Urteil des BVerwG vom 27.11.2003

Gemeinde, Bebauungsplan, Erlass, Konkretisierung

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BESCHLUSS
BVerwG 4 BN 61.03
OVG 7a D 37/03.NE
In der Normenkontrollsache
hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. November 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a e t o w
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. L e m m e l und G a t z
beschlossen:
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Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulas-
sung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungs-
gerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 4. Juni
2003 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfah-
rens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 10 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
I.
Die Antragstellerin wendet sich gegen eine Satzung über eine Veränderungssperre.
Der Rat der Antragsgegnerin beschloss im Februar 1999 eine Änderung des Flä-
chennutzungsplans, mit der im Gemeindegebiet drei Vorranggebiete für Windener-
gieanlagen dargestellt wurden. Die Antragstellerin möchte dort derartige Anlagen
errichten. Im Februar 2002 beschloss der Bau- und Planungsausschuss der An-
tragsgegnerin die Aufstellung der Bebauungspläne Nr. 95a, 95b und 95c zur planeri-
schen Feinsteuerung der Errichtung von Windenergieanlagen in den Vorranggebie-
ten. Gleichzeitig fasste er einen Aufstellungsbeschluss für eine die Vorranggebiete
betreffende Änderung des Flächennutzungsplans, wobei "in die Änderungsplanung
insbesondere notwendige Abstandflächen entsprechend der aktuellen Rechtspre-
chung einbezogen werden" sollen. Im Mai 2002 beschloss der Rat der Antragsgeg-
nerin, über die Bebauungsplangebiete eine Veränderungssperre zu verhängen. Den
Antrag der Antragstellerin, die im Juni 2002 in Kraft getretene Satzung über die Ver-
änderungssperre für das Bebauungsplangebiet 95b für nichtig zu erklären, lehnte
das Oberverwaltungsgericht ab. Gegen die Nichtzulassung der Revision richtet sich
die Beschwerde der Antragstellerin.
II.
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Die
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Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Antragstellerin bei-
misst. Auch ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen nicht, dass die Revision we-
gen einer Divergenz zwischen dem Normenkontrollurteil und einer höchstrichterli-
chen Entscheidung zuzulassen ist.
1. a) Die in den Vordergrund gestellte Frage, ob eine Gemeinde nach dem 31. De-
zember 1998 noch die Möglichkeit hat, den Bau von Windenergieanlagen durch den
Erlass einer Veränderungssperre zu verhindern, nötigt nicht zur Zulassung der
Grundsatzrevision. Sie würde sich in dem angestrebten Revisionsverfahren in dieser
Allgemeinheit nicht stellen, sondern nur in der Variante, ob eine Gemeinde nach dem
31. Dezember 1998 noch befugt ist, den Bau von Windenergieanlagen durch den
Erlass einer Veränderungssperre in einem Gebiet vorübergehend zu verhindern, das
im Flächennutzungsplan als Vorrangfläche im Außenbereich für solche Anlagen dar-
gestellt ist. Auch in dieser von der Beschwerde hilfsweise formulierten Fassung
rechtfertigt die Frage, die auf die Auslegung der §§ 14, 35 Abs. 1 und 3 sowie § 245b
BauGB zugeschnitten ist, nicht die Zulassung der Revision. Zwar liegt zu ihr keine
höchstrichterliche Rechtsprechung vor. Die Frage, wie Rechtsvorschriften sach-
gerecht auszulegen und anzuwenden sind, bedarf jedoch dann keiner Klärung in
einem Revisionsverfahren, wenn sie sich auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts
mit Hilfe der üblichen Interpretationsregeln ohne weiteres beantworten lässt
(BVerwG, Beschluss vom 3. Mai 1993 - BVerwG 4 NB 15.93 - NVwZ-RR 1994, 9).
Das ist hier der Fall.
Nach § 14 Abs. 1 BauGB kann die Gemeinde, wenn ein Beschluss über die Aufstel-
lung eines Bebauungsplans gefasst ist, zur Sicherung der Planung für den Planbe-
reich eine Veränderungssperre u.a. mit dem Inhalt beschließen, dass Vorhaben im
Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt werden dürfen. Es versteht sich von
selbst, dass eine Veränderungssperre bei einer offensichtlich rechtswidrigen Pla-
nung nichtig ist (Bielenberg/Stock in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 14
Rn. 15d). Ein Bebauungsplan, der nach dem 31. Dezember 1998 beschlossen wird,
gibt indessen nicht schon deshalb zu Beanstandungen Anlass, weil mit ihm ein Be-
reich überplant wird, der im Flächennutzungsplan als Vorrangfläche für Windener-
gieanlagen dargestellt ist. § 35 Abs. 3 Satz 3 und § 245b BauGB verbieten dies ent-
gegen der Auffassung der Beschwerde nicht.
