Urteil des BVerwG vom 01.07.2003

Aufschiebende Wirkung, Grundstück, Wehr, Erlass

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 VR 1.03 (4 A 1.03)
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 1. Juli 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a e t o w
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht H a l a m a und G a t z
beschlossen:
Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der vom Antragsteller erho-
benen Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss des Antragsgeg-
ners vom 17. Dezember 2002 anzuordnen, wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Antragsverfahren auf
25 000 € festgesetzt.
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G r ü n d e :
Der Antrag ist unbegründet. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des an-
gefochtenen Planfeststellungsbeschlusses überwiegt das Interesse des Antragstellers, bis
zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens vor Vollzugsmaßnahmen verschont zu bleiben.
Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand verspricht die Klage des Antragstellers keine Aus-
sicht auf Erfolg. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss beruht, soweit sich dies im
derzeitigen Verfahrensstadium überblicken lässt, nicht auf einer Verletzung von Rechtsvor-
schriften, die im Klageverfahren zur Folge haben könnten, dass er aufgehoben oder für
rechtswidrig erklärt wird. In dieser Situation würde es dem mit § 5 Abs. 2 Satz 1 VerkPBG
verfolgten Beschleunigungszweck zuwiderlaufen, dem Antragsgegner die ihm vom Gesetz-
geber eingeräumte Möglichkeit der sofortigen Vollziehung allein mit Rücksicht darauf zu ent-
ziehen, dass der Antragsteller sich im Klagewege gegen das Vorhaben zur Wehr setzt.
Der Antragsteller kann nicht alle Mängel, die dem Planfeststellungsbeschuss nach seiner
Ansicht anhaften, mit Erfolg rügen. Zwar ist der (Mit-)Eigentümer eines Grundstücks, das für
ein Straßenbauvorhaben unmittelbar in Anspruch genommen wird, nicht darauf beschränkt,
eigene Belange geltend zu machen. Wegen der enteignungsrechtlichen Vorwirkungen, die
der Planfeststellungsbeschluss nach § 19 Abs. 2 FStrG entfaltet, kann er gestützt auf Art. 14
Abs. 3 Satz1 GG, wonach die Enteignung nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig ist,
auch öffentliche Belange ins Feld führen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. März 1983 - BVerwG
4 C 80.79 - BVerwGE 67, 74). Dies gilt auch dann, wenn sich ein Naturschutzverein als
(Mit-)Eigentümer eines "Sperrgrundstücks" gegen einen Planfeststellungsbeschluss zur
Wehr setzt (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. April 1997 - BVerwG 4 C 5.96 - BVerwGE 104, 236).
Aus dieser Rechtsprechung kann der Antragsteller für sich indes nichts herleiten. Denn das
Grundstück, das ihm unter dem Blickwinkel des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG als Anknüpfungs-
punkt für seine Angriffe gegen die Planung des Antragsgegners dient, liegt nicht im Tras-
senbereich des Vorhabens, das den Gegenstand des angefochtenen Planfeststellungsbe-
schlusses bildet, sondern in dem Nachbarabschnitt, der durch den Planfeststellungsbe-
schluss vom 20. März 2002 abgedeckt wird. Der Antragsteller stellt diese Besonderheit nicht
in Abrede, er meint aber unter Hinweis auf die "Zwangspunkt"-Rechtsprechung des Senats,
diesem Umstand keine rechtliche Bedeutung beimessen zu müssen. Dem ist nicht zu folgen.
Der Antragsteller missversteht das Anliegen der von ihm zitierten Senatsrechtsprechung.
Danach kann sich ein Eigentümer gegen eine heranrückende Planung, die sein Grundstück
noch nicht unmittelbar betrifft, zur Wehr setzen, wenn ein Zwangspunkt geschaffen wird, der
im weiteren Planungsverlauf zwangsläufig dazu führen muss, dass er in seinen Rechten
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betroffen wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 26. Juni 1981 - BVerwG 4 C 5.78 - BVerwGE 62,
342 und vom 21. März 1996 - BVerwG 4 C 1.95 - Buchholz 407.4 §17 FStrG Nr. 115; Be-
schluss vom 2. November 1992 - BVerwG 4 B 205.92 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 92).
