Urteil des BVerwG vom 22.06.2011

Ausnahme, Bebauungsplan, Abstimmung, Treu Und Glauben

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 4 CN 4.10
OVG 3 K 27/07
Verkündet
am 22. Juni 2011
Schmidt, Amtsinspektorin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Normenkontrollsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 22. Juni 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz und Dr. Jannasch,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bumke und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Petz
für Recht erkannt:
Die Revisionen der Antragsgegnerin und der Beigelade-
nen zu 1 gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts
Mecklenburg-Vorpommern vom 29. März 2010 werden
zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin und die Beigeladene zu 1 tragen
die Kosten des Revisionsverfahrens je zur Hälfte mit
Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigela-
denen zu 2.
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G r ü n d e :
I
Gegenstand der Normenkontrolle ist der Bebauungsplan Nr. 11 (Einkaufszent-
rum „Grünhufer Bogen“) der Antragsgegnerin vom 23. Juni 2006 in der Fas-
sung der 1. Änderung vom 22. April 2009.
Das Plangebiet liegt an der südöstlichen Grenze zum Stadtgebiet der Beigela-
denen zu 2, der Hansestadt Stralsund, die nach dem Landesraumentwick-
lungsprogramm Mecklenburg-Vorpommern (LEP 2005) ein Oberzentrum ist.
Die Antragsgegnerin ist kein zentraler Ort im Sinne des Landesraumentwick-
lungsprogramms. Im Geltungsbereich des Bebauungsplans befindet sich das
von der Beigeladenen zu 1 betriebene Einkaufszentrum „Strelapark“, das nach
Erlass eines Vorhaben- und Erschließungsplans aus dem Jahr 1993 (VEP
1993) auf der Grundlage einer Baugenehmigung errichtet wurde. Die Bauge-
nehmigung enthält die Nebenbestimmung, dass im Einkaufszentrum eine ma-
ximale Verkaufsfläche von 17 000 m², davon 12 000 m² mit innenstadtrelevan-
ter Auswirkung zulässig sei. Die Verkaufsfläche für innenstadtrelevante Sorti-
mente wurde zu einem späteren Zeitpunkt auf knapp 17 000 m² erweitert, ohne
dass dafür entsprechende Genehmigungen erteilt wurden.
Im September 1995 beschloss die Antragsgegnerin die Aufstellung des Bebau-
ungsplans Nr. 11. Die Beigeladene zu 2 lehnte die Planung wegen einer be-
fürchteten negativen Auswirkung auf die Entwicklung ihrer Innenstadt ab. Auch
der Antragsteller, das für die Landesplanung zuständige Ministerium, trat der
Planung aus Sicht der Raumordnungsbehörde entgegen. Im Juni 2006 wurde
der Bebauungsplan beschlossen. Er setzt u.a. das Sondergebiet SO1 A, in
dem das vorhandene Einkaufszentrum der Beigeladenen zu 1 liegt, und das
Sondergebiet SO1 B fest. Im SO1 B ist eine Gesamtverkaufsfläche von maxi-
mal 8 000 m², davon maximal 5 500 m²
mit innenstadtrelevantem Sortiment
zulässig. Die Festsetzung von 17 000 m² unbeschränkter Verkaufsfläche im
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Sondergebiet SO1 A soll der tatsächlich genehmigten Nutzung nach Aufgabe
des Baumarktes innerhalb des Strelaparks Rechnung tragen.
Mit der am 21. April 2009 beschlossenen 1. Änderung des Bebauungsplans
Nr. 11, der bestimmte Verkaufsflächenbegrenzungen auf der Grundlage eines
von der Beigeladenen zu 2 eingeholten Gutachtens festsetzt, wird der Gel-
tungsbereich des Bebauungsplans Nr. 11 an keiner Stelle geändert und im Üb-
rigen unterschritten.
Sowohl gegen den Bebauungsplan Nr. 11 als auch gegen die 1. Änderung des
Bebauungsplans hat der Antragsteller Normenkontrollantrag gestellt.
