Urteil des BVerwG vom 14.03.2007

Hund, Eltern, Enkelin, Überzeugung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 5 B 175.06
OVG 2 A 3181/04
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 14. März 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Hund
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Franke und Dr. Brunn
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für
das Land Nordrhein-Westfalen vom 14. September 2006
wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde ist, soweit den Darlegungsanforderungen in § 133 Abs. 3
Satz 3 VwGO genügt ist, nicht begründet. Das Beschwerdevorbringen führt auf
keinen Revisionszulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO.
1. Das Oberverwaltungsgericht ist nach seinen Urteilsgründen (insbesondere
S. 7 sowie S. 13 des Urteilsabdrucks) davon ausgegangen, dass die Klägerin
nicht von einem deutschen Staatsangehörigen oder Volkszugehörigen ab-
stammt. Begründet hat dies das Oberverwaltungsgericht damit, dass nach dem
Gesamtergebnis des Verfahrens zur gerichtlichen Überzeugung der (allein als
Elternteil deutscher Volkszugehörigkeit in Betracht zu ziehenden) Mutter der
Klägerin die deutsche Sprache nicht familiär vermittelt worden sei. Die Behaup-
tung, der Mutter sei die deutsche Sprache von ihrem Vater, dem Großvater der
Klägerin, vermittelt worden, habe nämlich nicht bewiesen werden können. Na-
mentlich habe der Vater bzw. Großvater als Zeuge (ähnlich wie im bestands-
kräftig negativ abgeschlossenen Verfahren der Mutter) eindeutig verneint, der
Tochter bzw. der klagenden Enkelin die deutsche Sprache vermittelt zu haben,
weil er selbst zur damaligen Zeit die deutsche Sprache nicht beherrscht habe
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(sie sei ihm erst durch seine zweite Ehefrau vermittelt worden). Die Behauptung
der Klägerin, ihr Großvater habe ihrer Mutter als Kind deutsche Sprachkennt-
nisse vermittelt, werde auch durch die Aussage der Zeugin L. widerlegt.
2. Soweit die Beschwerdebegründung vom 15. November 2006 vor diesem Hin-
tergrund zur Darlegung der Grundsatzbedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO)
die Fragen aufwirft, „ob Spätaussiedleranwärter ... bzw. diejenigen, die die
deutsche Volkszugehörigkeit der Personen nachweisen müssen, von denen sie
die deutsche Volkszugehörigkeit ableiten, nur dann die ... erforderlichen
Sprachkenntnisse glaubhaft gemacht haben, wenn ihnen der Nachweis gelingt,
dass ihnen die Eltern, ein Elternteil oder andere Verwandte deutsche Sprach-
kenntnisse in der Zeit von der Geburt bis zur Selbständigkeit vermittelt haben“,
bzw. ob „familiäre Vermittlung“ nur dann vorliegt, „wenn die Sprache von der
älteren an die jüngere Generation vermittelt wurde und nicht umgekehrt“ (Be-
schwerdebegründung S. 2), rechtfertigt dies nicht die Zulassung der Revision.
Das Bundesverwaltungsgericht geht in ständiger Rechtsprechung (vgl. nur Ur-
teil vom 19. Oktober 2000 - BVerwG 5 C 44.99 - BVerwGE 112, 112 ff.) davon
aus, dass die Vermittlung der deutschen Sprache als Bestätigungsmerkmal
nach § 6 Abs. 2 BVFG eine Vermittlung „von den Eltern, einem Elternteil oder
anderen Verwandten grundsätzlich vom Säuglingsalter bis zur Selbständigkeit“
voraussetzt. Dies gilt für die von der Vorinstanz zugrunde gelegte Gesetzesfas-
sung nicht anders als für die vorausgegangene Fassung der Bekanntmachung
vom 2. Juni 1993 (BGBl I S. 829), auf welche die genannte Entscheidung sich
bezieht. Die angesprochenen Fragen bedürfen daher nicht der Klärung in dem
angestrebten Revisionsverfahren.
3. Der behauptete Verfahrensmangel einer das rechtliche Gehör und die Pflicht
zur Amtsermittlung verletzenden Ablehnung eines (Hilfs-)Beweisantrags ist
nicht schlüssig dargelegt. Die Beschwerde macht hierzu geltend, der Prozess-
bevollmächtigte der Klägerin habe in der Berufungsverhandlung „die Anhörung
der Mutter der Klägerin als Zeugin“ beantragt „zu den Beweisthemen, die in den
abgelehnten Beweisanträgen gestellt worden waren“ (Beschwerdebegründung
S. 5). Die Beweisthemen teilt die Beschwerde nicht - wie nach § 133 Abs. 3
VwGO erforderlich - mit; es ist nicht Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichts,
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dies aus den Akten selbst herauszusuchen. Außerdem legt die Beschwerde
nicht im Einzelnen unter Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen
des Berufungsgerichts dar, inwiefern die Ablehnung des Hilfsbeweisantrages
von der hierfür angeführten Begründung (UA S. 13 Abs. 2) gegen Prozessrecht
verstoßen soll. Weder eine Verletzung des rechtlichen Gehörs noch ein Verstoß
gegen die gerichtliche Pflicht zur Amtsermittlung ist nachvollziehbar dargetan.
Dies gilt auch, soweit die Beschwerde darauf abhebt, dass die Mutter der
Klägerin als Zeugin ausgesagt hätte, sie habe „mit ihrem Vater Deutsch ge-
sprochen und habe in der Kindheit bereits Deutsch gekonnt“ (Beschwerdebe-
gründung S. 7). Auch insoweit befasst sich die Beschwerde nicht mit der Be-
gründung des Berufungsgerichts, zu seiner Überzeugung stehe fest, dass „der
Zeuge R. seiner Tochter O.
die deutsche Sprache nicht im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 2 und 3 BVFG vermit-
telt hat“ (UA S. 13 Abs. 2). Inwiefern diese Ablehnungsbegründung verfahrens-
fehlerhaft sein soll, teilt die Beschwerde nicht mit. Insbesondere auf der Grund-
lage der mehrfach wiederholten Aussage des Großvaters der Klägerin, er habe
schon deswegen mit seiner Tochter und mit seiner Enkelin zur fraglichen Zeit
nicht Deutsch gesprochen, weil er damals die deutsche Sprache nicht be-
herrscht habe, durfte das Oberverwaltungsgericht im Übrigen ausnahmsweise
davon ausgehen, dass eine etwaige anderslautende Bekundung der Mutter der
Klägerin als Zeugin seine Überzeugungsgewissheit nicht mehr hätte erschüttern
können (vgl. etwa Dawin in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 86
Rn. 120), zumal die Mutter der Klägerin bereits in ihrem eigenen Verfahren mit
einer entsprechenden Behauptung nicht hat durchdringen können.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2
VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des
Streitwerts auf § 47 Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG.
Hund Dr. Franke Dr. Brunn
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