Urteil des BVerwG vom 11.03.2010

Rechtliches Gehör, Verfahrensmangel, Überprüfung, Kritik

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 BN 7.10
VGH 3 C 495/09.N
In der Normenkontrollsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. März 2010
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Jannasch und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp
beschlossen:
Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulas-
sung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwal-
tungsgerichtshofs vom 3. November 2009 wird zurückge-
wiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die An-
tragsteller zu je einem Viertel.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 30 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gestützte Be-
schwerde bleibt ohne Erfolg.
Als Verfahrensmangel machen die Antragsteller geltend, der Verwaltungsge-
richtshof habe den von ihnen vorgetragenen Sachverhalt nicht sachgerecht be-
rücksichtigt und dadurch ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör gibt dem an einem gerichtlichen Verfahren
Beteiligten ein Recht darauf, dass er Gelegenheit erhält, im Verfahren zu Wort
zu kommen, namentlich sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrun-
deliegenden Sachverhalt und zur Rechtslage zu äußern, Anträge zu stellen und
Ausführungen zu machen. Dem entspricht die grundsätzliche Pflicht des Ge-
richts, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in
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Erwägung zu ziehen. Die Gerichte sind aber nicht verpflichtet, jedes Vorbringen
eines Beteiligten in den Gründen einer Entscheidung ausdrücklich zu beschei-
den. Artikel 103 Abs. 1 GG gewährt auch keinen Schutz gegen Entscheidun-
gen, die den Sachvortrag des Beteiligten aus Gründen des formellen oder ma-
teriellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt lassen; die Vorschrift ver-
pflichtet die Gerichte insbesondere nicht, der Rechtsansicht einer Partei zu fol-
gen (Beschluss vom 23. August 2006 - BVerwG 4 A 1067.06 u.a. - juris Rn. 3,
stRspr). Auch kann mit Angriffen gegen die Beweiswürdigung ein Verfahrens-
mangel grundsätzlich nicht bezeichnet werden; die Beweiswürdigung ist regel-
mäßig dem sachlichen Recht zuzuordnen (Beschluss vom 12. Januar 1995
- BVerwG 4 B 197.94 - Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 4 S. 4).
Gemessen hieran ergibt sich aus dem Vorbringen der Antragsteller keine Ver-
letzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör.
Unter I der Beschwerdebegründung („Garagenausfahrbreite“) machen die An-
tragsteller in erster Linie geltend, die Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs,
eine Fahrbahnbreite von 6,50 m sei nach den Empfehlungen für Anlagen des
ruhenden Verkehrs, Ausgabe 1991, der Forschungsgesellschaft für Straßen
und Verkehrswesen auch bei Parkständen von 2,45 m für ein bequemes Ein-
und Ausparken ausreichend (UA S. 10), sei rechtsfehlerhaft; die Tabelle
EAR 1991 sei durch eine Tabelle aus dem Jahr 2005 ersetzt worden. Eine Ver-
letzung rechtlichen Gehörs ergibt sich hieraus schon deshalb nicht, weil sich die
Antragsteller auf die Tabelle aus dem Jahr 2005 nicht berufen hatten. Im Übri-
gen kritisieren sie mit diesem sowie ihrem weiteren Vorbringen zu den Voraus-
setzungen für ein gefahrloses Benutzen der Garagen, dass der Verwaltungsge-
richtshof ihrer Auffassung, dass der Bebauungsplan insoweit an einem erhebli-
chen Abwägungsfehler leide, in der Sache nicht gefolgt ist. Auch darin liegt kei-
ne Verletzung rechtlichen Gehörs.
Aus der 16 Punkte umfassenden „Stellungnahme zu den Entscheidungsgrün-
den“ unter II der Beschwerdebegründung ergibt sich ebenfalls keine Verletzung
von § 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG. Insoweit erschöpft sich die Be-
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schwerde in einer Kritik an der Auslegung des materiellen Rechts sowie der
Sachverhalts- und Beweiswürdigung im angefochtenen Urteil.
Soweit die Antragsteller unter III der Beschwerdebegründung im Rahmen ihrer
Ausführungen zur Entscheidungserheblichkeit der geltend gemachten Verfah-
rensfehler darlegen, dass die Festsetzung der Verkehrsberuhigung insbeson-
dere im Hinblick auf die Folgen für die zulässige Höchstgeschwindigkeit im
Plangebiet einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalte, wenden sie sich ge-
gen die materielle Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs. Der Verwal-
tungsgerichtshof hat dargelegt, dem Plan könne, weil die Ausbauplanung der
verkehrsberuhigten Bereiche in ihren Einzelheiten nicht Gegenstand der plane-
rischen Festsetzungen sei, nicht entgegengehalten werden, dass lediglich eine
Fahrgeschwindigkeit von 7 km/h vorgesehen sei (UA S. 11). Ein Verfahrensfeh-
ler ergibt sich aus den Angriffen gegen diese Rechtsauffassung nicht.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO abge-
sehen; sie wäre nicht geeignet, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen,
unter denen eine Revision zuzulassen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO i. V. m.
§ 100 Abs. 1 ZPO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1
GKG.
Prof. Dr. Rubel
Dr. Jannasch
Dr. Philipp
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