Mit Urteil vom 29. März 2010 hat das Oberverwaltungsgericht den Bebauungs-
plan Nr. 11 in der Fassung der 1. Änderung für unwirksam erklärt. Zur Begrün-
dung wird im Wesentlichen ausgeführt:
Der Normenkontrollantrag sei zulässig. Der Antragsteller sei als Behörde an-
tragsbefugt. Das Rechtsschutzbedürfnis sei gegeben, weil der Antragsteller
nicht selbst über die Norm verfügen könne. Zwar dürfte der Antragsteller die
Rechtsmacht gehabt haben, im Planaufstellungsverfahren eine Untersagungs-
verfügung nach § 16 Abs. 1 LPlG zu erlassen, die auch gesetzlich sofort voll-
ziehbar gewesen wäre. Das Unterlassen einer solchen Maßnahme bedeute,
wenn nicht besondere Umstände des Einzelfalles etwas anderes ergäben, aber
nicht den Verzicht auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme der gerichtlichen
Normenkontrolle. Es bestünden auch keine einfacheren Möglichkeiten, das be-
gehrte Ziel zu erreichen. Eine Untersagungsverfügung sei gerichtlich angreif-
bar, so dass auch bei ihrem Erlass eine gerichtliche Auseinandersetzung zu
erwarten gewesen wäre, wenn auch unter umgekehrter Rollenverteilung. Das
Rechtsschutzinteresse des Antragstellers sei auch nicht deswegen entfallen,
weil der Bebauungsplan zwischenzeitlich vollständig verwirklicht worden sei
oder die auf der Grundlage des Bebauungsplans erteilten unanfechtbaren Bau-
genehmigungen verhinderten, dass der Antragsteller seine Rechtsstellung
durch einen erfolgreichen Normenkontrollantrag verbessern könne. Die von
dem angegriffenen Bebauungsplan ermöglichte Errichtung eines weiteren Ein-
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kaufszentrums sei noch nicht genehmigt worden, so dass gerade der An-
tragsteller, der die Vereinbarkeit des Bebauungsplans in diesem Punkt mit ei-
nem Ziel der Raumordnung bestreite, durch die erstrebte Unwirksamkeitserklä-
rung seine Rechtsposition verbessern könne. Entsprechendes gelte für die
Festsetzung der unbeschränkten Verkaufsfläche für das bestehende Einkaufs-
zentrum.
Der Normenkontrollantrag sei begründet. Es handele sich nicht um rechtlich
getrennte, selbstständige Bebauungspläne, die jeder für sich bestehen sollten,
wenn einer der beiden Pläne scheitere. Die 1. Änderung des Bebauungsplans
Nr. 11 habe den ursprünglichen Bebauungsplan in der Weise geändert, dass er
in seiner ursprünglichen Fassung insgesamt nicht mehr bestehe, sondern durch
die 1. Änderung eine neue Fassung erhalten habe.
Der Bebauungsplan sei rechtswidrig, weil er gegen § 1 Abs. 4 BauGB verstoße.
Plansatz Nr. 4.3.2 (1) LEP 2005 sei ein Ziel der Raumordnung und gebe ver-
bindlich vor, dass Einzelhandelsgroßprojekte nur in zentralen Orten zulässig
seien. Der Zielcharakter werde nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Plan-
geber von der Möglichkeit Gebrauch gemacht habe, den Verbindlichkeitsan-
spruch seiner Planungsaussage dadurch zu relativieren, dass er selbst Aus-
nahmen formuliert habe. Die Ausnahme in Nr. 4.3.2 (7) LEP 2005 mit dem
Wortlaut:
Im Einzelfall können Einzelhandelsgroßprojekte in den
Randbereichen der Stadt-Umland-Räume (siehe hierzu Ka-
pitel 3.1.2) dann angesiedelt werden, wenn die Ansied-
lungsgemeinde mit der Kernstadt intensive funktionale Ver-
flechtungen aufweist, verkehrlich mit Öffentlichem Perso-
nennahverkehr gut erreichbar ist und die Entwicklung der
Einzelhandelsfunktion der Kernstadt nicht beeinträchtigt.
Standortentscheidungen für die Entwicklung von großflächi-
gen Einzelhandelseinrichtungen in Stadt-Umland-Räumen
sind auf der Basis interkommunaler Abstimmungen - (regio-
nale Einzelhandelsentwicklungskonzepte) zu treffen;
sei jedenfalls trotz der offensichtlichen sprachlichen Ungenauigkeiten hinrei-
chend bestimmbar. Die Voraussetzungen in Nr. 4.3.2 (7) Satz 1 LEP 2005 sei-
en der Auslegung zugänglich und damit nicht unbestimmt. Bei Standortent-
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scheidungen für die Entwicklung von großflächigen Einzelhandelseinrichtungen
werde in Nr. 4.3.2 (7) Satz 2 LEP 2005 eine weitere Voraussetzung aufgestellt,
nämlich die Notwendigkeit eines regionalen Einzelhandelsentwicklungskon-
zepts. Der Begriff der Standortentscheidung sei nicht auf Neuansiedlungen be-
schränkt. Die Standortentscheidung sei „auf der Basis interkommunaler Ab-
stimmungen - (regionales Einzelhandelsentwicklungskonzept)“ zu treffen. Der
Begriff der interkommunalen Abstimmung sei spezifisch raumordnerisch zu
verstehen. Die Erstellung eines regionalen Einzelhandelsentwicklungskonzepts
sei nicht ausdrücklich geregelt, doch liege es nahe, auf das in Nr. 3.1.2 (6)
Satz 1 LEP 2005 vorgesehene Verfahren zurückzugreifen. Sofern eine inter-
kommunale Abstimmung nicht zustande komme, könne sie durch die Durchfüh-
rung eines Raumordnungsverfahrens herbeigeführt werden.
