Urteil des BVerwG vom 26.11.2007

Beweisantrag, Prozessrecht, Aufenthalt, Anhörung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 5 B 172.07
OVG 12 A 2520/05
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 26. November 2007
durch den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Hund
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Schmidt und Prof. Dr. Berlit
beschlossen:
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Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsge-
richts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12. Juni
2007 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 10 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die allein auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (Verfahrens-
fehler) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Dabei kann offen bleiben, ob
die Klägerin den geltend gemachten Verfahrensmangel, das Oberverwaltungs-
gericht habe durch die Ablehnung des schriftsätzlichen Antrages, Frau A. H. als
Zeugin zu vernehmen, gegen § 86 Abs. 1 und 2 VwGO verstoßen, in einer den
Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise dargelegt
hat. Die Rüge, der angefochtene Beschluss beruhe auf einem Verfahrensfehler,
greift jedenfalls in der Sache nicht durch. Das Berufungsgericht hat seine
Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO sowie § 86 Abs. 2 VwGO nicht da-
durch verletzt, dass es unter Bezugnahme auf seine Anhörung zu einer Ent-
scheidung nach § 130a VwGO dem auf die Vernehmung der Zeugin A. H. ge-
richteten Beweisantrag der Klägerin nicht gefolgt ist.
Die von dem Berufungsgericht hierfür gegebene Begründung, aufgrund des
nach wie vor unsubstantiierten und widersprüchlichen Sachvortrages sei der
Senat nicht gehalten, der in der Stellungnahme zur Anhörung beantragten Ver-
nehmung der Zeugin A. H. als Zeugin zu entsprechen, verletzt Prozessrecht
hier nicht. Mit dieser Begründung hat das Berufungsgericht entgegen der
Rechtsauffassung der Beschwerde nicht unter Verletzung von Verfahrensrecht
(s.a. Urteile vom 11. Dezember 1981 - BVerwG 4 C 71.79 - NVwZ 1982, 244
und vom 13. Dezember 1977 - BVerwG 3 C 53.76 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1
VwGO Nr. 112) die Würdigung einer Aussage der Zeugin A. H. vorweggenom-
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men. Es hat vielmehr auf den aus seiner Sicht nach wie vor unsubstantiierten
und widersprüchlichen Sachvortrag der Klägerin selbst abgestellt.
Dies steht mit dem Prozessrecht im Einklang. In der Rechtsprechung des Bun-
desverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass die Tatsachengerichte auch sub-
stantiierten Beweisanträgen nicht nachgehen müssen, wenn der Tatsachenvor-
trag in wesentlichen Punkten unplausibel oder in nicht auflösbarer Weise wi-
dersprüchlich ist (Beschlüsse vom 24. November 2003 - BVerwG 1 B 100.03 -,
vom 9. September 1997 - BVerwG 9 B 412.97 - juris und vom 26. Oktober 1989
- BVerwG 9 B 405.89 - InfAuslR 1990, 38 sowie BVerfG, Beschluss vom
10. März 1997 - 2 BvR 323/97 -). Die tatsächliche Bewertung des Berufungsge-
richts, dass hier ein solcher unsubstantiierter und widersprüchlicher Sachvor-
trag vorliege, ist angesichts der Angaben der Klägerin zum Aufenthalt ihres Va-
ters, der dann aber auch einen Aufenthalt in Polen im Herbst 1944 und dessen
mögliche Einzeleinbürgerung ausschließt, im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Soweit die Klägerin in den bereits im Anhörungsschreiben aufgezeigten Wider-
sprüchen in ihrer Stellungnahme zur Stützung des Beweisantrages lediglich
darauf hinweist, dass sich aus der vorgelegten schriftlichen Aussage „sehr wohl
[ergebe], dass diese unmittelbare eigene Kenntnisse über die Einbürgerung des
Vaters der Klägerin besitzt“, so unternimmt dies nicht einmal ansatzweise den
Versuch, die vom Berufungsgericht aufgezeigten Widersprüche in ihren
Angaben aufzulösen. Aufgrund der bloßen Möglichkeit, dass die benannte
Zeugin, aus deren schriftlicher Aussage sich hierauf bezogene Tatsachen nicht
ergeben, tatsächliche Angaben machen könnte, welche die entgegenstehen-
den, der Klägerin zuzurechnenden Angaben erklären könnten, war das Beru-
fungsgericht hier nicht gehalten, die Zeugin A. H. zu hören. Der Beweisantrag
ist nämlich in Bezug auf die Tatsache der Einbürgerung auch schon nicht be-
stimmt genug gewesen, weil sich weder aus dem Beweisantrag selbst noch aus
der schriftlichen Stellungnahme ergibt, aufgrund welcher konkreten Wahrneh-
mungen die Zeugin außer der Rechtsfolgenannahme, es sei zu einer Einbürge-
rung gekommen, weitere Angaben zu den konkreten Umständen der Einbürge-
rung bzw. den Tatsachen, aus welchen sie auf eine bewirkte Einbürgerung ge-
schlossen hat, hätte machen können (zur Unzulässigkeit eines Beweisermitt-
lungs- bzw. Beweiserforschungsantrages s. etwa Beschluss vom 29. Juli 1980
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- BVerwG 4 B 218.79 - Buchholz 445.4 § 8 WHG Nr. 9; s.a. Beschluss vom
25. Januar 1988 - BVerwG 7 CB 81.87 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO
Nr. 196).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestset-
zung ergibt sich aus § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG (s.a. Nr. 42.1 Streitwertkata-
log 2004, NVwZ 2004, 1327).
Hund Schmidt Prof. Dr. Berlit
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