Urteil des BVerwG vom 22.02.2008

Zusammensetzung, Einkommensgrenze, Kostenbeitrag

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 5 B 134.07
VGH 12 S 2482/06
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. Februar 2008
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Schmidt, Dr. Franke
und Prof. Dr. Berlit
beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs
Baden-Württemberg vom 7. Februar 2007 wird zurückge-
wiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskos-
tenhilfe wird abgelehnt.
G r ü n d e :
Die auf Zulassungsgründe gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO (Grundsatz-
und Divergenzrügen) gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Re-
vision gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs hat keinen Erfolg. Die gel-
tend gemachten Zulassungsgründe sind schon nicht in einer den Anforderun-
gen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise dargelegt.
1. Die Divergenzrügen, mit denen die Klägerin sich dagegen wendet, dass die
Beklagte bei der Bemessung von zusätzlichen Leistungen (§ 22 Abs. 1 Satz 2
BSHG) für die Kosten des Mittagessens in einer Ganztagsschule für Gehörlose
und Sprachbehinderte berücksichtigt hat, dass Aufwendungen für Mittagessen
bereits in der Regelsatzleistung vorgesehen seien, machen insoweit Abwei-
chungen von den Urteilen des Senats vom 19. März 1992 - BVerwG 5 C 20.87 -
(Buchholz 436.0 § 85 BSHG Nr. 10) und vom 29. Oktober 1997 - BVerwG 5 C
34.95 - (BVerwGE 105, 281 ff.) sowie von dem Beschluss vom 8. Mai 1996
- BVerwG 5 B 17.96 - (FEVS 47, 241) geltend. Eine die Revision gemäß § 132
Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz ist jedoch nur dann im Sinne des
§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Divergenz einen
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inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten
Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz von einem in der Rechtsprechung
des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung
des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben
Rechtsvorschrift widersprochen hat (stRspr; vgl. z.B. Beschlüsse vom
4. Oktober 1999 - BVerwG 1 B 55.90 - NVwZ 2000, 193 und vom 26. Juni 1995
- BVerwG 8 B 44.95 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 2). Die
Gegenüberstellung der voneinander abweichenden abstrakten Rechtssätze ist
daher unverzichtbar (vgl. z.B. Beschluss vom 20. Dezember 1995 - BVerwG
6 B 35.95 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 9). Daran fehlt es hier.
Eine Divergenz ist im Übrigen auch in der Sache nicht zu erkennen, weil die
Entscheidungen nicht zu denselben Rechtsnormen ergangen sind. Die in der
Beschwerde genannten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts
betreffen die Auslegung und Anwendung von § 85 Nr. 3 BSHG (Einkommens-
einsatz wegen ersparter häuslicher Aufwendungen) bzw. § 21 Abs. 1a BSHG
(einmalige Leistungen für den Schulbedarf), während das Berufungsgericht
über das Begehren der Klägerin auf zusätzliche Leistungen in Auslegung und
Anwendung des § 22 BSHG entschieden hat (ohne indes zu von der Klägerin
weiterhin herangezogenen Rechtsgrundlagen divergenzfähige, abstrakte
Rechtssätze aufzustellen). Da es insbesondere nicht um die Anrechnung des
Wertes eines von Dritten gewährten Mittagessens als Einkommen oder einen
Kostenbeitrag unterhalb der Einkommensgrenze geht, vermag auch der Hin-
weis der Klägerin, sie hätte das Essen von ihrer Mutter kostenlos erhalten, kei-
ne Divergenz zu begründen.
2. Auch eine rechtsgrundsätzliche Bedeutung ist von der Beschwerde nicht
dargelegt. Zur Darlegung des Zulassungsgrundes des § 132 Abs. 2 Nr. 1
VwGO ist es erforderlich, dass die Beschwerde eine bestimmte, höchstrichter-
lich noch ungeklärte und für die angestrebte Revisionsentscheidung erhebliche
Rechtsfrage des revisiblen Rechts formuliert und außerdem angibt, worin die
allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der Sache bestehen
soll (vgl. z.B. Beschlüsse vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 -
Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14 und vom 27. August 2007
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- BVerwG 9 BN 3.07 - ; stRspr.). Einwendungen gegen die sachliche
Richtigkeit des angefochtenen Urteils reichen ebenso wenig aus, um diese
Voraussetzung zu erfüllen, wie der bloße Hinweis darauf, der streitige Sachver-
halt und damit zusammenhängende Rechtsfragen seien bisher nicht Gegen-
stand der höchstrichterlichen Rechtsprechung geworden.
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht, die den Un-
terschied von einem Begehren auf Gewährung weiterer Leistungen und den
Voraussetzungen der Forderung eines Kostenbeitrages bzw. der Anrechnung
als Einkommen (zum Einsatz von Blindengeld s. BSG, Urteil vom 11. Dezember
2007 - B 8/9b SO 20/06 R) vernachlässigt. Dass ein Mehrbedarf für Personen,
die einer kostenaufwändigeren Ernährung bedürfen (§ 23 Abs. 4 BSHG), nur
dann anzuerkennen ist, wenn ein direkter ursächlicher Zusammenhang zwi-
schen einer drohenden bzw. bestehenden Erkrankung und durch eine beson-
dere Zusammensetzung der Ernährung bedingten Mehraufwendungen besteht,
folgt unmittelbar aus dem Gesetz und bedarf keiner revisionsgerichtlichen Klä-
rung.
3. Prozesskostenhilfe war nicht zu gewähren, weil nach dem Vorstehenden der
Rechtsverfolgung keine hinreichende Erfolgsaussicht beizumessen ist (§ 166
VwGO i.V.m. § 114 ZPO).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Gerichtskosten-
freiheit auf § 188 Satz 2 VwGO.
Schmidt Dr. Franke Prof. Dr. Berlit
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