Urteil des BVerwG vom 17.06.2005

Begriff, Krankengeld, Krankenversicherung, Einkünfte

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 5 B 115.04
VGH 12 S 1230/04
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 17. Juni 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S ä c k e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht S c h m i d t und Dr. F r a n k e
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs
Baden-Württemberg vom 17. August 2004 wird zurückgewie-
sen.
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Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 791,97 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Ver-
waltungsgerichtshofs hat keinen Erfolg. Der allein geltend gemachte Zulassungs-
grund grundsätzlicher Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist für die geltend ge-
machten Auslegungsfragen im Zusammenhang mit dem Begriff des "pauschalen
Abzugs" in § 12 Abs. 1 des Wohngeldgesetzes in der ab 1. Januar 2001 geltenden
Fassung vom 2. Januar 2001 (BGBl I S. 2) nicht zu erkennen.
1. Der Beklagte hat einen Wohngeldanspruch des Klägers für das streitgegenständ-
liche Jahr 2001 mit der Begründung verneint, bei einem jährlichen Bruttoeinkommen
in Höhe von 22 644,60 DM aus Krankengeld, von dem gemäß § 12 WoGG pauschal
10 % abzuziehen seien, stehe dem Kläger kein Wohngeldanspruch zu.
Das Verwaltungsgericht hat einen Wohngeldanspruch in Höhe von monatlich
129,08 DM im Wesentlichen mit der Begründung bejaht, von den jährlichen Brutto-
einnahmen sei gemäß § 12 WoGG a.F. nicht lediglich ein pauschaler Abzug in Höhe
von 10 %, sondern von 30 % vorzunehmen. Dies zeige bereits der Wortlaut des § 12
Abs. 1 WoGG a.F., wonach jeweils 10 v.H. von dem sich nach den §§ 10 und 11
WoGG a.F. ergebenden Betrag für die Leistung von Steuern von Einkommen,
Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung sowie Pflichtbei-
trägen zur gesetzlichen Rentenversicherung abzuziehen seien. Eine nähere Diffe-
renzierung, dass der pauschale Abzug nur bei Vorliegen zusätzlicher Voraussetzun-
gen vorgenommen werden dürfte, sei dem § 12 WoGG nicht zu entnehmen.
Der Verwaltungsgerichtshof hingegen hat einen Anspruch des Klägers mit der Be-
gründung verneint, von den drei gemäß § 12 Abs. 1 WoGG jeweils mit 10 % abzugs-
fähigen Belastungsfaktoren fielen beim Kläger für die allein zu erwartenden Einkünfte
aus dem Bezug von Krankengeld weder Steuern noch Beiträge zur gesetzlichen
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Krankenversicherung an, so dass hierfür die pauschalen Abzugsbeträge nach § 12
Abs. 1 Nrn. 1 und 2 WoGG 2001 in Höhe von jeweils 10 v.H. nicht einkommensmin-
dernd anzusetzen gewesen seien. Nach Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck
des § 12 WoGG 2001 könne der in Absatz 1 vorgesehene jeweilige pauschale Abzug
nur dann gewährt werden, wenn die entsprechenden Belastungsfaktoren im Be-
willigungszeitraum (voraussichtlich) auch anfielen.
2. Zur Begründung der als rechtsgrundsätzlich bedeutsam geltend gemachten Aus-
legung des Begriffs des "pauschalen Abzugs" in § 12 Abs. 1 WoGG macht die Be-
schwerde im Wesentlichen geltend, dieser Begriff sei in der höchstrichterlichen
Rechtsprechung noch nicht unter dem Gesichtspunkt geklärt, ob ein pauschaler Ab-
zug nur zu gewähren sei, wenn der Kläger tatsächlich Leistungen nach § 12 Abs. 1
Nrn. 1 und 2 WoGG erbracht habe.
3. Die von der Beschwerde geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der aufge-
worfenen Rechtsfrage ist nicht schon deshalb anzunehmen, weil eine höchstrichterli-
che Entscheidung unter diesem Gesichtspunkt noch nicht vorliegt; eine Rechtsfrage
bedarf vielmehr auch dann nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren, wenn sich
ihre Antwort ohne weiteres - d.h. ohne eingehende Begründung, vgl. Sendler DVBl
1992, 240 ff. - aus dem Gesetz ergibt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Juli 1987
- BVerwG 5 B 49.87 - ). So liegt es hier.
§ 12 Abs. 1 WoGG lautet:
"(1) Bei der Ermittlung des Jahreseinkommens werden von dem sich nach den
§§ 10 und 11 ergebenden Betrag jeweils 10 vom Hundert für die Leistung von
1. Steuern vom Einkommen,
2. Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung,
3. Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung
abgezogen."
Absatz 2 betrifft den Abzug von laufenden Beiträgen zu öffentlichen oder privaten
Versicherungen, "wenn die Beiträge der Zweckbestimmung der Pflichtbeiträge nach
Absatz 1 Nr. 2 und 3 entsprechen"; nach Absatz 3 wird von dem sich nach den §§ 10
und 11 ergebenden Betrag "mindestens ein Betrag in Höhe von 6 vom Hundert ab-
gezogen".
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Zutreffend weist der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, dass auch unter Berücksich-
tigung der Absätze 2 und 3 der Bestimmung nach Wortlaut, Systematik sowie Sinn
und Zweck des § 12 WoGG 2001 der in Absatz 1 vorgesehene jeweilige pauschale
Abzug von 10 v.H. nur dann gewährt werden kann, wenn die entsprechenden Belas-
tungsfaktoren im Bewilligungszeitraum (voraussichtlich) auch anfallen. § 12 WoGG
2001 stelle erkennbar darauf ab, ob gerade von den Einnahmen, die in die Wohn-
geldberechnung einfließen, Steuern oder Versicherungsbeiträge bezahlt werden.
Rechtliche Zweifel gegen diese Auslegung hat die Beschwerde nicht vorgetragen;
der Umstand allein, dass das Verwaltungsgericht den pauschalen Abzug nicht davon
abhängig gemacht hat, dass die genannten "Leistungen" auch anfallen, begründet
dahingehende Zweifel noch nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, dem Streitwert liegt der in
Euro umgerechnete Jahresbetrag des im Urteil des Verwaltungsgerichts festgesetz-
ten streitigen Mietzuschusses zugrunde (vgl. entsprechend der Verwaltungsgerichts-
hof auf S. 6 seines Beschlusses).
Dr. Säcker Schmidt Dr. Franke