Urteil des BVerwG vom 30.04.2004

Richteramt, Hochschule, Zustellung, Rechtsmittelbelehrung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 5 B 108.03 (5 C 13.04)
OVG 2 A 1226/02
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. April 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S ä c k e r und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht S c h m i d t und Prof. Dr. B e r l i t
beschlossen:
Auf die Beschwerde des Beigeladenen wird die Entscheidung
des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen
über die Nichtzulassung der Revision gegen seinen Beschluss
vom 1. August 2003 aufgehoben und die Revision zugelassen.
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens
folgt der Kostenentscheidung in der Hauptsache.
G r ü n d e :
Die Beschwerde des Beigeladenen gegen die Entscheidung des Oberverwaltungs-
gerichts für das Land Nordrhein-Westfalen über die Nichtzulassung der Revision ge-
gen seinen Beschluss vom 1. August 2003 ist begründet.
Der Rechtssache kommt allerdings nicht die von der Beschwerde geltend gemachte
grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) der Rechtssache in Bezug auf
die Frage zu, "ob im Rahmen der Anwendung der Fiktion des § 6 Abs. 2 Satz 5
BVFG die vollen Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift zu verlangen sind
oder ob nur der Rechtsgedanke dieser Vorschrift anzuwenden ist"; denn diese
Rechtsfrage ist durch die Urteile des Senats vom 13. November 2003 - BVerwG 5 C
14.03, 5 C 40.03 und 5 C 41.03 - geklärt.
Die Revision ist aber wegen der nachträglich von dem Beigeladenen gerügten Diver-
genz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen. Nach der Rechtsprechung des Bun-
desverwaltungsgerichts ist die Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen,
wenn sich aus einem nachträglich ergangenen, die grundsätzliche Rechtsfrage klä-
renden Urteil ergibt, dass die angefochtene Entscheidung von ihm abweicht (vgl. Be-
schluss vom 24. Mai 1965 - BVerwG 3 B 10.65 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 49)
und in Bezug auf die Rechtsfrage, hinsichtlich der abgewichen sein soll, vor Ablauf
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der Beschwerdebegründungsfrist die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher
Bedeutung beantragt und in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO
genügenden Weise dargelegt worden ist (BVerwG, Beschluss vom 20. März 1985
- BVerwG 3 B 83.84 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 230 und vom 7. Januar 1993
- BVerwG 4 NB 42.92 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 74). So liegt es hier. Der
Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 1. August 2003 weicht mit dem zu § 6
Abs. 2 BVFG in der Fassung des Gesetzes zur Klarstellung des Spätaussiedlerstatus
(Spätaussiedlerstatusgesetz - SpStatG) vom 30. August 2001 (BGBl I 2266) auf-
gestellten Rechtssatz, die Einfügung des Wortes "nur" in den Gesetzestext der bei-
den ersten Bekenntnisalternativen diene allein dem Zweck, die nach der Vertriebe-
nenrechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BVFG
in der bis zum 6. September 2001 geltenden Fassung bestehende Möglichkeit der
besonderen Ernsthaftigkeit des revidierten Bekenntnisses in Abgrenzung zum bloßen
Lippenbekenntnis zukünftig auszuschließen, so dass es vorliegend auf die weitere
Voraussetzung des § 6 Abs. 2 Satz 5 BVFG, nämlich dass der Wille, der deutschen
Volksgruppe anzugehören, unzweifelhaft sein muss, nicht ankomme, von den in den
Urteilen des Senats vom 13. November 2003 - BVerwG 5 C 14.03, 5 C 40.03 und
5 C 41.03 - aufgestellten Rechtssätzen zu § 6 Abs. 2 Satz 1 und 5 BVFG ab. Diese
Abweichung von den nachträglich ergangenen Senatsurteilen ist hier auch
entscheidungserheblich; das Berufungsgericht hat - anders als in den Berufungsent-
scheidungen, welche den Beschlüssen des Senats vom 29. Dezember 2003
- BVerwG 5 B 17.03 und 5 B 21.03 - zu Grunde lagen - keine tatsächlichen Feststel-
lungen zu der Frage getroffen, ob die Klägerin zu 1 unzweifelhaft den Willen hatte,
der deutschen Volksgruppe und keiner anderen anzugehören.
Rechtsmittelbelehrung
Das Beschwerdeverfahren wird als Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen
BVerwG 5 C 13.04 fortgesetzt; der Einlegung einer Revision durch den Beigeladenen
bedarf es nicht.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu be-
gründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1,
04107 Leipzig, einzureichen.
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Für den Revisionskläger besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Begrün-
dung der Revision. Der Revisionskläger muss sich durch einen Rechtsanwalt oder
einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmen-
gesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Ju-
ristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch
Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im
höheren Dienst, Gebietskörperschaften ferner durch Beamte oder Angestellte mit
Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen
kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertre-
ten lassen. In derselben Weise muss sich jeder Beteiligte vertreten lassen, soweit er
einen Antrag stellt.
Dr. Säcker
Schmidt
Prof. Dr. Berlit