In einer solchen Situation befindet sich der Antragsteller nicht. Der von ihm angegriffene
Planfeststellungsbeschluss vom 17. Dezember 2002 hat nicht den Charakter einer heranrü-
ckenden Planung im Sinne der Senatsrechtsprechung. Der planerische Zugriff auf das
Grundstück des Antragstellers ist nicht eine - drohende - Folge dieser Planungsentschei-
dung, sondern beruht auf dem Planfeststellungsbeschluss, der zeitlich früher, nämlich am
20. März 2002, für den Nachbarabschnitt erlassen wurde. Um seine Rechte als Miteigentü-
mer zu wahren, ist der Antragsteller nicht darauf angewiesen, den Planfeststellungsbe-
schluss vom 17. Dezember 2002 anzufechten. Vielmehr kann er unmittelbar gegen den
Planfeststellungsbeschluss vom 20. März 2002 vorgehen. Von dieser Möglichkeit hat er nach
seinem eigenen Vorbringen auch tatsächlich Gebrauch gemacht. Die "Zwangspunkt"-
Rechtsprechung des Senats dient der Sicherung eines effektiven Rechtsschutzes. Sie lässt
sich nicht dafür nutzbar machen, vorhandene Rechtsschutzmöglichkeiten zu erweitern (vgl.
auch BVerwG, Beschluss vom 29. August 2000 - BVerwG 4 BN 40.00 - Buchholz 310 § 47
VwGO Nr. 143).
Auch sonst verspricht der Versuch des Antragstellers, den Planfeststellungsbeschluss vom
17. Dezember 2002 mit Einwänden zu bekämpfen, die den Nachbarabschnitt betreffen, kei-
ne Aussicht auf Erfolg. Der Antragsteller macht selbst nicht geltend, dass die vom ihm als
faktisches Vogelschutzgebiet und als herausragende Kulturlandschaft charakterisierten sen-
Vorhaben in Mitleidenschaft gezogen werden, gegen dessen Zulassung er sich im anhängi-
gen Rechtsstreit wendet. Der planfestgestellte Abschnitt endet weit außerhalb der von ihm
genannten Bereiche.
Auch die Senatsrechtsprechung, wonach sich eine abschnittsweise Planung als fehlerhaft
erweisen kann, wenn der Verwirklichung des Vorhabens in einem Nachbarabschnitt unaus-
räumbare Hindernisse entgegenstehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 28. Februar 1996
- BVerwG 4 A 27.95 - und vom 31. Januar 2002 - BVerwG 4 A 15.01 - Buchholz 407.4 § 17
FStrG Nrn. 110 und 168), vermag dem Antragsteller nicht weiterzuhelfen. Selbst wenn der
Antragsgegner mit seinen weitergehenden Planungsvorstellungen im Anschlussabschnitt
wegen unüberwindlicher Raumwiderstände nicht durchdringen sollte, entbehrt die Planung,
die den Gegenstand des anhängigen Rechtsstreits bildet, nicht der eigenen Rechtfertigung.
Sie ist zwar eingebettet in ein umfassenderes Konzept, der Antragsgegner hat jedoch klar-
gestellt, dass er dem umstrittenen Abschnitt eine eigenständige Verkehrsfunktion beimisst,
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die unabhängig davon zum Tragen kommt, ob sich die Planung weiterführen lässt oder nicht
(PFB S. 88/89).
In seiner Eigenschaft als anerkannter Naturschutzverein ist der Antragsteller nach § 61
Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatschG klagebefugt. Anders als ein enteignungsrechtlich betroffener
Grundeigentümer ist er indes auf die in § 61 Abs. 2 Nr. 1 BNatschG aufgezählten Klage-
gründe beschränkt. Danach kann er geltend machen, dass der Erlass des von ihm ange-
fochtenen Verwaltungsaktes Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes, Rechtsvorschrif-
ten, die aufgrund oder im Rahmen des Bundesnaturschutzgesetzes erlassen worden sind
oder fortgelten, oder anderen Rechtsvorschriften, die bei Erlass des Verwaltungsaktes zu
beachten und zumindest auch den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege
zu dienen bestimmt sind, widerspricht.
