Urteil des BVerwG vom 05.02.2007

Überzeugung, Überprüfung, Erlass, Absicht

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 BN 3.07
OVG 7 D 67/06.NE
In der Normenkontrollsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 5. Februar 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Paetow,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Jannasch und die Richterin am
Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp
beschlossen:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulas-
sung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsge-
richts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 30. Oktober
2006 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdever-
fahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 10 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf den Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gestützte Be-
schwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.
Das Oberverwaltungsgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, der vom Rat der An-
tragsgegnerin zusammen mit der Veränderungssperre gefasste Beschluss über
eine Beschränkung der Höhe zulässiger Windenergieanlagen im künftigen Be-
bauungsplan ergänze die Planungskonzeption, ohne dass damit jedoch
zugleich zum Ausdruck gebracht wäre, eine Abwägung der von der Bebau-
ungsplanung betroffenen Belange solle hinsichtlich der Höhenfestsetzung nicht
mehr stattfinden (Urteilsabdruck S. 14). Die Beschwerde sieht in dieser Ausle-
gung der im Juni 2005 gefassten Beschlüsse einen Denkfehler, den sie als Ver-
fahrensverstoß rügt. Sie meint, dass eine Veränderungssperre unzulässig sei,
wenn das zu sichernde Plankonzept im Zeitpunkt des Erlasses der Verände-
rungssperre von einer negativen Verhinderungstendenz getragen werde. Dass
im nachfolgenden Bebauungsplanverfahren noch abwägungserheblicher Spiel-
raum bestehe, ändere an der Unzulässigkeit einer Veränderungssperre zur Si-
cherung einer solchen Verhinderungsplanung nichts. Deshalb könne die Ver-
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bindlichkeit des Beschlusses über das Plankonzept nicht mit der Begründung
verneint werden, dass ihr der endgültige Satzungsbeschluss noch nachfolge.
Damit ist nicht schlüssig dargelegt, dass das Oberverwaltungsgericht mit seiner
Auslegung des Beschlusses der Antragsgegnerin über eine Höhenbegrenzung
der Windenergieanlagen gegen Denkgesetze verstoßen hat. Das Oberverwal-
tungsgericht ist nicht - wie die Beschwerde voraussetzt - davon ausgegangen,
dass das Plankonzept der Antragsgegnerin im Zeitpunkt des Erlasses der Ver-
änderungssperre darauf gerichtet war, die Errichtung von Windenergieanlagen
im Plangebiet zu verhindern. Auch der beabsichtigten Begrenzung der Höhe
der Anlagen hat es eine solche Absicht nicht entnommen. Es ist vielmehr davon
ausgegangen, dass sich die Antragsgegnerin vorbehalten hat, im Verfahren zur
Aufstellung des Bebauungsplans weiter zu prüfen, ob der Betrieb von Wind-
energieanlagen mit einer Höhe von nicht mehr als 100 m im Plangebiet wirt-
schaftlich möglich wäre, und das Ergebnis dieser Prüfung im Rahmen der Ab-
wägung mit dem ihm zukommenden Gewicht zu berücksichtigen.
Ferner rügt die Beschwerde, das Oberverwaltungsgericht habe wesentlichen
Akteninhalt unberücksichtigt gelassen. Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO ent-
scheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfah-
rens gewonnenen Überzeugung. Das Gebot der freien Beweiswürdigung ver-
pflichtet unter anderem dazu, bei Bildung der Überzeugung von einem zutref-
fend und vollständig ermittelten Sachverhalt auszugehen. Wenn ein Tatsa-
chengericht wesentliche Umstände, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm
hätte aufdrängen müssen, übergeht, fehlt es an einer tragfähigen Grundlage für
die innere Überzeugungsbildung des Gerichts sowie für die Überprüfung seiner
Entscheidung darauf, ob die Grenze einer objektiv willkürfreien, die Natur- und
Denkgesetze sowie allgemeine Erfahrungssätze beachtenden Würdigung über-
schritten ist (vgl. Beschluss vom 12. Mai 2000 - BVerwG 7 B 22.00). Für einen
derartigen Verfahrensfehler ist vorliegend nichts ersichtlich. Der Vortrag der
Beschwerde belegt lediglich, dass sie den Inhalt der vorliegenden Akten und
Vorgänge anders deutet als das Normenkontrollgericht. Damit kann eine Ver-
fahrensrüge jedoch nicht begründet werden. Das Oberverwaltungsgericht be-
geht auch insoweit keinen Verfahrensfehler, als es bei seiner rechtlichen und
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tatsächlichen Würdigung davon ausgeht, dass der Rat der Antragsgegnerin den
künftigen Satzungsbeschluss erst nach sachgerechter Abwägung (vgl. § 1
Abs. 7 BauGB) treffen wird. Vielmehr drückt es damit seine Erwartung aus,
dass sich die Antragsgegnerin beim Erlass eines Bebauungsplans an Recht
und Gesetz halten wird.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2
VwGO ab, da sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizu-
tragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestset-
zung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Dr. Paetow Dr. Jannasch Dr. Philipp
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