Urteil des BVerwG vom 10.02.2005

Bebauungsplan, Realisierung, Deponie, Industrie

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 BN 8.05
OVG 9 KN 249/03
In der Normenkontrollsache
hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 10. Februar 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a e t o w
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. R o j a h n und
Dr. J a n n a s c h
beschlossen:
- 2 -
Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwal-
tungsgerichts vom 16. November 2004 wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens
jeweils zur Hälfte.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 25 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf alle drei Zulassungstatbestände des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Be-
schwerde hat keinen Erfolg.
Das Normenkontrollgericht hat den Antrag, den Bebauungsplan Nr. 23 "Industriepark
Kaliwerk Niedersachsen" für funktionslos zu erklären, aus zwei jeweils selbstständig
tragenden Gründen abgelehnt. Zum einen hält es den Normenkontrollantrag wegen
Versäumung der Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO für unzulässig. Zusätz-
lich ist sein Urteil darauf gestützt, dass der Antrag auch in der Sache keinen Erfolg
haben könne, weil der Bebauungsplan Nr. 23 entgegen der Auffassung der An-
tragsteller nicht funktionslos geworden sei. Ist ein Urteil in dieser Weise doppelt be-
gründet, kann einer Nichtzulassungsbeschwerde nur unter der Voraussetzung statt-
gegeben werden, dass hinsichtlich beider Begründungsteile ein Zulassungsgrund
geltend gemacht wird und vorliegt (stRspr). Diese Voraussetzung ist hier nicht gege-
ben.
Hinsichtlich des zweiten Begründungsteils - fehlende Funktionslosigkeit des Bebau-
ungsplans - macht die Beschwerde lediglich den Verfahrensmangel unzulänglicher
Aufklärung geltend (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 86 Abs. 1 VwGO). Die Antragsteller
rügen, das Normenkontrollgericht habe entgegen ihrer Anregung nicht die gemeindli-
chen Verwaltungsvorgänge zum Schicksal des Bebauungsplans nach dessen In-
kraftsetzung, insbesondere zu den gescheiterten Bemühungen um Industrie- und
Ersatznutzungen, beigezogen. Dieses Vorbringen erfüllt nicht die Anforderungen des
§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die substantiierte Darlegung des behaupteten Verfah-
rensmangels.
- 3 -
Zwar ist der Hinweis der Antragsteller richtig, dass sie im Verfahren vor dem Nor-
menkontrollgericht nicht ohne weiteres zu dem Inhalt der ihnen unbekannten Akten
etwas Näheres vortragen konnten. Ob deshalb die - auch in der mündlichen Ver-
handlung wiederholte - Anregung, die genannten Verwaltungsvorgänge beizuziehen,
auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis gerichtet war, kann dahinstehen. Je-
denfalls hätten sich die Antragsteller in ihrer Beschwerdebegründung zumindest mit
den Ausführungen im Normenkontrollurteil (S. 8) auseinander setzen müssen, mit
denen die Voraussetzungen für eine Funktionslosigkeit des Bebauungsplans Nr. 23
verneint wurden. Das Normenkontrollgericht hat dort dargelegt, aus welchen Grün-
den eine Realisierung der planerischen Festsetzungen bezüglich der Ansiedlung an-
derer industrieller bzw. gewerblicher Nutzungen zukünftig nicht unmöglich erscheine.
Solche Möglichkeiten der Verwirklichung bestünden auch mit Blick auf das offen-
sichtliche Scheitern der Planungen hinsichtlich der "Drachen-Pläne" oder der Nut-
zung als "Untertage-Deponie". Die im Vordergrund des Bebauungsplans stehenden
Festsetzungen über die Art der Nutzung seien nach wie vor "unschwer realisierbar".
Angesichts dieser Ausführungen wäre es erforderlich gewesen darzulegen, weshalb
aus der Sicht der Beschwerde diese Würdigung fehlerhaft oder unvollständig ist und
welche dieser Würdigung entgegenstehenden Erkenntnisse sich aus den Verwal-
tungsvorgängen ergeben könnten. Die bloße Hoffnung, dass sich etwas für die
Rechtsbehauptung der Antragsteller Günstiges herausstellen könnte, genügt nicht,
um die Verpflichtung des Normenkontrollgerichts zur Beiziehung der betreffenden
Akten nachvollziehbar darzulegen.
Ob die auf die Antragsbefugnis (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) bezogenen Rügen der
Beschwerde hätten Erfolg haben können, bedarf mithin keiner Prüfung mehr.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 159 Satz 1 VwGO i.V.m.
§ 100 Abs. 1 ZPO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52
Abs. 1, § 72 Nr. 1 GKG.
Dr. Paetow Prof. Dr. Rojahn Dr. Jannasch