Die Planung erfülle die Voraussetzungen, die für eine Ausnahme nach
Nr. 4.3.2 (7) LEP 2005 erforderlich seien, nur teilweise. Die Festsetzung eines
Einkaufszentrums mit einer Verkaufsfläche von 8 000 m² neben einem bereits
vorhandenen Einkaufszentrum sei unabhängig davon, ob es sich bei dem fest-
gesetzten Einkaufszentrum um eine Neuansiedlung oder eine Erweiterung
handelt, eine Standortentscheidung im Sinne der Nr. 4.3.2 (7) Satz 2
LEP 2005. Hinzu komme, dass die Planung für das vorhandene Einkaufszent-
rum erstmalig eine unbeschränkte Verkaufsfläche von 17 000 m² festsetze.
Damit werde die unbeschränkte Verkaufsfläche gegenüber dem VEP 1993
- dessen Gültigkeit unterstellt - und gegenüber der bestandskräftigen Bauge-
nehmigung um 5 000 m² erweitert. Dass diese unbeschränkte Verkaufsfläche
bereits faktisch existiere, sei für die rechtliche Betrachtung ohne Bedeutung.
Das bei einer Standortentscheidung dieses Ausmaßes erforderliche regionale
Einzelhandelsentwicklungskonzept oder eine andere Form der interkommuna-
len Abstimmung lägen nicht vor. Es lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor,
dass ausnahmsweise kein regionales Einzelhandelsentwicklungskonzept erfor-
derlich sei. Daher bleibe es raumordnerisch beim Ziel aus Nr. 4.3.2 (1)
LEP 2005, wonach Einzelhandelsgroßprojekte nur in zentralen Orten, zu denen
die Antragsgegnerin nicht gehöre, zulässig seien. Die Planung widerspreche
diesem Ziel. Der Verstoß gegen § 1 Abs. 4 BauGB erfasse den Bebauungsplan
in Gänze. Eine nur teilweise Unwirksamkeit komme nicht in Betracht.
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Die Beigeladene zu 1 und die Antragsgegnerin haben die vom Oberverwal-
tungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Sie machen geltend, der Nor-
menkontrollantrag des Antragstellers sei unzulässig. Unabhängig davon stehe
Nr. 4.3.2 (1) LEP 2005 der Planung nicht entgegen. Der Planaussage komme
keine Zielqualität zu, weil die Regelung in Nr. 4.3.2 (7) LEP 2005 nicht hinrei-
chend bestimmt sei und der Normgeber die Regelung in Nr. 4.3.2 (1) LEP 2005
ohne die Ausnahme in Nr. 4.3.2 (7) LEP 2005 nicht erlassen hätte.
II
Die Revisionen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu 1 sind unbe-
gründet. Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht den Normenkontrollantrag
des Antragstellers für zulässig erachtet. Das Oberverwaltungsgericht durfte
auch ohne Verstoß gegen Bundesrecht davon ausgehen, dass das in
Nr. 4.3.2 (1) LEP 2005 enthaltene Konzentrationsgebot ein verbindliches Ziel
i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG darstellt, das gemäß § 1 Abs. 4 BauGB der streit-
gegenständlichen Bauleitplanung entgegensteht, weil die Voraussetzungen
einer Ausnahme nach Nr. 4.3.2 (7) Satz 2 LEP 2005 nicht vorliegen.
1. Der Normenkontrollantrag des Antragstellers ist zulässig.
1.1 Die Antragsbefugnis des Antragstellers, der nach den Feststellungen des
Oberverwaltungsgerichts als Behörde gemäß § 14 Abs. 1 des Gesetzes zur
Ausführung des Gerichtsstrukturgesetzes beteiligtenfähig i.S.d. § 61 Nr. 3
VwGO ist, ist gegeben.
Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist jede Behörde antragsbefugt. Sie muss ledig-
lich geltend machen, dass sie die beanstandete Norm anzuwenden hat oder
durch den Vollzug der Norm in ihrem Tätigkeitsbereich „betroffen“ wird, d.h. die
Norm bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu beachten hat (Beschluss vom
11. August 1989 - BVerwG 4 NB 23.89 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 41). Wie
das Oberverwaltungsgericht ausgeführt hat, hat der Antragsteller den ange-
fochtenen Bebauungsplan bei der Anwendung und Fortschreibung des Landes-
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raumentwicklungsprogramms in seiner Eigenschaft als oberste Landespla-
nungsbehörde sowie bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben als oberste Bau-
aufsichtsbehörde zu beachten.
