Urteil des BVerwG vom 11.11.2009

Bebauungsplan, Handelsbetrieb, Rechtsgrundlage, Aufteilung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 BN 63.09
VGH 3 S 1432/07
In der Normenkontrollsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 11. November 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz und Petz
beschlossen:
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Nichtzu-
lassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsge-
richtshofs Baden-Württemberg vom 8. Juli 2009 wird zu-
rückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdever-
fahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 10 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Die
Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Antragsgegne-
rin beimisst.
1. Die von der Antragsgegnerin aufgeworfene Frage, ob gebietsbezogene ab-
solute Verkaufsflächenbeschränkungen in einem Bebauungsplan für ein Son-
dergebiet nach § 11 Abs. 3 BauNVO (großflächiger Einzelhandel) jedenfalls
dann zulässigerweise festgesetzt werden können, wenn sich die davon betrof-
fenen Grundstücke/das davon betroffene Grundstück in der Hand eines einzi-
gen Eigentümers befinden/befindet, lässt sich verneinen, ohne dass es der
Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. Der Senat hat mit Urteil vom
3. April 2008 - BVerwG 4 CN 3.07 - (BVerwGE 131, 86) entschieden, dass die
durch Bebauungsplan erfolgte Festsetzung einer baugebietsbezogenen, vorha-
benunabhängigen Verkaufsflächenobergrenze zur Steuerung des Einzelhandels
in einem Sondergebiet zur Steuerung des Einzelhandels mangels Rechts-
grundlage unzulässig ist. Sie werde von § 11 BauNVO nicht gedeckt. Eine Kon-
tingentierung der Verkaufsflächen, die auf das Sondergebiet bezogen sei, öffne
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das Tor für sog. „Windhundrennen“ potenzieller Investoren und Bauantragsteller
und schließe die Möglichkeit ein, dass Grundeigentümer im Fall der Er-
schöpfung des Kontingents von der kontingentierten Nutzung ausgeschlossen
seien. Dieses Ergebnis widerspreche dem der Baugebietstypologie (§§ 2 bis 9
BauNVO) zugrunde liegenden Regelungsansatz, demzufolge im Geltungsbe-
reich eines Bebauungsplans im Grunde jedes Baugrundstück für jede nach dem
Nutzungskatalog der jeweiligen Baugebietsvorschrift zulässige Nutzung in
Betracht kommen solle (Urteil vom 3. April 2008 a.a.O. Rn. 17). Eine Ausnahme
von dem Verbot einer gebietsbezogenen Verkaufsflächenbegrenzung hat der
Senat mit Blick auf das Urteil vom 27. April 1990 - BVerwG 4 C 36.87 - (Buch-
holz 406.12 § 11 BauNVO Nr. 17) lediglich für den Fall erwogen, dass in dem in
Frage stehenden Sondergebiet nur ein einziger Handelsbetrieb zulässig ist
(Urteil vom 3. April 2008 a.a.O. Rn. 18).
Diese Rechtsprechung beansprucht Geltung auch für den Fall, dass das
Grundeigentum im Plangebiet zum Zeitpunkt des Beschlusses über den Be-
bauungsplan in einer Hand liegt. Zwar kann mit den Worten der Antragsgegne-
rin der Eigentümer nicht mit sich selbst ein Windhundrennen veranstalten (Be-
schwerdebegründung S. 10). Auf die - wandelbaren - Eigentumsverhältnisse
kommt es aber nicht an; denn der Bebauungsplan ist, wie der Verwaltungsge-
richtshof zutreffend erkannt hat, „nicht eigentümerbezogen, sondern städtebau-
lich-bodenrechtlich zu betrachten“ (UA S. 15). Der von der Antragsgegnerin
konstruierte Widerspruch (Beschwerdebegründung S. 9) zwischen den Senats-
urteilen vom 27. April 1990 (a.a.O.) und vom 3. April 2008 (a.a.O.) besteht
nicht. Zwar mag sein, dass auch bei der Fallgestaltung, die dem Urteil vom
27. April 1990 zugrunde lag, eine Aufteilung des Grundstücks und ggf. eine
Veräußerung an verschiedene Erwerber denkbar gewesen wäre. Das war und
ist aber rechtlich ohne Bedeutung. Im Senatsurteil vom 3. April 2008 (a.a.O.
Rn. 18) heißt es: „Dem Urteil (vom 27. April 1990) mag zu entnehmen sein,
dass eine gebietsbezogene Verkaufsflächenbegrenzung unbedenklich ist, wenn
in dem in Rede stehenden Sondergebiet nur ein einziger Handelsbetrieb zuläs-
sig ist; denn dann ist die gebietsbezogene mit der vorhabenbezogenen Ver-
kaufsflächenbeschränkung identisch. Nicht beantwortet wird indes die Frage
nach der Zulässigkeit einer gebietsbezogenen Verkaufsflächenbeschränkung,
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die sich auf mehrere Vorhaben im Plangebiet auswirken kann.“ Hieran geht die
Argumentation der Antragsgegnerin vorbei.
2. Auch auf die weitere Frage, ob die erste Frage jedenfalls dann zu bejahen
ist, wenn es sich um die Überplanung eines vorhandenen Bestands mit dem
Ziel handelt, einer raum- und landesplanerischen sowie interkommunalen Fehl-
entwicklung Einhalt zu gebieten, lässt sich außerhalb eines Revisionsverfahrens
antworten. Sie ist zu verneinen. Wenn eine Festsetzung in einem Bebauungs-
plan nicht auf eine Rechtsgrundlage zurückgeführt werden kann, ist sie
unwirksam. Daran ändert sich nichts, wenn für die Festsetzung ein städtebauli-
ches Bedürfnis besteht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und die Streitwertfest-
setzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Prof. Dr. Rubel
Dr. Gatz
Petz
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