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Nach § 245b Abs. 1 Satz 1 BauGB hatte die Baugenehmigungsbehörde auf Antrag
der Gemeinde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Windenergieanlagen im
Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB bis längstens zum 31. Dezember 1998 auszu-
setzen, wenn die Gemeinde beschlossen hatte, einen Flächennutzungsplan aufzu-
stellen, zu ändern oder zu ergänzen, und beabsichtigte zu prüfen, ob Darstellungen
zu Windenergieanlagen im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB in Betracht kom-
men. Die Vorschrift flankierte die mit dem Gesetz zur Änderung des Baugesetzbuchs
vom 30. Juli 1996 (BGBl I S. 1189) eingeführte Privilegierung der Windenergieanla-
gen durch § 35 Abs. 1 Nr. 7 BauGB (seit 1. Januar 1998: § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB)
und die den Gemeinden im Anschluss an das Senatsurteil vom 22. Mai 1987
- BVerwG 4 C 57.84 - (BVerwGE 77, 300 ff.) durch § 35 Abs. 3 Satz 4 BauGB (jetzt
§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB) eingeräumte Befugnis, durch die Ausweisung von Kon-
zentrationszonen und die Sperrung des übrigen Außenbereichs für Windenergiean-
lagen deren Ansiedlung planerisch zu steuern. Durch die Möglichkeit, Genehmi-
gungsanträge für Windenergieanlagen zurückstellen zu lassen, erhielten die Ge-
meinden die Gelegenheit, ihre Flächennutzungsplanung an der neuen Rechtslage
auszurichten, ohne befürchten zu müssen, durch die zwischenzeitliche Errichtung
von Windenergieanlagen außerhalb der (späteren) Konzentrationszonen vor die
vollendete Tatsache gestellt zu werden, einen unerwünschten Wildwuchs derartiger
Anlagen im Gemeindegebiet nicht mehr verhindern zu können. Die Befristung dieser
Möglichkeit bis zum 31. Dezember 1998 sollte sie zu einer zügigen Durchführung
ihrer Planungen veranlassen.
Mehr als die befristete Bereitstellung eines Instruments zur Sicherung künftiger Dar-
stellungen in Flächennutzungsplänen nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB gibt § 245b
BauGB nicht her. Die Wirkung der Bestimmung erschöpft sich darin, den Gemeinden
einen Zeitraum zur Verfügung gestellt zu haben, innerhalb dessen sie ungestört ihre
Vorstellung entwickeln konnten, welche Außenbereichsflächen für Windenergieanla-
gen zur Verfügung stehen und wo solche Anlagen ausgeschlossen sein sollten. We-
der dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck der Norm lässt sich ein Anhaltspunkt
dafür entnehmen, dass die Gemeinden nach dem 31. Dezember 1998 gehindert wä-
ren, erstmals einen den Anforderungen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB genügenden
Flächennutzungsplan aufzustellen, oder dass sie an einer einmal getroffenen Ent-
scheidung festgehalten werden sollten. Vielmehr sind die Gemeinden in den
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- weiten - Grenzen des § 1 Abs. 3 BauGB jederzeit berechtigt, ihre Bauleitplanung zu
ändern; sie dürfen auch im Flächennutzungsplan ausgewiesene Konzentrationszo-
nen für Windenergieanlagen einer andersartigen Nutzung zuführen.