1.2 Ebenfalls ohne Bundesrechtsverstoß hat das Oberverwaltungsgericht das
in § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO als ungeschriebene Sachentscheidungsvorausset-
zung vorausgesetzte Rechtsschutzinteresse bejaht. Das Rechtsschutzbedürfnis
einer Behörde ist immer dann gegeben, wenn sie nur mit der Ausführung der
von ihr beanstandeten Norm befasst ist, ohne selbst über die Norm verfügen
- insbesondere sie aufheben oder ändern - zu können (Beschluss vom 15. März
1989 - BVerwG 4 NB 10.88 - BVerwGE 81, 307 <310>).
Dem Antragsteller fehlt die Verfügungsbefugnis über den als Satzung erlasse-
nen Bebauungsplan. Eine gemeindliche Satzung kann der Antragsteller nicht
aufheben oder ändern. Der Antragsteller hätte die Antragsgegnerin zwar durch
Erlass einer Untersagungsverfügung gemäß § 16 Abs. 1 LPlG am Erlass der
Satzung hindern können. Ist das Rechtssetzungsverfahren aber abgeschlossen
und der Rechtssatz entstanden, kann nur noch der Rechtssatz selbst rückgän-
gig gemacht oder aufgehoben werden. Der durch Normgebung gesetzte
Rechtsschein ist durch einen Gegenakt der Normsetzung zu beseitigen (Urteile
vom 21. November 1986 - BVerwG 4 C 22.83 - BVerwGE 75, 142 <144> und
BVerwG 4 C 60.84 - Buchholz 406.11 § 11 BBauG Nr. 2). Für die höhere Ver-
waltungsbehörde steht hierfür das Normenkontrollverfahren zur Verfügung (Be-
schluss vom 26. Juni 1998 - BVerwG 4 BN 29.97 - SächsVBl 1998, 236).
1.3 Der Antragsteller hat sich auch nicht in einen nach Treu und Glauben nicht
hinnehmbaren Widerspruch zu seinem bisherigen Verhalten gesetzt und von
seinem Antragsrecht in rechtsmissbräuchlicher und unzulässiger Weise
Gebrauch gemacht.
Dass der Antragsteller es unterlassen hat, die Antragsgegnerin durch Erlass
einer Untersagungsverfügung nach § 16 Abs. 1 LPlG am Erlass der Satzung zu
hindern, nimmt ihm nicht das Recht, einen seiner Auffassung nach rechtswidrig
beschlossenen Bebauungsplan mit der Normenkontrolle anzugreifen. Die Aus-
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übung der Eingriffsbefugnisse nach § 16 LPlG ist in das Ermessen des An-
tragstellers gestellt. Der Verzicht auf Maßnahmen nach § 16 LPlG kann unter-
schiedliche Gründe haben. Hat der Antragsteller als oberste Landesplanungs-
behörde seine Rechtsauffassung - wie hier - unmissverständlich zum Ausdruck
gebracht, kann der Verzicht auf den hoheitlichen Eingriff der Untersagung, ge-
rade auch mit Blick auf die Eingriffsintensität einer solchen Maßnahme, von der
berechtigten Erwartung geleitet sein, der Planungsträger werde Einsicht zeigen
und aufgrund eigener Entscheidung den Beanstandungen Rechnung tragen.
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin dient die Vorschrift nicht ihrem
Schutz; die oberste Landesplanungsbehörde ist nicht verpflichtet, eine Ge-
meinde vor dem Erlass eines raumordnungswidrigen Bebauungsplans durch
den Erlass einer Untersagungsverfügung zu bewahren. § 16 LPlG eröffnet le-
diglich die Möglichkeit, im Wege einer Untersagungsverfügung gegen einen
Planungsträger vorzugehen, und stellt die für einen solchen Eingriff notwendige
Ermächtigungsgrundlage dar. Der Antragsteller kann, muss aber nicht tätig
werden. Er kann sich daher - wie auch hier - darauf beschränken, seine raum-
ordnungsrechtlichen Einwände im Planaufstellungsverfahren vorzutragen.
Der Verzicht auf Erlass einer Untersagungsverfügung konnte für die Antrags-
gegnerin auch nicht Anlass sein anzunehmen, der Antragsteller halte ihre Pla-
nung für rechtmäßig. Der Antragsteller hat auch sonst keinen widersprüchlichen
Eindruck vermittelt. Im Gegenteil: Nach den bindenden Feststellungen des
Oberverwaltungsgerichts hat er bis zum Abschluss des Verfahrens unmissver-
ständlich an seiner Auffassung festgehalten, dass die Planung gegen ein Ziel
der Raumordnung verstoße. Der schriftsätzlich vorgetragene Einwand der Bei-
geladenen zu 1, mit der landesplanerischen Stellungnahme vom 30. Mai 2005
habe der Antragsteller den Eindruck erweckt, dass im Fall einer gutachterlich
festgestellten „Verträglichkeit“ die Vereinbarkeit der Planung mit Zielen der
Raumordnung attestiert worden wäre, beruht auf einer Sachverhaltswürdigung,
die im Widerspruch zu den genannten Feststellungen des Oberverwaltungsge-
richts steht.
