Urteil des BVerwG vom 04.05.2005

Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, Subsumtion, Eigentum, Verfahrensrecht

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 5 B 131.04 (5 PKH 64.04)
VGH 12 B 99.2620
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 4. Mai 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S ä c k e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht S c h m i d t und Dr. F r a n k e
beschlossen:
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Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Re-
vision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs
vom 30. September 2004 wird zurückgewiesen.
Der Antrag der Kläger, ihnen Prozesskostenhilfe zu bewilligen
und Rechtsanwalt … beizuordnen, wird abgelehnt.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Ge-
richtskosten werden nicht erhoben.
G r ü n d e :
Die auf Verfahrensrügen und auf die Behauptung grundsätzlicher Bedeutung (§ 132
Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO) gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Re-
vision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs hat keinen Erfolg.
1. Der Verwaltungsgerichtshof hat einen Anspruch der Kläger auf die Zahlung von
Unterkunftskosten für ihre am 29. Februar 1996 angemietete 2-Zimmer-Wohnung mit
der Begründung verneint, die Hilfebedürftigkeit der Kläger, die eine Einsatzge-
meinschaft nach § 11 Abs. 1 Satz 2 BSHG bildeten, stehe für die streitgegenständli-
che Zeit (19. März 1996 bis 6. Juni 1997) nicht fest, denn nach den Ermittlungen der
Beklagten sei abwechselnd auf den Kläger zu 1 und seinen Vater ein großer Gelän-
dewagen zugelassen gewesen, welcher bereits zweieinhalb Monate nach Abschluss
des Mietvertrages angemeldet worden sei. Es sei daher davon auszugehen, dass der
Kläger zu 1 über einzusetzendes Vermögen verfüge. Auch andere Gesichtspunkte,
wie der Umstand, dass sie offenbar in der Lage gewesen seien, die Wohnungsmiete
zu zahlen, spreche für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kläger. Weil sie in-
soweit die materielle Beweislast trügen, gehe es zu Lasten der Kläger, dass sich
nach Ausschöpfen der erreichbaren Erkenntnisquellen nicht feststellen lasse, ob sie
hilfebedürftig gewesen seien. Auf die vom Verwaltungsgericht erörterten Fragen, ob
der Mietpreis angemessen gewesen sei und ob ausnahmsweise ein höherer Bedarf
nach § 3 Abs. 1 Satz 2 der Regelsatzverordnung anerkannt werden könne, komme
es - ungeachtet der Tatsache, dass der Verwaltungsgerichtshof ebenso wenig wie
das Verwaltungsgericht eine Zwangssituation zur Anmietung der Wohnung erkennen
könne - wegen der fehlenden Hilfebedürftigkeit der Kläger nicht an.
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2. Mit der hiergegen erhobenen Verfahrensrüge machen die Kläger geltend, das Be-
rufungsgericht habe einen logischen Fehler innerhalb der Subsumtion begangen,
indem es die grundsätzliche Frage des Bestehens eines Anspruches übergangen ha-
be; erst wenn feststehe, ob und in welcher Höhe ein Anspruch bestehe, könne unter
Berücksichtigung des Einkommens und des Vermögens des Hilfesuchenden ermittelt
werden, ob und in welchem Umfang dieser in der Lage sei, seinen Lebensunterhalt
zu finanzieren. Das Gericht habe auch verkannt, dass es sich im vorliegenden Fall
um mehrere eigenständige Ansprüche der Kläger handele. Selbst wenn man davon
ausgehe, dass sich aus der Haltereigenschaft des Klägers zu 1 auf ein Eigentum an
einem Kraftfahrzeug schließen lasse, könne dies nur dem Kläger zu 1
entgegengehalten werden, auf den der Pkw angemeldet gewesen sei.
Die Beschwerde verkennt damit, dass Fehler in der materiellen Subsumtion das ma-
terielle Recht, nicht aber das Verfahrensrecht betreffen und somit zur Begründung
eines Verfahrensmangels grundsätzlich nicht geeignet sind (vgl. Bundesverwal-
tungsgericht, Beschluss vom 2. November 1995 - BVerwG 9 B 710.94 -
1996, 359>). Zudem verkennt die Beschwerde, dass ein Anspruch auf Hilfe zum Le-
bensunterhalt Hilfebedürftigkeit voraussetzt und der Kläger zu 1 auch für den Bedarf
der Kläger zu 2 und 3 einsatzpflichtig ist.
3. Soweit die Beschwerde als Frage von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft, ob die
vom Berufungsgericht verneinte Notwendigkeit des Umzugs der Kläger vom Auf-
fangwohnheim in eine eigene Wohnung bestanden habe, und hierzu anführt, auch
Spätaussiedler hätten ein Anrecht auf Wohnungsnahme innerhalb des ihnen zuge-
wiesenen Wohnortes und seien nicht verpflichtet, in einem Übergangswohnheim zu
wohnen, ist damit eine klärungsbedürftige Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeu-
tung nicht dargetan. Die Zulassung der Revision wegen rechtsgrundsätzlicher Be-
deutung erfordert nämlich, dass es auf die geltend gemachte Frage entscheidungs-
erheblich ankommt. Dies ist jedoch nach den insoweit maßgeblichen rechtlichen
Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs nicht der Fall, welche entscheidungstra-
gend allein auf die ungeklärte Hilfebedürftigkeit der Kläger, nicht aber darauf abstel-
len, ob für die Kläger eine Zwangssituation zur Anmietung der Wohnung bestanden
habe. Aber selbst wenn es sich insoweit um eine selbständig tragende Begründung
handeln sollte, würde eine Zulassung der Revision voraussetzen, dass auch in Be-
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zug auf das Begründungselement der ungeklärten Hilfebedürftigkeit Zulassungs-
gründe vorlägen (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 9. Dezember 1994
- 11 PKH 28.94 - ), was nach den
obigen Ausführungen zur Verfahrensrüge jedoch nicht der Fall ist.
Aus den dargelegten Gründen kann den Klägern mangels (hinreichender) Er-
folgsaussicht nicht Prozesskostenhilfe bewilligt und ein Rechtsanwalt beigeordnet
werden (§ 166 VwGO, §§ 114, 121 Abs. 1 ZPO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100
Abs. 1 ZPO, die Gerichtskostenfreiheit aus § 188 Satz 2 VwGO.
Dr. Säcker Schmidt Dr. Franke