Urteil des BVerwG vom 10.01.2007
Gemeinderat, Bestandteil, Raumordnung, Bebauungsplan
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 BN 34.06
VGH 8 S 1367/05
In der Normenkontrollsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 10. Januar 2007
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rojahn und Gatz und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp
beschlossen:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulas-
sung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts-
hofs Baden-Württemberg vom 24. Mai 2006 wird zurück-
gewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdever-
fahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 20 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Be-
schwerde bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Be-
deutung, die ihr die Beschwerde beimisst.
1. Die Beschwerde möchte in einem Revisionsverfahren rechtsgrundsätzlich
geklärt wissen,
ob eine Übersicht, die die Darstellung der Flächen und Er-
satzmaßnahmen enthält, die den auf Grund des Bebau-
ungsplans zu erwartenden Eingriffen in Natur und Land-
schaft gemäß § 9 Abs. 1a BauGB i.V.m. § 135a Abs. 2,
§ 135b BauGB zugeordnet werden, Bestandteil eines Be-
bauungsplans und daher gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB
öffentlich auszulegen sind.
Diese Frage könnte in einem Revisionsverfahren nicht geklärt werden; sie be-
trifft die Auslegung des nichtrevisiblen Ortsrechts. Wenn - wie hier - durch eine
textliche Festsetzung Flächen und Ersatzmaßnahmen den zu erwartenden Ein-
griffen innerhalb des Geltungsbereichs des Bebauungsplans zugeordnet wer-
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den, wird eine in einem Grünordnungsplan enthaltene Übersicht über die Flä-
chen und Ersatzmaßnahmen nicht kraft Bundesrechts Bestandteil des Bebau-
ungsplans, sondern nur, wenn der Satzungsgeber dies bestimmt. Gemäß § 9
Abs. 1a Satz 2 Halbs. 1 BauGB können Flächen oder Maßnahmen zum Aus-
gleich an anderer Stelle den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten
sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden. Hinreichend bestimmt ist die
Festsetzung einer solchen Zuordnung nur, wenn dem Bebauungsplan zu ent-
nehmen ist, welche Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich den Eingriffs-
grundstücken zugeordnet werden sollen. § 9 Abs. 1a Satz 2 BauGB schließt
nicht aus, die zuzuordnenden Flächen oder Maßnahmen durch Inkorporation
einer Übersicht des Grünordnungsplans zu bezeichnen, schreibt dies jedoch
nicht zwingend vor.
2. Die Frage,
ob ab Erlass der Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die
Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und
Programme (ABl. L 197 S. 30) bis zum Inkrafttreten des
EAGBau am 20. Juli 2004 ein zu einem Bebauungsplan-
entwurf erstellter Umweltbericht/Grünordnungsplan gemäß
§ 3 Abs. 2 auszulegen war,
würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Dass der Umweltbericht,
der gemäß § 2a Satz 3 BauGB einen gesonderten Teil der Begründung des
Bebauungsplans bildet, gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB ausgelegt wurde, hat
der Verwaltungsgerichtshof nicht in Zweifel gezogen. Der Umweltbericht zum
vorliegenden Bebauungsplan enthält u.a. eine eigenständige Darstellung der
Flächen und Kompensationsmaßnahmen, die in der Übersicht des Grünord-
nungsplans enthalten sind. Die Beschwerde meint, dass der Grünordnungsplan
Bestandteil des Umweltberichts geworden sei und deshalb gemäß Art. 6 Abs. 1
der Richtlinie 2001/42/EG der Öffentlichkeit hätte zugänglich gemacht werden
müssen. Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch nicht festgestellt, dass die An-
tragsgegnerin den Grünordnungsplan als solchen zum Bestandteil des Um-
weltberichts gemacht hat.
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3. Die Frage,
ob ein in einem (Teil-)Regionalplan enthaltenes Ziel der
Raumordnung verletzt ist, wenn aus wirtschaftlich/fis-
kalischen Gründen eine nach diesem Ziel der Raumord-
nung zulässige Anlage mit einer nach diesem Ziel der
Raumordnung nicht zulässigen Anlage gekoppelt wird,
könnte in einem Revisionsverfahren nicht geklärt werden. Der Verwaltungsge-
richtshof ist davon ausgegangen, dass das geplante Gesundheitszentrum ge-
meinsam mit dem vorhandenen Freizeit- und Seebad eine Gesamtanlage bilde
und als Teil dieser Gesamtanlage seinerseits als Erholungseinrichtung im Sinne
des Plansatzes 4.1 des Bodenseeuferplans auf den Standort am Wasser
angewiesen sei (UA S. 18). Ob und gegebenenfalls unter welchen Vorausset-
zungen der Bodenseeuferplan als Teil des Regionalplans eine solche Gesamt-
betrachtung zulässt, ist eine Frage des nichtrevisiblen Landesrechts. Im Übri-
gen hat der Verwaltungsgerichtshof eine Verletzung des Plansatzes 4.1 des
Bodenseeuferplans selbstständig tragend auch deshalb verneint, weil mit dem
Bebauungsplan nicht erstmals Erholungseinrichtungen im Sinne dieser Vorgabe
zugelassen würden (UA S. 18 f.). In Bezug auf diesen Urteilsgrund zeigt die
Beschwerde einen Grund für die Zulassung der Revision nicht auf.
4. Die Frage,
ob eine Abwägung durch den Gemeinderat im Sinne des
§ 1 Abs. 6 (heute Abs. 7) BauGB stattgefunden hat, wenn
im Gemeinderat vor dem Satzungsbeschluss weder eine
Auseinandersetzung mit den Anregungen noch eine nach-
vollziehbare Abwägung in den einzelnen relevanten Punk-
ten noch eine abschließende Gesamtabwägung erfolgt ist,
würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Der Verwaltungsgerichts-
hof hat festgestellt, dass dem Gemeinderat vor dem Satzungsbeschluss eine
Sitzungsvorlage unterbreitet wurde, in der die eingegangenen Anregungen zu-
sammen mit einer Stellungnahme des Stadtplanungsamtes dargestellt worden
waren. Der zum Satzungsbeschluss führenden Sitzung des Gemeinderates sei
eine Vorbereitung im technischen Ausschuss vorangegangen. Den jeweiligen
Sitzungsvorlagen und -protokollen lasse sich nichts dafür entnehmen, dass dem
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Gemeinderat eingegangene Anregungen vorenthalten worden seien oder dass
er darin enthaltene Gesichtspunkte in sonstiger Weise bei seiner Abwä-
gungsentscheidung ausgeblendet hätte (UA S. 23). Anhaltspunkte dafür, dass
sich der Gemeinderat mit den ihm vorgelegten Anregungen nicht auseinander
gesetzt und auch im Übrigen die öffentlichen und privaten Belange nicht ge-
geneinander und untereinander gerecht abgewogen haben könnte, hat der
Verwaltungsgerichtshof nicht festgestellt. Auch die Beschwerde zeigt derartige
Anhaltspunkte nicht auf. Zu dem mit der ergänzenden Beschwerdebegründung
vom 8. Januar 2007 wiederholten Vorwurf, der Gemeinderat habe sich nicht
hinreichend mit den Umweltauswirkungen des Vorhabens befasst, hat der Ver-
waltungsgerichtshof - das Revisionsgericht gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bin-
dend - festgestellt, dass diese Auswirkungen „unter allen Aspekten“ ermittelt
und vom Gemeinderat der Antragsgegnerin im Laufe des Planungsverfahrens
umfassend behandelt wurden (UA S. 23).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestset-
zung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Prof. Dr. Rojahn Gatz Dr. Philipp
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