Urteil des BVerwG vom 21.09.2011

Rechtliches Gehör, Vollmacht, Rüge, Verfahrensmangel

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 5 B 11.11
VG 4 K 28.10
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. September 2011
durch den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Hund
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer und Dr. Häußler
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin
vom 12. November 2010 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 752 080,70 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf den Zulassungsgrund des Verfahrensmangels gemäß § 132 Abs. 2
Nr. 3 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Ein Verfahrensmangel,
der zur Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO führen könn-
te, ist nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entspre-
chenden Weise bezeichnet worden.
1. Das Vorbringen der Beschwerde rechtfertigt nicht die Annahme, das Verwal-
tungsgericht habe seine richterliche Hinweispflicht (§ 86 Abs. 3 VwGO) und den
Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2
VwGO) verletzt. Die Beschwerde beanstandet insoweit, die in der Vorinstanz
entscheidende Kammer des Verwaltungsgerichts habe
„weder in Vorbereitung der mündlichen Verhandlung noch
- ausweislich des Protokolls vom 12.11.2010 - in der
mündlichen Verhandlung selbst einen Hinweis dahinge-
hend erteilt, dass sie sich allein auf die von Frau Susanne
O. unter dem 12.06.2008 unterzeichnete Vollmachtsbestä-
tigung zu stützen gedenkt und von deren Wirksamkeit
ausgeht“ (Beschwerdebegründung vom 1. Februar 2011,
S. 5).
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1.1 Ein Verstoß des Verwaltungsgerichts gegen seine richterliche Hinweispflicht
liegt nicht vor. Die Hinweispflicht (§ 86 Abs. 3 VwGO) konkretisiert den An-
spruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs und zielt mit dieser Funktion insbe-
sondere auf die Vermeidung von Überraschungsentscheidungen (Urteil vom
11. November 1970 - BVerwG 6 C 49.68 - BVerwGE 36, 264 <266 f.>; Be-
schluss vom 4. Juli 2007 - BVerwG 7 B 18.07 - juris). Aus dem Anspruch auf
rechtliches Gehör folgt jedoch auch in der Ausprägung, die er in § 86 Abs. 3
VwGO gefunden hat, grundsätzlich keine Pflicht des Gerichts, den Beteiligten
vorab mitzuteilen, wie es bestimmte Erkenntnismittel in Bezug auf Einzelheiten
des Parteivortrags versteht und rechtlich bewertet, weil sich die tatsächliche
und rechtliche Würdigung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Bera-
tung ergibt (stRspr, s. etwa Beschlüsse vom 28. Dezember 1999 - BVerwG 9 B
467.99 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 51 S. 2 m.w.N., vom 26. Novem-
ber 2001 - BVerwG 1 B 347.01 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 52 S. 4
und vom 9. Januar 2009 - BVerwG 5 B 53.08 - juris Rn. 9). Eine Ausnahme
hiervon gilt zwar dann, wenn das Gericht seine Entscheidung auf Anforderun-
gen an den Sachvortrag oder auf sonstige rechtliche Gesichtspunkte stützen
will, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach
dem bisherigen Prozessverlauf - selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt ver-
tretbarer Rechtsauffassungen - nicht zu rechnen brauchte (vgl. Beschluss vom
29. Juli 2004 - BVerwG 9 B 23.04 - juris m.w.N.). So liegen die Dinge hier je-
doch nicht.
Das Vorbringen der Beschwerde (Beschwerdebegründung S. 5), die Kammer
habe durch ihre Verfahrensführung erkennen lassen, dass es auf die Voll-
machtsbestätigung vom 12. Juni 2008 nicht ankommen werde, trifft nicht zu.