Auf der Grundlage dieser Regelung kann der Antragsteller mit seinen gegen die Planrecht-
fertigung gerichteten Angriffen nicht gehört werden. Insoweit stehen keine Rechtsvorschriften
inmitten, die im Sinne des § 61 Abs. 2 Nr. 1 BNatschG zumindest auch den Belangen des
Naturschutzes und der Landschaftspflege zu dienen bestimmt sind.
Nach der Rechtsprechung des Senats stellt die Planrechtfertigung neben den Vorgaben des
strikten Rechts und des Abwägungsgebots einen selbständigen Kontrollmaßstab dar. Das
beruht auf der Erwägung, dass eine hoheitliche Planung ihre Rechtfertigung nicht schon in
sich selbst trägt, sondern im Hinblick auf die von ihr ausgehenden Einwirkungen auf Rechte
Dritter für die jeweilige Planungsmaßnahme rechtfertigungsbedürftig ist (vgl. BVerwG, Urteile
vom 14. Februar 1975 - BVerwG 4 C 21.75 - BVerwGE 48, 56 und vom 7. Juli 1978
- BVerwG 4 C 79.76 u.a. - BVerwGE 56, 110). Zu prüfen ist, ob das Vorhaben den Zielen
des Bundesfernstraßengesetzes entspricht und vor dem Hintergrund dieser Zielvorgaben
vernünftigerweise geboten ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 22. März 1985 - BVerwG 4 C15.83 -
BVerwGE 71, 166, vom 6. Dezember 1985 - BVerwG 4 C 59.82 - BVerwGE 72, 282 und vom
24. November 1989 - BVerwG 4 C 41.88 - BVerwGE 84, 123). Welche Ziele der Ge-
setzgeber mit dem Fernstraßenrecht verfolgt, legt er in § 1 FStrG näher dar. Nimmt er ein
Verkehrsprojekt in den Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen auf, so bringt er nach § 1
Abs. 2 Satz 1 FStrAbG zum Ausdruck, dass das Vorhaben der Zielsetzung des § 1 Abs. 1
FStrG entspricht, zur Bildung eines zusammenhängenden Verkehrsnetzes beizutragen und
einem weiträumigen Verkehr zu dienen oder zu dienen bestimmt zu sein. Darüber hinaus
stellt er mit der Aufnahme nach § 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG fest, dass für das Vorhaben ein
Bedarf besteht. Diese Bewertung beruht auf einer bedarfsbezogenen Kosten-Nutzen-
Analyse, die Aussagen darüber zulässt, wie sich die Bauwürdigkeit und die Dringlichkeit nä-
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her untersuchter Projekte aus gesamtwirtschaftlicher und verkehrlicher Sicht darstellen (vgl.
BVerwG; Urteil vom 18. Juni 1997 - 4 C 3.95 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 131). Der Be-
darfsplan konkretisiert die Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG in der Weise, dass er ein
bestimmtes, wenn auch grobmaschiges "zusammenhängendes Verkehrsnetz" für "einen
weiträumigen Verkehr" darstellt, das dem prognostizierten Bedarf gerecht wird (vgl. BVerwG,
Urteil vom 12. Dezember 1996 - BVerwG 4 C 29.94 - BVerwGE 102, 331). Die Feststellung,
dass ein Vorhaben, gemessen an den Anforderungen des §1 Abs. 1 FStrG, zielkonform ist
und sich dafür eignet, einen vorhandenen Verkehrsbedarf zu befriedigen, hat keinen unmit-
telbaren Bezug zur Wahrung der Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege.