Dies kann durch eine Änderung des Flächennutzungsplans geschehen. Zulässig ist
aber auch die Aufstellung eines Bebauungsplans, wenn der Flächennutzungsplan im
Parallelverfahren nach § 8 Abs. 3 BauGB gleichzeitig entsprechend geändert wird
oder wenn die Voraussetzungen des § 8 Abs. 4 BauGB für einen vorzeitigen Bebau-
ungsplan gegeben sind. Zur Sicherung der Planung mittels eines Bebauungsplans
dürfen die Gemeinden gemäß § 14 Abs. 1 BauGB eine Veränderungssperre erlas-
sen. Erst recht ist es ihnen nicht verwehrt, die Errichtung von Windenergieanlagen in
den Konzentrationszonen durch einen Bebauungsplan einer Feinsteuerung (z.B. Be-
grenzung der Anlagenhöhe, Festlegung der Standorte der einzelnen Anlagen) zu
unterziehen. In Flächennutzungsplänen ist die beabsichtigte Art der Bodennutzung
nur in den Grundzügen darzustellen (§ 5 Abs. 1 Satz 1 BauGB). § 245b BauGB be-
wahrt die Betreiber von Windenergieanlagen nicht davor, weiteren planungsrechtli-
chen Beschränkungen als denen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB unterworfen zu
werden. Sie müssen die Festsetzungen in einem Bebauungsplan hinnehmen, wenn
und soweit die Aufstellung des Plans für die städtebauliche Entwicklung und Ord-
nung erforderlich war (§ 1 Abs. 3 BauGB) und die von ihm berührten öffentlichen und
privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abgewogen sind (§ 1
Abs. 6 BauGB). Die Auffassung der Beschwerde, ein Bebauungsplan dürfe nur für
den Fall beschlossen werden, dass eine Entscheidung über eine "Vielzahl konkurrie-
render Windenergieanlagen verschiedener Planungsinteressen" zu treffen sei, "die
alle zusammen im Gebiet nicht verwirklicht werden können", trifft ersichtlich nicht zu.
Gegen die Zulässigkeit einer Veränderungssperre für Konzentrationszonen spricht
auch nicht, dass durch die Veränderungssperre das für die Anwendung von § 35
Abs. 3 Satz 3 BauGB vorausgesetzte gesamträumliche Planungskonzept der Ge-
meinde, von dem die Ausschlusswirkung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB abhängt
(vgl. BVerwG, Urteil vom 13. März 2003 - BVerwG 4 C 3.02 - ZfBR 2003, 469), ge-
stört wird, weil auch auf Flächen, die nach der planerischen Entscheidung der Ge-
meinde für Windenergieanlagen zur Verfügung stehen sollen, ihre Errichtung nicht
zulässig ist. Denn die Veränderungssperre lässt dieses Konzept unberührt; sie stellt
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nur ein vorübergehendes Hindernis für die Bebauung der Konzentrationszone dar.
Eine zeitlich begrenzte Bausperre durch eine Veränderungssperre muss der betrof-
fene Bürger jedoch für deren Geltungsdauer allgemein hinnehmen. Eine abweichen-
de gesetzliche Regelung für Konzentrationszonen gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB
enthält das Baugesetzbuch nicht.
Mit der Entscheidung des OVG Lüneburg vom 18. Juni 2003 - 1 KN 56/03 u.a. -
(ZfBR 2003, 790) lässt sich die grundsätzliche Bedeutung der aufgeworfenen
Rechtsfrage nicht begründen. Die darin ausgesprochene Nichtigkeit einer Verände-
rungssperre beruht entscheidungstragend auf der Erwägung, dass es der Antrags-
gegnerin jenes Verfahrens in Wahrheit nicht darum gehe, mit der Veränderungssper-
re die Aufstellung eines Bebauungsplans zu sichern, sondern dass der Eintritt einer
Sperrwirkung gewollt sei, um die Konzentrationsplanung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3
BauGB im Rahmen einer Änderung des Flächennutzungsplanes verwirklichen zu
können. Damit werde nicht ein zulässiges Ziel nach § 14 Abs. 1 BauGB verfolgt, weil
nur die Aufstellung eines Bebauungsplans mit der Veränderungssperre gesichert
werden könne. Dem hier angefochtenen Urteil liegt ein vergleichbarer Sachverhalt
nicht zugrunde; denn das Normenkontrollgericht hat - für den Senat bindend (vgl.
§ 137 Abs. 2 VwGO) - festgestellt, dass die umstrittene Veränderungssperre der Si-
cherung der Bebauungsplanung dient, die mit dem Aufstellungsbeschluss für den
Bebauungsplan Nr. 95b eingeleitet worden ist (UA S. 17).
b) Der Zulassung der Revision bedarf es ferner nicht, um zu klären, ob im Rahmen
der Prüfung der Einhaltung des Entwicklungsgebots ein künftiger Flächennutzungs-
plan den Maßstab bildet, wenn es um die Frage geht, ob eine durch eine Verände-
rungssperre zu sichernde Bebauungsplanung an nicht behebbaren Mängeln leidet.
