Urteil des BVerwG vom 19.10.2009

Gutachter, Flughafen, Erstellung, Überprüfung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 KSt 1000.09 (BVerwG 4 A 1001.04)
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 19. Oktober 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Jannasch
und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp
beschlossen:
Auf die Erinnerung der Klägerinnen vom 26. Februar
2009 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss vom
19. Januar 2009 geändert.
Der Beklagte hat aufgrund des rechtskräftigen Urteils
des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. März 2006
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an die Klägerinnen noch folgende Beträge zu ent-
richten:
an die Klägerin zu 1
824,06 €,
an die Klägerin zu 2
494,44 €,
an die Klägerin zu 3
395,55 € und
an die Klägerin zu 4
659,25 €
jeweils zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über
dem Basiszinssatz ab dem 3. November 2006.
Im Übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.
Die außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsver-
fahrens tragen die Klägerinnen als Gesamtschuldne-
rinnen zu 5/7 und der Beklagte zu 2/7. Das Verfahren
ist gerichtsgebührenfrei.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Erin-
nerungsverfahren auf 70 340 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Der nach §§ 165, 151 Satz 1 VwGO statthafte und auch im Übrigen zulässige
Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat teilweise Erfolg.
1. Der Senat hat in seinem Beschluss vom 19. August 2008 - BVerwG 4 KSt
1001.08 - die unter II 1.6.2, II 1.6.3 und II 1.6.6 des Kostenfestsetzungsbe-
schlusses vom 22. Februar 2008 bezeichneten Gutachterkosten dem Grunde
nach als weitere erstattungsfähige Kosten der Klägerinnen anerkannt und in-
soweit die Rechtssache zur weiteren Aufklärung und erneuten Entscheidung
über die Erstattungsfähigkeit dieser Kosten an die Urkundsbeamtin der Ge-
schäftsstelle zurückverwiesen. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ist im
Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19. Januar 2009 zu dem Ergebnis gelangt,
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dass die Klägerinnen keinen weiteren Erstattungsanspruch haben, da die gel-
tend gemachten Kosten der Höhe nach nicht substantiiert belegt seien. Die
Klägerinnen haben daraufhin weitere Unterlagen vorgelegt. Diese verhelfen der
Erinnerung teilweise zum Erfolg.
2. Auf der Grundlage des nochmals ergänzten Vortrags der Klägerinnen und
nach Überprüfung der dem Senat vorliegenden Akten erweist sich die Rech-
nung der fdc Airport Consulting & Partner vom 30. März 2005 i.H.v. 42 116,12 €
(Anlage 2 zum Kostenfestsetzungsantrag; Kostenfestsetzungsbeschluss
II 1.6.2) als nicht erstattungsfähig. Diese Rechnung bezieht sich auf die Erstel-
lung einer fachplanerischen Stellungnahme zur Antragserwiderung des Beklag-
ten und der Beigeladenen vom 8. November 2004. Nach der im Erinnerungs-
verfahren erfolgten Erläuterung (Schreiben vom 2. April 2009) sind mit dieser
Rechnung alle Leistungen erfasst, die in der Zeit vom 16. August 2004 bis
8. November 2004 erbracht wurden. Dieser Zeitraum war jedoch bereits Ge-
genstand der Rechnung vom 6. November 2004 (Gesamthöhe 51 183,52 €),
die im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 22. Februar 2008 als erstattungsfähig
angesehen worden ist. Auch die weitere Beschreibung der Tätigkeiten im
Schreiben vom 2. April 2009 - Lesen des Planfeststellungsbeschlusses, Gut-
achten zur Planrechtfertigung und zur Standortentscheidung etc. - lässt nicht
darauf schließen, dass diese Rechnung Leistungen erfasst, die die vom Senat
in seinem Beschluss vom 19. August 2008 (Rn. 4) genannten fachplanerischen
Stellungnahmen vom 28. und 31. März 2005 betreffen.