Zwar ist im Vorfeld der mündlichen Verhandlung zwischen den Beteiligten und
dem Verwaltungsgericht insbesondere die Frage behandelt worden, welche
Bedeutung der (Kündigungs-)Erklärung der Frau O. vom 21. Februar 2008 zu-
kam und wann diese Erklärung dem Beklagten in rechtserheblicher Weise zu-
gegangen ist. Allerdings hat das Verwaltungsgericht jedenfalls während der
mündlichen Verhandlung am 12. November 2010 - das stellt auch die Be-
schwerde nicht in Abrede - auf die Existenz der Vollmachtsbestätigung der
Frau O. vom 12. Juni 2008 hingewiesen und die damit im Zusammenhang ste-
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henden Fragen mit den Beteiligten erörtert. Dies geht aus dem Vermerk des
Vorsitzenden Richters vom 4. Februar 2011 hervor, dessen Inhalt als solcher
von der Beschwerde nicht bestritten worden ist. Darin hat dieser festgehalten,
dass im Rahmen der rechtlichen Erörterung in der mündlichen Verhandlung die
Erklärung der Frau O. vom 12. Juni 2008 (Vollmachtsbestätigung) eine erhebli-
che Rolle gespielt habe. Diesen Verhandlungsablauf hat wiederum der beisit-
zende Richter in seinem Vermerk vom 7. Februar 2011 bestätigt. Bereits auf-
grund dieser Erörterung in der mündlichen Verhandlung am 12. November 2010
mussten die Prozessbevollmächtigten des Klägers damit rechnen, dass das
Verwaltungsgericht der besagten Vollmachtsbestätigung eine entscheidungser-
hebliche Bedeutung beimessen könnte. Eines ausdrücklichen Hinweises des
Gerichts darauf, dass es allein auf diese Vollmacht und deren Wirksamkeit an-
kommen werde, bedurfte es entgegen der Ansicht der Beschwerde nicht. Das
Verwaltungsgericht war - wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt - jeden-
falls nicht gehalten, ein etwaiges Prozessergebnis bereits in der mündlichen
Verhandlung kundzutun und damit seiner erst im Anschluss daran stattfinden-
den abschließenden Beratung vorzugreifen.
Überdies hat das Verwaltungsgericht ausweislich der Sitzungsniederschrift vom
12. November 2010 den von der Klägerseite gestellten Beweisantrag, der ins-
besondere die Umstände des Zugangs der Erklärung von Frau O. vom
21. Februar 2008 bei der Beklagten betraf, explizit mit der Begründung abge-
lehnt, dass „es auf die in dem Antrag erhobenen Beweisbehauptungen im Hin-
blick auf die vorliegende Vollmacht vom 12. Juni 2008 rechtlich nicht ankommt.“
Spätestens aufgrund dieser Begründung musste für die Prozessbevollmächtig-
ten des Klägers erkennbar sein, dass das Verwaltungsgericht dieser Vollmacht
bzw. Vollmachtsbestätigung eine entscheidungserhebliche Bedeutung beige-
messen hat; sie mussten daher damit rechnen, dass es seine Entscheidung
maßgeblich darauf stützen könnte. Vor diesem Hintergrund kann entgegen der
Beschwerde (Beschwerdebegründung S. 7) keine Rede davon sein, das Ver-
waltungsgericht habe die Parteien mit seinen Ausführungen auf S. 6 f. des Ur-
teils zur Erheblichkeit dieser Vollmacht in unzulässiger Weise überrascht.
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1.2 Die Rüge der Beschwerde, das Verwaltungsgericht habe es versäumt, dem
Kläger „ausreichende Gelegenheit zur Stellungnahme“ zu geben, um auf die
neuen Gesichtspunkte (Entscheidungserheblichkeit der Vollmachtsbestätigung
vom 12. Juni 2008) einzugehen (Beschwerdebegründung S. 7 f.), greift aus den
vorstehenden Gründen ebenfalls nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat viel-
mehr der sich aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör ergebenden Pflicht, den
Prozessbeteiligten Gelegenheit zur Äußerung zu den entscheidungserheblichen
Umständen zu geben und ihre Ausführungen zur Kenntnis zu nehmen und in
Erwägung zu ziehen (vgl. BVerfG, u.a. Beschluss vom 10. Juni 1975 - 2 BvR
1086/74 - BVerfGE 40, 101 <104 f.>), Genüge getan, indem es die Frage der
Bedeutung dieser Vollmachtsbestätigung mit den Beteiligten erörtert hat.