Die Antwort ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz, und zwar aus § 8 Abs. 3 Satz 1
BauGB. Danach kann mit der Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung
des Bebauungsplans gleichzeitig auch der Flächennutzungsplan aufgestellt, geän-
dert oder ergänzt werden. Dies gilt auch dann, wenn die Änderung des Flächennut-
zungsplans im Parallelverfahren die Darstellung von Konzentrationszonen für Wind-
energieanlagen betrifft; denn § 8 Abs. 3 BauGB macht von seinem Anwendungsbe-
reich keine Ausnahme. Verändert eine Gemeinde ihr Konzept, eine positive Auswei-
sung an einer bestimmten Stelle mit einer Ausschlusswirkung für den übrigen Pla-
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nungsraum zu kombinieren, läuft sie allerdings Gefahr, dass ihr gesamter Außenbe-
reich wegen Unwirksamkeit des geänderten Flächennutzungsplans wieder für die
Windenergienutzung frei wird, wenn nämlich in dem geänderten Plan das Interesse
an der Windenergienutzung unter Verstoß gegen das Abwägungsgebot nicht ausrei-
chend berücksichtigt worden ist.
c) Die Revision ist auch nicht wegen der aufgeworfenen Fragen zu dem Mindestmaß
an Konkretisierung zuzulassen, welches die Planung zur Rechtfertigung einer Ver-
änderungssperre erreicht haben muss. In der Rechtsprechung des Senats ist ge-
klärt, dass ein Mindestmaß des abzusehenden Inhalts der Planung nur erfüllt sein
kann, wenn die Gemeinde für das betroffene Gebiet schon positive planerische Vor-
stellungen entwickelt hat, und dass eine Negativplanung, die sich darin erschöpft,
einzelne Vorhaben auszuschließen, nicht ausreicht (vgl. BVerwG, Beschluss vom
5. Februar 1990 - BVerwG 4 B 191.89 - BRS 50 Nr. 103). Eine derartige Negativpla-
nung liegt hier jedoch nicht vor. Auf der Grundlage der das Beschwerdegericht bin-
denden Feststellungen des Normenkontrollgerichts, dass das Gebiet nach den Vor-
stellungen der Antragsgegnerin im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre
weiterhin (auch) der Errichtung von Windenergieanlagen dienen soll und dass eine
Festsetzung als sonstiges Sondergebiet ins Auge gefasst sei (UA S. 18), sind hier
vielmehr zweifellos positive und hinreichend konkrete planerische Vorstellungen der
Antragsgegnerin gegeben (vgl. hierzu grundlegend BVerwG, Urteil vom 10. Sep-
tember 1976 - BVerwG 4 C 39.74 - BVerwGE 51, 121 <128>). Den Mindestanforde-
rungen an die Konkretisierung des Planungsziels ist nämlich regelmäßig genügt,
wenn die Gemeinde beim Erlass der Veränderungssperre bereits eine bestimmte Art
der baulichen Nutzung ins Auge gefasst hat (BVerwG, Beschluss vom 15. August
2000 - BVerwG 4 BN 35.00 - BRS 64 Nr. 109 = PBauE § 14 Abs. 1 BauGB Nr. 17).
Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass diese Rechtsprechung einer Fortentwicklung
oder Modifizierung bedarf. In Anknüpfung an die Frage, ob das für eine Verände-
rungssperre erforderliche Mindestmaß an Konkretisierung der Planung vorliegt,
wenn die Gemeinde mit der Aufstellung eines Bebauungsplans in einem Vorrangge-
biet nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB lediglich die planerische Steuerung von Wind-
energieanlagen in Abwägung mit anderen, der Windenergienutzung gegenläufigen
Interessen beabsichtigt, wiederholt sie vielmehr ihre im Rahmen der ersten
Grundsatzrüge verfochtene und vom Senat verworfene These, ein Bebauungsplan
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dürfe nur zur Steuerung einer die Kapazitäten übersteigenden Nachfrage nach Flä-
chen für Windenergieanlagen erlassen werden. Die hilfsweise gestellte Frage, ob es
an dem erforderlichen Mindestmaß an Konkretisierung jedenfalls dann mangelt,
wenn sich die Gemeinde - Äußerungen in einem parallel betriebenen Verfahren zur
Änderung des Flächennutzungsplans hinweggedacht - ausdrücklich die Entschei-
dung darüber offen lässt, ob und inwieweit sich das betreffende Gebiet überhaupt
zur Windenergienutzung eignet, und/oder offen bleibt, mit welchen Festsetzungen
hinsichtlich der Art der Nutzung dieses Planungsziel erreicht werden soll, ist auf den
konkreten Streitfall zugeschnitten. Die Wahl einer abstrahierenden Formulierung
kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Beschwerde der Sache nach die tat-
richterliche Würdigung angreift, der Antragsgegnerin habe es zum maßgeblichen
Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses nicht an einer Vorstellung über die Art und Nut-
zung des Bebauungsplangebiets gefehlt. Mit Ausführungen in der Beschwerdeschrift
nach Art einer Berufungsbegründung kann ein Rechtsmittelführer im Verfahren der
Nichtzulassungsbeschwerde indes nicht gehört werden.