1.4 Ob das Rechtsschutzbedürfnis im Falle des Normenkontrollantrags einer
Behörde zudem - wie das Oberverwaltungsgericht angenommen hat - die Prü-
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fung veranlasst, ob der Bebauungsplan zwischenzeitlich vollständig verwirklicht
worden ist oder die auf der Grundlage des Bebauungsplans erteilten unan-
fechtbaren Baugenehmigungen verhindern, dass der Antragsteller seine
Rechtsstellung durch einen erfolgreichen Normenkontrollantrag verbessern
kann (vgl. dazu Beschluss vom 28. August 1987 - BVerwG 4 N 3.86 -
BVerwGE 78, 85), erscheint im Hinblick auf die die Rechtsprechung des Senats
tragende Erwägung, dass das Normenkontrollverfahren jedenfalls, soweit es
auf Antrag einer natürlichen oder juristischen Person eingeleitet wird, kein rein
objektives Prüfungsverfahren ist, sondern - insbesondere bei Bebauungsplänen
- auch Elemente des Individualrechtsschutzes aufweist (Beschluss vom
28. August 1987 a.a.O. S. 91), fraglich. Das bedarf indes keiner Vertiefung, weil
nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts die Errei-
chung wesentlicher Planungsziele noch aussteht.
2. Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht festgestellt, dass der Bebauungs-
plan unwirksam ist, weil er mangels Vorliegens der Voraussetzungen für eine
Ausnahme nach Nr. 4.3.2 (7) LEP 2005 gegen das in Nr. 4.3.2 (1) LEP 2005
als verbindliches Ziel festgelegte Konzentrationsgebot und damit gegen § 1
Abs. 4 BauGB verstößt. Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass bei
einer Standortentscheidung i.S.d. Nr. 4.3.2 (7) Satz 2 LEP 2005 zwingend ein
über den Stadt-Umland-Raum hinausgehendes, von den betroffenen Gemein-
den auf der Basis interkommunaler Abstimmungen erstelltes regionales Einzel-
handelsentwicklungskonzept vorliegen muss, das eine Ausnahme von der Ziel-
festlegung rechtfertigt, steht nicht im Widerspruch zu den bundesrechtlichen
Anforderungen an die Zielqualität einer Planaussage.
2.1 Plansatz Nr. 4.3.2 (1) LEP 2005 bestimmt, dass Einzelhandelsgroßprojekte
i.S.d. § 11 Abs. 3 BauNVO - mit Ausnahme von (7) - nur in zentralen Orten, bei
einer Geschossfläche von mehr als 5 000 m² nur in Ober- und Mittelzentren
zulässig sind. Nach Nr. 4.3.2 (7) LEP 2005 können im Einzelfall Einzelhandels-
großprojekte in den Randbereichen der Stadt-Umland-Räume dann angesiedelt
werden, wenn die Ansiedlungsgemeinde mit der Kernstadt intensive funktionale
Verflechtungen aufweist, verkehrlich gut mit öffentlichem Nahverkehr erreichbar
ist und die Entwicklung der Einzelhandelsfunktion der Kernstadt nicht beein-
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trächtigt (Nr. 4.3.2 (7) Satz 1 LEP 2005). Bei Standortentscheidungen für die
Entwicklung von großflächigen Einzelhandelseinrichtungen in Stadt-Umland-
Räumen wird nach dem Verständnis des Oberverwaltungsgerichts gemäß
Nr. 4.3.2 (7) Satz 2 LEP 2005 eine weitere Voraussetzung aufgestellt, nämlich
die Notwendigkeit eines regionalen Einzelhandelsentwicklungskonzepts auf der
Basis interkommunaler Abstimmungen. Diese Regelung versteht das Oberver-
waltungsgericht als Ziel der Raumordnung i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG, das
einer Regel-Ausnahme-Struktur folge. Die Ausnahmen von der Regel habe der
Plangeber selbst in Nr. 4.3.2 (7) LEP 2005 formuliert.
