Urteil des BVerwG vom 30.09.2003

Öffentlich, Gemeinde, Einfluss, Vorrang

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 BN 63.03
VGH 5 S 1247/01
In der Normenkontrollsache
hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. September 2003
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. L e m m e l , H a l a m a und
Prof. Dr. R o j a h n
beschlossen:
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Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-
Württemberg vom 26. Juni 2003 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 25 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützte Beschwerde muss
erfolglos bleiben. Soweit sie nicht schon unzulässig ist, weil sie zum Teil bereits nicht
den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Darlegung der geltend
gemachten Zulassungsgründe genügt, wirft sie keine entscheidungserheblichen
Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf.
Für rechtsgrundsätzlich bedeutsam hält die Beschwerde die Frage, "ob und inwieweit
Belange als privat oder öffentlich einzustufen sind". Sie möchte geklärt wissen, "ob
nach § 1 Abs. 6 BauGB abwägungserhebliche Belange als öffentlich einzustufen
sind, wenn eine im weiteren Sinne der Gesamtbevölkerung letztendlich nützliche
Gebäudenutzung stattfindet". Beide Fragen rechtfertigen die Zulassung der Revision
nicht, weil sie für das vorliegende Verfahren nicht entscheidungserheblich sind. In der
Sache wendet sich die Beschwerde mit ihnen gegen die Überlegung des Nor-
menkontrollgerichts, die reduzierte Bebaubarkeit der Grundstücke der Antragstellerin
sei - auch - unter dem Aspekt der Rücksichtnahme auf zwei soziale Einrichtungen
nicht zu beanstanden (Urteil S. 11). Dem Normenkontrollurteil lässt sich jedoch nicht
entnehmen, dass die Vorinstanz die Interessen der sozialen Einrichtungen als private
oder als öffentliche Interessen qualifiziert hat. Es ist aber auch nicht erkennbar, in
welcher Weise eine solche Qualifizierung für die Überprüfung der Abwägungsent-
scheidung der Antragsgegnerin von Bedeutung sein könnte. Sollte die Beschwerde
davon ausgehen, dass öffentliche Belange generell ein größeres Gewicht in der Ab-
wägung hätten als private Belange, so wäre ihr nicht zu folgen. Welches Gewicht
einem Belang in der Abwägung zukommt, hängt immer von den Umständen des
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Einzelfalls ab und lässt sich nicht abstrakt festlegen; insbesondere besteht kein all-
gemeiner Vorrang von öffentlichen vor privaten Belangen.
Die weiteren Ausführungen der Beschwerde erschöpfen sich in einer bloßen Kritik an
der Begründung des Normenkontrollurteils, die sich allein gegen einzelne Wertungen
des Gerichts richtet. Soweit eine bestimmte Fragestellung für grundsätzlich bedeut-
sam erklärt wird, fehlt es an einer verallgemeinerungsfähigen Frage. So möchte die
Beschwerde beispielsweise der Sache nach nicht geklärt haben, in welchem Ver-
hältnis die Festsetzungen eines Bebauungsplans zu seiner Begründung stehen - zur
Beantwortung dieser Frage bedürfte es auch keines Revisionsverfahrens -; vielmehr
geht es ihr allein um die Auslegung einer bestimmten Festsetzung des streitigen Be-
bauungsplans. Ebenso wenig lässt sich generalisierend klären, inwieweit das Verhal-
ten von Verfahrensbeteiligten bei außergerichtlichen Verhandlungen Einfluss auf die
gerichtliche Bewertung des Abwägungsvorgangs einer Gemeinde haben kann. Ob
schließlich eine bestimmte Bewertung im Zusammenhang mit der Festsetzung einer
Tiefgarage ermessensfehlerhaft ist oder nicht, lässt sich ebenfalls nur fallbezogen
prüfen; eine verallgemeinerungsfähige Frage hierzu enthält die Beschwerde nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Den Wert des Streitge-
genstandes setzt der Senat gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 13 Abs. 1
Satz 1 GKG fest.
Lemmel Halama Rojahn