Urteil des BVerwG vom 26.08.2009

Gemeinde, Eigentumsbeschränkung, Entzug, Ausweisung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 BN 35.09
VGH 3 S 1501/07
In der Normenkontrollsache
- 2 -
hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 26. August 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz und Petz
beschlossen:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen das Urteil des
Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 5. Mai
2009 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfah-
rens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 10 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Die
Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr der Antragsteller
beimisst.
1. Auf die Frage, ob im Wege der Bauleitplanung mittels der Ausweisung eines
landwirtschaftlichen Sondergebiets ein bestehender Umnutzungsanspruch für
ein Gebäude nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB, der auf einer konkreten
vorherigen landwirtschaftlichen Nutzung im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB
basiert, entzogen werden kann oder ob dies ausgeschlossen ist, weil insbeson-
dere diesem Umnutzungsanspruch ein einer bereits ausgeübten zulässigen
Nutzung gleichwertiger Bestandsschutzanspruch zukommt, lässt sich antwor-
ten, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. Nach
der Rechtsprechung des Senats gibt es keinen Planungsgrundsatz, nach dem
die vorhandene Bebauung eines Gebiets nach Art und Maß der baulichen Nut-
zung auch bei der Überplanung weiterhin zugelassen werden muss (Urteil vom
31. August 2000 - BVerwG 4 CN 6.99 - BVerwGE 112, 41 <48>). Auch hat der
Senat bereits entschieden, dass die Gemeinde nicht gehalten ist, eine bisherige
„potenzielle“ Bebaubarkeit eines Grundstücks aufrecht zu erhalten (Beschluss
1
2
- 3 -
vom 16. Januar 1996 - BVerwG 4 NB 1.96 - ZfBR 1996, 223 <224>). Es liegt
hiernach auf der Hand, dass auch Ansprüche auf Umnutzung eines
vorhandenen Bauvorhabens nach Maßgabe des Abwägungsgebots planerisch
entzogen werden dürfen.
2. Die hilfsweise aufgeworfene Frage, ob der Entzug der Umnutzungsmöglich-
keit nach § 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB im Wege der Bauleitplanung nur dann ab-
wägungsgerecht ist, wenn er einen Anspruch nach § 42 Abs. 1 BauGB auszu-
lösen vermag, zielt auf die Klärung der im Schrifttum umstrittenen Frage, ob
unter einer zulässigen Nutzung eine zulassungsfähige oder nur eine zugelas-
sene Nutzung zu verstehen ist. Sie nötigt ebenfalls nicht zur Zulassung der
Grundsatzrevision. Die Frage geht von der Prämisse aus, dass die Gemeinde
im Rahmen des Abwägungsgebots stets auch darüber zu entscheiden hat, ob
dem Betroffenen für eine Beschränkung seines Eigentums als Folge der Fest-
setzungen des Bebauungsplans dem Grunde nach ein Entschädigungsan-
spruch zusteht. Diese Prämisse ist nicht richtig. Über die Existenz und Reich-
weite eines Anspruchs auf Ausgleich eines Planungsschadens braucht sich die
Gemeinde nur Gedanken zu machen, wenn die Aktualisierung der durch eine
Planung bedingten Eigentumsbeschränkung ohne finanziellen Ausgleich un-
verhältnismäßig oder gleichheitswidrig wäre und deshalb einen Härtefall dar-
stellte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. März 1999 - 1 BvL 7/91 - BVerfGE 100,
226 <244>). Eine derartige Sachlage ist weder vom Verwaltungsgerichtshof
festgestellt noch ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO und die Streitwertfest-
setzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Prof. Dr. Rubel
Dr. Gatz
Petz
3
4