Der Annahme einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör stünde
zudem entgegen, dass der in der mündlichen Verhandlung durch zwei Pro-
zessbevollmächtigte vertretene Kläger es selbst versäumt hätte, seine Möglich-
keiten zu nutzen, sich hinreichend Gehör zu verschaffen. Ausweislich der Sit-
zungsniederschrift vom 12. November 2010 hat der Vorsitzende Richter die
mündliche Verhandlung zwar kurze Zeit nach der Begründung des Gerichts,
warum der vom Kläger gestellte Beweisantrag abzulehnen sei, geschlossen.
Allerdings hat er - wie auch aus seinem inhaltlich nicht bestrittenen Vermerk
vom 4. Februar 2011 (bestätigt durch den Vermerk des beisitzenden Richters
vom 7. Februar 2011) hervorgeht - den Beteiligten noch die Möglichkeit zur
Äußerung gegeben. Soweit sich der durch Bevollmächtigte vertretene Kläger
nicht in der Lage gesehen hätte, noch in der mündlichen Verhandlung sachge-
recht zu dem nunmehr von ihm gerügten Aspekt Stellung zu nehmen, hätte er
sich hierzu noch äußern und ggf. sachdienliche Anträge (etwa auf Schriftsatz-
nachlass oder Vertagung) stellen können (vgl. Beschluss vom 29. Februar 2000
- BVerwG 4 B 13.00 - Buchholz 310 § 104 VwGO Nr. 29). Dies ist jedoch nicht
geschehen. Etwas anderes ergibt sich weder aus der Sitzungsniederschrift
noch wird dies von der Beschwerde selbst behauptet.
2. Das Verwaltungsgericht hat auch nicht gegen den in § 108 Abs. 1 Satz 1
VwGO enthaltenen Grundsatz verstoßen, wonach das Gericht nach seiner frei-
en, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung ent-
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scheidet. Die Beschwerde rügt insoweit ohne Erfolg, das (rechtliche) Ergebnis
des Verwaltungsgerichts, dass „die auf den 12.06.2008 datierte Vollmachtsbe-
stätigung wirksam ist“, sei unter Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes ge-
wonnen worden, „da die Kammer bei ihrer Annahme der Wirksamkeit der Voll-
machtsbestätigung einen wesentlichen Teil des unstreitigen und aus den der
Kammer in der mündlichen Verhandlung vorliegenden Akten ersichtlichen
Sachverhalts nicht berücksichtigt“ habe (Beschwerdebegründung S. 12, S. 9).
Soweit mit diesem Vorbringen eine fehlerhafte Verwertung des dem Gericht
vorliegenden Tatsachenmaterials und eine daraus resultierende unzutreffende
rechtliche Würdigung (Wirksamkeit der Vollmachtsbestätigung) beanstandet
werden sollen, wird ein Verfahrensfehler nicht bezeichnet. Mit der Rüge einer
fehlerhaften Verwertung des dem Gericht vorliegenden Tatsachenmaterials wird
zunächst nur ein - angeblicher - Fehler in der Sachverhaltswürdigung ange-
sprochen. Ein solcher Fehler ist revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfah-
rensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen und kann deshalb einen
Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO grundsätzlich nicht
begründen (vgl. Beschlüsse vom 2. November 1995 - BVerwG 9 B 710.94 -
Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266 S. 18 f. und vom 3. Dezember 2008
- BVerwG 4 BN 26.08 - juris). Ausnahmefälle kommen bei einer sog. Aktenwid-
rigkeit oder bei einer gegen die Denk- oder Naturgesetze verstoßenden oder
sonst von Willkür geprägten Sachverhaltswürdigung in Betracht.
Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang eine Verletzung des Über-
zeugungsgrundsatzes aus § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO durch den hier allein in
Betracht zu ziehenden Ausnahmefall einer aktenwidrigen oder sonst von Willkür
geprägten Sachverhaltswürdigung geltend machen will, führt dies nicht zum
Erfolg. Die auf diesen Gesichtspunkt gestützte Verfahrensrüge setzt nämlich
einen „zweifelsfreien“, also ohne weitere Beweiserhebung offensichtlichen Wi-
derspruch zwischen den Feststellungen des Verwaltungsgerichts und dem Ak-
teninhalt voraus (Beschlüsse vom 17. September 2002 - BVerwG 9 B 43.02 -
Buchholz 406.11 § 133 BauGB Nr. 133 und vom 19. November 1997 - BVerwG
4 B 182.97 - Buchholz 406.11 § 153 BauGB Nr. 1 m.w.N.). Dies hat die Be-
schwerde hier nicht aufgezeigt. In Wahrheit wendet sich die Beschwerde mit
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der Rüge einer Verletzung des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO gegen die dem Tat-
sachengericht obliegende Feststellung und Würdigung des entscheidungser-
heblichen Sachverhalts, die sie selbst für falsch hält, jedoch ohne einen Verfah-
rensverstoß im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO darzutun.