Die Naturschutzvereine werden dadurch, dass ihnen Einwände gegen die Planrechtfertigung
abgeschnitten werden, nicht daran gehindert, den Belangen des Naturschutzes und der
Landschaftspflege im Klagewege wirksam Geltung zu verschaffen. Die Aufnahme in den
Bedarfsplan erschöpft sich in der Feststellung, dass das Vorhaben zielkonform und bedarfs-
gerecht ist. Mit welchem Gewicht diese Gesichtspunkte auf den nachfolgenden Planungs-
ebenen zu Buche schlagen, hängt von der konkreten Planungssituation ab. Ein zielkonfor-
mes und bedarfsgerechtes Vorhaben kann an entgegenstehenden öffentlichen oder privaten
Belangen scheitern. Die einseitig an der Zielkonformität und der Bedarfsstruktur ausgerich-
tete positive Bewertung ist im Rahmen der Planfeststellung zu berücksichtigen. Sie setzt sich
indes nur dann durch, wenn ihr - gegebenenfalls zusammen mit weiteren Gesichtspunkten,
die für die Planung sprechen - in der Konkurrenz mit gegenläufigen Belangen, zu denen
auch die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege gehören können, der Vor-
rang gebührt (vgl. BVerwG, Urteile vom 8. Juni 1995 - BVerwG 4 C 4.94 - BVerwGE 98, 339
und vom 25. Januar 1996 - BVerwG 4 C 5.95 - BVerwGE 100, 238).
Die naturschutzrechtlich motivierten Einwände des Antragstellers greifen aller Voraussicht
nach nicht durch.
Der geltend gemachte Verstoß gegen das FFH-Recht liegt, soweit ersichtlich, nicht vor. Der
Antragsteller räumt ein, dass für die Verwirklichung des Planvorhabens keine Landschafts-
bestandteile in Anspruch genommen werden, die die Qualität eines potentiellen FFH-Gebiets
haben. Dies schließt erhebliche Beeinträchtigungen im Sinne des Art. 6 Abs. 3 FFH-RL, die
nach Maßgabe des Art. 6 Abs. 4 FFH-RL zur Unzulässigkeit des Vorhabens führen können,
freilich nicht von vornherein aus. Die Antrags- und die Klagebegründung bieten hierfür indes
keine greifbaren Anhaltspunkte. Der Antragsteller weist darauf hin, dass das Vorhaben, das
zu dem vom Antragsgegner gemeldeten FFH-Gebiet "Veste Coburg, Bausenberg und
Callenberger Forst" einen Abstand von 150 bis 200 m einhält, geeignet ist, sich nachteilig auf
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die in diesem Gebiet heimischen Fledermausarten und den Rotmilan auszuwirken. Nicht
jede irgend feststellbare Verschlechterung erfüllt indes bereits um ihrer selbst willen das
FFH-rechtliche Relevanzkriterium. Der Antragsteller lässt es mit der Bemerkung bewenden,
dass die von ihm bezeichneten lärmempfindlichen Tierarten Einbußen an Lebensraumquali-
tät hinnehmen müssen. Der Antragsgegner tritt dem mit dem Hinweis entgegen, dass der be-
troffene Landschaftsraum ausreichende Ausweichmöglichkeiten bietet. Er hebt hervor, dass
das im fraglichen Bereich vorgesehene Brückenbauwerk die Fledermäuse nicht daran
hindert, weiterhin ihre Flugkorridore zu nutzen, um ihre Quartiere und Jagdgebiete zu errei-
chen. Dass der Rotmilan verkehrsreiche Straßen nicht meidet, lässt sich der Angabe des An-
tragstellers entnehmen, dass dieser Vogel bei der Suche nach Beute im Straßenraum nicht
selten selbst Opfer des Straßenverkehrs wird. Eine nennenswerte Beeinträchtigung des von
der projektierten Trasse rund 500 m entfernten FFH-Gebiets "Tal der Oberen Itz Teilfläche
Rosenau" zeichnet sich ebenfalls nicht ab. Der Antragsteller äußert zwar die Befürchtung,
dass insbesondere die in diesem Landschaftsraum vorhandenen mageren Mähwiesen durch
verkehrsbedingte Schadstoffimmissionen Schaden nehmen könnten. Die gutachtliche
Stellungnahme des Ingenieurbüros Sch. und Partner vom 25. März 2003 ist indes geeignet,
insoweit auch die letzten Bedenken zu zerstreuen.