2.2 In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass auch Plansätze, die
eine Regel-Ausnahme-Struktur aufweisen, die Merkmale einer „verbindlichen
Vorgabe“ oder einer „landesplanerischen Letztentscheidung“ bzw. einer „ab-
schließenden landesplanerischen Abwägung“ erfüllen können, wenn der Plan-
geber neben der Regel auch die Voraussetzungen der Ausnahme mit hinrei-
chender tatbestandlicher Bestimmtheit oder doch wenigstens Bestimmbarkeit
selbst festlegt (Urteile vom 17. September 2003 - BVerwG 4 C 14.01 -
BVerwGE 119, 25 <40>, vom 18. September 2003 - BVerwG 4 CN 20.02 -
BVerwGE 119, 54 <58>, vom 16. Dezember 2010 - BVerwG 4 C 8.10 -
DVBl 2011, 491 Rn. 8 und vom 20. November 2003 - BVerwG 4 CN 6.03 -
BVerwGE 119, 217 <222 f.>). Macht der Plangeber von der Möglichkeit
Gebrauch, den Verbindlichkeitsanspruch seiner Planungsaussage dadurch zu
relativieren, dass er selbst Ausnahmen formuliert, wird damit nicht ohne weite-
res die abschließende Abwägung auf eine andere Stelle verlagert. Es ist ihm
grundsätzlich unbenommen, selbst zu bestimmen, wie weit die Steuerungswir-
kung reichen soll, mit der von ihm geschaffene Ziele Beachtung beanspruchen.
Ausnahmen von einer für die Gemeinden gemäß § 1 Abs. 4 BauGB verbindli-
chen raumordnerischen Zielfestlegung dürfen zusätzlich von der Durchführung
eines Verfahrens abhängig gemacht werden, wenn die Voraussetzungen und
Bindungen eines solchen Verfahrens hinreichend bestimmt oder wenigstens
bestimmbar sind. Die Zielqualität einer Planaussage mit Regel-Ausnahme-
Struktur setzt nicht voraus, dass der Plangeber die Entscheidung, unter wel-
chen Voraussetzungen eine Ausnahme greift, ausschließlich durch Vorgabe
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materiell-rechtlicher Kriterien regelt. Auch landesplanerische Aussagen, die
sich dadurch auszeichnen, dass der Plangeber die Ausnahme von der grund-
sätzlich geltenden Regel auch von dem Verfahren einer raumordnerischen in-
terkommunalen Abstimmung abhängig macht, können die Merkmale eines Ziels
der Raumordnung i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG erfüllen. Standortentscheidun-
gen für eine nach seinen Zielvorgaben ausnahmsweise zulässige Planung
muss der Plangeber nicht selbst treffen. Das Erfordernis der landesplaneri-
schen Letztentscheidung schließt eine Konkretisierung der Ausnahme im Ein-
zelfall (hier: ausnahmsweise zulässige Standorte für Einzelhandelsgroßprojek-
te) in einem spezifisch raumordnerischen Verfahren durch die betroffenen Ge-
meinden nicht aus. Macht der Plangeber eine Ausnahme von der Zielbindung
von der Durchführung eines besonderen Verfahrens abhängig, müssen die An-
forderungen an das Verfahren aber gewährleisten, dass der nachgeordnete
Planungsträger als Adressat der Zielbindung die abschließenden landesplane-
rischen Abwägungen nicht in Frage stellen kann. Diesen Anforderungen wird
Plansatz Nr. 4.3.2 (7) LEP 2005 gerecht.
2.3 Nach dem für die revisionsgerichtliche Beurteilung gemäß § 173 Satz 1
VwGO i.V.m. § 560 ZPO bindenden Begriffsverständnis des Oberverwaltungs-
gerichts stellt die angegriffene Bauleitplanung eine „Standortentscheidung“
i.S.d. Nr. 4.3.2 (7) Satz 2 LEP 2005 dar, weil der Begriff jede Entscheidung
über eine großflächige Einzelhandelseinrichtung, sei es eine Ansiedlung (Neu-
ansiedlung oder Erweiterung) oder Umnutzung, umfasst. Ob der Begriff - wie
die Revisionsführer geltend machen - einer anderen Auslegung zugänglich wä-
re, ist keine Frage der bundesrechtlichen Bestimmtheit der Zielfestlegung. Mit
dem vom Oberverwaltungsgericht zugrunde gelegten Inhalt ist der Begriff hin-
reichend klar bestimmt. Ebenfalls bestimmt ist auch der Begriff „großflächige
Einzelhandelseinrichtungen“ in Nr. 4.3.2 (7) Satz 2 LEP 2005, der nach der
Auslegung des Oberverwaltungsgerichts ein Synonym für den in Nr. 4.3.2 (1)
in Nr. 4.3.2 (1) Satz 1 LEP 2005 näher bestimmt wird. Dass die Antragsgegne-
rin zum Stadt-Umland-Raum der Beigeladenen zu 2 gehört, wird vom Oberver-
waltungsgericht nicht thematisiert, ergibt sich aber aus den in Abbildung 5 zu
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Nr. 3.1.2 LEP 2005 genannten Kriterien und die dann anknüpfende Aufzählung
der Gemeinden in Anhang Teil 1 Abbildung 22 zu Nr. 3.1.2 LEP 2005.