Die Beschwerde legt bereits nicht schlüssig dar, dass die von ihr (Beschwerde-
begründung S. 9 ff.) als Akteninhalt bezeichneten Tatsachen zu dem für die
Überzeugungsbildung des Gerichts maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der
mündlichen Verhandlung überhaupt zum Gegenstand des hier in Rede stehen-
den verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (Az.: 4 K 28.10) gemacht worden sind.
Sie bringt insoweit vor, dass sich die Unterlagen in den Akten eines weiteren
vor der Kammer anhängigen Verfahrens (Az.: 4 K 24.10) befunden hätten und
das Verwaltungsgericht, wenn es diese Unterlagen berücksichtigt hätte, nicht
von der Wirksamkeit der Vollmachtsbestätigung vom 12. Juni 2008 ausgegan-
gen wäre (Beschwerdebegründung S. 18). Es ist aber für das Beschwerdege-
richt bereits nicht erkennbar, dass sich die von der Beschwerde bezeichneten
und im Beschwerdeverfahren (Beschwerdebegründung Ziffer 1 c, S. 9 ff.) be-
nannten Unterlagen tatsächlich in diesen Akten befanden. Jedenfalls hat die
Beschwerde weder schlüssig dargelegt noch ist sonst ersichtlich, dass die ge-
nannten Akten des anderen Verfahrens (Az.: 4 K 24.10) - selbst wenn sie den
bezeichneten Inhalt aufweisen würden - etwa im Wege der Beiziehung über-
haupt zum Gegenstand des vorliegend in Rede stehenden verwaltungsgerichtli-
chen Verfahrens (Az.: 4 K 28.10) gemacht worden sind.
Zudem wird auch nicht substantiiert dargetan, dass diese Akten dem Gericht in
der mündlichen Verhandlung am 12. November 2010 tatsächlich vorgelegen
haben. Greifbare Anhaltspunkte hierfür lassen sich weder aus der Gerichtsakte
noch aus der Sitzungsniederschrift entnehmen. Auch im angegriffenen Urteil
hat das Verwaltungsgericht nur darauf verwiesen, dass die Streitakte (des vor-
liegenden Verfahrens) einschließlich der (zu dieser gehörigen) Verwaltungsvor-
gänge des Beklagten vorgelegen haben und zum Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gemacht worden sind. Schließlich hat auch der Vorsitzende Rich-
ter in seinem Vermerk vom 4. Februar 2011 ausschließlich auf die Verwal-
tungsvorgänge zum vorliegenden Verfahren Bezug genommen. In diesen be-
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fand sich auch (in Kopie) die streitige Vollmachtsbestätigung vom 12. Juni 2008
(Bl. 177 des Verwaltungsvorgangs der Beklagten, Az.: B 2199 - 1- 25614/03 -
Widerspruchsakte). Es erscheint danach nicht ausgeschlossen, dass die Pro-
zessbevollmächtigten des Klägers diese in der mündlichen Verhandlung einge-
sehen haben (vgl. Vermerk des Vorsitzenden Richters vom 4. Februar 2011).
Demgegenüber sind die von der Beschwerde bezeichneten Unterlagen, welche
das Verwaltungsgericht nach ihrer Ansicht hätte verwerten sollen, jedenfalls
nicht in der vorliegenden Streitakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgän-
gen enthalten, sondern erst im Beschwerdeverfahren vorgelegt worden.