d) Die Frage nach der Bedeutung von Äußerungen führender Mitglieder der Mehr-
heitsfraktion des kommunalen Selbstverwaltungsorgans und des Planungsverhaltens
der Gemeinde (auch nach Erlass der Veränderungssperre) für die Prüfung, ob eine
Bauleitplanung eine unzulässige Verhinderungsplanung darstellt, führt ebenfalls
nicht auf eine fallübergreifende Thematik. Nach der Rechtsprechung des Senats
verstoßen Festsetzungen eines Bebauungsplans nicht schon dann gegen § 1 Abs. 3
BauGB, wenn ihr Hauptzweck in der Verhinderung bestimmter städtebaulich relevan-
ter Nutzungen besteht. Als "Negativplanung" sind sie nur unzulässig, wenn sie nicht
dem planerischen Willen der Gemeinde entsprechen, sondern nur vorgeschoben
sind, um eine andere Nutzung zu verhindern (BVerwG, Beschluss vom 27. Januar
1999 - BVerwG 4 B 129.98 - BRS 62 Nr. 29). Mehr ist verallgemeinernd nicht zu sa-
gen. Ob eine Planung noch von einer städtebaulichen Konzeption getragen oder le-
diglich vorgeschoben ist, beurteilt sich nach den besonderen Umständen des Einzel-
falls. Darauf ist die aufgeworfene Rechtsfrage auch ausgerichtet. In ihrem Gewand
übt die Beschwerde lediglich Kritik an der tatrichterlichen Würdigung der Vorinstanz,
die Antragsgegnerin verfolge mit dem Bebauungsplan Nr. 95b keine bloße Verhinde-
rungsplanung.
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2. Die Rüge, die angefochtene Entscheidung weiche von dem Beschluss des Senats
vom 5. Februar 1990 - BVerwG 4 B 191.89 - (NVwZ 1990, 558) ab, ist unzulässig,
weil sie den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht genügt.
Der Revisionszulassungsgrund der Abweichung liegt nur vor, wenn die Vorinstanz in
Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem ihre Entscheidung tragenden abs-
trakten Rechtssatz zu einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Widerspruch tritt (vgl. BVerwG, Beschluss
vom 20. Dezember 1995 - BVerwG 6 B 35.95 - NVwZ-RR 1996, 712). Der Tatbe-
stand der Divergenz muss in der Beschwerdebegründung nicht nur durch Angabe
der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, von der abgewichen sein soll,
sondern auch durch Darlegung der miteinander unvereinbaren Rechtssätze be-
zeichnet werden. Hieran lässt es die Beschwerde fehlen. Sie arbeitet keinen Rechts-
satz aus dem Normenkontrollurteil heraus, der von einem Rechtssatz aus der ge-
nannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts abweicht. Mit dem Vorhalt an
das Normenkontrollgericht, es habe zu Unrecht angenommen, dass die Antragsgeg-
nerin bei Erlass der Veränderungssperre hinreichend konkrete Vorstellungen über
den Inhalt des zukünftigen Bebauungsplans Nr. 95b gehabt habe, behauptet sie eine
fehlerhafte Subsumtion des Sachverhalts unter einen vom Vorderrichter akzeptierten
höchstrichterlichen Rechtssatz. Damit ist der Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2
Nr. 2 VwGO nicht dargetan.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und die Streitwertentschei-
dung auf § 14 Abs. 1 und 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Dr. Paetow
Dr. Lemmel
Gatz