Für den geltend gemachten Verstoß gegen Art. 6 a Abs. 2 Satz 2 BayNatSchG gibt das Vor-
bringen des Antragstellers ebenfalls nichts her. Werden als Folge eines Eingriffs Biotope
zerstört, die für dort wild wachsende Pflanzen und wild lebende Tiere der streng geschützten
Arten nicht ersetzbar sind, ist der Eingriff nach dieser Bestimmung nur zulässig, wenn für
den Eingriff sprechende Gründe des Gemeinwohls besonders schwerwiegen. Der An-
tragsteller zeigt nicht auf, dass durch das Planvorhaben unersetzbare Biotope im Sinne die-
ser Regelung zerstört werden. Er beschränkt sich auf die Mitteilung, dass in dem durch die
Planung betroffenen Raum "eine hohe Anzahl von Arten der Roten Listen" vorkommt, und
knüpft hieran den an den Antragsgegner gerichteten Vorwurf, diesem Umstand nicht hinrei-
chend Rechnung getragen zu haben. Der von ihm hervorgehobene Gesichtspunkt der Ar-
tenvielfalt ist bei der Planungsentscheidung indes nicht zu kurz gekommen. Der land-
schaftspflegerische Begleitplan, der nach § 20 Abs. 4 Satz 2 BNatschG Bestandteil des an-
gefochtenen Planfeststellungsbeschlusses ist, gibt Aufschluss darüber, dass der Antrags-
gegner im Rahmen seiner Bestandsaufnahme keine der vom Antragsteller bezeichneten
streng geschützten Tierarten übersehen hat. Wie aus dem Planfeststellungsbeschluss erhellt
(S. 165), hat er die vorhabenbedingten Beeinträchtigungen der Lebensräume "mit dem ent-
sprechenden Gewicht bei der Eingriffsbilanzierung in den einzelnen Konfliktbereichen mit
berücksichtigt und bewertet". Der Antragsteller kritisiert diese Vorgehensweise zwar, seine
Einwände gehen aber fehl. Der methodische Ansatz des Antragsgegners lässt sich rechtlich
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nicht beanstanden. Denn der systematische Zusammenhang, in den Art. 6 a Abs. 2 Satz 2
BayNatschG hineingestellt ist, belegt, dass diese Vorschrift, wenn auch zugeschnitten auf
eine Sonderkonstellation, Teil der Eingriffsregelung ist.
Das Ausgleichs- und Ersatzflächenkonzept des Antragsgegners lässt entgegen der Ein-
schätzung des Antragstellers ebenfalls keine Defizite erkennen, die geeignet sind, die
Rechtmäßigkeit des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses in Frage zu stellen. Da-
hinstehen kann, ob es für die Bilanzierung im Rahmen der Eingriffsregelung ausreicht, die
Eingriffs- und die Ausgleichsflächen einander gegenüberzustellen. Nach Ansicht des An-
tragstellers ist es nicht damit getan, einen Größenvergleich ohne Rücksicht auf die ökologi-
sche Wertigkeit der als Bilanzierungsposten verwendeten Flächen anzustellen. Er macht
indes selbst nicht geltend, dass der Antragsgegner die Funktion des Ausgleichs im Konzept
der Eingriffsregelung verkannt hat. Er legt nicht dar, dass sich die für Ausgleichsmaßnahmen
in Anspruch genommenen Flächen für eine gleichartige Kompensation nicht eignen. Er hält
dem Antragsgegner auch nicht vor, das im Planungsraum vorhandene Ausgleichs-
flächenreservoir nicht ausgeschöpft zu haben. Bei dieser Sachlage erweist sich als kritik-
würdig allenfalls, dass der Antragsgegner mit gleichsam mathematischer Genauigkeit die
Ausgleichsquote mit 77,17 % angibt (PFB S. 212). Der Antragsteller zeigt indes nicht auf,
inwiefern sich diese an einem Prozentsatz festgemachte Betrachtungsweise zum Nachteil
von Natur und Landschaft ausgewirkt haben soll. Der Antragsgegner hätte offenkundig auch
bei einer anderen Berechnung keine weiteren Flächen in sein Ausgleichskonzept einbezo-
gen. Die nach § 19 Abs. 3 Satz 1 BNatschG gebotene Abwägung wäre ebenfalls nicht an-
ders ausgefallen. Der Antragsgegner lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass er den
Verkehrsinteressen einen höheren Rang einräumt als den Belangen des Naturschutzes,
obwohl "nur" ein Teilausgleich möglich ist (PFB S. 213). Dass er eine andere Entscheidung
getroffen haben könnte, wenn sich in der Flächenbilanz aus den vom Antragsteller genann-
ten Gründen Verschiebungen ergäben hätten, legen weder die Antrags- oder die Klagebe-
gründung noch sonstige Umstände nahe.
