Urteil des BVerwG vom 11.06.2009

Legitimation, Eltern, Hund, Aussetzung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 5 B 14.09
OVG 12 A 2053/05
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. Juni 2009
durch den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Hund
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Brunn und Dr. Störmer
beschlossen:
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für
das Land Nordrhein-Westfalen vom 19. Dezember 2008
wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 30 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1
VwGO) und einen Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Be-
schwerde hat keinen Erfolg. Sie entspricht schon nicht den Anforderungen an
die Darlegung der geltend gemachten Zulassungsgründe aus § 133 Abs. 3
Satz 3 VwGO.
1. Die Beschwerde sieht als grundsätzlich bedeutsam zunächst die Frage an,
„ob - im Zusammenhang mit der Legitimation nichtehelicher
Kinder von Deutschen aus der ehemaligen Sowjetunion oder
deren Nachfolgestaaten sowie aus Südamerika, wo die Legi-
timation inzwischen ebenfalls weitgehend abgeschafft worden
sei - die ‚Anwendung der Rechtsprechung des BGH zur effek-
tiven Staatsangehörigkeit bei Doppelstaatern … in zahlreichen
Fällen entscheidend’ sei“.
Die Frage der Legitimation nichtehelicher Kinder - insbesondere vor dem Hin-
tergrund einer Doppelstaatsangehörigkeit des nichtehelichen Vaters - sei
höchstrichterlich ungeklärt und deshalb für eine noch unbekannte Vielzahl Be-
troffener grundsätzlich zu klären. Insoweit sei - wie im Falle der Klägerin - prob-
lematisch, dass die Zustimmung zur Legitimation durch einen Pfleger des min-
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derjährigen Kindes nach § 1600c BGB a.F. hätte erfolgen müssen. Insoweit
stelle sich die rechtsgrundsätzlich zu beantwortende Frage,
„ob § 1600c a.F. BGB verfassungskonform dahin gehend
auszulegen ist, dass die fehlende Zustimmung des nichtehe-
lich geborenen Kindes seiner biologischen Eltern unbeachtlich
ist mit der Folge, dass das Kind nach Eheschließung seiner
biologischen Eltern eheliches Kind seiner Eltern wird, wenn
der nichteheliche Vater neben der deutschen Staatsangehö-
rigkeit eine weitere Staatsangehörigkeit besitzt (hier sowje-
tisch) und das Kind durch nichteheliche Geburt eine ausländi-
sche Staatsangehörigkeit (hier ebenfalls sowjetisch) besitzt
und nach dem ausländischen Recht der Staatsangehörigkeit
des Vaters oder des Kindes eine Zustimmung des Kindes zum
Vaterschaftsanerkenntnis nicht vorgesehen ist“.
Weiter stelle sich die grundsätzliche Frage,
„ob ein deutsches Gericht im Falle der angenommenen Un-
wirksamkeit eines Vaterschaftsanerkenntnisses nach § 1600c
BGB a.F. das Verfahren nicht nach § 173 VwGO i.V.m. § 148
ZPO auszusetzen hat, um dem nichtehelich geborenen Kind
die Möglichkeit zu geben, eine Heilung dieses Verfahrens-
mangels herbeiführen zu können oder eine Vaterschaftsfest-
stellungsklage zu erheben, um dem Verfassungsauftrag des
besonderen Schutzes des nichtehelichen Kindes und dem
nach der EMRK geschützten Rechtes nichtehelich geborenen
Kindes auf Feststellung seiner Abstammung und Ehelichkeit
sowie seiner Staatsangehörigkeit Genüge zu tun“.
Die Beklagte habe hierzu behauptet, dass es sich um ein Problem ihrer alltägli-
chen Praxis handele. Zwar betreffe die Rechtsfrage nicht mehr geltendes
Recht, die Klärung sei aber, wie von der Beklagten dargelegt, noch für einen
nicht überschaubaren Personenkreis in absehbarer Zukunft von Bedeutung, da
hiervon alle nichtehelich geborenen Kinder von Vätern betroffen seien, die ne-
ben der deutschen Staatsangehörigkeit noch eine weitere Staatsangehörigkeit
besäßen.
