Urteil des BVerwG vom 30.09.2003

Normenkontrolle, Unterlassen, Rüge

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BESCHLUSS
BVerwG 4 BN 58.03
OVG 8 C 12003/02
In der Normenkontrollsache
hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. September 2003
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. L e m m e l , H a l a m a
und Prof. Dr. R o j a h n
beschlossen:
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Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts
Rheinland-Pfalz vom 18. Juni 2003 wird verworfen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 5 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf § 132 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzu-
lassung der Revision ist unzulässig, weil sie nicht den Anforderungen des § 133
Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Darlegung der geltend gemachten Zulassungsgründe
genügt.
Grundsätzliche Bedeutung kann nur eine Frage besitzen, die nicht nur für das ange-
strebte Revisionsverfahren von Bedeutung ist, sondern auch in anderen Verfahren
entscheidungserheblich sein kann. Erforderlich ist deshalb im Nichtzulassungsbe-
schwerdeverfahren eine verallgemeinerungsfähige Rechtsfrage. Eine solche Frage
enthält die Beschwerdebegründung nicht. Die Beschwerde macht nur geltend, dass
der Antragsteller auf der Grundlage des unstreitigen Sachverhalts im vorliegenden
Verfahren entgegen der Rechtsauffassung des Normenkontrollgerichts die Antrags-
befugnis für das Normenkontrollverfahren gegen den streitigen Änderungsplan besit-
ze. Eine den Darlegungsanforderungen genügende Rechtsfrage ist damit nicht for-
muliert.
Auch die Rüge, das Normenkontrollurteil weiche von dem Beschluss des Bundes-
verwaltungsgerichts vom 11. Mai 1999 - BVerwG 4 BN 15.99 - (BRS 62 Nr. 19) ab,
genügt den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht. Eine Abweichung
im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt nämlich nur vor, wenn die angegriffene
Entscheidung mit einem abstrakten Rechtssatz einem eben solchen Rechtssatz in
einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts widerspricht. Erforderlich ist
deshalb, dass die Beschwerde aus beiden Entscheidungen abstrakte Rechtssätze
herausarbeitet, die nach ihrer Auffassung im Widerspruch zueinander stehen. Daran
fehlt es hier. Mit welchem Rechtssatz aus dem Beschluss des Bundesverwaltungsge-
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richts vom 11. Mai 1999 die Normenkontrollentscheidung unvereinbar sein soll, lässt
sich der Beschwerdebegründung nicht einmal im Ansatz entnehmen.
Im Übrigen steht die angegriffene Entscheidung aber auch in vollem Umfang im Ein-
klang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts; ein Anlass für eine
Weiterentwicklung oder Korrektur dieser Rechtsprechung ist nicht erkennbar:
Zu Recht hat die Vorinstanz die Antragsbefugnis des Antragstellers für ein Normen-
kontrollverfahren gegen die Änderung des streitigen Bebauungsplans verneint. Nach
den Feststellungen des Normenkontrollgerichts, die die Beschwerde nicht angreift,
gelten die geänderten Festsetzungen nämlich nicht für die Grundstücke des An-
tragstellers; und soweit der Plan neue Festsetzungen für andere Grundstücke trifft,
werden Belange des Antragstellers durch diese Festsetzungen nicht berührt. Be-
schwert fühlt sich der Antragsteller durch die Änderung des Bebauungsplans nur
deshalb, weil die Antragsgegnerin entgegen seinem Wunsch die Art der zulässigen
Nutzung der benachbarten Grundstücke nicht verändert hat, nämlich statt eines all-
gemeinen Wohngebiets im Ursprungsplan nicht mit Rücksicht auf seinen landwirt-
schaftlichen Betrieb ein Dorfgebiet festgesetzt hat. Auf eine solche Änderung hat der
Antragsteller jedoch gemäß § 2 Abs. 4 BauGB keinen Anspruch (vgl. dazu auch
BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 1996 – BVerwG 4 B 180.96 - BRS 58 Nr. 3). So-
lange die Situation eines Planbetroffenen durch die Planänderung selbst nicht
verändert wird, können durch das Unterlassen einer im Änderungsverfahren ge-
wünschten weitergehenden Änderung des Bebauungsplans abwägungserhebliche
Belange des Planbetroffenen selbst dann nicht beeinträchtigt oder auch nur berührt
sein, wenn die Festsetzung im Ursprungsplan mangelhaft sein sollte. Gegen ver-
meintlich fehlerhafte Festsetzungen eines Bebauungsplans kann sich der Bürger mit
dem Antrag auf Normenkontrolle gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nur innerhalb von
zwei Jahren wehren. Die Frist wird durch eine Planänderung nur insoweit neu in
Gang gesetzt, wie der geänderte Plan neue Festsetzungen enthält, die allein oder in
Verbindung mit ursprünglichen Festsetzungen abwägungserhebliche Belange eines
Planbetroffenen berühren. Im Hinblick auf alle anderen Festsetzungen wird das Nor-
menkontrollverfahren nach § 47 VwGO - anders als die Inzidentkontrolle - nach Ab-
lauf der Zwei-Jahres-Frist unzulässig (in diesem Sinne zur Sieben-Jahres-Frist des
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§ 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB auch BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 - BVerwG
4 BN 15.99 - a.a.O.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Den Wert des Streitgegens-
tandes setzt der Senat gemäß § 14 Abs. 1 und 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG fest.
Lemmel Halama Rojahn