Urteil des BVerwG vom 27.07.2004

Urkunde, Echtheit, Rechtseinheit, Übergangsregelung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 5 B 101.03
OVG 6 B 13.02
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. Juli 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S ä c k e r und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht S c h m i d t und Dr. R o t h k e g e l
beschlossen:
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Re-
vision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom
12. Juni 2003 wird zurückgewiesen.
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Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 8 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) kommt
der Rechtssache nicht zu. Die Beschwerde wirft als rechtsgrundsätzlich bedeutsam
die Frage auf:
"Ist § 6 Abs. 2 BVFG in der ab 01.01.1993 geltenden Fassung auch auf solche
Personen anwendbar, die ein Vertreibungsgebiet vor dem 01.01.1993 verlassen
haben und über deren Antrag noch nicht unanfechtbar entschieden worden
ist?".
Die Beschwerde legt indes nicht dar, inwiefern die Anwendung des § 6 Abs. 2 BVFG
in der ab dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung dem Klagebegehren zum Erfolg
verholfen hätte. Soweit die Kläger unter Hinweis auf das Spätaussiedlerstatusgesetz
in Verbindung mit § 100 a BVFG geltend machen, auch auf sie sei § 6 Abs. 2 BVFG
n.F. anzuwenden, verkennen sie überdies, dass sich § 100 a BVFG auf Antragsver-
fahren nach § 15 Abs. 1 BVFG in dessen aktueller, am 30. August 2001 geltenden
Fassung und damit auf Spätaussiedlerbescheinigungen bezieht, nicht aber auf (die
hier von den bereits 1982 eingereisten Klägern betriebenen) Verfahren auf Ausweise
beziehungsweise Feststellungen als Vertriebene nach § 1 BVFG.
Ferner ist die Rechtsgrundsätzlichkeit der aufgeworfenen Frage deswegen zu ver-
neinen, weil die Übergangsregelung des § 100 BVFG mit dem Ablauf der Über-
gangszeit seine Anwendbarkeit verliert. Fragen, die ausgelaufenes oder demnächst
auslaufendes Recht betreffen, haben aber in aller Regel - so auch hier - keine
grundsätzliche Bedeutung, weil ihre Klärung für den Erhalt der Rechtseinheit oder die
Weiterentwicklung des Rechts nicht von Bedeutung ist.
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Auch die von der Beschwerde erhobene Verfahrensrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO)
greift nicht durch. Zu Unrecht rügt die Beschwerde als Sachaufklärungsmangel, dass
das Berufungsgericht den in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsbeweisan-
trägen nicht nachgekommen ist. Das Berufungsgericht hat die unter Beweis gestell-
ten Tatsachen zum Teil als wahr unterstellt, zum Teil hat es sie als für die Entschei-
dung unerheblich erachtet. Dass trotz der Wahrunterstellung, wie die Beschwerde
beanstandet, für die Kläger "negative Folgerungen hergeleitet werden", stellt nicht
deshalb, weil das Berufungsgericht aus den als wahr unterstellten Tatsachen andere
Schlüsse gezogen hat als die Kläger sie ziehen, einen Verstoß gegen § 86 Abs. 1
VwGO dar. Der von der Beschwerde behauptete Widerspruch einer Wahrunterstel-
lung zu der vom Berufungsgericht gezogenen Schlussfolgerung, dass die deutsche
Volkszugehörigkeit der Kläger gleichwohl nicht erwiesen sei, besteht nicht. Aus den
von den Klägern bezeichneten Beweismitteln ergibt sich, auch soweit die Vorinstanz
deren Aussage als wahr unterstellt hat, nicht, dass die Kläger deutsche Volkszuge-
hörige sind. Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist das Berufungsurteil auf S. 21
insbesondere nicht davon ausgegangen, dass die vorgelegte Wehrpassunterlage in
Bezug auf die darin angegebene Volkszugehörigkeit inhaltlich richtig sei. Das Beru-
fungsgericht hat die Angaben der Kläger zu der von ihnen vorgelegten Wehrpassun-
terlage als richtig unterstellt, auch hat es unterstellt, dass diese Unterlage echt sei.
Aus der Echtheit einer Urkunde ergibt sich aber nicht ihre inhaltliche Richtigkeit. Von
einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO ab.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100
Abs. 1 ZPO, die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes auf § 13 Abs. 1
Satz 2, § 14 GKG a.F. i.V.m. § 72 GKG in der Fassung des Kostenrechtsmodernisie-
rungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl I S. 718).
Dr. Säcker Schmidt Dr. Rothkegel