Der Plangeber hat zwar nicht ausdrücklich bestimmt, welches Verfahren für die
Erstellung eines regionalen Einzelhandelsentwicklungskonzepts i.S.d.
Nr. 4.3.2 (7) Satz 2 LEP 2005 zu beachten ist. Auf der Grundlage der Ausle-
gung des Oberverwaltungsgerichts zum Begriff „interkommunale Abstimmun-
gen - (regionales Einzelhandelsentwicklungskonzept)“ lassen sich jedoch die
Anforderungen an das Verfahren im Hinblick auf Ablauf und Organisation des
Verfahrens sowie den Kreis der zu beteiligenden Gemeinden hinreichend klar
bestimmen.
Wer an dem Verfahren zu beteiligen ist, ergibt sich aus dem Merkmal „regio-
nal“. Wie das Oberverwaltungsgericht ausgeführt hat, sollen durch das spezi-
fisch raumordnerische Verfahren der interkommunalen Abstimmung die raum-
bedeutsamen und überörtlichen Auswirkungen einer Standortentscheidung
durch die davon betroffenen Kommunen aufgegriffen und bewältigt werden.
Der Kreis der zu beteiligenden Gemeinden erschließt sich damit über deren
Betroffenheit, sei es als Standortgemeinde, sei es als Gemeinde, die nachteili-
ge Auswirkungen der Planung befürchtet. Der Plangeber knüpft an die Er-
kenntnis an, dass Einzelhandelsgroßprojekte „Fernwirkungen“ haben, die nicht
nur städtebaulich, sondern auch raumordnerisch zu nachteiligen Auswirkungen
führen können. Die spezifisch raumordnerische „Betroffenheit“ spiegelt sich im
räumlichen Zuschnitt des regionalen Teilraums, der nicht deckungsgleich sein
muss mit den in Nr. 3.1.2 (2) LEP 2005 festgelegten Stadt-Umland-Räumen,
sondern - wie das Oberverwaltungsgericht ausgeführt hat - auch darüber hi-
nausgehen kann. Ähnlich wie bei der Bestimmung, wer benachbarte Gemeinde
i.S.d. § 2 Abs. 2 BauGB ist (Beschluss vom 22. Dezember 2009 - BVerwG 4 B
25.09 - BRS 74 Nr. 9 S. 71), kommt es nicht auf ein unmittelbares Angrenzen
der Gemeinden, sondern auf die Reichweite der raumordnungsrechtlich
nachteiligen Auswirkungen der geplanten Standorte an. Die räumliche „Betrof-
fenheit“ bestimmt sich nach den regional bedeutsamen Auswirkungen auf die
vom Einzugsbereich des (jeweiligen) Vorhabens erfassten Gemeinden. Das
reicht zur Bestimmbarkeit des Teilnehmerkreises aus.
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Zur Bestimmbarkeit der verfahrensmäßig-formellen Anforderungen an Ablauf
und Organisation des Verfahrens genügt es, dass der Plangeber im Landes-
raumentwicklungsprogramm ein Verfahren der interkommunalen Abstimmung
vorsieht. Darauf hebt auch das Oberverwaltungsgericht ab, wenn es ausführt,
es liege nahe, für die Erstellung des regionalen Einzelhandelsentwicklungskon-
zepts auf das Verfahren in Nr. 3.1.2 (6) LEP 2005 zurückzugreifen. Plansatz
Nr. 3.1.2 LEP 2005 enthält Regelungen zum Verfahren der interkommunalen
Abstimmung, die sich auf Nr. 4.3.2 (7) Satz 2 LEP 2005 übertragen lassen.
Gründe, die dagegen sprechen könnten, die verfahrensrechtlichen Regelungen
des Nr. 3.1.2 LEP 2005 auf die Erstellung eines regionalen Einzelhandelsent-
wicklungskonzepts zu übertragen, sind nicht zu erkennen. Da Organisation und
Moderation des Verfahrens gemäß Nr. 3.1.2 (6) Satz 1 LEP 2005 von der zu-
ständigen unteren Landesplanungsbehörde übernommen werden, ist auch ge-
währleistet, dass das Verfahren den spezifisch raumordnerischen Anforderun-
gen gerecht wird. Durch Einbeziehung aller „betroffenen“ Gemeinden wird
zugleich verhindert, dass das Ergebnis der Abstimmung, das eine Einigung
voraussetzt, auf Durchsetzung einseitiger Interessen beruht. Dass der Plange-
ber - wie die Revisionsführer in der mündlichen Verhandlung vorgetragen ha-
ben - darauf verzichtet hat, im Einzelnen Regelungen nach Art einer Ge-
schäftsordnung aufzustellen, etwa zur Einleitung des Verfahrens oder zu den
formellen Abstimmungsmodalitäten der Entscheidungsfindung, ist unschädlich.
