionsverfahren stellen würde. Die Be-
schwerde unterstellt bei der Formulierung der von ihr aufgeworfenen Frage,
dass die Anlage der Vermögenswerte als verdecktes Treuhandverhältnis zwi-
schen der Klägerin und ihrer Großmutter einzuordnen sei. Gerade dies ist nach
der Würdigung des Berufungsgerichts aber nicht der Fall gewesen. Die tatsäch-
lichen Feststellungen des Berufungsgerichts, die diese Würdigung tragen, hat
die Beschwerde zwar teils als falsch bezeichnet, indes nicht mit durchgreifen-
den Verfahrensrügen angegriffen (s.u. 2.2), so dass der Senat in einem Revisi-
onsverfahren an diese Feststellungen gebunden wäre (§ 137 Abs. 2 VwGO).
Die Beschwerde wendet sich der Sache nach im Gewande der Grundsatzrüge
allein gegen die einzelfallbezogene Bewertung des Berufungsgerichts, dass
zwischen der Klägerin und ihrer Großmutter ein zivilrechtlich wirksames (ver-
decktes) Treuhandverhältnis in Bezug auf das im Streit stehende Sparkonto
nicht bestanden hat. Damit kann die Grundsatzbedeutung der Rechtssache
jedoch nicht dargelegt werden. Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unter-
bliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die ein übergeordnetes Gericht auf-
gestellt hat, genügt weder der Zulässigkeitsanforderung einer Divergenz- noch
der Grundsatzrüge (vgl. etwa Beschluss vom 17. August 1997, aaO.).
Zudem wird der rechtliche Maßstab, den das Berufungsgericht für die Ent-
scheidung über das Bestehen eines Treuhandverhältnisses zugrunde gelegt
hat, von der Beschwerde weder rechtsgrundsätzlich in Zweifel gezogen noch
wäre er klärungsbedürftig. Denn die Frage, welche Anforderungen an die Aner-
kennung und den Nachweis von Treuhandverhältnissen im Ausbildungsförde-
rungsrecht zu stellen sind, ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungs-
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gerichts, die das Berufungsgericht auch ausdrücklich zugrunde gelegt hat, be-
reits geklärt (vgl. das von der Beschwerde in Bezug genommene Urteil vom
4. September 2008 - BVerwG 5 C 12.08 - Buchholz 436.36 § 27 BAföG Nr. 4).
Hiermit setzt sich die Beschwerde nicht in einer den Darlegungsanforderungen
genügenden Weise auseinander und zeigt demgemäß nicht auf, inwiefern der
vorliegende Fall Anlass zur erneuten und ergänzenden Klärung der angespro-
chenen und bereits entschiedenen Rechtsfrage geben könnte.
2. Die Revision ist auch nicht gem. § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen Divergenz
zuzulassen. Divergenz im Sinne dieser Bestimmung liegt vor, wenn das vor-
instanzliche Gericht in Anwendung derselben Vorschrift mit einem seine Ent-
scheidung tragenden (abstrakten) Rechtssatz von einem ebensolchen Rechts-
satz abgewichen ist, der in der Rechtsprechung eines der in § 132 Abs. 2 Nr. 2
VwGO genannten übergeordneten Gerichte aufgestellt worden ist. Die Be-
schwerdebegründung muss darlegen, dass und inwiefern dies der Fall ist
(stRspr; z.B. Beschluss vom 11. August 1999 - BVerwG 11 B 61.98 - Buchholz
310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 19 m.w.N.). Diese Darlegungserfordernisse
erfüllt die Beschwerde nicht.
2.1 Soweit die Beschwerde auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom
4. September 2008 - BVerwG 5 C 12.08 - (aaO.) verweist und behauptet, das
Berufungsgericht weiche von dieser Entscheidung ab, zeigt sie schon keinen
vom Berufungsgericht aufgestellten abstrakten Rechtssatz auf, mit dem dies
von einem Rechtssatz des Bundesverwaltungsgericht abgewichen sein soll, und
trägt auch im Übrigen den Darlegungsanforderungen an eine Abweichung im
Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht Rechnung. Zwar hat, worauf die
Beschwerde hinweist, das Bundesverwaltungsgericht in dem in Bezug genom-
menen Urteil entschieden, dass Treuhandabreden bei der Bewilligung von
Ausbildungsförderung anerkennungsfähig sind, wenn sie zivilrechtlich wirksam
zustande gekommen sind und vom Auszubildenden nachgewiesen werden
können (Urteil vom 4. September 2008, aaO. Rn. 17, 19). Allerdings ist das Be-
rufungsgericht von diesem Rechtssatz nicht durch die Formulierung eines ent-
gegenstehenden abstrakten Satzes abgewichen; vielmehr ist es ausdrücklich
davon ausgegangen, dass der Klägerin die Berufung auf ein Treuhandverhältnis
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nicht von vornherein abgeschnitten sei (UA S. 13 f., Rn. 34 ff.), und hat an-
schließend unter Heranziehung der im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts
vom 4. September 2008 (aaO.) formulierten Grundsätze im Einzelnen geprüft,
ob ein Treuhandverhältnis zwischen der Klägerin und ihrer Großmutter zivil-
rechtlich wirksam zustande gekommen ist.