Diesem Ergebnis steht der Beschluss des Senats vom 19. August 2008 nicht
entgegen, denn in diesem hat der Senat in der Sache über die Erstattungsfä-
higkeit der genannten fachplanerischen Stellungnahmen, nicht aber über die
eingereichten Rechnungen entschieden. Zur weiteren Überprüfung der erwähn-
ten Rechnungen wurde die Rechtssache an die Urkundsbeamtin der Ge-
schäftsstelle zurückverwiesen.
3. Die Rechnung vom 1. April 2005 (Anlage 3 zum Kostenfestsetzungsantrag;
Kostenfestsetzungsbeschluss II 1.6.3) über 6 960 € (6 000 € zzgl. Umsatzsteu-
er) ist erstattungsfähig. Der Gutachter hat in seinem Schreiben vom 2. April
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2009 im Erinnerungsverfahren erläutert, die Rechnung beinhalte die Beratungs-
leistungen vom 7. Februar 2005 bis 30. März 2005. Die über das beauftragte
Honorar von (netto) 6 000 € hinausgehenden Leistungen seien mit anderen
Auftraggebern abgerechnet worden. Bei diesen Beratungsleistungen sei es um
die Aufarbeitung und gutachterlichen Stellungnahmen zu den Schriftsätzen des
Beklagten und der Beigeladenen sowie deren Gutachtern gegangen. Dies er-
scheint plausibel. Die fachplanerische Stellungnahme zu den Antragserwide-
rungen ist am 28. März 2005 erstellt worden. Als Auftraggeber ist die Schutz-
gemeinschaft „Umlandgemeinden Flughafen Schönefeld e.V.“ benannt. In der
geltend gemachten Höhe ist der Aufwand sachgerecht.
Der vom Gutachter durchgängig angewendete Stundensatz von 80 € für ihn
persönlich und von 75 € für seinen Mitarbeiter ist ebenfalls angemessen.
Der Hinweis des Beklagten (Schriftsatz vom 1. Dezember 2008), die Rechnung
sei auch im Verfahren BVerwG 4 A 1075.04 eingereicht worden, steht einer
Festsetzung in diesem Verfahren nicht entgegen. Denn die Rechnung ist an die
Schutzgemeinschaft „Umlandgemeinden Flughafen Schönefeld e.V.“ adressiert
worden und diese ist im Gutachten als Auftraggeberin bezeichnet worden; sie
kann daher im Verfahren BVerwG 4 A 1075.04 nicht geltend gemacht werden
(vgl. Beschluss des Senats vom 6. Oktober 2009 im Verfahren BVerwG 4 KSt
1009.07 - BVerwG 4 A 1075.04 - unter 3.3).
Dagegen kann die weitere Rechnung über 2 626,24 € (2 264 € zzgl. Umsatz-
steuer), die als Anlage 4 zum Kostenfestsetzungsantrag eingereicht worden ist,
nicht als erstattungsfähig anerkannt werden, da sie an die Rechtsanwälte Gra-
wert, Schöning und Partner adressiert ist. Aus dieser Rechnung wird im Übrigen
deutlich, dass die Schutzgemeinschaft „Umlandgemeinden Flughafen Schö-
nefeld e.V.“ diesen Honoraranteil ausdrücklich nicht übernommen hat.
4. Die Rechnung des Sachverständigen Prof. Dr. W. vom 11. Februar 2005
(Anlage 7 zum Kostenfestsetzungsantrag; Kostenfestsetzungsbeschluss
II 1.6.6) ist i.H.v. 14 136 € erstattungsfähig.
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In seinem Beschluss vom 19. August 2008 - BVerwG 4 KSt 1001.08 - hat der
Senat die Kosten für das vergleichende Gutachten über die eisenbahnseitige
Anbindung eines Großflughafens an den Standorten Schönefeld bzw. Speren-
berg vom 31. Januar 2005 als erstattungsfähige Kosten der Klägerinnen aner-
kannt. Er ist jedoch davon ausgegangen, dass die Höhe der angesetzten Gut-
achterkosten von 18 396,44 € (15 859 € zzgl. Umsatzsteuer i.H.v. 2 537,44 €)
noch nicht glaubhaft gemacht worden sei; vielmehr fehle die Angabe eines
Stundensatzes sowie die Anzahl der für die Erstellung des Gutachtens benötig-
ten Stunden (Rn. 7).