Die Befürchtung der Antragsgegnerin, sie sei nicht in der Lage, das Verfahren
zur Erstellung eines regionalen Einzelhandelsentwicklungskonzepts zu initiie-
ren, so dass ihr der Weg über eine Ausnahme verwehrt sei, ist unbegründet,
weil nach der Auslegung des Oberverwaltungsgerichts eine interkommunale
Abstimmung nach Nr. 4.3.2 (7) Satz 2 LEP 2005 auch „anderweitig“, nämlich
durch die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens herbeigeführt werden
kann. Damit ist gewährleistet, dass eine gemeindliche Planung jedenfalls nicht
daran scheitern kann, dass - aus welchen Gründen auch immer - (noch) kein
regionales Einzelhandelsentwicklungskonzept vorliegt.
Materiell-rechtlich muss jede Ausnahme vom Konzentrationsgebot zudem die in
Nr. 4.3.2 (7) Satz 1 LEP 2005 genannten Voraussetzungen - die räumlichen
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Aspekte der funktionalen Verflechtung und die gute Erreichbarkeit mit öffentli-
chem Personennahverkehr sowie das Beeinträchtigungsverbot - beachten. Das
ergibt sich daraus, dass Nr. 4.3.2 (7) Satz 2 LEP 2005 nach dem Verständnis
des Oberverwaltungsgerichts lediglich eine weitere, nämlich verfahrensrechtli-
che Voraussetzung aufstellt, die zu den Voraussetzungen nach Nr. 4.3.2 (7)
Satz 1 LEP 2005 hinzutritt. Damit wird das Verfahren der interkommunalen Ab-
stimmung zugleich inhaltlich gebunden. Im Rahmen dieser Vorgaben verbleibt
den Beteiligten der interkommunalen Abstimmung bei der Erstellung des regio-
nalen Einzelhandelsentwicklungskonzepts zwar ein gewisser planerischer
Spielraum, der jeder Standortplanung eignet. Das Verfahren eröffnet aber den
Gemeinden keinen eigenen Abwägungsspielraum der die abschließenden lan-
desplanerischen Abwägungen in Frage stellt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO.
Prof. Dr. Rubel Dr. Gatz Dr. Jannasch
Dr. Bumke Petz
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B e s c h l u s s
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren gemäß § 47
Abs. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG auf 60 000,00 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Gemäß § 52 Abs. 1 GKG bestimmt sich der Streitwert nach der sich aus dem
Antrag des Klägers, hier des Antragstellers, für ihn ergebenden Bedeutung der
Sache. Sie kann nicht losgelöst von der Bedeutung der Sache bestimmt wer-
den, die für den Regelfall im Streitwertkatalog konkretisiert wird (vgl. auch Be-
schluss vom 26. Januar 2010 - BVerwG 4 B 43.09 - juris Rn. 16). Für eine
Normenkontrolle gegen einen Bebauungsplan werden im Streitwertkatalog
nach Nr. 9.8.2 für die Nachbargemeinde 60 000 € und nach Nr. 9.8.1 für die
Privatperson 7 500 bis 60 000 € als Streitwert angesetzt. An diesem Wert hat
sich auch die Bestimmung des Streitwerts nach der Bedeutung der Sache für
den Antragsteller zu orientieren.
Prof. Dr. Rubel Dr. Gatz Dr. Bumke
Sachgebiet:
BVerwGE: ja
Raumordnungsrecht
Fachpresse: ja
Rechtsquelle:
ROG
§ 3 Abs. 1 Nr. 2
Stichworte:
Ziel der Raumordnung; Regel-Ausnahme-Struktur; Konzentrationsgebot; Zent-
rale Orte; Einzelhandelsgroßprojekte; Ausnahme; regionales Einzelhandels-
entwicklungskonzept; raumordnerisches Verfahren der interkommunalen Ab-
stimmung; Bestimmtheit des Verfahrens.
Leitsatz:
Die Zielqualität einer Planaussage mit Regel-Ausnahme-Struktur setzt nicht
voraus, dass der Plangeber die Entscheidung, unter welchen Voraussetzungen
eine Ausnahme greift, ausschließlich durch Vorgabe materiell-rechtlicher Krite-
rien regelt. Ausnahmen von einer raumordnerischen Zielfestlegung dürfen zu-
sätzlich von der Durchführung eines Verfahrens abhängig gemacht werden,
wenn die Voraussetzungen und Bindungen eines solchen Verfahrens hinrei-
chend bestimmt oder wenigstens bestimmbar sind.
Urteil des 4. Senats vom 22. Juni 2011 - BVerwG 4 CN 4.10
I. OVG Greifswald vom 29.03.2010 - Az.: OVG 3 K 27/07