Urteil des BVerwG vom 26.04.2006

Aufschiebende Wirkung, Vorrang, Fristverlängerung, Anfechtungsklage

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 VR 1004.06 (4 A 1040.04)
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 26. April 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Paetow
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Halama und Prof. Dr. Rojahn
beschlossen:
Der Beschluss vom 3. Mai 2005 - BVerwG 4 VR
1010.04 - wird geändert, soweit der Senat darin die auf-
schiebende Wirkung der Klage der Antragsteller gegen
den Planfeststellungsbeschluss des Ministeriums für
Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr des Landes
Brandenburg vom 13. August 2004 angeordnet hat. Der
Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtschutzes wird
in vollem Umfang abgelehnt.
Von den Kosten des Änderungsverfahrens einschließ-
lich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen
tragen die Antragsteller zu 1 und 2, 18 und 19 jeweils
1/4 (die Antragsteller zu 18 und zu 19 als Gesamt-
schuldner) sowie die Antragsteller zu 16 und zu 17 je-
weils 1/8.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Ände-
rungsverfahren auf 30 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Anträge des Antragsgegners und der Beigeladenen, den Senatsbe-
schluss vom 3. Mai 2005 zu ändern, sind nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO
statthaft und auch sonst zulässig. Hat das Gericht der Hauptsache im Ver-
fahren nach § 80 Abs. 5 VwGO eine Entscheidung getroffen, so kann jeder
Beteiligte die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ur-
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sprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstän-
de beantragen.
Die Anträge sind begründet. Die Voraussetzungen für eine Änderung des
Senatsbeschlusses vom 3. Mai 2005 liegen vor. Veränderte Umstände
rechtfertigen es nicht länger, an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung
der Klage der Antragsteller festzuhalten.
Der Senat hat sich nach dem seinerzeitigen Erkenntnisstand außerstande
gesehen, eine Prognose über den Prozessausgang anzustellen. Unter Hin-
weis darauf, dass im Hauptsacheverfahren eine Vielzahl zum Teil schwieri-
ger Tatsachen- und Rechtsfragen unter Einschluss insbesondere der Stand-
ort- und der Immissionsschutzproblematik sowie der raumordnungsrechtli-
chen Vorgaben und der Anforderungen des Natur-, des Wasser- und des
Bodenschutzrechts zu klären sei, hat er die Frage, ob die Anfechtungsklage
Erfolg haben werde, als offen bezeichnet und in dieser Situation der Unge-
wissheit im Wege einer Interessenabwägung dem Aufschubinteresse der
Antragsteller nach Maßgabe des Tenors der Entscheidung vom 3. Mai 2005
den Vorrang vor dem Vollzugsinteresse des Antragsgegners und der Beige-
ladenen eingeräumt.
Für eine solche Interessenbewertung ist kein Raum mehr. Die Beurteilungs-
grundlagen haben sich verändert. In den nach § 93a VwGO ausgewählten
Musterverfahren liegen inzwischen Hauptsacheentscheidungen vor. Wie aus
den Urteilen vom 16. März 2006 in den Verwaltungsstreitsachen BVerwG
4 A 1001.04, 4 A 1073.04, 4 A 1075.04 und 4 A 1078.04 zu ersehen ist, geht
der Senat davon aus, dass der Planfeststellungsbeschluss vom 13. August
2004 zwar punktuell nachbesserungsbedürftig ist, aber weder unter spezi-
fisch planungsrechtlichen Gesichtspunkten noch unter den sonst rechtlich
relevanten Aspekten Mängel aufweist, die so schwer wiegen, dass sie nicht
im Wege der Planergänzung behoben werden können, sondern zu einer
Planaufhebung nötigen.
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Nach dem bisherigen Vorbringen der Antragsteller sind keine Anhaltspunkte
dafür vorhanden, dass in dem ausgesetzten Verfahren Tatsachen- und
Rechtsfragen von Bedeutung sind, die in den Musterverfahren keine Rolle
gespielt haben und die es, anders als in den mit Urteilen vom 16. März 2006
abgeschlossenen Fällen, rechtfertigen, den angefochtenen Planfeststel-
lungsbeschluss in vollem Umfang aufzuheben. Auch im Schriftsatz vom
24. April 2006 tragen die Antragsteller nichts dazu vor. Eine Fristverlänge-
rung kann angesichts der Eilbedürftigkeit der Sache nicht gewährt werden.
Sollten derzeit nicht ersichtliche Umstände im weiteren Gang des Verfahrens
zutage treten, so kann ihnen gegebenenfalls in dem durch § 80 Abs. 7
VwGO abgesteckten Rahmen Rechnung getragen werden.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 und § 159 Satz 1
VwGO i.V.m. § 100 ZPO. Eine weitere Erhebung von Gerichtskosten erfolgt
aufgrund Vorbemerkung 5.2 Abs. 2 Satz 2 KV des GKG nicht. Die Streitwert-
festsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.
Dr. Paetow
Halama
Prof. Dr. Rojahn
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