Selbst wenn die von der Beschwerde bezeichneten Unterlagen als Bestandteile
der Akten des anderen Verfahrens (Az.: 4 K 24.10) zum Gegenstand des vor-
liegend in Rede stehenden Verfahrens gemacht worden wären, hätte die Be-
schwerde die Voraussetzungen einer Aktenwidrigkeit im oben genannten Sinne
nicht hinreichend dargelegt. Es ist für den Senat nicht erkennbar, dass ein of-
fensichtlicher Widerspruch zwischen den Feststellungen des Verwaltungsge-
richts und dem Akteninhalt vorlag und die Kammer des Verwaltungsgerichts bei
Heranziehung des von der Beschwerde genannten Tatsachenmaterials zu der
rechtlichen Bewertung hätte kommen müssen, dass die Vollmachtsbestätigung
vom 12. Juni 2008 unwirksam ist. Denn dem stünde anderer Akteninhalt bzw.
Tatsachenvortrag entgegen (so etwa die in dem Verwaltungsvorgang zum vor-
liegenden Verfahren befindliche und für die Wirksamkeit der Vollmachtsbestäti-
gung vom 12. Juni 2008 sprechende Stellungnahme des Rechtsanwalts S. vom
17. Oktober 2008 mit Anlagen, Bl. 140 - 208 des Verwaltungsvorgangs der Be-
klagten, Az.: B 2199 - 1- 25614/03 - Widerspruchsakte).
3. Im Hinblick auf die von der Beschwerde beanstandete mangelnde Heranzie-
hung bzw. Verwertung der von ihr bezeichneten Materialien käme allenfalls ein
Verstoß des Verwaltungsgerichts gegen den Aufklärungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1
VwGO) in Betracht. Einen solchen Verstoß hat die Beschwerde in diesem Zu-
sammenhang jedoch nicht als Verfahrensmangel gerügt.
Selbst wenn man den Vortrag der Beschwerde noch als eine sinngemäß erho-
bene Aufklärungsrüge ausreichen ließe, wäre damit ein Aufklärungsmangel des
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Verwaltungsgerichts nicht dargetan. Nach ständiger Rechtsprechung des Bun-
desverwaltungsgerichts erfordert die Rüge einer Verletzung der gerichtlichen
Aufklärungspflicht die substantiierte Darlegung, welche Tatsachen auf der
Grundlage der materiellrechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts aufklä-
rungsbedürftig waren, welche für erforderlich oder geeignet gehaltenen Aufklä-
rungsmaßnahmen hierfür in Betracht kamen, welche tatsächlichen Feststellun-
gen dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese unter
Zugrundelegung der materiellrechtlichen Auffassung des Tatsachengerichts zu
einer für den Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätten führen kön-
nen. Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor
dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die
Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt
wird, hingewirkt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Ge-
richt die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten
aufdrängen müssen. Denn die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Ver-
säumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz, vor allem das
Unterlassen der Stellung von Beweisanträgen, zu kompensieren (Urteil vom
22. Januar 1969 - BVerwG 6 C 52.65 - BVerwGE 31, 212 <217 f.>; Beschlüsse
vom 13. Juli 2007 - BVerwG 9 B 1.07 - juris, vom 21. Februar 2008 - BVerwG
5 B 122.07 - juris und vom 2. Juni 2008 - BVerwG 4 B 32.08 - juris). Eine derar-
tige substantiierte Darlegung enthält die Beschwerdebegründung jedenfalls
nicht.
Es ist bereits weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass der in der mündli-
chen Verhandlung vor dem Tatsachengericht durch seine Verfahrensbevoll-
mächtigten vertretene Kläger auf eine entsprechende Sachverhaltsaufklärung
hingewirkt hätte und etwa die Beiziehung der anderen Verfahrensakte (Az.: 4 K
24.10) beantragt oder in der mündlichen Verhandlung am 12. November 2010
in Bezug auf die Frage der Wirksamkeit der Vollmachtsbestätigung vom
12. Juni 2008 einen förmlichen Beweisantrag im Sinne von § 86 Abs. 2 VwGO
gestellt hätte. Die Beschwerde legt schließlich auch nicht hinreichend dar, wa-
rum sich dem Verwaltungsgericht auf der Grundlage seiner Rechtsansicht und
des ihm zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vorliegenden Tatsachen-
materials eine weitere Sachverhaltsaufklärung hätte aufdrängen müssen.
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4. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2
Halbs. 2 VwGO).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfest-
setzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.
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Dr. Störmer
Dr. Häußler
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