Urteil des BVerwG vom 20.01.2004

Befreiung, Bauverbot, Form, Windenergieanlage

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 BN 70.03
OVG 7a D 100/01.NE
In der Normenkontrollsache
hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 20. Januar 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a e t o w und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht H a l a m a und Dr. J a n n a s c h
beschlossen:
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Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das
Land Nordrhein-Westfalen vom 6. August 2003 wird zurückge-
wiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 15 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf die Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gestützte Be-
schwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.
1. Die Beschwerde hält sinngemäß die Frage für klärungsbedürftig, inwieweit das
"Ausgesetztsein gegenüber potentiellen Unfallgefahren" als Anwohner sozial adäquat
ist. Hintergrund ihrer Frage ist die Aussage des Normenkontrollgerichts, aus dem
Vortrag der Antragsteller ergebe sich nicht, dass ihr Grundstück trotz der Entfernung
von etwa 400 m zur nächstgelegenen Windenergieanlage einem Risiko ausgesetzt
wäre, das über das allgemeine, mit jeder Form der Nutzung von Technik verbundene
und daher als sozialadäquat von jedermann hinzunehmende Risiko hinausgehe. Die
Antragsteller halten einen größeren Abstand für geboten und verweisen auf neuere
Erkenntnisse, wonach Schäden an Windenergieanlagen zunähmen. Damit werfen sie
jedoch keine Frage des revisiblen Rechts auf, die in einem auf Rechtsfragen
beschränkten Revisionsverfahren weiterer grundsätzlicher Klärung fähig und
bedürftig wären. Die Beschwerdebegründung enthält weitgehend Tatsachenvortrag.
Sie setzt sich mit dem rechtlichen Ansatz des Normenkontrollgerichts nicht näher
auseinander und legt nicht dar, inwieweit Rechtsfragen von grundsätzlicher
Bedeutung weiter zu klären wären.
2. Auch die Divergenzrüge bleibt ohne Erfolg. Eine die Revision eröffnende Abwei-
chung, also ein Widerspruch im abstrakten Rechtssatz, läge nur vor, wenn das Nor-
menkontrollgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem seine Ent-
scheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der genannten Entschei-
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dung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgewi-
chen wäre (stRspr). Die Beschwerde legt nicht dar, welche Rechtssätze im Wider-
spruch stehen könnten. Sie verweist auf das Urteil des Senats vom 17. Dezember
2002 - BVerwG 4 C 15.01 - (BVerwGE 117, 287). Danach scheitert ein Bauleitplan
weder an § 1 Abs. 3 BauGB noch an § 6 Abs. 2 BauGB, wenn eine Befreiung von ei-
nem in einer Landschaftsschutzverordnung enthaltenen Bauverbot in Betracht
kommt. Auf dieses Urteil hat das Normenkontrollgericht indes ausdrücklich Bezug
genommen. Die Beschwerde legt nicht dar, dass das Oberverwaltungsgericht den in
diesem Urteil aufgestellten Grundsätzen die Gefolgschaft versagt hätte. Sie verweist
auf Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Voraussetzungen für
eine naturschutzrechtliche Befreiung und meint, Befreiungen würden nach der Ver-
waltungspraxis in Nordrhein-Westfalen zu großzügig erteilt. Damit wird jedoch nicht
dargelegt, dass das Normenkontrollgericht Rechtsgrundsätze aufgestellt hätte, die
mit vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Grundsätzen im Widerspruch stün-
den. Auch soweit die Beschwerde sich mit der Schlussfolgerung des Oberverwal-
tungsgerichts im vorliegenden Einzelfall auseinander setzt, die Erteilung einer Be-
freiung zeichne sich ab, legt sie keine Divergenz im oben beschriebenen Sinne dar.
3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 Halb-
satz 2 VwGO ab, da sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizu-
tragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwert-
festsetzung auf § 14 Abs. 1 und 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Dr. Paetow
Halama
Dr. Jannasch