Die Klägerinnen haben daraufhin ein Schreiben des Gutachters vom 13. Januar
2006 (GA Bl. 3110) vorgelegt, in dem dieser auf die Art seiner Tätigkeit näher
eingeht und darlegt, dass er mit der Auftraggeberin eine Festpreisvereinbarung
getroffen habe. Es sei ein Arbeitsaufwand von mindestens 120 Stunden ange-
fallen. Hinzu komme der Zeitaufwand für eine vorbereitende Besprechung am
12. November 2004 in Blankenfelde-Mahlow sowie eine - näher dargestellte -
Besichtigung von Eisenbahnanlagen am 4. Januar 2005. Im Erinnerungsverfah-
ren hat der Gutachter ferner die entstandenen 120 Stunden Arbeitsaufwand
näher aufgeschlüsselt (Schreiben vom 5. März 2009). Damit wird den Anforde-
rungen an eine Glaubhaftmachung der Anzahl der für die Erstellung des Gut-
achtens benötigten Stunden genügt. Auch der Zeitaufwand für die genannten
Reisen zur Vorbesprechung und zur Besichtigung von jeweils einem Tag vor
Ort und zwei Mal 1/2 Tag für An- und Abfahrt sind plausibel.
Der Gutachter hat für seine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung des
Senats einen Stundensatz von 93 € zugrunde gelegt. Dieser ist vom Senat be-
reits als angemessen angesehen worden. Er ist auch für den jetzt näher aufge-
schlüsselten Zeitaufwand als angemessen zugrunde zu legen. Für die im
Schreiben vom 5. März 2009 näher dargelegte Stundenzahl von 120 Stunden
sowie die im Schreiben vom 13. Januar 2006 genannten Besichtigungsreisen
sind (120 + 16 + 16 =) 152 Stunden zu veranschlagen. Bei einem Stundensatz
von 93 € ergibt sich damit ein Betrag von 14 136 €.
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Der Hinweis des Beklagten (Schriftsatz vom 1. Dezember 2008), die Rechnung
sei auch im Verfahren BVerwG 4 A 1075.04 eingereicht worden, steht einer
Festsetzung in diesem Verfahren nicht entgegen. Denn die Rechnung ist an die
Schutzgemeinschaft „Umlandgemeinden Flughafen Schönefeld e.V.“ adressiert
worden und kann daher im Verfahren BVerwG 4 A 1075.04 nicht geltend ge-
macht werden (vgl. Beschluss des Senats vom 6. Oktober 2009 im Verfahren
BVerwG 4 KSt 1009.07 - BVerwG 4 A 1075.04 - unter 3.3).
5. Somit können die Klägerinnen insgesamt einen weiteren Betrag von 21 096 €
(6 960 € + 14 136 €) in Ansatz bringen, wovon auf die Klägerinnen unter
Berücksichtigung des jeweiligen Anteils an dem Gesamtstreitwert und der
Kostengrundentscheidung des Urteils vom 16. März 2006 folgende Beträge
entfallen:
Klägernummer
Anteil an weiteren Gut-
achterkosten
21 096 €
vom Beklagten
zu erstatten
1
10/32 = 6 592,50 €
1/8 = 824,06 €
2
6/32 = 3 955,50 €
1/8 = 494,44 €
3
6/32 = 3 955,50 €
1/10 = 395,55 €
4
10/32 = 6 592,50 €
1/10 = 659,25 €
6. Das Verfahren über die Erinnerung ist gerichtsgebührenfrei. Die Kostenent-
scheidung über die außergerichtlichen Kosten des Erinnerungsverfahren beruht
auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1,
§ 52 Abs. 1 GKG.
Prof. Dr. Rubel
Dr. Jannasch
Dr. Philipp
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