Urteil des BVerwG vom 06.10.2009

Ferienwohnung, Anteil, Vermietung, Grundstück

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 BN 8.09
OVG 3 K 2/07
In der Normenkontrollsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 6. Oktober 2009
durch den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp
und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Petz
beschlossen:
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Nichtzu-
lassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungs-
gerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 19. November
2008 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdever-
fahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 10 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf die Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte
Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.
Das Oberverwaltungsgericht hat den streitgegenständlichen Bebauungsplan,
mit dem die Antragsgegnerin die Neubebauung im historisch geprägten Bereich
ihres Hauptortes steuern will, wegen beachtlicher Abwägungsfehler für unwirk-
sam erklärt. Zum einen habe die Antragsgegnerin dem von der Antragstellerin
im Planaufstellungsverfahren geltend gemachten privaten Belang, dass die Pla-
nung im „Sondergebiet Hotel“ nicht realisierbar sei, weil das festgesetzte Maß
der baulichen Nutzung weder die Errichtung eines wirtschaftlich tragbaren Ho-
tels der Kategorie „Vier Sterne Plus“ noch eines schlichten Beherbergungsbe-
triebes erlaube, im Rahmen der Abwägung nicht die erforderliche objektive
Gewichtigkeit beigemessen (UA S. 19 f.). Zum anderen habe die Antragsgeg-
nerin bei der Festsetzung der allgemeinen und reinen Wohngebiete die im
Plangebiet vorhandene Ferien(wohn)nutzung, die nach der BauNVO eine ge-
genüber der Wohnnutzung eigenständige Nutzungsart darstelle und im allge-
meinen oder gar reinen Wohngebiet ohne entsprechende Festsetzungen über
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Ausnahmen nicht zulässig sei (UA S. 20 f.), nicht hinreichend berücksichtigt.
Schließlich erweise sich die Abwägung auch hinsichtlich der Festsetzungen für
das Grundstück Flurstück-Nr. 10/3 als abwägungsfehlerhaft, weil die Antrags-
gegnerin im Zeitpunkt der Beschlussfassung nicht von der Zulässigkeit der für
das Grundstück festgesetzten Unterschreitung des Waldabstandes habe aus-
gehen können. Diese Mängel beträfen weite Teile des Plangebiets und führten
zur Gesamtunwirksamkeit sowohl des ursprünglichen Bebauungsplans als auch
der darauf aufbauenden 1. Änderung.
Ist eine Entscheidung - wie hier -, jedenfalls soweit es um die Feststellung be-
achtlicher Abwägungsmängel geht, auf mehrere, jeweils selbstständig tragende
Gründe gestützt worden, kann eine Beschwerde nach § 132 Abs. 2 VwGO nur
dann Erfolg haben, wenn der Zulassungsgrund bei jedem der Urteilsgründe in
zulässiger Weise vorgetragen worden und gegeben ist (Beschluss vom 19. Au-
gust 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328). Daran fehlt es hier. Die
Zulassung der Revision muss bereits daran scheitern, dass die Beschwerde
das zweite Begründungselement des Normenkontrollurteils - die unzureichende
Berücksichtigung der vorhandenen Ferien(wohn)nutzung bei der Festsetzung
der reinen und allgemeinen Wohngebiete - nicht mit einem Grund für die Zulas-
sung der Revision zu erschüttern vermag. Dass jedenfalls dieser Abwägungs-
mangel für sich genommen weite Teile des Plangebiets betrifft und deshalb
auch für sich genommen zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans führt,
ist nicht zweifelhaft.
Die insoweit von der Antragsgegnerin für grundsätzlich klärungsbedürftig gehal-
tene Frage,
ob Ferienhäuser oder Ferienwohnungen in allgemei-
nen Wohngebieten ohne Rücksicht darauf unzulässig
sind, ob sie vom Eigentümer selbst genutzt oder aber
für jeweils kurze Zeiträume fremd vermietet werden,
würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Sie wäre nicht entschei-
dungserheblich. Die Antragsgegnerin meint, Ferienwohnungen seien im allge-
meinen oder reinen Wohngebiet jedenfalls dann nicht generell unzulässig, wenn
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der auswärtig wohnende Eigentümer sie auf Dauer selbst zum Wohnen nutze;
dies ändere sich grundsätzlich auch dann nicht, wenn der Eigentümer die
Ferienwohnung zeitweise vermiete; erst wenn die Ferienwohnung aus-
schließlich zur kurzfristigen Vermietung an Feriengäste verwendet werde und
der Einnahmenerzielung diene, könne es an einer auf Dauer angelegten Häus-
lichkeit fehlen. Demgegenüber halte das Oberverwaltungsgericht jede Ferien-
wohnung im allgemeinen oder reinen Wohngebiet für unzulässig, also auch die
ausschließlich vom Eigentümer selbst genutzte Ferienwohnung. Diese Unter-
stellung trifft ersichtlich nicht zu. Für das Oberverwaltungsgericht kam es auf die
Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen vom Eigentümer
selbst genutzte Ferienwohnungen oder -häuser im allgemeinen Wohngebiet
zulässig sind, nicht an. Es hat festgestellt, dass auf einer Vielzahl von
Grundstücken im Plangebiet eine Ferienwohnnutzung stattfindet. Auch die An-
tragsgegnerin sei im Rahmen der Abwägung davon ausgegangen, dass das
Plangebiet einen nicht unerheblichen Anteil an Ferienwohnungen und Fremd-
beherbergung aufweise (UA S. 21). Anhaltspunkte dafür, dass die vorhandenen
Ferienwohnungen ausschließlich oder zu einem erheblichen Anteil vom Eigen-
tümer selbst genutzt würden, hat es nicht festgestellt. Es ist vielmehr davon
ausgegangen, dass ein für die Abwägung beachtlicher Anteil der Ferienwoh-
nungen für die Nutzung durch wechselnde Feriengäste bestimmt sei - dies er-
gibt sich unter anderem aus der Bezugnahme auf den Beschluss vom
28. Dezember 2007 - 3 M 190/07 - (NordÖR 2008, 169) - und dass die An-
tragsgegnerin nicht erkannt habe, dass die Zulässigkeit jedenfalls dieser Nut-
zungen durch die Festsetzung von allgemeinen und reinen Wohngebieten be-
schränkt werde (UA S. 21).
Auch die Rüge, das Oberverwaltungsgericht habe ermitteln müssen, ob die (im
Plangebiet) unstreitig vorhandenen Ferienwohnungen (ganz oder teilweise)
selbst genutzte oder aber zur Vermietung an Feriengäste vorgesehene Ferien-
wohnungen seien, greift nicht durch. Einen entsprechenden Beweisantrag hat
die Antragsgegnerin nicht gestellt. Die Beschwerde legt nicht dar, aufgrund
welcher Umstände sich dem Oberverwaltungsgericht die Erforderlichkeit dieser
Aufklärung von sich aus hätte aufdrängen müssen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestset-
zung richtet sich nach §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.
Dr. Gatz
Dr. Philipp
Petz
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