Urteil des BVerwG vom 12.01.2006

Gemeinde, Grundstück, Konkurrenz, Offenlegung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 BN 45.05
OVG 8 C 10351/05
In der Normenkontrollsache
hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 12. Januar 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a e t o w
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht G a t z und Dr. J a n n a s c h
beschlossen:
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Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-
Pfalz vom 6. Juli 2005 wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 7 500 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf die Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO ge-
stützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.
1. Die Rechtssache hat nicht die rechtsgrundsätzliche Bedeutung, die ihr
die Beschwerde beimisst. Dies setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrich-
terlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage
des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über
den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (stRspr).
Die Beschwerde wirft die Frage auf, ob ein privater Belang auch dann
abwägungsbeachtlich sei, wenn er vor Beginn des Aufstellungs- oder Änderungsver-
fahrens eines Bebauungsplans mehrfach deutlich geäußert, im Rahmen der Offen-
legung aber nur als nicht begründeter Widerspruch aufrechterhalten worden sei.
Diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Be-
deutung. Das Oberverwaltungsgericht geht zutreffend von dem Grundsatz aus, dass
in den Fällen, in denen ein Betroffener es unterlassen hat, seine Betroffenheit näher
geltend zu machen, nur diejenigen Belange abwägungsbeachtlich sind, die sich der
Gemeinde aufdrängen mussten (stRspr; grundlegend Beschluss vom 9. November
1979 - BVerwG 4 N 1.78 u.a. - BVerwGE 59, 87 <103>). Davon ausgehend bestimmt
es sich nach den Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls, ob mit einer nicht weiter
begründeten ablehnenden Äußerung zu einem Bebauungsplanentwurf zugleich auf
der Gemeinde bekannte frühere Stellungnahmen Bezug genommen werden sollte
und wieweit sich die damit geäußerten Belange der Gemeinde aufdrängten. Das
Normenkontrollgericht hat vorliegend in Würdigung der Besonderheiten des Einzel-
falls das Ergebnis gewonnen, dass sich jedenfalls das Interesse der Antragsteller am
Erhalt des Wirtschaftswegs, der für die Erschließung des bebauten Grundstücks oh-
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ne Bedeutung ist, nicht aufdrängen musste. Grundsätzliche Fragen ergeben sich
daraus nicht.
Auch die weitere Frage zur Verletzung des Abwägungsgebots lässt sich,
wie schon die Fragestellung selbst verdeutlicht, nicht ohne Würdigung der Beson-
derheiten des Einzelfalls beantworten und entzieht sich somit einer grundsätzlichen
Klärung. Im Übrigen lag dem von der Beschwerde in Bezug genommenen Beschluss
vom 20. November 1995 - BVerwG 4 NB 23.94 - (BRS 57 Nr. 3 = BauR 1996, 215)
ein gänzlich anderer Sachverhalt zu Grunde, denn das damals betroffene Grund-
stück lag inmitten des geplanten Wohngebiets und nicht an dessen Rand.
2. Auch die Divergenzrüge bleibt ohne Erfolg. Eine die Revision eröff-
nende Abweichung, also ein Widerspruch im abstrakten Rechtssatz, läge nur vor,
wenn das Berufungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem sei-
ne Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der genannten Ent-
scheidung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz
abgewichen wäre (stRspr). Die Beschwerde legt nicht dar, welche Rechtssätze im
Widerspruch stehen könnten.
Im Beschluss vom 26. Februar 1997 - BVerwG 4 NB 5.97 - (BRS 59
Nr. 50 = BauR 1997, 435) hat der Senat die Antragsbefugnis eines Gewerbetreiben-
den, der vor Konkurrenz bewahrt bleiben will, verneint. Einen diese Entscheidung
tragenden Rechtssatz, von dem das Oberverwaltungsgericht vorliegend abgewichen
wäre, legt die Beschwerde nicht dar.
Im Beschluss vom 20. November 1995 - BVerwG 4 NB 23.94 - (a.a.O.)
hat der Senat die Frage behandelt, ob eine Gemeinde bei der Festsetzung eines
Wohngebiets von der Überplanung kleinerer Flächen inmitten des Plangebiets abse-
hen darf. Eine derartige Konstellation liegt hier nicht vor. Das Oberverwaltungsgericht
ist auch nicht davon ausgegangen, dass vorliegend "städtebauliche Unordnung" ge-
schaffen würde. Es ist vielmehr zu dem Ergebnis gelangt, dass das unbebaute
Grundstück ausreichend über das ebenfalls den Antragstellern gehörende bebaute
Grundstück erschlossen sei.
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Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5
Satz 2 Halbsatz 2 VwGO ab, da sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Vorausset-
zungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwert-
festsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Dr. Paetow Gatz Dr. Jannasch