Mit ihrer Rüge, die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs lege zu hohe
Maßstäbe und Anforderungen an die Darlegung der näheren Umstände an und
berücksichtige nicht „die tatsächliche Praxis über eine Vielzahl von Jahren im
Umgang mit dem Sparbuch und die im Verfahren bisher getroffenen Aussagen
der Beschwerdeführerin und der Großmutter in der Zeugenaussage“ (Be-
schwerdebegründung S. 5), bezeichnet die Beschwerde ebenfalls keinen vom
Berufungsgericht aufgestellten und von der Entscheidung des Bundesverwal-
tungsgerichts abweichenden abstrakten Rechtssatz, sondern rügt nur eine feh-
lerhafte Anwendung der von dem Bundesverwaltungsgericht aufgestellten
Rechtssätze im Einzelfall. Ob die fallbezogene Bewertung der vom Berufungs-
gericht festgestellten Tatsachen einschließlich der Zeugenaussage im Ergebnis
zutrifft, ist jedoch als Frage der tatrichterlichen Würdigung im Einzelfall vom
Revisionsgericht im Rahmen der Divergenzrüge nicht zu prüfen.
Die von der Beschwerde der Sache nach angegriffenen tatsächlichen Feststel-
lungen des Berufungsgerichts darüber, ob das behauptete Treugut separiert
wurde bzw. ob die Großmutter der Klägerin das Sparbuch durchweg verwahrt
oder zwischenzeitlich an die Klägerin herausgegeben hat (Beschwerdebegrün-
dung S. 2 f., 5 f.), hätte sie allenfalls mit der Verfahrensrüge angreifen können.
Verstöße gegen Verfahrensnormen bei der Feststellung des Sachverhalts hat
die Beschwerde jedoch weder bezeichnet noch im Ansatz dargelegt. Die bloße
Behauptung der Beschwerde (Beschwerdebegründung S. 2), die Feststellung
des Berufungsgerichts, dass das Sparbuch von der Bank an die Klägerin he-
rausgegeben worden sei, sei falsch, genügt ebenso wenig einer die Darle-
gungserfordernisse des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO beachtenden Divergenzrü-
ge wie die von der Beschwerde zur Untermauerung dieser Behauptung nach
Art einer Berufungsbegründung mit Beweisantritten vorgebrachten weiteren
Erwägungen (Beschwerdebegründung S. 3).
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2.2 Soweit die Beschwerde ferner geltend macht, das Berufungsgericht sei von
dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18. Januar 2005 - X ZR 264.02 - ab-
gewichen (Beschwerdebegründung S. 7), hat sie den Zulassungsgrund der Di-
vergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) bereits deshalb nicht dargelegt, weil der
Bundesgerichtshof nicht zu den in der Vorschrift genannten divergenzfähigen
Gerichten gehört. Im Übrigen genügt die Beschwerde den Darlegungerforder-
nissen an eine Abweichung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auch inso-
weit nicht, als sie wiederum keinen von dem Berufungsgericht formulierten
Rechtssatz aufzeigt, der von einem anderen Rechtssatz eines divergenzfähigen
Gerichts abweicht, sondern der Sache nach lediglich rügt, das Berufungsgericht
habe die Vorgaben des Bundesgerichtshofs bei der Rechtsanwendung im vor-
liegenden Einzelfall nicht hinreichend berücksichtigt. Dies hinderte auch eine
Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung.
3. Soweit die Beschwerde schließlich allgemein rügt, das Berufungsgericht ha-
be in Randnummer 26 der Entscheidungsgründe unzutreffende Bescheide ge-
nannt und damit in fehlerhafter Weise nicht den Sachverhalt der Beschwerde-
führerin zugrunde gelegt, genügt sie schon insoweit nicht den Darlegungsan-
forderungen, als sie keinerlei Bezug zu den in § 132 Abs. 2 VwGO genannten
Revisionszulassungsgründen aufzeigt. Zudem lässt sie jede Darlegung dazu
vermissen, inwieweit es für die Entscheidung in einem Revisionsverfahren auf
den vorgebrachten Fehler ankommen sollte, zumal das Berufungsgericht die
Entscheidungsgründe gerade im Hinblick auf jenen von der Beschwerde bean-
standeten Satz 3 der Rn. 26 durch den - auch der Klägerin zugestellten - Be-
schluss vom 9. April 2009 wegen offenbarer Unrichtigkeit gemäß § 118 VwGO
berichtigt hat.
4. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2
Halbs. 2 VwGO).
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Gerichtskosten-
freiheit folgt aus § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO.
Dr. Brunn
Prof. Dr. Berlit
Dr. Störmer
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