Auch mit seiner Detailkritik deckt der Antragsteller keine erheblichen Fehler auf. Der An-
tragsgegner hat den Verlust an Waldflächen nicht pauschal im Verhältnis 1:1 für ausgleich-
bar angesehen. Nur bei forstlich geprägten Wäldern geht er davon aus, dass sich die Ver-
siegelung in einer Größenordnung von 1,61 ha durch einen Waldaufbau gleicher Größe
ausgleichen lässt. Den Verlust und die mittelbare Beeinträchtigung von Biotopwäldern
schätzt er dagegen als nicht ausgleichbar ein (PFB S. 211). Der Antragsteller hält den auf
forstlich geprägte Wälder angewandten Ausgleichsschlüssel für unangemessen. Indes über-
sieht er, dass das für die Planung einschlägige Recht keine verbindlichen Bewertungsvorga-
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ben enthält. Es gebietet nicht, die Eingriffsintensität anhand bestimmter Maßstäbe oder in
näher vorgezeichneten Verfahren zu beurteilen (vgl. BVerwG, Urteile vom 11. Januar 2001
- BVerwG 4 A 13.99 - Buchholz 406.25 § 43 BImschG Nr. 16 und vom 31. Januar 2002
- BVerwG 4 A 15.01 - a.a.O.; Beschluss vom 23. April 1997 - BVerwG 4 NB 13.97 -
Buchholz 406.401 § 8 a BNatschG Nr. 4). Es stellt keine Besonderheit der Eingriffsregelung
dar, dass das Ergebnis der als gesetzliches Erfordernis unverzichtbaren Bewertung unter-
schiedlich ausfallen kann, je nachdem, welches Verfahren angewendet wird. Es kommt nicht
darauf an, ob sich bei Verwendung anderer Parameter ein höherer Ausgleichsbedarf er-
rechnen ließe. Zu Beanstandungen besteht erst dann Anlass, wenn ein Bewertungsverfah-
ren sich als unzulängliches oder gar als ungeeignetes Mittel erweist, um den Anforderungen
des § 19 Abs. 2 BNatschG gerecht zu werden. Einen solchen Mangel zeigt der Antragsteller
nicht auf. Er legt dar, weshalb ihm eine andere Bewertung angemessener erscheint, er nennt
aber keine Umstände, die darauf schließen lassen, dass die Vorgehensweise des An-
tragsgegners fachlich nicht vertretbar ist. Soweit es um die Ausgleichsmaßnahmen A 4.1 und
A 8.1 geht, beschränkt der Antragsteller sich darauf, zu bestreiten, dass diese Maßnahmen
geeignet sind, einen Ausgleich für die Versiegelung von Äckern und intensiv genutztem
Grünland sowie den Verlust von Offenlandbiotopen zu schaffen. Welche fachlichen
Erwägungen ihn zu diesem Schluss veranlassen, legt er indes nicht einmal ansatzweise dar.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertentscheidung
beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1 und § 20 Abs. 3 GKG.
Paetow Halama Gatz