Mit diesen Ausführungen lässt sich die grundsätzliche Bedeutung der Rechts-
sache nicht begründen. Zum einen betrifft die der Sache nach angesprochene
Frage des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit nichtehelicher Kinder
deutscher Staatsangehöriger - wie der Klägerin zu 1 -, die unter der Geltung
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des seit 1. Juli 1998 außer Kraft getretenen § 5 RuStAG geboren sind und de-
ren Eltern seinerzeit nachträglich geheiratet haben, im Wege der Legitimation
durch die Heirat der Eltern die Auslegung und Anwendung des längst außer
Kraft getretenen § 5 RuStAG i.V.m. dem ebenfalls nicht mehr geltenden
§ 1600c BGB, also ausgelaufenes Recht. Mit dem Verweis auf die allgemeinen
Ausführungen der Beklagten dazu, dass sie nahezu täglich mit Fallgestaltungen
zu tun habe, bei denen die Legitimation nichtehelicher Kinder - insbesondere
vor dem Hintergrund der Doppelstaatsangehörigkeit des nichtehelichen Vaters -
eine Rolle spiele, sind die Anforderungen an den schlüssigen Vortrag zur aus-
nahmsweisen Zulässigkeit einer Grundsatzrüge zu ausgelaufenem Recht nicht
erfüllt (vgl. hierzu zuletzt etwa Beschlüsse vom 24. Oktober 2007 - BVerwG 9 B
31.07 - juris und vom 20. Dezember 2005 - BVerwG 5 B 84.05 - juris). Allein mit
der einzelfallbezogenen Korrektur von behaupteten Verfassungsverstößen kann
die Zulassung der Revision zumal bei ausgelaufenem Recht nicht erreicht
werden.
Zum anderen befasst sich die Beschwerde ausschließlich mit den zivilrechtli-
chen Anforderungen an die Legitimation eines nichtehelichen Kindes nach da-
mals geltendem deutschen Recht, ohne den Bezug zu der staatsangehörig-
keitsrechtlich maßgeblichen Bestimmung des § 5 RuStAG a.F. aufzuzeigen und
darzulegen, dass und inwiefern insoweit rechtsgrundsätzlicher Klärungsbedarf
durch das Bundesverwaltungsgericht besteht.
2. Soweit die Beschwerde ferner einen Verfahrensfehler darin erblickt, dass das
Oberverwaltungsgericht „das Verfahren gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 148 ZPO
von Amts wegen aussetzen müssen oder zumindest einen richterlichen
Hinweis (Art. 103 GG) erteilen müssen, um dem Prozessbevollmächtigten die
Gelegenheit zu geben, einen entsprechenden Antrag auf Aussetzung des Ver-
fahrens stellen zu können“, fehlt es ebenfalls bereits an der schlüssigen Be-
zeichnung des behaupteten Verfahrensmangels. Eine Aussetzung des Verfah-
rens wäre - aus der insoweit maßgeblichen Sicht des Oberverwaltungsgerichts -
nur in Betracht gekommen, wenn das Oberverwaltungsgericht selbst von der
Verfassungswidrigkeit einer entscheidungserheblichen Norm ausgegangen
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wäre. Dies legt die Beschwerde nicht dar und ist im Übrigen der Entscheidung
des Oberverwaltungsgerichts auch nicht zu entnehmen.
3. Zur Vermeidung von Missverständnissen weist der Senat darauf hin, dass er
im vorliegenden Verfahren die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts nicht
in der Sache nachzuprüfen und insbesondere nicht darüber zu befinden hat, ob
die Handhabung des § 5 RuStAG im vorliegenden Fall einfachrechtlich zutref-
fend und verfassungsrechtlich bedenkenfrei ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des
Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG (s. Nr. 42.2 des
Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom
7./8. Juli 2004, NVwZ 2004, 1327).
Hund
Dr. Brunn
Dr. Störmer
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